Amerika nicht weit? Jagd auf Sprayer
27.07.2005 um 12:52
Ich möchte mich nicht in persönliche Rangeleien Einmischen, sondern nur meine Meinung zum Thema nochmals untermauern:
1) Graffiti gehört zum Stadtbild und hat seine Berechtigung.
Begründung: Wenn eine vom Geld beherrschte Welt, etwas zulässt, bei dem Geld nur soweit eine Rolle Spielt, als das man die Farben kaufen muss, lohnt es sich noch hier zu leben. Die Sprüher machen Kunst kostenlos für jedermann. Sie wollen keiner Eltite oder Zielgruppe entsprechen und sie wollen auch nicht reich damit werden. Alles was sie wollen ist, gesehen zu werden und unsere Perspektive zu erweitern.
2) Graffiti-Gegner geben sich nicht den Hauch einer Mühe zu begreifen, wie ein solches Phänomen entstanden sein könnte, und warum junge Menschen soviel Engergie gerade in Graffiti stecken.
Begründung: Graffiti-Gegner lehnen "Schmierereien" ab, weil sie sie nicht verstehen, denn was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Eine Einstellung wie diese hat es im Mittelalter möglich gemacht, dass junge Frauen verbrannt wurden, nur weil sie anders waren. Graffiti-Gegner sind dogmatisch und engstirnig. Sie sehen nur ihr ach so kostbares Eigentum, welches in ihren Augen zerstört wird. Aber dass sie dieses "Eigentum" Mutter Erde gestohlen haben und seitdem unter paranoiden Zustenden versuchen, alle unerwünschten Fremdkörper davon fern zu halten, dessen sind sie sich nicht bewusst.
3) Graffiti ist Kunst, wenn nicht sogar die letzte echte Kunstform, die uns noch geblieben ist.
Begründung: Graffiti entstand in New York, der Welthauptstadt des Kapitalismus. Es verbreitete sich, wie ein Virus, weil die Faszination daran von keiner Sportart, von keiner Kunstform und von keinem Aktivismus dieser Welt übertroffen werden konnte. Wenn wir heute Rückschlüsse über vergangene Zivilisationen, beispielsweise durch Höhlenmalereien ziehen, dann ist es der selben Idee und er selben Energie, die auch bei Graffiti die zentrale Rolle spielt, zu verdanken. Denn Kunst reflektiert die Energien der Gegenwart. Sie provoziert, erweitert Perspektiven und Horizonte; Kunst ist eigensinnig und liefert der Wissenschaft und der Philosophie neue Einflüsse. Im Idealfall ist Kunst schräg, andersartig, neu und trägt eine Message. All diese Dinge hat graffiti mit "Kunst" gemein. Deswegen entspeicht jegliches Graffiti, ob nun schön oder häßlich, der Definition zu Kunst. Da Graffiti weitestgehen noch nicht verkommerzialisiert worden ist (Im absoluten Gegensatz zu jeglicher anderen Kunstform!), ist es noch frei und ehrlich zu uns. Es macht uns nichts vor, sondern ist, wie es ist und diese Charaktereigenschafft vermisse ich bei den meisten Menschen.
Übrigens: das allgemeine Bild vom asozialen Sprüher ist lächerlich. Ich kenne einige Graffiti-Künstler, die sich dieser illegalen Ausdrucksform bedienen, persönlich und sie sind meistens charakterfeste, friedliche Menschen, die sich einen Sinn für Teamgeist und Freundschaft bewahren, der Menschen wie uns wohl ewig vorenthalten bleiben wird. Sie sehen sich als Missionare der Unangepasstheit. Natürlich gibt es viele Kopflose Mitläufer, so wie in allen Bereichen. Und natürlich sind sie am auffälligsten und auch am lästigsten. Der harte Kern jedoch, weiss was er tut. Sie sind überzeugte Freiheitskämpfer und haben einen Weg gefunden, sich gewaltlos gegen den Faschismus der Einheitswelt zu wehren. Und sie werden damit erst recht nicht aufhören, weil härter gegen sie vorgegangen wird.
Ob dies alles nun zu "Recht" oder zu "Unrecht" geschieht, macht für mich keinen Unterschied. Jedenfalls sind Graffitisprüher etwas besonderes in dieser Welt und ich bin froh, dass es sie gibt. Meinetwegen können sie meine Hausfassade, meine steuerlich bezahlten Autobahnbrücken, die Züge der S-Bahn oder sonstwas bemalen, denn für mich steht Idealismus ganz klar über Materealismus.
Ganz nebenbei: Graffiti kostet niemanden etwas, solange man es nicht bekämpft. (dazu gehört überstreichen, Putzen, Sprüher jagen ect.)
Abschließend möchte ich euch einige Quellen zum Thema Graffiti nahelegen:
Doku Buch: SUBWAY ART - Graffiti in New York
(Viele Bilder, aufschlussreiche Texte über die Entstehung und Verbreitung von Graffiti)
Spielfilm: WILD STYLE
(sehr authentisch, weil mit echten Sprühern besetzt!)
Doku Film: GRAFFITI IN BERLIN
(..um sich ein Bild über den aktuellen Stand der Bewegung in unserem Land zu machen)
es gibt natürlich UNMENGEN an Stoffen mit dem Thema Graffiti, doch mit Subway Art und Wild Style lohnt es sich anzufangen!!
Mehr Bücher: Spraycan Art, Graffiti Art (Deutschland)
Schau über deinen Tellerrand und frage dich WARUM!
Das Schaf im Bärenfell