Was haltet ihr davon?
21.06.2005 um 08:29Ablehnung des Christentums
Wie begründete nun Nietzsche seine fundamentale Ablehnung des Christentums? Anschaulich beantworten lässt sich diese Frage anhand der bereits erwähnten Schrift "Der Antichrist". Die Argumentation des Philosophen ist dort vor dem Hintergrund seiner bereits referierten Auffassungen zum "Willen zur Macht" zu sehen. Wörtlich heißt es: "Was ist gut? - Alles, was das Gefühl der Macht, den Willen zur Macht, die Macht selbst im Menschen erhöht. Was ist schlecht? Alles, was aus der Schwäche stammt. (...) Die Schwachen und Missratenen sollen zugrunde gehen: erster Satz unsrer Menschenliebe. Und man soll ihnen noch dazuhelfen. Was ist schädlicher als irgendein Laster? - Das Mitleiden der Tat mit allen Missratenen und Schwachen - das Christentum ..." Die Vorwürfe gründen demnach in der Auffassung, das Christentum schwäche oder vernichte die natürlichen Antriebe des Lebens.
Es unterhöhle, so Nietzsche weiter, den höherwertigen, lebenswürdigen und zukunftsgewissen Menschentyp. Statt dessen werde "der umgekehrte Typus gewollt, gezüchtet, erreicht: das Haustier, das Herdentier, das kranke Tier Mensch - der Christ ..." Wie hier exemplarisch zum Ausdruck kommt, arbeitet der Philosoph in dem Text mit Dualismen, das heißt, er stellt abgelehnte christliche und bejahte eigene Begriffe gegeneinander: Zu ersterem gehören Leben, Macht, Mut, Übermensch und Wille. Zu letzterem gehören Missratenes, Mitleid, Moderne, Schwäche, Toleranz. Das Christentum habe "einen Todkrieg gegen diesen höheren Typus Mensch gemacht ... Das Christentum hat die Partei alles Schwachen, Niedrigen, Missratenen genommen, es hat ein Ideal aus dem Widerspruch gegen die Erhaltungs-Instinkte des starken Lebens gemacht; es hat die Vernunft selbst der geistig stärksten Naturen verdorben, indem es die obersten Werte der Geistigkeit als sündhaft, als irreführend, als Versuchungen empfinden lehrte." Dadurch würden die Instinkte zur "Erhaltung und Wert-Erhöhung des Lebens" zerstört.
Angesichts dieser fundamentalen Ablehnung des Christentums und seiner Vertreter nimmt Nietzsche auch entsprechende wertende Pauschalisierungen vor, die nicht mehr nach dem inhaltlichen Wahrheitsgehalt von Aussagen fragen, sondern ihn von der Zugehörigkeit des jeweiligen Protagonisten abhängig machen: "Was ein Theologe als wahr empfindet, dass muss falsch sein: man hat daran beinahe ein Kriterium der Wahrheit." Ein anderes ähnliches Beispiel: "Der Glaube macht selig: folglich lügt er." Insgesamt herrschen in der Schrift, aber auch in den anderen Veröffentlichungen, undifferenzierte und verallgemeinernde Setzungen vor. Ausnahmen sind inhaltlich zutreffende, aber nicht näher belegte Sachaussagen wie etwa: "Diese Priester haben jenes Wunderwerk von Fälschung zustande gebracht, als deren Dokumente uns ein guter Teil der Bibel vorliegt." Gleiches gilt für behauptete Mechanismen und Zusammenhänge wie etwa "oberster Satz: 'Gott vergibt dem, der Buße tut' - auf deutsch: der sich dem Priester unterwirft."
Würde mich interessieren...
User die ignoriert werden:
DeadPoet/
Wie begründete nun Nietzsche seine fundamentale Ablehnung des Christentums? Anschaulich beantworten lässt sich diese Frage anhand der bereits erwähnten Schrift "Der Antichrist". Die Argumentation des Philosophen ist dort vor dem Hintergrund seiner bereits referierten Auffassungen zum "Willen zur Macht" zu sehen. Wörtlich heißt es: "Was ist gut? - Alles, was das Gefühl der Macht, den Willen zur Macht, die Macht selbst im Menschen erhöht. Was ist schlecht? Alles, was aus der Schwäche stammt. (...) Die Schwachen und Missratenen sollen zugrunde gehen: erster Satz unsrer Menschenliebe. Und man soll ihnen noch dazuhelfen. Was ist schädlicher als irgendein Laster? - Das Mitleiden der Tat mit allen Missratenen und Schwachen - das Christentum ..." Die Vorwürfe gründen demnach in der Auffassung, das Christentum schwäche oder vernichte die natürlichen Antriebe des Lebens.
Es unterhöhle, so Nietzsche weiter, den höherwertigen, lebenswürdigen und zukunftsgewissen Menschentyp. Statt dessen werde "der umgekehrte Typus gewollt, gezüchtet, erreicht: das Haustier, das Herdentier, das kranke Tier Mensch - der Christ ..." Wie hier exemplarisch zum Ausdruck kommt, arbeitet der Philosoph in dem Text mit Dualismen, das heißt, er stellt abgelehnte christliche und bejahte eigene Begriffe gegeneinander: Zu ersterem gehören Leben, Macht, Mut, Übermensch und Wille. Zu letzterem gehören Missratenes, Mitleid, Moderne, Schwäche, Toleranz. Das Christentum habe "einen Todkrieg gegen diesen höheren Typus Mensch gemacht ... Das Christentum hat die Partei alles Schwachen, Niedrigen, Missratenen genommen, es hat ein Ideal aus dem Widerspruch gegen die Erhaltungs-Instinkte des starken Lebens gemacht; es hat die Vernunft selbst der geistig stärksten Naturen verdorben, indem es die obersten Werte der Geistigkeit als sündhaft, als irreführend, als Versuchungen empfinden lehrte." Dadurch würden die Instinkte zur "Erhaltung und Wert-Erhöhung des Lebens" zerstört.
Angesichts dieser fundamentalen Ablehnung des Christentums und seiner Vertreter nimmt Nietzsche auch entsprechende wertende Pauschalisierungen vor, die nicht mehr nach dem inhaltlichen Wahrheitsgehalt von Aussagen fragen, sondern ihn von der Zugehörigkeit des jeweiligen Protagonisten abhängig machen: "Was ein Theologe als wahr empfindet, dass muss falsch sein: man hat daran beinahe ein Kriterium der Wahrheit." Ein anderes ähnliches Beispiel: "Der Glaube macht selig: folglich lügt er." Insgesamt herrschen in der Schrift, aber auch in den anderen Veröffentlichungen, undifferenzierte und verallgemeinernde Setzungen vor. Ausnahmen sind inhaltlich zutreffende, aber nicht näher belegte Sachaussagen wie etwa: "Diese Priester haben jenes Wunderwerk von Fälschung zustande gebracht, als deren Dokumente uns ein guter Teil der Bibel vorliegt." Gleiches gilt für behauptete Mechanismen und Zusammenhänge wie etwa "oberster Satz: 'Gott vergibt dem, der Buße tut' - auf deutsch: der sich dem Priester unterwirft."
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