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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

64 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Russland, Putin, Dikatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 12:08
Große Veränderungen soll es in Russland geben, Putin wird wohl eine "Nationalgarde" schaffen, welche ihm direkt unterstellt ist, von 210.000 bis 400.000 Mann ist die Rede. Mal ein paar Artikel dazu:
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Schaffung einer Nationalgarde angekündigt. Bei einem am Dienstag im Fernsehen ausgestrahlten Treffen mit Innenminister Wladimir Kolokolzew ordnete Putin die Zusammenführung von Truppen des Innenministeriums und Eliteeinheiten der Polizei an. Demnach soll die Putin direkt unterstellte Truppe "Terrorismus und organisierte Kriminalität" bekämpfen. Chef soll Viktor Solotow werden, der bislang die Truppen des Innenministeriums befehligte.

Kreml-Kritiker fürchten, Putin wolle seine Macht in Russland vor den Parlamentswahlen im Herbst festigen. Putin hatte im Februar davor gewarnt, dass "ausländische Feinde" versuchten, die Parlamentswahlen im September zu "unterminieren".

Der britische Russland-Analyst Mark Galeotti fragte zu der Schaffung der Nationalgarde rhetorisch: "Was heißt es wohl, wenn du deine eigene persönliche Armee brauchst?" Einziger Grund sei offensichtlich die Angst vor Unruhen, schrieb Galeotti, der New York University internationale Politik mit Schwerpunkt Russland lehrt.

Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow wies dies zurück, räumte aber ein, dass es zu den Aufgaben der neuen Truppe gehören werde, nicht genehmigte Demonstrationen zu unterbinden. Nach der umstrittenen Parlamentswahl im Dezember 2011 und der Wiederwahl von Putin ins Präsidentenamt im Mai 2012 hatte es bis dato ungekannte Proteste gegen die russische Führung gegeben.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/elitetruppe-fuer-putin-russlands-praesidenten-schafft-neue-nationalgarde-a-1085659.html


Ein wenig mehr schreibt die SZ:
Putin gibt Russland Nationalgarde - Mit dem Umbau der Sicherheitsbehörden reagiert der Kremlchef auf die Lage im Inneren.

Wladimir Putin hat die Perspektive gewechselt. Nach zwei Jahren Geopolitik an der ukrainischen und syrischen Front kehrt der Kremlchef mit einem Paukenschlag in die russische Innenpolitik zurück. Per Federstrich hob er mit der Schaffung einer Nationalgarde eine neue „Megastruktur“ aus der Taufe. 400 000 Mann könnten demnächst bei der Nationalgarde in Diensten stehen. Sie ist gedacht als Schutztruppe gegen alle denkbaren inneren Gefahren und Bedrohungen Russlands. Vor allem aber soll sie zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des Terrorismus eingesetzt werden.

Die Nationalgarde wird jedoch nicht neu rekrutiert. Sie soll sich aus verschiedenen Einheiten und Truppenteilen des Innenministeriums und Kräften der Polizei zusammensetzen. Dazu gehören die schnelle Eingreiftruppe SOBR, die Spezialeinheit OMON sowie die Truppen des Innenministeriums.

Die neue Superbehörde wurde in aller Stille vorbereitet. Nicht einmal die Regierung war über das Vorhaben des Präsidenten im Bilde. Noch am Montag lag Premierminister Dmitri Medwedjew ein Gesetzespaket vor, das die Umgestaltung der sogenannten Gewaltministerien nicht vorsah. Die Vorbereitungen müssen in aller Verschwiegenheit und in sehr kleinem Kreis stattgefunden haben, vermutet der Moskowski Komsomolez. Offensichtlich sei die Nationalgarde Russlands „asymmetrische Antwort“ auf die Enthüllungen der Panama-Papiere desselben Tages, witzelt das Boulevardblatt.

Klar ist, die wirtschaftlichen Engpässe nötigen den Kreml zum Sparen. Die Reform wird nicht zuletzt auch als Mittel dargestellt, Überhänge in den Sicherheitsstrukturen zu kappen. Das Innenministerium und der Geheimdienst FSB gehören durch die neue Aufgabenverteilung zu den Reformverlierern. Dies ist wohl auch der Grund, warum die Maßnahmen im Vorfeld geheim gehalten wurden.


Ein Rivale für den Geheimdienst

Kritiker sind überzeugt, dass die Nationalgarde vor allem ein Instrument ist, mit dem sich der Kremlchef gegen Unwägbarkeiten wappnen möchte. Nur drei Prozent der Hörer des Senders Echo Moskau waren denn auch davon überzeugt, dass die neue Garde der Verbrechensbekämpfung diene.

In diesem Jahr finden Dumawahlen statt, gleichzeitig zieht die wirtschaftliche Krise weitere Kreise, und ein Ende ist nicht abzusehen. Bislang regt sich kein Protest, doch der Kreml ist besorgt. Eigentlich zählen auch die vier Millionen Mitarbeiter aus den verschiedenen Sicherheitsstrukturen zu den Stützen Putins. Dennoch scheint der Kremlchef mit der inneren Sicherheitslage unzufrieden zu sein. Sonst würde er diese Klientel mit den Reformen nicht in Unruhe versetzen.

Auch die Ernennung Victor Solotows zum Chef der Nationalgarde unterstreicht die Verunsicherung. Die Garde untersteht Putin, sie ist dessen „leibgwardija“ – wie es auch im Russischen heißt.

Solotow war bis 2013 Putins Chefbewacher. Beide kennen sich schon aus den gemeinsamen Jahren in St. Petersburg. „Generalissimus“ nennt ihn der engere Kreis des Präsidenten. Solotow genießt angeblich wie kein anderer Putins Vertrauen.

Obwohl das Innenministerium nach außen eher wie ein monolithischer Block wirkt, soll es im Vergleich zu anderen Behörden eine buntere Sammlung von Meinungen beherbergen. Im Ernstfall könnte das zum Problem werden, vermuten Beobachter. Die Zuverlässigkeit der Führungskräfte sei im Konfliktfall nicht garantiert. Auch der Militärexperte Alexander Golts gibt zu bedenken, dass sich beim Putsch gegen den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow 1991 Offiziere weigerten, aufs Volk zu schießen. Diese Lektion sei nicht vergessen.

Nicht nur der Perspektivenwechsel nach innen ist neu. Auch die Bereitschaft, das frühere Gleichgewicht zwischen den Sicherheitsorganen zu opfern. Die Nationalgarde bringt die Balance durcheinander. Das Innenministerium ist geschwächt, und dem Geheimdienst FSB erwächst mit der Garde ein mächtiger Rivale.
Man stelle sich mal vor, Merkel würde sich so eine Privatarmee zulegen. Nach dem Mord in Moskau an Boris Nemzow ist die Opposition in Russland wohl handlungsunfähig und zerschlagen, wird sich wohl kaum noch wer finden, der sich ernsthaft Putin entgegenstellen wird und sein Leben riskieren, auch bedarf es ja dafür mehr.

Die Medien sind auch nicht frei und unabhängig, gibt nur noch eine Zeitung die wirklich kritisch schreibt, viele Journalisten wurden in den letzten Jahren ermordet.

In Russland herrscht schon länger ein Klima der Angst und es wird täglich schlimmer, die intelligenten und kritischen Menschen haben, wenn sie es konnten, längst das Land verlassen.

http://info.arte.tv/de/russland-auswanderung-von-intellektuellen


Mehr dazu:
Auswanderung: Immer mehr Menschen verlassen Russland - Die Zahl der Auswanderer aus Russland steigt seit Beginn der dritten Amtszeit Wladimir Putins. Politische Verfolgung, gefühlt oder tatsächlich, wird als einer der Gründe genannt. Soziologen haben nachgefragt, was Russen noch dazu bewegt, ihre Heimat zu verlassen.

Anfang Juni verließ Dmitrij Simin, der größte Mäzen auf dem Gebiet von Forschung und Bildung und Ehrenpräsident und Gründer des Unternehmens Wympelkom, das Land. Die Ausreise wird öffentlich mit den Ereignissen rund um die populärwissenschaftliche Stiftung Dinastija in Verbindung gebracht. Diese wurde am 25. Mai zum „ausländischen Agenten" erklärt. Dies sei laut russischen Medien geschehen, um Simin einzuschüchtern – der Multimillionär soll angeblich oppositionelle Politiker und Medien finanziert haben. Im April dieses Jahres wanderte die Umweltaktivistin und Oppositionelle Jewgenija Tschirikowa zusammen mit ihrer Familie nach Estland aus. „In Russland gibt es Repressionen gegenüber politischen Aktivisten", erklärte sie und fügte hinzu, dass der Umweltschutz „der Hauptfeind des etablierten Regimes der Rohstoffoligarchen" sei.

Geschichten wie diese entfachen regelmäßig Diskussionen über eine neue Auswanderungswelle und mögliche Gründe dafür. Soziologen stellten fest, dass die Gründe für eine Ausreise in Wladimir Putins dritter Amtszeit immer häufiger einen politischen Kontext haben. „Es gibt das Gefühl einer zunehmenden Auswanderung", erzählt Pawel Tschikow, Vorsitzender des Verbandes der Menschenrechtsorganisationen Agora. Über viele Jahre hinweg half Agora potenziellen Emigranten einen Antrag auf Asyl zu stellen. Tatsächlich verließen die wenigsten aufgrund tatsächlicher politischer Verfolgung das Land, bemerkt der Jurist – den meisten werde es lediglich allmählich „ungemütlich, in Russland zu leben".


Ungemütliche Atmosphäre

„In Wirklichkeit erleben wir weniger eine Auswanderung aus politischen Motiven als eine Auswanderung, die durch die politische Situation provoziert wird", nimmt der Professor und führende wissenschaftliche Mitarbeiter der Fakultät für Sozialwissenschaften der Moskauer Higher School of Economics Julij Nisnjewitsch an. Unterm Strich wanderten unter anderem auch diejenigen aus, die sich überhaupt nicht für Politik interessierten. Das Gesetzespaket zur Regulierung des Internets, die Beschränkung des Anteils ausländischen Kapitals an Unternehmen, die Eigner russischer Medien sind, das als skandalös empfundene Bildungsgesetz, dem unter anderen vorgeworfen wird, dass es die Bildung kommerzialisiere, indem es sie in eine Dienstleistung verwandele, das Gesetz über ausländische Agenten – all dies schaffe eine unangenehme Atmosphäre, glaubt Nisnjewitsch. Pawel Tschikow pflichtet ihm bei: Entscheidender Gradmesser seien nicht die einzelnen Fälle politischer Verfolgung, sondern die allgemeine Abwanderung der Menschen.

Laut Angaben der russischen Statistikbehörde Rosstat ging die Abwanderung aus dem Land seit 1999 Jahr für Jahr zurück. Im Jahr 2012 kehrte sich dieser Trend um: 122 751 Personen verließen das Land – 2011 waren es lediglich 36 774. In den ersten acht Monaten des Jahres 2014 wanderten bereits 203 000 Personen aus – das sind mehr Menschen, als in jedem anderen vollständigen Jahr der bisherigen Amtszeiten Wladimir Putins.

Jenny Kurpen, Koordinatorin der Organisation Human Corpus für Flüchtlingshilfe mit Sitz in Finnland, glaubt nicht, dass sich sicher sagen ließe, wie viele der Emigranten Russland aus politischen Gründen verließen. Sie selbst entschied sich im Juni 2012, das Land zusammen mit anderen Mitbegründern der Organisation zu verlassen. Sie fürchteten eine strafrechtliche Verfolgung in Folge der Bolotnaja-Proteste. Nach Unruhen und Auseinandersetzung mit der Polizei am 6. Mai 2012 auf dem Bolotnaja-Platz in Moskau wurden 34 Teilnehmer der Demonstrationen angeklagt. Zwölf Personen wurden zu längeren Haftstrafen verurteilt.

„Ein wesentlicher Anteil der tatsächlichen politischen Auswanderer spricht öffentlich nicht darüber. Viele reisen illegal aus, manche von ihnen stellen nicht einmal einen Asylantrag und tauchen deswegen gar nicht erst in der Flüchtlingsstatistik des Gastlandes auf", erklärt Kurpen.

Human Corpus existiert offiziell seit weniger als einem Jahr, genauer gesagt seit Oktober 2014. Seitdem wandten sich 200 Personen an die Organisation. Eine repräsentative Aussage könne man mit diesen Zahlen jedoch nicht treffen, glaubt man bei Human Corpus. „Es ist vernünftiger zu sagen, nicht die Zahl der Politemigranten habe zugenommen, sondern dass die Auswanderung aus Russland eine Massendynamik annimmt", sagt Kurpen. Dies sei auch darin begründet, dass „erstmals in der Präsidentschaft Putins nicht nur und nicht in erster Linie die Aktivisten Zielscheibe gewesen sind, sondern normale Menschen, von denen viele zum ersten Mal in ihrem Leben an einer Protestaktion teilgenommen haben".


Hoffnungsträger verlassen das Land

Eine offizielle Statistik für 2015 liegt noch nicht vor, auch der Föderale Migrationsdienst konnte gegenüber RBTH keine aktuellen Zahlen vorlegen. Soziologen des Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum gehen nach Umfrageergebnissen aus dem März von zwölf Prozent Ausreisewilligen aus. 83 Prozent wollten das Land nicht verlassen. Auswanderungspläne würden durch die Krise gebremst, erklärt Stepan Gontscharow vom Lewada-Zentrum. Die Menschen würden abwarten, es herrsche ein allgemeines Gefühl von Unsicherheit und Angst vor einem Krieg. Deshalb seien gegenwärtig in erster Linie reiche Russen dazu bereit, das Land zu verlassen, sagt Gontscharow. Es seien jene, „die es sich leisten können, zu jedem beliebigen Zeitpunkt auszuwandern".

Politische Motive stellten dabei mitnichten die häufigste Auswanderungsursache dar. Immer noch wanderten Menschen vor allem auf der Suche nach einem besseren Leben aus. „Es existiert der Wunsch, seinen Kindern eine bessere Zukunft zu bieten. Das ist ein materieller Faktor", sagt der Soziologe. Die „Politik" sei in erster Linie für eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe, der so genannten Intelligenzija, das Motiv. „Und die jüngsten und aktivsten von ihnen haben nach unseren Angaben bereits in den Jahren 2012 und 2013 das Land verlassen", fügt er hinzu. Damals habe es noch keine Krise gegeben, dafür aber habe die dritte Amtszeit Wladimir Putins begonnen, begleitet von Massenprotesten und einem verstärkten „Anziehen der Daumenschrauben". Das Problem sei natürlich nicht die reine Zahl der Auswanderer, bemerkt Nisnjewitsch, sondern die Auswanderung jener Menschen, auf deren Schultern die erfolgreiche Entwicklung Russlands laste.


Ausreisebeschränkungen könnten die Auswanderung stoppen

Aber lange nicht jeder, der theoretisch zur Emigration bereit sei, gehe diesen Schritt auch tatsächlich. „Diskutiert wird das Thema von vielen. Es ist so eine Art Nationalsport der russischen Mittelschicht, über die Auswanderung zu sprechen", glaubt der unabhängige Abgeordnete der Staatsduma und Oppositionelle Dmitrij Gudkow. Selbst will er vorerst nicht emigrieren. Er sagt, dass er sich in einem fremden Land „ungemütlich" fühle, aber er nimmt an: „Es könnte eine Situation entstehen, in der ein Verbleib in Russland eine Gefängnisstrafe zur Folge hätte. Dieses Risiko besteht. Ich hoffe, dass es so weit nicht kommen wird." Seiner Meinung nach wolle niemand auswandern, denn Auswanderer verloren normalerweise ihre Qualifikationen und hätten mit Einbußen in der Lebensqualität zu kämpfen. Nach langen Diskussionen „sehen die Menschen ein, dass das Leben im Ausland teurer ist, man eine Arbeit finden und ein Visum erhalten muss – es gibt so viele Unwägbarkeiten, dass die meisten den Plan wieder fallen lassen".

Im Bildungsbürgertum und unter Wissenschaftlern halte man sich die Option der Auswanderung offen, bekennt Nisnjewitsch. „Diese Menschen wollen nicht weg und wandern vorerst nicht aus, aber sie haben einen Reisepass mit einer anderen Staatsbürgerschaft in der Tasche, falls sich die Lage verschärfen sollte", meint er.

Soziologen glauben, dass die politische Situation sich nicht verschärfen müsse, um eine neue Auswanderungswelle zu erleben. Es reiche aus, dass die Krise ihr Ende findet. Die Zahl der Ausreisewilligen sei zwar geringer als in den vergangenen drei Jahren, bei den Menschen nehme der Glaube an die eigenen Kräfte aber wieder zu: So stieg laut einer Meinungsumfrage der Anteil der Ausreisewilligen von März bis Mai 2015 von 12 auf 16 Prozent an. „Momentan bewegt sich das noch im Rahmen der statistischen Unsicherheit und ist nicht symptomatisch, aber die wirtschaftliche Situation stabilisiert sich allmählich. Der wachsende Wohlstand wird die Auswanderung wieder anheizen, natürlich nur solange keine Ausreisebeschränkungen erfolgen", nimmt Gontscharow an.

Der Vorsitzende des Staatsduma-Ausschusses für GUS-Angelegenheiten, eurasische Integration und Beziehung zu Landsleuten Leonid Sluzkij glaubt nicht, dass es „eine ausreichende Grundlage für solche Maßnahmen" gebe. Der Kommunist und erste stellvertretende Vorsitzende des Staatsduma-Ausschusses für Nationalitätenfragen Valerie Raschkin glaubt: „Das Problem der Auswanderung ist für das Land gegenwärtig nicht von Bedeutung. Laut Statistik, Fakten und Anträgen an die Migrationsbehörde existiert ein solches Problem einfach nicht. Die Auswanderung hat nicht zugenommen und hat ein nur verschwindend geringes Ausmaß, das wir nicht einmal berücksichtigen", so Raschkin.
http://de.rbth.com/politik/2015/06/22/auswanderung_immer_mehr_menschen_verlassen_russland_34065


Unter Putin wird sich Russland wohl immer weiter von einer Demokratie entfernen und sich in Richtung Diktatur entwickeln, und das Land wird so immer mehr auch für eine Bedrohung für andere Staaten, viele ehemalige aus der UDSSR sind da sehr besorgt, ein Blick in die Ukraine bestätigt diese Sorgen.

Leider ist da in Russland zurzeit wenig Bewegung dagegen aus dem Volk zu sehen, klar haben ganz viele Angst, aber es ist wirklich Zeit, dass das Volk aufsteht und sich wehrt, jeden Tag verliert es mehr an Freiheit, die Freiheit und Demokratie die es sich hart erkämpft hat.

Wie seht Ihr die Entwicklung?


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 13:19
Bin mit dieser Sichtweise nicht alleine, schon vor einem Jahr kam das (habe eben mal nach Putin und Dikatur gesucht, den Artikel kannte ich bis eben so nicht, interessant das Jauch aber genau die Frage in denselben Worten wie ich stellte ...):
Zahnna Nemzowa: "Es gibt bereits eine Diktatur in Russland" - Am Tag der Festnahme mehrerer Verdächtiger im Mordfall Nemzow wählt die älteste Tochter des russischen Oppositionspolitikers klare Worte gegen die russische Regierung. Bei Günther Jauch machte Zahnna Nemzowa die Führung in ihrem Heimatland für den Tod ihres Vaters verantwortlich.

Nach dem Mord an Boris Nemzow blickt die Welt mit Sorge nach den Entwicklungen in Russland. Die Frage: "Putins Russland – auf dem Weg zur Diktatur?" wollte Günther Jauch am Sonntagabend diskutieren. Sein erster Gast war die älteste Tochter des ermordeten Politikers Boris Nemzow, die Journalistin Zhanna Nemzowa.

Rund zehn Minuten sprachen Nemzowa und Jauch über ihren Vater und die aktuelle Situation in Russland. Schon zu Beginn des Gesprächs zeigte sich die 30-Jährige beeindruckend unerschrocken: "Es gibt bereits eine Diktatur in Russland. Und dieser dreiste Mord bedeutet, dass die Machthabenden die rote Linie überschritten haben", sagte sie bereits zu Beginn ihres Interviews. Dabei erklärte sie, dass sie zwar derzeit in Deutschland sei und anschließend nach Italien reise, aber am 15. März nach Russland zurückkehren würde.

Am 28. Februar war ihr Vater Boris Nemzow in der Nähe des Kremls auf offener Straße erschossen worden. Eine Tat, für die sie die Regierung in Moskau verantwortlich macht: "Ich bin davon überzeugt, dass die politische Verantwortung auf der russischen Führung liegt."

Auch den Stimmen, die die Rolle Nemzows als Oppositionspolitiker relativieren, widersprach sie: "Diejenigen die sagen, dass Nemzow nicht gefährlich war, sagen nicht die Wahrheit. Denn für jede Diktatur, für jedes autoritäre Regime, wäre jeder Andersdenkende eine Gefahr." Dann betonte sie, dass ihr Vater eine "führende Kraft in der Opposition" war.

Tatsächlich war Boris Nemzow als scharfer Putin-Kritiker bekannt. Nemzow startete seine politische Laufbahn als Gouverneur der zentralrussischen Region Nischni Nowgorod. Vor allem in den 1990er Jahren hatte sich Nemzow als liberaler Reformer einen Namen gemacht. Präsident Boris Jelzin holte ihn zwischen 1997 und 1998 als Vize-Ministerpräsident in die Regierung nach Moskau. Bei der Präsidentschaftswahl 2008 schickte ihn die liberale Partei Union der rechten Kräfte ins Rennen, er legte die Kandidatur aber vor der Wahl nieder.

Nemzow war zeitweilig auch als Jelzins Nachfolger gehandelt worden. Putin wurde Präsident, und Nemzow schließlich einer seiner schärfsten Kritiker. Zu Putins zehntem Jahrestag als Präsident gab Nemzows ein Buch heraus – eine Art Abrechnung. Im Ukraine-Konflikt tat er sich vor allem mit Protesten gegen die "russische Aggression" gegen das Land hervor. "Putin hat sich die Krim genommen. Als nächstes Kiew und Moldau. Dann Polen, dann die baltischen Staaten. Das ist ein Räuber", sagte er in einem Interview.

Nach den Schilderungen seiner Tochter war ihm und seiner Familie die Gefahr, die er sich aussetzte, durchaus bewusst. "Wir haben gewusst, dass mein Vater unter Druck war. (...)Verschiedene Mittel wurden angewandt: gegen ihn war die komplette russische Medienlandschaft, (…) es gab auch Strafverfolgung, er wurde beschattet, er wurde abgehört", sagte Nemzowa bei Jauch.

Dennoch war für sie der Tod ihres Vaters ein Schock: "Er dachte, dass man ihn ins Gefängnis stecken würde. Man hat nicht über Mord gesprochen, obwohl er in einem Interview für eine russische Zeitung sagte, dass seine Mutter ihn eigentlich vor dem Mord gewarnt hatte, dass Putin ihn töten würde."

Eine Aufklärung des Mordes erwartet die 30-Jährige nicht. "Ich traue den Ermittlungsbehörden nicht. Natürlich werden sie die Schuldigen finden, aber ob das die wahren Schuldigen sein werden, wissen wir nicht."

Dass es am Tag des Interviews mehrere Festnahmen gab, beeindruckte sie nicht. "Man sieht schon jetzt, dass diejenigen, die diese Tat ausgeführt haben, dem Innenministerium angehört haben", erklärt sie.
http://www.rp-online.de/panorama/fernsehen/guenther-jauch-russland-mit-wladimir-putin-auf-dem-weg-zur-diktatur-aid-1.4930356
Auch in Deutschland wächst die Skepsis, das Bild hat sich laut einer aktuellen Umfrage des ARD-Deutschlandtrends weiter verschlechtert: Nur noch 15 Prozent der Befragten halten Russland für einen vertrauenswürdigen Partner, 81 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass man Russland nicht vertrauen kann. 83 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die russische Regierung zunehmend demokratische Grundrechte missachte.
http://daserste.ndr.de/guentherjauch/aktuelle_sendung/Putins-Russland-auf-dem-Weg-zur-Diktatur,russlandnachnemzow100.html


Hier mal recht aktuelle:
Wie Putins postmoderne Diktatur funktioniert - Russland-Experte Ulrich Schmid zeigt in "Technologien der Seele", wie Wladimir Putins neoimperialer Größenwahn in der Gegenwartskultur vorbereitet wurde. Wichtigstes Medium sei dabei das staatliche Fernsehen gewesen. Aber selbst Videogames haben einen Einfluss.

Putins aggressive Expansionspolitik in den letzten Jahren hat viele überrascht. Sie findet in der russischen Bevölkerung durchaus Unterstützung. Wie die medialen und kulturellen Herrschaftstechnologien des "System Putin" das Bewusstsein der Bevölkerung heute beeinflussen, ja manipulieren, das hat jetzt der Schweizer Professor Ulrich Schmid untersucht.

Schmid zeigt, wie Putins neoimperialer Größenwahn, seine orthodoxe Verankerung und seine eurasische geopolitische Begründung in der russischen Gegenwartskultur vorbereitet wurden und sich heute darin auch wiederspiegeln. Daher ist diese Darstellung eine der erhellendsten Erklärungen von Putins postmoderner Diktatur.

Diese postmoderne Diktatur verlässt sich nämlich nicht alleine auf Repression und Unterdrückung politischer Opposition, sondern will auch mit seiner imperialen Staatsideologie den russischen Bürger in das Projekt eines mächtigen Russlands mit eigenen, nichtwestlichen Werten einfangen, so Schmid. Denn nach Putin kann Russland nur als kriegsbereites Imperium seine geopolitischen Ziele erreichen und seiner orthodoxen Erlösungsmission gerecht werden.



Botschaft kennt keine medialen Grenzen

Wichtigstes Medium dieser Ideologie ist das weitgehend gleichgeschaltete staatliche Fernsehen mit seinen verschiedenen Kanälen, das 86 Prozent der Bevölkerung täglich konsumiert. Hier werden die wesentlichen Werte der neuen ideologischen Wahrheit vermittelt. Das ist vor allem der Krieg. Denn der Krieg, so Schmid, "bildet den idealen Daseinsmodus des Imperiums, das seine Blütezeit in der territorialen Expansion erfährt".

Die Fernsehserien, in denen russische Soldaten den Feind, ob nun Faschist oder Terrorist, besiegen, sind nicht mehr zu zählen. Filme mit historischen Bezügen zum Sieg der Sowjetunion im 2. Weltkrieg, aber auch zum 1. Weltkrieg oder gar zum Krimkrieg überfluten das Fernsehen und die Kinos.

Erinnerungen an die imperiale Größe des Zaren- und sowjetischen Reichs sollen zu deren Fortsetzung in der Gegenwart motivieren. Die Mission Russlands zu imperialer Größe durch Krieg, diese Botschaft der Bevölkerung einzuhämmern, kennt keine medialen Grenzen, sie wird im Fernsehen, Kino, Internet oder auch in Videogames verbreitet.
Schwelgen im nationalen Rausch

Sogar viele russische Gegenwartsliteraten schwelgen im nationalen Rausch des wiederauferstehenden russischen Imperiums. Der Autor Alexander Prochanow, lange Zeit ein Kritiker des Systems Putin, jubelte nach der russischen Krim-Annexion 2014: "Heute ist die Heilige Rus in Neurussland erschienen", und spielte damit in religiöser Überhöhung auf die 1000-jährige Imperialgeschichte Russlands an.

Er steht damit für viele literarische Zeitgenossen, deren Werke Schmid deutet. Die kritischen Autoren und Autorinnen, etwa Ludmila Ulitzkaja, Tatjana Tolstaja oder Wladimir Sorokin, sind in der Minderheit. Die lange literarische Tradition des russischen imperialen Selbstverständnisses im Namen einer orthodoxen Erlösungsmission belegen auch die gerade noch einmal erschienenen und viel zu wenig bekannten "Politischen Schriften" Dostojewskis.
http://www.deutschlandradiokultur.de/ulrich-schmid-technologien-der-seele-wie-putins-postmoderne.1270.de.html?dram:article_id=342430


Ich halte Putin für eine große Gefahr für den Frieden und nicht nur für den in Europa, sondern für den in der ganzen Welt.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 13:31
So hier noch ein interessantes Interview mit Garri Kasparow vom Ende letzten Jahres:
„Isoliert Putin, gebt ihm keine Bühne als Problemlöser“ - Der russische Oppositionspolitiker und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow über die Sanktionen und den Umgang des Kremlchefs mit Krisenherden

Nach Ihrer Karriere im Schach haben Sie sich vor zehn Jahren der russischen Opposition angeschlossen. Hat Ihre Erfahrung als Schachweltmeister Sie auf ein Leben in der russischen Politik vorbereitet?

Ich sehe mich nicht als Politiker, ich bin eher ein Menschenrechtsaktivist. In Russland gibt es keine Politik in dem Sinne, wie sie in der freien Welt verstanden wird, mit Wahlkämpfen, Oppositionsparteien, Wahlen. Russland ist heute eine vollständige Ein-Mann-Diktatur. Ob es mir gefällt, so pessimistisch zu sein? Natürlich nicht. Aber man sollte den Wettermoderator nicht für die Vorhersagen kritisieren. Als Folge von Putins Aufstieg in Russland lebe ich außerhalb meines Landes. Putins Russland ist ein gefährlicher Ort.


Was heißt das konkret?

Noch vor sechs, sieben Jahren kam ein politischer Aktivist, der gegen Putins Machtmissbrauch protestierte, für fünf bis zehn Tage ins Gefängnis. Das ist auch mir passiert. Heute landet man für fünf bis zehn Jahre im Gefängnis. Vor einigen Tagen wurde ein russischer Aktivist hinter Gitter geschickt, weil er ein Plakat gegen Putin hielt.


Sie meinen den Oppositionellen Ildar Dadin, der als Erster nach der Verschärfung des Demonstrationsrechts zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt worden ist. Was bedeutet das für die russische Opposition?

Bisher wurde in Verfahren gegen Aktivisten immer versucht, ein Verbrechen als Vorwand zu finden. Dieses Mal ist es anders. Dadin wird nur vorgeworfen, mit einem Plakat auf der Straße gestanden zu haben. Mein langjähriger Freund und Kollege Boris Nemzow wurde vor dem Kreml erschossen. Er war nicht nur ein Oppositioneller, sondern auch ein ehemaliger Vize-Regierungschef. Das war eine abschreckende Botschaft. Das Regime hat eine unsichtbare rote Linie überschritten. Putin kann Kritik nicht länger tolerieren.


Fürchten Sie nach dem Mord an Nemzow um Ihr Leben?

Dank seinem Rat habe ich Russland 2013 verlassen. Ich fahre nirgendwohin, wo ich in unmittelbarer Gefahr sein könnte, natürlich nicht nach Russland. Das wäre eine Reise ohne Rückfahrkarte. Ob ich in Gefahr bin? Es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte. Wenn ich mich darüber lustig machen will, sage ich: Ich trinke keinen Tee mit Unbekannten.


Wohin entwickelt sich derzeit Russland unter Putin?

Der Mord an Nemzow hat jedes Anzeichen von Opposition eliminiert. Wir wussten schon vorher, dass die Einflussmöglichkeiten der Opposition marginal waren. Die Spielräume werden jetzt noch kleiner. Gleichzeitig verliert das Regime an Boden. Putin hat nicht mehr so viel Geld zum Ausgeben. Er muss sparen. Nur in den Bereichen Militär, Sicherheitsapparat und Propaganda wird nicht gespart. Putin kann das Image einer starken Führungsfigur nur aufrechterhalten, indem er anderswo Chaos schafft. Das ist nicht neu. Wenn einem Diktator die Feinde innerhalb des Landes ausgehen, sucht er nach Feinden außerhalb. Nachdem Putin 2008 Georgien angegriffen hatte, wurde er von den USA durch eine „Reset“-Politik belohnt. Das war aus seiner Sicht ein klares Signal. Auch für die Annexion der Krim wurde er nicht bestraft, die Sanktionen waren sehr schwach, und wenig später waren russische Truppen in der Ostukraine.


Sie beschuldigen den Westen, gegenüber Russland eine Appeasement-Politik zu verfolgen. Was hätten die EU und die USA aus Ihrer Sicht nach der Annexion der Krim und dem russischen Eingreifen in der Ostukraine tun sollen?

Die Annexion der Krim durch Russland war die eklatanteste Verletzung internationaler Verträge und der gesamten internationalen Ordnung, die Europa seit 1945 geschützt haben. Sie war der Versuch, Europa ins 19. Jahrhundert zu befördern, in eine Zeit, in der Großmächte die Landkarte mit Gewalt neu zeichnen konnten. Aber Europa betrachtete dieses Desaster nur als eine weitere kleine Krise, in der man verhandeln könne. Das kann man nicht. Es gibt nur eine Lösung: Die Krim muss wieder an die Ukraine gehen. Doch nun gibt es viele einflussreiche Stimmen in Deutschland und Europa, die sagen: Aber Syrien ist so wichtig, lasst uns eine gemeinsame Basis mit Russland finden. Man kann keine gemeinsame Basis mit einem Aggressor finden. In dem Moment, in dem man ihm Zugeständnisse anbietet, will er mehr. Wie jeder erfolgreiche Diktator ist Putin sehr gut darin, Gelegenheiten zu ergreifen. Er ist kein Stratege, der in langen Zeiträumen denkt.


Aber wie hätte der Westen denn auf Putins Vorgehen reagieren sollen?

Wir sollten mit dem anfangen, was der Westen nicht tun sollte. Bevor man einen Zug macht, muss man die Position analysieren und den Charakter des Gegners kennen. Putin ist kein Verbündeter, er ist ein strategischer Feind, weil er wie der „Islamische Staat“ und der Iran ein Feind der Moderne ist. Sein Überleben basiert auf Dingen, die mit dem Erfolg Europas unvereinbar sind. Putin braucht Chaos und Konflikte. Zu sagen, er sei Teil einer Lösung für Syrien, gemeinsam mit Assad, ist eine Kombination aus Arroganz und Dummheit. Denn das größte Problem in Syrien ist Assad. Vor zwei Jahren hätten die USA und die EU den Konflikt in Syrien durch militärisches Eingreifen lösen können, nachdem Assad Chemiewaffen eingesetzt hatte. Der IS ist auch ein Ergebnis der engstirnigen und dummen Politik der USA und der EU, die dort ein Vakuum schuf. Putin und die Iraner profitierten. Die russische Führung ist auf einen hohen Ölpreis angewiesen, dabei nützt ein Konflikt in der Nähe von Saudi-Arabien. Wenn Steinmeier, Kerry und Fabius jetzt sagen, man müsse Putin einbeziehen, ist das, als würde man einen Brandstifter den Feuerwehrmann spielen lassen.


Wie sehen Sie die Russland-Politik der Bundeskanzlerin?

Angela Merkel ist die einzige Politikerin in Europa, die dank ihres persönlichen Hintergrunds keine Zweifel über Putins wahres Gesicht hat. Sie wuchs in der DDR auf, und sie wusste von Anfang an, wer er war. Das Problem ist, dass in ihrer Regierung die Kumpane von Gerhard Schröder sitzen. Sie suchen nach Wegen, die Beziehung zu Putin wieder aufzubauen. Auf der anderen Seite stehen die deutschen Wirtschaftsbosse, die sehr ölige Geschäfte mit Putin gemacht haben. Eines Tages möchte ich gern einen Blick in Putins Archive werfen. Diese Archive könnten uns Geschichten über die politische und wirtschaftliche Elite des Westens erzählen. Angela Merkel hat das Maximum von dem erreicht, was sie erreichen konnte. Ich könnte sie kritisieren, aber ich bin ein Profispieler. Wenn deine Position schlecht ist, musst du das Beste daraus machen. Ohne Merkel gäbe es die Sanktionen gegen Russland gar nicht. Die Sanktionen müssen bleiben. Denn Putin hat keine Absicht, die Vereinbarung von Minsk zu erfüllen.


Sie sagen, dass es derzeit keine Chance für einen friedlichen politischen Wandel in Russland gibt. Rechnen Sie mit einem Ausbruch von Gewalt in Ihrer Heimat?

Ja. Ich habe zu viele Geschichtsbücher gelesen, um einen anderen Ausgang zu erwarten. Das totale Fehlen von Demokratie, die Zerstörung von Institutionen wie einer unabhängigen Justiz und Putins Clique, die normale Leute ausraubt: Die Saat der Unzufriedenheit ist schon da. Was Putin an der Macht hält, ist die Position des Westens, der ihm dabei hilft, so zu tun, als habe er alles unter Kontrolle.


Das heißt, Sie wollen, dass der Westen Druck ausübt, um letztlich einen Regimewechsel in Moskau zu erreichen?

So dramatisch ist es nicht. Es geht darum, Putin nicht auch noch eine Plattform zu geben, auf der er seine Allmacht zeigen kann. Isoliert ihn, gebt ihm keine Bühne als Problemlöser und Friedensbringer. Solange die Leute erwarten, dass Putin sich immer durchsetzt, wird ihn in Russland niemand herausfordern, kein General und kein Oligarch. Wenn er immer gewinnt – was kann man dann schon tun?


Wo sehen Sie Russland in zehn Jahren?

In zehn Jahren oder in zehn Monaten? Wenn ich Ihnen 2013 gesagt hätte, dass in den nächsten zwei Jahren Putin die Krim annektieren und in der Ostukraine einmarschieren würde, dass er seine Truppen nach Syrien schicken und dass Boris Nemzow getötet werden würde, dann hätten Sie mich für einen Idioten gehalten, der zu viel Schach gespielt hat. In den nächsten zwei bis drei Jahren werden wir dramatische Veränderungen sehen. Ich weiß nicht, was das Ergebnis sein wird, ich fürchte nur, dass es nicht friedlich wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass Russland in den kommenden zehn Jahren auseinanderfällt, ist groß. Wir sollten jetzt sehr genau hinhören, was Putin sagt. Er hat gerade erst betont, Russland könne Atomwaffen gegen den IS einsetzen. Aber auf diese Botschaft gab es im Westen keine Reaktionen. Alle taten, als hätten sie das nicht gehört.

Garri Kasparow, geboren 1963 in Baku, wurde in der Sowjetunion schon früh als Schachtalent entdeckt. Im Jahr 1985 besiegte er den damaligen Weltmeister Anatoli Karpow. Der 22-Jährige wurde damit der jüngste Weltmeister in der Geschichte des Schachsports. Kasparow beendete 2005 seine Karriere als Profispieler und schloss sich der russischen Opposition an, zu deren Führungsfiguren er zählte. Mehrmals wurde er auf Demonstrationen gegen Russlands Präsident Wladimir Putin festgenommen. Seit 2013 lebt er in New York und Kroatien. Sein Buch „Warum wir Putin stoppen müssen“ erschien gerade auf Deutsch.
http://www.tagesspiegel.de/politik/opposition-in-russland-isoliert-putin-gebt-ihm-keine-buehne-als-problemloeser/12715588.html


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 13:41
@nocheinPoet

Putin hat längst mehrere Ebene geschaffen die gegen alle unliebsame gegner vorgehen dass fällt auf die Exekutive ,Geheimdienst sowie auch faschistische schlägertruppen

dass er nun eine weitere umstrukturierung vornimmt die Zolotov anführen soll finde ich hoch interessant .Viktor Zolotov kennt Putin schon aus Petersburger Zeiten und gehört zu einen der wenigen die er sein leben blind anvertraut. Zolotov war sein pers. leibwächter überall wo Putin hinging war er direkt an seiner Seite ( was man in hunderten pressefotos sehen kann)

Zolotov ist wie alle aus dem Petersburger Zirkel korrupt:

http://freenews.xyz/2016/04/07/the-fund-navalny-found-an-apartment-for-her-daughter-of-the-head-of-the-national-guard-for-5-million/

welche rolle Zolotov bei der putin mafia spielte kann man ausführlicher im Buch von Karen Dawisha nachlesen :

http://www.amazon.com/Putins-Kleptocracy-Who-Owns-Russia/dp/1476795193

für mich offenbart Putins vorgehen mit gründung unter der leitung von Zolotov eher dass er gegen umsturzversuche aus seinem Apparat sich mit einer loyalen garde wappnen will.gegen kritiker oder demonstraten haben sie längst andere Werkzeuge die bestens funktionieren

die grösste Paranoia des Petersburger Zirkel ist ihre entmachtung weil dadurch die Türen für Ermittlungen offen werden und wenn die Bevölkerung die wahrheit erkennt droht ihnen ein ende wie bei Ceaușescu.

ich sehe eher ein zusammenhang mit Panama als mit den Wahlen.die einzige gefahr die Putin droht kommt nicht mehr aus dem Volk sondern von denjenigen einflussreichen die zwar nicht aus seinem engeren Zirkel sind aber ihn stützen weil er für deren befriedigung sorgt. Putin hat bis dato erfolgreich eine gradwanderung vollzogen aber Panama stürt die balance.bspw in der duma gibt es leute die ihm folgen aus anderen gründen aber vermutlich nicht korrupt sind .

meine meinung: putin hat angst vor putschisten


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:00
Tja scheinbar fürchtet Putin doch gewisse Interne Streitigkeiten.

Damit hat er jetzt seine eigene Prätorioaner Garde.

Die Russen scheinen einer Rückkehr in die Paranoia zu erleben.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:09
@nocheinPoet
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb:Man stelle sich mal vor, Merkel würde sich so eine Privatarmee zulegen.
Man stelle sich vor Merkel ist nicht Putin, Russland ist nicht Deutschland und verstehe so wieso nicht wieso alles nach Merkel gerichtet wird, ist Sie so eine Art Auserwählte der Menschheit?

Ich halte nicht viel von diesem billigen Journalismus, wo Putin überall auf Titelanzeigen drauf ist, obwohl sein Name in manchen Fällen nicht mal auftaucht mit der Begründung "Wo möglich, wahrscheinlich, könnte sein"

Nationalgarde und Privatarmeen würde ich googeln wer so was alles hat!

Ansonsten sehe ich hier einen weiteren Tread der Putinphobie!


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:17
@Fedaykin

yep!

http://www.nzz.ch/international/reform-des-russischen-sicherheitsapparats-eine-praetorianergarde-putins-ld.12019


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:21
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb:Unter Putin wird sich Russland wohl immer weiter von einer Demokratie entfernen

Wie kommst du denn auf sowas? Ich meine da beginnt bald der Wahlkampf zur Parlamentswahl...
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb:und sich in Richtung Diktatur entwickeln,

...was ja immer der schnellste Weg in eine Diktatur ist.
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb:und das Land wird so immer mehr auch für eine Bedrohung für andere Staaten,

Na klar, besonders bedroht fühlen sich ja die baltischen Länder, Ukraine und Polen die gerade die ganze Befreiungsdenkmäler abreißen oder die russische Minderheiten unterdrücken und russische Medien für illegal erklären...und natürlich die USA die darum vorsorglich schon mal die Nuklearwaffenabkommen mir Russland gekündigt hat und massiv an den Grenzen Russlands aufrüstet. (Und nicht nur da sondern auch in Ostasien, Mittelasien, arabischen Ländern, Nordafrika, Westafrika usw.)
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb:viele ehemalige aus der UDSSR sind da sehr besorgt, ein Blick in die Ukraine bestätigt diese Sorgen.

Auch da wird mal vorsorglich die russlandfreundliche Regierung weggeputscht, die russische Minderheit totgebombt, und alles was auf die gemeinsame Geschichte hindeutet auf die Müllhalde gekippt.
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb:Leider ist da in Russland zurzeit wenig Bewegung dagegen aus dem Volk zu sehen,

Ja dann müsstest du dich mal in Richtung Russland drehen, wenn du von deinem Standort aus immer nur nach Westen schaust wirst du nämlich Garnichts sehen können was in Russland passiert.
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb: klar haben ganz viele Angst,
Wer fürchtet sich denn wovor bitte? Die Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine die nach Russland geflohen sind vielleicht?
Die russischen Bürger oder Wähler? Wie kommst du auf solch einen Unsinn?
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb: aber es ist wirklich Zeit, dass das Volk aufsteht und sich wehrt,

Wogegen solch sich das Volk denn wehren? Der russische Präsident hat Zustimmungswerte von denen können westliche Regierungschefs nicht mal träumen. In den letzten 15 Jahren ging es jedes Jahr steil bergauf und wenn es mal stagnierte wie 2008 oder 2014 war es kein Problem weil die Russen wissen das es ihnen schon lange nicht mehr so gut ging wie derzeit. Da hat sicher niemand ein Interesse neue politische Experimente zu fördern.
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb: jeden Tag verliert es mehr an Freiheit,

Ja wirklich? Was für Freiheiten meinst du denn?
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb: die Freiheit und Demokratie die es sich hart erkämpft hat.

Das stimmt! Die Russen sind sehr erfahren was Revolutionen und Regierungsumstöße angeht, die machen das recht häufig. Derzeit scheinen sie sehr zufrieden zu sein und alles ist ruhig, was sagt uns das wohl?
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb:Wie seht Ihr die Entwicklung?


Die einzige Entwicklung die man erwarten kann ist das die derzeitige Krise genauso gut geschluckt wird wie die von 2008 und Russlands Wirtschaft anscheinend bis auf den gesunkenen Rubelwert nicht annähernd die Probleme haben wird wie 2008.
In ein paar Jahren werden die Sanktionen beendet sein und auch wieder die alten Wachstumswerte erreicht werden und der Wohlstand und damit die politische Stabilität weiter wachsen.
Es ist nichts zu erkennen was diese Entwicklungen verhindern soll.

Das was du hier schreibst ist nur düstere Propaganda die ein gewisses Publikum anspricht dem man eh nicht mehr helfen kann.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:24
Na schau einer wer mal wieder da ist..


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:24
@smokingun

Zu Deinem Beitrag noch ein passender Artikel:
Chancen der Demokratisierung - Russland ohne Putin - Die Situation Russlands heute ist unnatürlich, die Russen brauchen eine demokratische und europäische Perspektive.

Viele Europäer sind überzeugt: Es gibt keine Alternative zu Putin und seinem Regime, genau dieses System, genau dieser Präsident passen zu Russland. Paradoxerweise stimmen hier Russophobe sowie Putin- und Russophile überein.

Doch so einfach ist es nicht. Zwar ist das Putin-Regime eine natürliche Fortführung der russischen Geschichte, aber nur von einer ihrer strategischen Linien. Im Laufe der letzten Jahrhunderte gab es in Russland zwei entgegengesetzte historische Traditionen, die imperial-autoritäre und die demokratische. Das imperiale Projekt, das sich auf eine mächtige Staatsbürokratie stützt – die zaristische der Autokratie, die sowjetische des Stalinismus oder die Putinsche des heutigen Russland –, stösst auf den zum Teil passiven Widerstand der liberalen Intelligenz einerseits und der spontan anarchistisch gesinnten unteren Schichten andererseits. Die demokratische Tradition ist ebenfalls historisch tief verwurzelt in Russland, wo die Intelligenzia traditionell Widerstand leistet gegen Diktatur und Rechtlosigkeit und die breite Masse (die Bauern, die Arbeiter) jegliche Macht und Obrigkeit hasst.


Das Bündnis, das Demokratie bringt

Das Scheitern der jeweiligen Versuche imperialer Expansion endet für gewöhnlich mit der Aktivierung demokratischer, antiautoritärer Stimmungen in der Gesellschaft – so etwa nach den Niederlagen im Krimkrieg und im Russisch-Japanischen Krieg oder nach den Misserfolgen im Ersten Weltkrieg und im Kalten Krieg. Als Resultat formiert sich ein Bündnis aus liberaler intellektueller Elite und den anarchistisch gesinnten unteren Schichten, welches in der Geschichte Russlands bereits zweimal – im Februar 1917 und im August 1991 – zum Sturz einer Diktatur geführt hat. Der Zerfall dieses Bündnisses hingegen führt zur Renaissance des autoritären Regimes.

Die kurzen demokratischen Perioden enden mit der Demütigung der liberalen Intelligenz, welche die Unterstützung der Bevölkerung verliert, und der Wiederherstellung der Herrschaft der Bürokratie. So war es nach 1917, als die Bolschewiken die demokratischen Traditionen der russischen Freiheitsbewegung verwarfen und zu autoritären, bürokratischen Imperialisten wurden. So war es auch nach Gorbatschows Perestroika, als unter Jelzin die Herrschaft der Oligarchen Einzug hielt, die dann von Putins Diktatur abgelöst wurde.


Der Faschismus ist nach Russland zurückgekehrt

Zu Anfang des 20. Jahrhunderts entging Russland dem Faschismus, weil es in eine andere, in die «kommunistische» Form des Totalitarismus abglitt. Damals, zur Zeit des russischen Bürgerkrieges der Jahre 1918 bis 1920, stand dem Bolschewismus die «weisse Bewegung» entgegen, die im Grunde eine protofaschistische war (als solche wurde sie in den zwanziger und dreissiger Jahren von Anhängern wie Gegnern gleichermassen gesehen). Nicht von ungefähr stand Putins Lieblingsdenker, der «weisse» Philosoph Iwan Iljin, den Faschisten nahe.

Heute ist der Faschismus nach Russland zurückgekehrt. Unter Putin ist das imperiale Projekt gerade in seiner faschistischen Variante wiedererstanden. Das Regime der persönlichen Macht Putins stützt sich auf eine korrumpierte Beamtenoligarchie und zeigt viele der Züge, die für die faschistischen Regime Europas charakteristisch waren: Autoritarismus, eine aggressive, annexionistische Aussenpolitik, eine totale Regierungspropaganda, die Herrschaft des staatsmonopolistischen Kapitals in der Wirtschaft, von Geheimdienst und Militär geprägte Strukturen in der Verwaltung, eine von Chauvinismus und Klerikalismus geprägte Ideologie.

Putins Regime ist vergleichbar aggressiv wie Hitlerdeutschland oder Italien unter Mussolini. Die russische Bürokratie, die im Wesentlichen aus ehemaligen Angehörigen der Geheimdienste und der kommunistischen Nomenklatur besteht, steckt voller revanchistischer Komplexe. Putin und seine Kampfgefährten waren bereits seit ihrer Jugend, seit ihrer Zeit in Tschekisten- und Parteistrukturen, infiziert mit Grossmachtgelüsten und xenophoben Mythen. Nach 1991 tarnten sie sich wohl oder übel und fügten sich der Macht der verhassten Demokraten. In den nuller Jahren fassten sie Fuss in der Verwaltung. Und in den zehner Jahren glaubten sie sich genügend stark, um zu den frühen Ideen zurückzukehren. Sie wollten Rache nehmen für die Niederlage im Kalten Krieg und Russland wieder als Macht aufbauen, die ihren «angestammten» Lebensraum (also das Territorium der UdSSR) kontrolliert. Das sahen sie als ihre historische Mission.



Wie gross ist die Unterstützung im Volk?

Zum Glück für die Welt ist ihre Macht nicht so stabil, wie sie scheint. Die von Kreml-nahen Soziologen deklarierte Zustimmung einer erdrückenden Mehrheit der Bevölkerung ist illusorisch. In autoritären Ländern haben die Menschen schlicht Angst, Soziologen die Wahrheit zu sagen. Ich selbst war einer der Direktoren des grössten russischen Meinungsforschungsinstituts und kenne die Situation gut. Die erdrückende Mehrheit der russischen Durchschnittsbürger interessiert sich kaum für Politik. Zudem fürchten die Russen den FSB heutzutage nicht weniger als den KGB zu Sowjetzeiten. Sicherheitshalber – man weiss ja nie – wollen die Menschen bei den Umfragen ihre Loyalität unter Beweis stellen. Natürlich ist der Einfluss der totalen Staatspropaganda verhängnisvoll, doch ist er nicht allumfassend, wie viele annehmen.

Immerhin lassen viele selbst bei Umfragen indirekt eine tiefe Ablehnung der Situation im Lande erkennen. In den Regionen gibt es sehr starke Anti-Moskau-Stimmungen, es gibt einen regionalen «Patriotismus» und eine Abneigung gegen die föderale Bürokratie Moskaus. Noch deutlicher machen sich das Streben nach sozialer Gerechtigkeit und der Hass auf Beamte und Oligarchen bemerkbar.

Ein grosser Teil der Bevölkerung orientiert sich an linken, sozialen Werten, die die Behörden ganz offen missachten. Es missfällt den Menschen, dass ihre Arbeitsrechte nicht geschützt, dass die Renten niedrig und die Sozialhilfen verschwindend gering sind, dass es eine enorme Diskrepanz zwischen dem Lebensstandard der Superreichen und dem der breiten Masse der Bevölkerung gibt.

Es gibt starke Stimmungen gegen die Polizei. Vor einigen Jahren wurden junge Leute, die im Fernen Osten einen Milizionär getötet hatten und sich im Internet als «Küstenpartisanen» bezeichneten, zu Helden der sozialen Netzwerke. Neben der steigenden Unzufriedenheit der Bevölkerung kam es in den letzten Jahren auch zur Konsolidierung einer liberalen Gegenelite und zur Entwicklung einer demokratischen Oppositionsbewegung, die von der städtischen Mittelklasse unterstützt wurde. Im Internet formierte sich eine oppositionelle Community. In Moskau gab es 2012 eine Serie von Protestdemonstrationen mit bis zu 100 000 Teilnehmern. In dieser Situation beschloss die erschrockene Obrigkeit, den gefährlichen politischen Trend mithilfe der Annexion der Krim und einer siegreichen kriegerischen Intervention in der Ostukraine zu brechen. Vorübergehend wurden die oppositionellen Stimmungen durch patriotische Hysterie gedämpft. Das hat es in der Geschichte Russlands mehrmals gegeben. Jedes Mal aber ist nach den ersten militärischen Misserfolgen der Hass der Bevölkerung gegen die Obrigkeit wieder neu aufgeflammt.


Was es für einen Wandel in Russland braucht

Im gegenwärtigen System ist ein Rücktritt Putins nicht nur wenig realistisch, sondern auch nicht ausreichend. Die Bürokratenoligarchie würde das Land auch ohne Putin in den Krieg treiben, weil sie sich nicht anders halten kann. Selbst massvolle konstruktive Reformen sind unmöglich. Echte Veränderungen könnten nur durch eine tiefgreifende Wirtschaftskrise und daraus resultierende Massenproteste gegen die Regierung entstehen. Nur dann könnte das System der totalen Korruption zerschlagen werden, das der chauvinistischen Hysterie und der permanenten Konfrontation mit dem Westen bedarf, um die Menschen in Zaum zu halten.

Putins System besitzt eine Achillesferse – den Widerspruch zwischen einer aggressiven revanchistischen Aussenpolitik und der in den Weltmarkt integrierten Wirtschaft. Es ist mittlerweile zum Gemeinplatz geworden, Putins Kurs mit Hitlers Expansionspolitik vor 1939 zu vergleichen, die russische Aggression gegen die Ukraine mit der Aufteilung und der Annexion der Tschechoslowakei, die Annexion der Krim mit dem Anschluss Österreichs. Die Ähnlichkeiten sind in der Tat verblüffend.

Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied. Hitler hatte zuvor eine verhältnismässig autarke Mobilisierungswirtschaft begründet. Diese war zwar abhängig von der Lieferung strategischer Güter aus verbündeten Ländern, insgesamt aber wenig anfällig gegenüber Druck von aussen. Erst nachdem er eine ökonomische Basis für seine aggressiven Pläne geschaffen hatte, machte Hitler sich daran, diese umzusetzen.


Putin kann nicht weiter expandieren

Putins Wirtschaftsmodell dagegen ist im Wesentlichen das Werk liberaler Ökonomen unter Federführung von Alexei Kudrin. Es ist absolut ungeeignet für eine Konfrontation mit westlichen Partnern und anfällig gegenüber dem Druck von aussen. Noch sind die Sanktionen schwach, doch bereits das hat die ökonomische Stabilität des Regimes ins Wanken gebracht. Eine Verschärfung könnte zu einem Kollaps des Rubels und der russischen Börse sowie zu Kapitalabfluss, Investitionsklemmen, letzten Endes zu einer gewaltigen Krise führen.

So ist eine Fortsetzung von Putins Expansionspolitik zum Scheitern verurteilt. Aber auch ein Innehalten ist verhängnisvoll für ihn, weil es einen Popularitätsverlust des Regimes nach sich ziehen würde. Mehr noch, man könnte ihm Verrat an der russischen Sache vorwerfen. Putin könnte sich zu neuen riskanten Unternehmungen gedrängt sehen. Entscheidend wäre, dass der ökonomische Zusammenbruch einer möglichen tragischen militärischen Eskalation zuvorkommt. Es schlüge dann die Stunde der Demokraten. Ihr Sieg aber wäre nur dann von Dauer, wenn die liberale Elite ein Programm formulieren könnte, das ihr die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung sichert. Dafür müsste das Bild des künftigen Post-Putin-Russland nicht nur den Erwartungen der liberalen Intelligenzia entsprechen, sondern auch denen der «einfachen» Russen, die soziale Gerechtigkeit möchten und die die brutale, korrumpierte Polizei, die käuflichen Bürokraten und die dekadenten Oligarchen hassen.


Wie es kommen könnte

Versuchen wir also, ein optimistisches Szenario der Entwicklung in Russland nach Putin zu skizzieren. Stellen wir uns vor, wir hielten ein Geschichtsbuch in Händen, verfasst in fünfzig Jahren in einem demokratischen, friedliebenden Russland. Lesen wir aufmerksam, wie sich in Russland eine stabile, auf Dezentralisierung und Selbstverwaltung beruhende demokratische Gesellschaft etabliert hat.

Die 2014 begonnene Aggression Putins gegen die Ukraine hatte Russland in eine tiefe ökonomische Krise gestürzt. Nach Bekanntwerden des für das Putin-Regime vernichtenden Berichts über die Ursachen des Absturzes von Malaysia-Flug MH17 führte eine neue Welle von Sanktionen Anfang 2016 zu einem Kurssturz des Rubels am Fondsmarkt, was als «schwarzer Putin-Day» in die Geschichte einging. Gleichzeitig wurden umfassende internationale Sanktionen gegen die korrupte Elite ergriffen.

Die Unzufriedenheit mit dem Regime nahm in allen sozialen Schichten rasant zu: Die Eliten verloren ihr ausländisches Vermögen, die städtische Bevölkerung protestierte gegen den sinkenden Lebensstandard, die Geschäftswelt litt unter der Krise, und die Gehälter von Geheimdiensten, Militärs und Beamten verloren dramatisch an Kaufkraft. Aufgrund der ökonomischen Schwierigkeiten fehlten Ressourcen für die Kriegsführung, und Putin musste sich aus dem Donbass zurückziehen. Tausende ehemaliger russischer Kämpfer kehrten zurück, füllten die Reihen extremistischer, nationalistischer Organisationen und forderten den Rücktritt Putins, der «den Donbass aufgegeben hatte».


Wahlfälschung, Proteste, Exil

Unter dem Einfluss seiner verängstigten Umgebung liess Putin vorgezogene Präsidentenwahlen durchführen. Zum ersten Mal in der Geschichte konnte er sich im ersten Wahlgang nicht durchsetzen – für einen Wahlsieg fehlten mehrere Dutzend Stimmenprozente. Die Resultate des zweiten Wahlgangs wurden dann ganz offensichtlich gefälscht, was zu einer neuen Protestwelle führte. Auch viele Vertreter der herrschenden Elite und des Big Business schlugen sich auf die Seite der Protestierenden. Das Land wurde unregierbar. Geheimdienste und Militärs, die von der Obrigkeit widersprüchliche Signale erhielten, weigerten sich, mit Gewalt gegen die Protestierenden vorzugehen.

Die Wahlresultate wurden annulliert, Putin floh nach China. Die Macht vor Ort ging nun de facto an eine sich selbst organisierende demokratische Bewegung und an Bürgerräte über. Sie bildeten temporäre Machtorgane und führten Wahlen durch. Das Programm der neuen demokratischen Bewegung bestand aus liberalen, libertären und sozialdemokratischen Vorlagen, die für alle sozialen Gruppen mit Ausnahme der herrschenden Bürokratie und des mit ihr verbundenen Big Business Vorteile brachten. Es kombinierte verschiedene Elemente: direkte Demokratie, Dezentralisierung und Konföderation nach dem Muster der Schweiz; grösstmögliche Unabhängigkeit der Wirtschaft vom Staat; ein Sozialsystem nach europäischem Vorbild; Mechanismen zur gerechten Verteilung der Gewinne aus Öl und natürlichen Ressourcen.


Russland als parlamentarische Republik

Die demokratische Koalition gewann die Wahlen zur Staatsduma. Als Erstes wurde eine Verfassungsreform durchgeführt und Russland in eine parlamentarische Republik umgewandelt. Damit war ausgeschlossen, dass ein neuer diktatorischer Präsident an die Macht gelangt. Die Regionen erhielten eine wesentlich grössere Unabhängigkeit vom Zentrum in allen Belangen, ausser, was die Einhaltung der Bürgerrechte betraf.

Das Parlament verabschiedete ein Gesetz zur Überprüfung von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes. Darin wurden die oberste Ebene der Bürokratie sowie Geheimdienste und Militärs vom Staatsdienst ausgeschlossen – wer früher hohe Positionen innehatte, musste ausscheiden. Die Selbstverwaltung wurde stark erweitert und ihre Arbeit mithilfe des Internets nach den Prinzipien der direkten Demokratie organisiert. Wahlbeiräte wurden gebildet, welche die Arbeit der Rechtsschutzorgane und der Beamten auf allen Ebenen kontrollierten. Im Zuge einer Justizreform wurde das Justizpersonal komplett ausgewechselt.

Die neue Macht garantierte volle Freiheit für Unternehmertum und Handel. Sämtliche bürokratischen Entscheidungsprozesse sind maximal vereinfacht. Aufgrund eines Restitutionsgesetzes wurden die illegalen Vermögen, die sich das Big Business angeeignet hatte, beschlagnahmt. Der neugeschaffene Staatsfonds «Rossija» verteilt nach dem Vorbild des «Alaska-Permanent-Fund» und des norwegischen «Staatlichen Pensionsfonds» die Gewinne aus der Förderung natürlicher Ressourcen an die Bevölkerung.

Die demokratische Macht versuchte, in Zusammenarbeit mit ausländischen Regierungen das abgeflossene Korruptionskapital aufzuspüren und zu repatriieren. Es wurde Kurs genommen auf eine friedliche Aussenpolitik und eine Annäherung an die Europäische Union. Russland hat seine Ansprüche auf die Krim fallengelassen. Freiheit und Menschenrechte sind ebenso garantiert wie die Unabhängigkeit der Massenmedien vom Staat. Die Ressourcen des Landes werden vom militärischen und bürokratischen Bereich umgeleitet in die Entwicklung von Infrastruktur, Gesundheitsvorsorge, Bildung, Wissenschaft und Technologie.


Alles nur ein Traum?

Keineswegs. In Wirklichkeit ist gerade die heutige Situation unnatürlich, und die Perspektiven für eine europäische, demokratische Entwicklung in Russland liegen auf der Hand. Russland ist ein Land der europäischen Kultur und hat einen bedeutenden Beitrag zu deren Entwicklung geleistet. Es hat reiche demokratische und libertäre Traditionen. Das Bildungsniveau ist hinreichend hoch und vergleichbar mit dem anderer europäischer Staaten. Nicht von ungefähr leben zahlreiche russische Spezialisten für neue Technologien und Wissenschafter über die ganze Welt zerstreut. Ihre Sympathien liegen deutlich aufseiten der Demokratiebewegung.

Sämtliche Bedingungen zur Formierung einer zivilisierten europäischen Gesellschaft in Russland sind gegeben. Es muss ein demokratischer Wandel erreicht werden. Der Fortbestand des jetzigen Regimes ist gefährlich – nicht nur für Russland, sondern für die ganze Welt.

Der russische Soziologe Igor Eidman, 1968 in Gorki geboren, lebt seit 2011 in Leipzig. Er ist ein Cousin des ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemzow. – Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg.
http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/russland-ohne-putin-ld.1350


Passt doch wie Faust auf Auge ...


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:24
Zitat von Bublik79Bublik79 schrieb:Ich halte nicht viel von diesem billigen Journalismus, wo Putin überall auf Titelanzeigen drauf ist, obwohl sein Name in manchen Fällen nicht mal auftaucht mit der Begründung "Wo möglich, wahrscheinlich, könnte sein"

Nationalgarde und Privatarmeen würde ich googeln wer so was alles hat!

Ansonsten sehe ich hier einen weiteren Tread der Putinphobie!
100% Zustimmung, da sind hier wieder einige auf billige Verschwörungstheorien und Propaganda hereingefallen.
Es scheint bei manchen ganz einfach zu sein manchen Angst ein zu jagen wenn man den bösen Russen an die Wand projiziert.
Die Beispiele oben sind sowas von überinterpretiert und Rosinenpickerei.
Dasselbe könnet man auch mit jedem anderen Land der Welt machen, alleine schon mit den Auswanderern, was für ein Unsinn.
Wie deuten solche Leute das aus der BRD jedes Jahr bis zu 800.000 Leute auswandern?


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:29
Ach so, das ist nur Propaganda und VT das Putin eine Nationalsgarde hat die nur ihm Untersteht.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:31
@karmeana

Das ist das Problem mit Naiven Menschen die denken es gehe um Menschen im jeweiligen Ländern.
Es geht nur um den Rubel, wer sich nicht unterordnen will wird bekämpft, so geht man nun mit der Konkurrenz um.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:33
@Bublik79
Zitat von Bublik79Bublik79 schrieb:Man stelle sich vor Merkel ist nicht Putin, Russland ist nicht Deutschland und verstehe so wieso nicht wieso alles nach Merkel gerichtet wird, ist Sie so eine Art Auserwählte der Menschheit?
Merkel war nur ein Beispiel, kannst ja mal in die echten Demokratien der Welt blicken und einen Präsidenten nennen, der sich so eine private Arme zulegt.
Zitat von Bublik79Bublik79 schrieb:Ich halte nicht viel von diesem billigen Journalismus, wo Putin überall auf Titelanzeigen drauf ist, obwohl sein Name in manchen Fällen nicht mal auftaucht mit der Begründung "Wo möglich, wahrscheinlich, könnte sein"
Du hetzt hier einfach nur, ich habe hier auch Russen zitiert, mal geschaut? Ist ja nichts neues, dass jede sachliche Kritik immer als "billiger Journalismus" diffamiert wird, anstatt mal sachliche Argumente zu liefern und sich mit dem Thema richtig auseinanderzusetzen.
Zitat von Bublik79Bublik79 schrieb:Nationalgarde und Privatarmeen würde ich googeln wer so was alles hat!
Dann google doch mal und liefere dann was ab.
Zitat von Bublik79Bublik79 schrieb:Ansonsten sehe ich hier einen weiteren Tread der Putinphobie!
Und ich sehe in Deinem Beitrag keinen sachlichen Beitrag, sondern nur die übliche Hetze der Putinphile, und nun? Und Du meintest sicher auch Thread.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:33
Naiv ist doch höchstens der Glaube an den Fürsorglichen. Altruistischen Putin. Dem "Vater" Russlands.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:34
@nocheinPoet

ich denke wir haben hier einen Wiedergänger. Keiner Meldet sich an und haut in diesem Ton hier in den Thread rein. Vor allem nicht in einem bekanntn Muster.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:38
@nocheinPoet
Zitat von nocheinPoetnocheinPoet schrieb: kannst ja mal in die echten Demokratien der Welt blicken
Ach es gibt also eine echte und unechte Demokratie und du entscheidest welche von denen die Echte ist?


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:44
Ah Danke. Was zu beweisen war.


Nun du schaust die die Kriterien einer Demokratie im Ideal an. Und dann prüfst du.

Ob die Demokratie nicht nur aufgesetzt ist. Ich meine in der DDR wurde ja auch gewählt, dennoch war es schwerlich eine "Funktionierende" Demokratie.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 14:58
@nocheinPoet

ja aber der Traum von Igor Eidman ist gegessen. nach 2012 hat Putin grosse Anstrengungen vorgenommen um diese kräfte zu zerschlagen und wenn sie versuchen sich zu reorganisieren wird es im keim erstickt.


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Putins Nationalgarde, Russland - auf dem Weg in die Diktatur?

09.04.2016 um 15:01
@Bublik79

Najaj bei einer demokratischen Föderation sollten wohl alle Kreise ihren Vertreter selber wählen dürfen.
In Russland werden viele direkt vom Kreml gestellt.

So hat Sibirien keinen gewählten Vertreter in Moskau, und von Tschetschenien will ich gar nicht erst sprechen ;)


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