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Amerika nicht weit? Jagd auf Sprayer
10.04.2005 um 23:44Durch die Scheiben dieses zerkratzten und beschmierten S-Bahn-Fensters hat selbst die Berliner Polizei keinen Durchblick mehr. Foto: dpa
Die Bundesregierung plant eine Verschärfung bestehender Gesetze und Hubschraubereinsätze.
Ein Hubschrauber kreist über der nächtlichen Stadt. Aus 700 Meter Höhe sehen die Bundesgrenzschutz-Beamten durch Infrarotkameras, wie einige mit Sprühdosen ausgerüstete Jugendliche Bahnwaggons besprühen. Die Graffiti-Sprayer werden sofort von herbeigerufenen Kollegen festgenommen. Künftig soll nach dem Willen von Bundesinnenminister Otto Schily bundesweit auch aus der Luft Jagd auf Graffiti-Sprayer gemacht werden.
Diese verursachen Schäden von rund 200 Millionen Euro im Jahr. Erstmals hatte der BGS bereits in der vergangenen Woche in Berlin – mittlerweile eine Hochburg der internationalen Sprayerszene – mit einem Helikopter, der mit einer Wärmebildkamera und Infrarotgeräten ausgestattet war, nach Sprayern gefahndet. Erfolgreich: Vier junge Leute wurden beim Sprayen ertappt, acht Jugendliche am Sprayen gehindert. Doch die Jagd aus der Luft könnte vergebene Mühe sein: Die Sprayer können nur dann belangt werden, wenn ihnen eine „Substanzverletzung“ etwa eines Gebäudes nachgewiesen wird – also dann, wenn die Schmiererei nicht mehr rückstandsfrei beseitigt werden kann oder wenn sie durch die Reinigung beschädigt wird. Kann der ursprüngliche Zustand dagegen wieder hergestellt werden, geht der Sprayer straflos aus – unabhängig davon, wie viel den Eigentümer die Reparaturen kosten.
Die Bundesregierung erwägt nun, bereits das Sprayen an sich unter Strafe zu stellen. Die Grünen allerdings lehnen das bislang ab. Bislang leisten die erwischten Jugendlichen ihre Strafen meist durch Reinigungsarbeiten ab.
Viel rigider, nach dem Prinzip „Null Toleranz“ gehen skandinavische Länder gegen Sprayer vor. In Dänemark beispielsweise ist das Sprayen eine Straftat, die mit einer Geldbuße von bis zu 300 000 Euro oder Gefängnis von bis zu sechs Jahren geahndet wird. In Norwegen droht Sprayern eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren. Auch legale Flächen für „Graffiti-Künstler“ gibt es hier anders als in vielen deutschen Städten nicht mehr. (AP)
Von Holger Mehlig, Berlin
Quelle:http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=824012
Die Staaten blühen nur, wenn entweder Philosophen herrschen oder die Herrscher philosophieren.
Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit.
- Platon -