Schintoismus-was ist das?
25.03.2006 um 17:12
Schintoismus
Am Anfang rührten Izanagi und Izanami, das Götterpaar, voneiner schwebenden Himmelsbrücke, einem Regenbogen, aus, mit einem "Juwelenspeer" immodrigen Chaos unter ihnen. Durch die Quirlbewegung verdickte langsam die Brühe.Schließlich zogen sie den Speer heraus und ließen von seiner Spitze dicke Tropfen fallen,die zu Land gerannen, zur ersten japanischen Insel. Izanagi und Izanami stiegen herab undbauten auf der Insel ein Haus, wahrscheinlich mit dem geheimnisvollen Speer alsMittelpfeiler. "Hat dein Körper irgendwelche Besonderheiten", fragte Gott Izanagi, woraufdie Göttin Izanami feststellte, daß ihr Körper an einer Stelle unvollkommen sei. Auf ihreGegenfrage bekannt Izanagi, sein Körper wachse an einer Stelle ganz besonders.
Daraufhin lief sie links um die Säule, er rechts, bis das Götterpaar auf sehrmenschliche Weise hinter dem Pfeiler zusammenfand. So zeugten sie miteinander JapansInseln, darunter auch ein Zwillings-Inselpaar und da ihre Vitalität keine Grenzen kannte,zeugten sie auch Flüsse, Berge, Pflanzen sowie zahlreiche andere Götter, darunterAmaterasu, die Sonnengöttin und den frechen Susa no wo, den Sturmgott. Bei der Geburt desFeuergottes Kagutsuchi verbrannte sich Izanami tödlich. Vergeblich versuchte Izanagi sieaus dem Totenreich zurückzuholen. Besudelt von der unreinen Unterwelt nahm er danach eingründliches Flußbad, bei dessen Waschungen wiederum neue Götter entstanden, die wiederumNachkommen zeugten und so Japans Inseln mit Leben füllten.
JapansSchöpfungsgeschichte offenbart eine der wichtigsten Erkenntnisse zum Verständnis desjapanischen Volkes; die Einheit von Göttern, Vaterland, Volk und Natur. DasselbeGötterpaar, Izanagi und Izanami, zeugte Amaterasu, die Sonnengöttin und Urahnin desjapanischen Kaiserhauses, sowie die Inseln Japans und alles Leben auf ihnen. Als eineNaturreligion trennt der Schintoismus Japan von der gesamten übrigen Welt, dennSchintoist wird man allein durch die Geburt als Japaner. Kein Ausländer kann zumSchintoismus übertreten, denn die Voraussetzung, zu den Nachkommen der Schintogötter zugehören, kann nicht nachträglich erworben werden.
Susa no wo, Amaterasus jüngererBruder, war ein wilder Gesell. Uneingeladen brach er in die himmlischen Gefilden derSonnengöttin ein und zerstörte ihre Reisfelder, indem er die Bewässerungsterrassen einrißund in den Pflanzen herumtobte. Erschrocken und beleidigt floh die Sonnengöttin in ihreFelsenhöhle und damit verschwand das Licht und Finsternis senkte sich über die Welt.Verzweifelt drängten sich alle Götter vor der Felsenhöhle, doch Amaterasu überhörte ihreBitten, herauszukommen. Daraufhin pflanzten die Versammelten einen heiligen Baum vor demEingang, behängten ihn mit Juwelen und einem großen Spiegel - beides gehört heute zu denkaiserlichen Kroninsignien -, ließen Vögel zwitschern, als sei wieder Tag, doch allesvergeblich. Schließlich stieg Ama no Usume, die Himmelstänzerin, auf eine Erhöhung undführte auf dieser Plattform eine zweideutige Tanzpantomime vor, die einem modernenStriptease gleichgekommen sein dürfte. Dabei brachen die Götter in schallendes Gelächteraus. Weibliche Neugier packte Amaterasu, sie öffnete die Tür ihrer Felsenhöhle ein wenig,erblickte sich im Spiegel, weibliche Eitelkeit besiegte ihre Gram und sie trat ganz ausder Höhle heraus. Die List der Götter hatte gesiegt und die Erde hatte ihre Sonne wieder.
Diese Geschichte bildet den Kern der schintoistischen Mythologie, es ist die alteGeschichte vom Kampf des Guten gegen das Böse, des Lichtes gegen die Finsternis.
Man mag darüber streiten, ob der Schintoismus überhaupt eine Religion genannt werdenkann, denn er kennt zwar zahlreiche Götter, aber es fehlen ihm völlig, was alleHochreligionen auszeichnet, ein dogmatisches Lehrgebäude und klare strenge Moralgebote.Der Schintoismus kennt keine Heilige Schrift und er fordert von seinen Anhängern keinespezifische moralische Verhaltensweise. Jeder Japaner, der sich zum Schöpfungsmythosbekennt, ist Schintoist. Dazu bedarf es keiner Taufe und keines Gottesdienstes, die esbeide im engeren Sinne nicht gibt, nicht einmal des Gebetes. Wer als Japaner einenSchintoschrein besucht, gehört dazu.
Reinheit tritt im Schintoismus an dieStelle der Lehre, das Reinigungsritual übernimmt die Rolle der Liturgie. SchintoistischeWeihen werden auch heute noch in Japan bei jedem wichtigen Anlaß vollzogen, beiSchiffstaufen und Hoteleröffnungen, beim Häuserneubau, bei der Einweihung von Straßen undwenn die Ernte eingebracht ist. Bei all diesen Anlässen gibt es keine Predigt und keineBelehrung. Schintopriester vollziehen eine Reinigungszeremonie, indem sie Zweige einesheiligen Baumes schwenken, wodurch die Götter günstig gestimmt und alles Üble und Böseferngehalten werden soll, genauso wie sich jeder Japaner symbolisch reinigt, bevor ereinen heiligen Ort betritt, indem er seinen Mund mit fließenden klaren Wasser einesBrunnens vor dem Eingang ausspüt. Dabei werden die Waschungen des Gottes Izanaginachvollzogen.
Als Naturglaube wimmelt es im Schintoismus von Göttern, siewohnen auf Bergen, in alten Bäumen, in Quellen, auf Reisfeldern, in Wasserfällen,überall. Jede Familie, jede Dorfgemeinschaft, jedes fruchtbare Tal steht auch heute nochunter dem Schutz der Schinto-Götter, und Amaterasu, die Sonnengöttin, unterscheidet sichvon allen übrigen nur deshalb, weil der Sippenverband, den sie beschützt, das Kaiserhausist.
Auch in den mit Hingebung gefeierten Schreinfesten der Dörfer und Stadtbezirke,bei deren Höhepunkt die Verkörperung des örtlichen Schutzgottes in einem tragbarenSchrein von rhythmisch stampfenden und singenden jungen Männern auf den Schultern durchdie Gassen geschleppt wird, lebt der Schintoismus als Brauchtum fort..
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