Das sterben in Den Haag
11.03.2006 um 20:11
Richter oder Henker?
Das Leben von Slobodan Milosevic ist in Gefahr
In denletzten Wochen hat sich der Gesundheitszustand des ehemaligen Präsidenten der RepublikJugoslawien, Slobodan Milosevic, dramatisch verschlechtert. In diesem Zusammenhang hateine Gruppe serbischer Ärzte, darunter vier Mitglieder der Akademie der medizinischenWissenschaften, in Belgrad eine Pressekonferenz durchgeführt. Die Mediziner brachten ihreBesorgnis über die Handlungsweise des Haager "Tribunals" zum Ausdruck, durch die nichtnur die Gesundheit, sondern auch das Leben des politischen Gefangenen bedroht wird, undgaben folgende Erklärung ab:
"Mit tiefer Sorge verfolgen wir die Mitteilungenüber die Verschlechterung des Gesundheitszustands des ehemaligen Präsidenten Serbiens undJugoslawiens, Slobodan Milosevic. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen durch eineinternationale Ärztegruppe am 4. November 2005 verstärken unsere Besorgnis. DieseUntersuchungen zeigen völlig eindeutig, dass Slobodan Milosevic eine Unterbrechung derGerichtsverhandlungen für zusätzliche Untersuchungen und Behandlungen außerhalb vonGefängnisbedingungen benötigt.
Als Ärzte und Humanisten hat uns erschreckt,dass die Richter es ablehnten, sich ernsthaft mit den Befunden der medizinischenKommission und den Empfehlungen unserer Kollegen zu befassen. Das Gericht zog es vor, denProzess fortzusetzen, was dazu führte, dass Slobodan Milosevic kurz davor war, imGerichtssaal das Bewusstsein zu verlieren.
Ein solches Verhalten des Gerichtsist unannehmbar."
Die Mediziner fordern:
"1. Den Prozess gegenSlobodan Milosevic für sechs Wochen auszusetzen, wie dies von der aus französischen,russischen und serbischen Medizinern bestehenden internationalen Ärztegruppe empfohlenwurde.
2. Während der Unterbrechung des Prozesses eine Behandlung und weitereUntersuchungen durchzuführen.
3. Die Ärzte, die möglicherweise vom Gerichtbenannt werden, sollten zumindest nicht weniger qualifiziert sein als die Teilnehmer derinternationalen Ärztegruppe. Zu ihnen sollten auch Spezialisten gehören, die Milosevicselbst vorschlägt.
4. Die Heilbehandlung Slobodan Milosevics muss deninternationalen Normen auf dem Gebiet der Menschen- und Bürgerrechte entsprechen,einschließlich der Bestimmungen der Lissabonner Deklaration hinsichtlich der freien Wahlder Ärzte und medizinischen Einrichtungen durch den Patienten.
Die Einstellungdes Prozesses in einem Augenblick zu verweigern, da die Gesundheit und das Leben vonSlobodan Milosevic in Gefahr sind, ist ein Beispiel der Verletzung seiner grundlegendenMenschenrechte, das nicht zugelassen werden darf. Die ständige Drohung, im Falle derErkrankung einen vom Gericht aufgezwungenen Verteidiger einzusetzen, den Milosevic nichtanerkennt, stellt den Versuch dar, ihm die Zustimmung abzupressen, zu Lasten seinerGesundheit am Prozess teilzunehmen ..."
Noch schärfer hat sich das Medizinischeakademische Forum geäußert, das 120 führende Ärzte Serbiens, Montenegros und einer Reiheanderer Länder repräsentiert. Die renommierten Mediziner betonten, dass man in demRachefeldzug gegen den erkrankten Milosevic "eine Form der Hinrichtung sehen kann". Andie Richter gewandt forderten sie, "Milosevic unverzüglich medizinische Hilfe zurVerfügung zu stellen" und erklärten, "wenn Sie das nicht tun werden Sie zu Beteiligteneiner vorsätzlichen Ermordung."
Es besteht die Gefahr, dass das HaagerTribunal, nachdem es nicht gelungen ist, den ehemaligen jugoslawischen Präsidentenmoralisch und politisch zu brechen, nunmehr zu seiner physischen Beseitigung übergehenkönnte. Die Staatsanwälte des "Tribunals" haben in der Anklagephase des Prozesses einevollständige Niederlage erlitten.
Milosevic schlug einen Zeugen der Anklagenach dem anderen aus dem Felde, indem er sie öffentlich der Lüge überführte. Aus Angstdavor, dass er in der Verteidigungsphase des Prozesses seine Position noch mehr festigt,zwang das Gericht ihm trotz seiner scharfen Einwände einen Verteidiger auf, der an seineStelle die Verteidigung ausüben soll. Jetzt will man Milosevic offenbar in einen Zustandbringen, der es ihm unmöglich macht, an den Verhandlungen teilzunehmen. Dann tritt dervom Gericht ernannte Verteidiger in Aktion.
Das Tribunal ist nicht einfach eineInstitution. Es sind Menschen, die aufgerufen sind, Recht zu sprechen, in Wirklichkeitjedoch - vorgeblich im Namen der Weltgemeinschaft - nicht einfach nur Gesetzlosigkeitpraktizieren, sondern das Verfahren unverhohlen mit dem Ziel der physischen Vernichtungdes Angeklagten führen. Nennen wir die Namen derjenigen, die die Verantwortung für diesesbarbarische Handeln tragen. Es sind die Richter Patrick Robinson (Jamaika), Jan Bonomi(Großbritannien), O-Gon Kwon (Südkorea), die Hauptanklägerin Carla del Ponte (Schweiz)und der Staatsanwalt Geoffrey Nice (Großbritannien).
Das ist also der"unabhängige internationale Gerichtshof", dem zwei Akteure angehören, die Bürger einesStaates sind, der an der Aggression gegen Jugoslawien beteiligt war. Hinzu kommt derGerichtspräsident Robinson aus einem eng mit Großbritannien verbundenem Land. Wenn mannoch den aufgezwungenen Verteidiger dazu nimmt, der ebenfalls Bürger Großbritanniens ist,so kommt heraus, dass Bürger eines Aggressorstaates im Namen der Weltgemeinschaft überden Präsidenten des Landes zu Gericht sitzen, das Opfer der Aggression wurde. Anders alseine Verhöhnung der internationalen Rechtsprechung und des gesunden Menschenverstandeskann man das wohl nicht bezeichnen.
Was mit Milosevic passiert, ist keineRechtsprechung. Das ist ein Akt des Terrorismus, die Ergreifung einer Geisel unter demNebelvorhang "internationale Rechtsprechung". Und die Geiselnehmer, die ihr Opfer nichtgefügig machen konnten, wollen es nun beseitigen, damit keine Spuren ihres Verbrechenszurückbleiben. Damit werden die Richter zu Henkern - wie die Mitglieder des Medizinischenakademischen Forums zu Recht bemerkten. Darin besteht das eigentliche Wesen derEreignisse, die gegenwärtig in Den Haag vor sich gehen.
Wjatscheslaw Tetekin
www.free-slobo.de
Lieber saufen als ersaufen