Anhang: 1114070336_3.jpg (17,2 KB)„Sein Lächeln ist nicht echt wie das von Papst Woytila. Man sieht, es macht ihm Mühe“, meint eine Römerin über den neuen Pontifex. Nach dem in alle Welt übertragenen Jubel beim abendlichen „Habemus Papam“ auf dem Petersplatz sind in der Ewigen Stadt auch zahlreiche kritische bis ätzende Bemerkungen zu hören. Viele Durchschnitts-Römer haben offenkundig Schwierigkeiten, sich mit der Persönlichkeit ihres neuen Oberhirten anzufreunden.
Unter den Gläubigen herrscht eine Mischung aus alten Klischee-Vorstellungen von den Deutschen an sich, dem bisherigen Amt von Kardinal Ratzinger als gestrengem Oberhaupt der ehemaligen Inquisition und der so unterschiedlichen Erscheinung im Gegensatz zu „ihrem Papa Woytila“, wie sie Johannes Paul II. liebevoll nennen.
„Jawohl, jawohl“, ruft ein grauhaariger Mann in militärischem Tonfall beim Betreten einer Bar und fügt lachend hinzu, der neue Papst mache einen „furchterweckenden Eindruck“.
In einer Bar nahe der Basilika von San Giovanni, dem Sitz des Papstes als Bischof von Rom, ist außer einer Bayerin mit dem vatikanischen Wahlergebnis niemand zufrieden. Über die Lebenserwartung für „Papa Ratzinger“ machen sich dennoch einige Kunden große Sorgen: „Hoffentlich endet dieses Potifikat nicht so wie das von Johannes Paul I.“ (nur 33 Tage).
„Das war eine politische Entscheidung. Sie halten uns wohl für dumm.“
SIGNORA ANNA
Worüber sich viele Römer lustig machen, ist die Aussprache des Italienischen von Benedikt XVI. „Die klingt so hart wie von einem Deutschen, der gerade erst zu lernen begonnen hat“, grinst ein Pensionist bei einem Zeitungsstand. „Dabei ist er doch schon seit Jahrzehnten in Rom.“
Signora Anna, die sich selbst als „tief religiös“ bezeichnet, kritisiert hingegen die kirchlichen Aspekte der Papst-Wahl: „Das war eine rein politische Entscheidung, nur hält man uns meistens für dumm. Einen guten Hirten wollte der Vatikan sicher nicht einsetzen.“
Darüber, dass die Titelseite der kommunistischen Tageszeitung Il Manifesto die Grenzen des guten Geschmacks überschreitet, sind sich aber auch die schärfsten Kritiker einig. Unter einem Foto des neuen Papstes prangt „Il Pastore Tedesco“, was auf Italienisch nicht nur „der deutsche Hirte“ heißt, sondern auch „der deutsche Schäferhund“.
Kardinal Christoph Schönborn, der Ratzinger seit Jahrzehnten kennt und schätzt, betrachtet die Skepsis der Römer mit Gleichmut. „Die hat es schon vor 500 Jahren beim letzten deutschen Papst gegeben, da hat man auch gefürchtet, jetzt kommt die deutsche Strenge“, sagte der Kardinal dem KURIER. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Gestalt von Benedikt XVI. sehr bald auch alle Herzen erreichen wird.“
Artikel vom 21.04.2005 |KURIER Printausgabe |Luise Hahn
Römer witzeln über ihren Bischof
Im ALLEM kannst Du NICHTS erkennen, im NICHTS ALL - ES!