Deepthroat23 schrieb:Allerdings habe ich nach wie vor nicht kapiert, warum die das tun.
Vermutlich liegt es daran, dass kein Mensch der Welt unparteiisch ist und jeder die Wahrheit so auslegt, wie sie in sein eigenes Weltbild passt.
Ich denke neben Agendas gibts noch die Hauptgründe der Unwissenheit und des Zeitmangels. Umso mehr man als Leser von einem Thema weiß, desto unerträglicher wird das Lesen eines Artikels in einer Zeitung dazu. Journalisten oder sonstige Personen, die für das Verbreiten von Informationen zuständig sind, sind selten Astrophysiker, Archäologen, Geschichtswissenschaftler oder Personen, die seit einer Dekade in dem Land leben von dem sie berichten. Ich habe heute zufällig das hier gelesen:
http://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/133368-spiegel-korrespondent-christoph-reuter-unsere-branche-will-themen-managen-ohne-sie-im-ansatz-zu-begreifen.htmlDen Artikel muss man nicht lesen und das Syrienthema ist an sich nicht relevant, weil das Problem der schlechten Recherche alle Bereiche beeinflusst, aber dieser Satz fasste es gut zusammen:
Was der BND zum Beispiel zu Syrien abgegeben hat, war solch haarsträubender Blödsinn, noch nicht einmal politisch gefärbt, sondern einfach komplett ahnungslos, dass es mehr aussagte über den Bundesnachrichtendienst als über die Lage im Land.
Ein weiterer Grund, der damit zusammenhängt, ist kapitalistisch begründet: Man bekommt die meisten Klicks und Quoten, wenn man der Schnellste ist oder der Einzige, der eine bestimmte Nachricht bringt. Beides begünstigt schlechte Recherche. In einer Gesellschaft in der es zudem unzählige Zeitungen und TV-Programme gibt ist das dann ein Kampf mit der Zeit und generell schwer als Berichterstatter irgendwie hervorzustechen.
Irgendwo passiert was, man hat erste Berichte, Gerüchte und ein paar nicht eindeutige Bilder. Jetzt hat man zwei Möglichkeiten: entweder man haut die Nachricht sofort raus, dann bekommt man die meisten Quoten weil man der Schnellste ist, aber sollte sich die Nachricht später als unwahr oder anders entpuppen, schadet es dem Image der Zeitung. Möglichkeit 2: Man versucht erst zu gut wie möglich den Wahrheitsgehalt nachzuprüfen, aber dann ist man langsamer und falls es wahr sein sollte, hat man damit Popularität verschenkt, weil die meisten bereits den Artikel einer weniger vorsichtigen Zeitung gelesen haben. Ähnliches gilt für das Thematisieren einer Sache, die bisher niemand anders erwähnte. Dazu kann man auch aus dem Artikel oben zitieren:
Bei "Cesar", dem syrischen Fotografen, der 55.000 Fotos vom industriellen Töten der Geheimdienste außer Landes schmuggelte, hatten wir schon 1,5 Jahre zuvor detailierte, übereinstimmende Zeugenberichte dazu - aber haben die Geschichte nie gebracht, weil wir eben sonst nichts hatten, keine Fotos, keine Dokumente, keine Belege.
Mal angenommen der Fotograf wäre nicht aufgetaucht. Will man das dann irgendwann rausbringen oder nicht? Oft entscheidet man sich für ja, eben wegen dem Geld. Aber die Zeugenberichte hätten genauso gut ein bloßes Gerücht oder eine gewollte oder ungewollte verzerrte Wiedergabe realer Geschehnisse sein können.