Neu geöffnete US-Archive
15.08.2005 um 18:15FBI und CIA arbeiteten mit Nazi-Kriegsverbrechern zusammen
Neu geöffnete US-Archive übertreffen schlimmste Befürchtungen
Wie die Wochenend-Ausgabe der «International Herald Tribune» vom 15./16. Mai berichtet, beweisen bisher der Geheimhaltung unterstellte und kürzlich freigegebene Akten in den USA: Die amerikanische Regierung arbeitete eng mit Nazi-Kriegsverbrechern und Kollaborateuren zusammen, erlaubte manchen, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den USA zu leben, anderen bezahlte sie deren Arbeit für den westdeutschen Geheimdienst.
ts. Obwohl die geheime Zusammenarbeit der US-Regierung mit Nazi-Kriegsverbrechen in ihren Grundzügen schon länger bekannt war, ist das volle Ausmass der Kooperation bisher nie so umfassend dokumentiert und enthüllt worden, sagte Elizabeth Holtzmann, frühere Parlamentsabgeordnete aus New York und Mitglied einer Arbeitsgruppe, die mit der Sichtung des Materials betraut ist, gegenüber der «New York Times». Bis zum Zeitpunkt der aktuellen Öffnung der Archive war dies eines der grossen Geheimnisse der Nachkriegsgeschichte, so Holtzmann.
Die 240000 freigegebenen Seiten legen ein klar erkennbares Muster der Zusammenarbeit zwischen den USA und den besagten Kriegsverbrechern offen: Wer bereit war, Auskünfte über Kommunisten zu geben, wurde von den US-Behörden in Schutz genommen.
Nicht dass die US-Einwanderungsbehörden die Nazis nicht erkannten, im Gegenteil. Doch der damalige FBI-Direktor J. Edgar Hoover persönlich sorgte dafür, dass sie in den USA Aufnahme fanden, betonte Professor Norman Goda von der Ohio University, welcher die Dokumente zusammen mit anderen unter die Lupe nahm und im Buch «U.S. Intelligence and the Nazis» einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich macht.
Gemäss den Untersuchungen von Professor Goda wurden mindestens fünf enge Mitarbeiter von Adolf Eichmann von der CIA als Mitarbeiter rekrutiert. Alle hatten sie eine zentrale Rolle beim Holocaust gespielt.
Unter den über zwei Dutzend Nazi-Kriegsverbrechern, die von der CIA angeworben wurden, erhielten einige in den USA eine Arbeitsbewilligung, zwei sogar das US-Bürgerrecht! Mehrere Dutzend Nazis wurden von den USA bezahlt, damit sie für den westdeutschen Nachrichtendienst arbeiteten.
Das von Professor Norman Goda herausgegebene Buch «U.S. Intelligence and the Nazis», welches in verschiedenen Aufsätzen von mehreren Autoren das neu freigegebene Archivmaterial aufgearbeitet präsentiert, wird sicher auch der europäische Leser mit Gewinn zur Hand nehmen.
Dass selbst Mitarbeiter von Adolf Eichmann, also hochrangige Nazi-Kriegsverbrecher, die am Holocaust massgebend beteiligt waren, nicht nur straffrei ausgingen, sondern wider besseres Wissen von den US-Behörden in die eigenen Dienste übernommen wurden, lässt einen sprachlos zurück.
Was für eine Politik verfolgte die damalige US-Führung? Von welchen Werten liess sie sich leiten? Nur von der Arroganz der Macht? So wie die vorhergehende, die wider besseres Wissen die Schienen nach Auschwitz nicht bombardieren liess? Die gegen die Bosse der Firmen, die mit den Nazis Geschäfte betrieben und damit gegen den «Trading with the enemy Act» verstiessen, lächerliche Strafen verhängte? Gegen IBM, General Motors, Ford und andere?
Muss der kalte Krieg als Rechtfertigung für jede beliebige Scheusslichkeit herhalten? Wie weit darf eine Demokratie, insbesondere die Regierung eines demokratischen Gemeinwesens, gehen, um sich gegen die Feinde der Freiheit zu wappnen? Wo ist der Punkt gekommen, an welchem das zu verteidigende Gut aufhört, verteidigungswürdig zu sein, weil in der Abwehr dieselben machiavellistischen und menschenverachtenden Mittel angewandt werden, die man dem Gegner vorwirft? Oder anders gefragt: Darf eine Demokratie zur Verteidigung ihrer Werte undemokratische Methoden und Werte anwenden und übernehmen?
Wer bis anhin die schon längst vermutete und ruchbar gewordene Zusammenarbeit der damaligen US-Administration mit Nazi-Kriegsverbrechern als puren Antiamerikanismus abtun wollte, sieht sich heute eines Besseren belehrt.
Wenn es sich bestätigen sollte, dass die von US-Journalisten wie Seymour Hersh vermuteten Folterbefehle auf dem Schauplatz Irak von ganz oben kamen, bekämen wohl alle die recht, die in der US-Aussenpolitik eine Kontinuität imperialistischen Denkens und globalen Machtanspruchs sehen, egal, welche Partei gerade den Präsidenten stellt.
Neu geöffnete US-Archive übertreffen schlimmste Befürchtungen
Wie die Wochenend-Ausgabe der «International Herald Tribune» vom 15./16. Mai berichtet, beweisen bisher der Geheimhaltung unterstellte und kürzlich freigegebene Akten in den USA: Die amerikanische Regierung arbeitete eng mit Nazi-Kriegsverbrechern und Kollaborateuren zusammen, erlaubte manchen, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den USA zu leben, anderen bezahlte sie deren Arbeit für den westdeutschen Geheimdienst.
ts. Obwohl die geheime Zusammenarbeit der US-Regierung mit Nazi-Kriegsverbrechen in ihren Grundzügen schon länger bekannt war, ist das volle Ausmass der Kooperation bisher nie so umfassend dokumentiert und enthüllt worden, sagte Elizabeth Holtzmann, frühere Parlamentsabgeordnete aus New York und Mitglied einer Arbeitsgruppe, die mit der Sichtung des Materials betraut ist, gegenüber der «New York Times». Bis zum Zeitpunkt der aktuellen Öffnung der Archive war dies eines der grossen Geheimnisse der Nachkriegsgeschichte, so Holtzmann.
Die 240000 freigegebenen Seiten legen ein klar erkennbares Muster der Zusammenarbeit zwischen den USA und den besagten Kriegsverbrechern offen: Wer bereit war, Auskünfte über Kommunisten zu geben, wurde von den US-Behörden in Schutz genommen.
Nicht dass die US-Einwanderungsbehörden die Nazis nicht erkannten, im Gegenteil. Doch der damalige FBI-Direktor J. Edgar Hoover persönlich sorgte dafür, dass sie in den USA Aufnahme fanden, betonte Professor Norman Goda von der Ohio University, welcher die Dokumente zusammen mit anderen unter die Lupe nahm und im Buch «U.S. Intelligence and the Nazis» einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich macht.
Gemäss den Untersuchungen von Professor Goda wurden mindestens fünf enge Mitarbeiter von Adolf Eichmann von der CIA als Mitarbeiter rekrutiert. Alle hatten sie eine zentrale Rolle beim Holocaust gespielt.
Unter den über zwei Dutzend Nazi-Kriegsverbrechern, die von der CIA angeworben wurden, erhielten einige in den USA eine Arbeitsbewilligung, zwei sogar das US-Bürgerrecht! Mehrere Dutzend Nazis wurden von den USA bezahlt, damit sie für den westdeutschen Nachrichtendienst arbeiteten.
Das von Professor Norman Goda herausgegebene Buch «U.S. Intelligence and the Nazis», welches in verschiedenen Aufsätzen von mehreren Autoren das neu freigegebene Archivmaterial aufgearbeitet präsentiert, wird sicher auch der europäische Leser mit Gewinn zur Hand nehmen.
Dass selbst Mitarbeiter von Adolf Eichmann, also hochrangige Nazi-Kriegsverbrecher, die am Holocaust massgebend beteiligt waren, nicht nur straffrei ausgingen, sondern wider besseres Wissen von den US-Behörden in die eigenen Dienste übernommen wurden, lässt einen sprachlos zurück.
Was für eine Politik verfolgte die damalige US-Führung? Von welchen Werten liess sie sich leiten? Nur von der Arroganz der Macht? So wie die vorhergehende, die wider besseres Wissen die Schienen nach Auschwitz nicht bombardieren liess? Die gegen die Bosse der Firmen, die mit den Nazis Geschäfte betrieben und damit gegen den «Trading with the enemy Act» verstiessen, lächerliche Strafen verhängte? Gegen IBM, General Motors, Ford und andere?
Muss der kalte Krieg als Rechtfertigung für jede beliebige Scheusslichkeit herhalten? Wie weit darf eine Demokratie, insbesondere die Regierung eines demokratischen Gemeinwesens, gehen, um sich gegen die Feinde der Freiheit zu wappnen? Wo ist der Punkt gekommen, an welchem das zu verteidigende Gut aufhört, verteidigungswürdig zu sein, weil in der Abwehr dieselben machiavellistischen und menschenverachtenden Mittel angewandt werden, die man dem Gegner vorwirft? Oder anders gefragt: Darf eine Demokratie zur Verteidigung ihrer Werte undemokratische Methoden und Werte anwenden und übernehmen?
Wer bis anhin die schon längst vermutete und ruchbar gewordene Zusammenarbeit der damaligen US-Administration mit Nazi-Kriegsverbrechern als puren Antiamerikanismus abtun wollte, sieht sich heute eines Besseren belehrt.
Wenn es sich bestätigen sollte, dass die von US-Journalisten wie Seymour Hersh vermuteten Folterbefehle auf dem Schauplatz Irak von ganz oben kamen, bekämen wohl alle die recht, die in der US-Aussenpolitik eine Kontinuität imperialistischen Denkens und globalen Machtanspruchs sehen, egal, welche Partei gerade den Präsidenten stellt.