Kc schrieb:Für mich persönlich fangen die Probleme bei Guevara an, nachdem der Kampf in Kuba beendet war. Man muss einfach klar sagen, dass der Mann z.B. als Leiter eines Spezialgefängnisses für Regimegegner eine Menge Scheiße gebaut und viele Leute hat exekutieren lassen, weil sie Regimegegner waren.
Ja Che Guevara war ein ziemlicher Ideologe im Gegensatz zu Castro, den man da schon als etwas pragmatischer bezeichnen konnte.
Die Exekution von Regimegegnern im weiteren lateinamerikanischen Kontext war jedoch nichts besonderes, etwas was auch überall in den autoritären pro-amerikanischen Regimes und Militärdiktaturen der Zeit üblich war. Ja, man kann sich über Che Guevaras revolutionäre Paranoia empören, was bei mir jedoch mehr Empörung auslöst ist die US-Außenpolitik gegenüber Lateinamerika. Was die kubanischen Revolutionäre mitbewegt hat, war ein Ereignis, das kurz vor der kubanischen Revolution '59 in Guatemala '54 geschah, als Präsident Arbenz ein massives Sozialprogramm für die Arme Landbevölkerung startete welches die Enteignung und Umverteilung von Plantagen im Besitz der United Fruit Company (heute übrigens unter dem Namen Chiquita bekannt) beinhaltete. Die Eisenhower-Administration erklärte Arbenz zum Kommunisten und sorgte dafür, dass er in einem Militärputsch verschwand, und zwar durch in Nicaragua von der CIA trainierte Exil-Guatemaler. Ein Prozess der später wiederholt werden sollte, als das "neue" Guatemala - in welchem man mit Linken und Anhängern Arbenz' ebenso verfuhr, wie Che Guevara mit Regimekritikern - zum Trainingsgrund für CIA-trainierte Exilkubaner werden sollte, die unter anderem später bei der Invasion in der Schweinebucht eingesetzt worden sind.
Dementsprechend war Guevaras vorgehen gegen Regimekritiker verständlich, nicht jedoch gerechtfertigt. Aber wenn man überlegt, dass unmittelbar nach dem Putsch gegen Arbenz die Eisenhower Administration eine Resolution in der OAS (Organisation der Amerikanischen Staaten) initiierte, die erklärte, dass eine kommunistische Machtübernahme in der westlichen Hemisphäre nicht toleriert werden würde, wird es noch verständlicher. Darüber hinaus, war Kuba de facto seit dem Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 ein US Protektorat (das Platt Amendment zur Kubanischen Verfassung erlaubte es den USA zu intervenieren, sollte Kuba von einer feindlichen Macht übernommen werden). Die kubanischen Revolutionäre hätten also allen Grund Angst um das Überleben ihres neuen Regimes zu fürchten. Die Exekution von Leuten, die mit dem Batista-Regime in Verbindung waren, also Leuten, die kubanische Rebellen eingesperrt, gefoltert und exekutiert haben, war ein nur zu verständlicher Racheakt. Aber wie bei so vielen Revolutionen artet die Verfolgung von ehemaligen Anhängern des alten Regimes in einer revolutionären Paranoia aus, in der jeder Großgrundbesitzer "konterrevolutionärer" Aktivitäten verdächtigt wird. Das kennt man schließlich seit der Französischen Revolution während der Terrorherrschaft unter Robespierre.
Die Paranoia gab es im Kalten Krieg in Lateinamerika auf beiden Seiten, einerseits die Angst vor der Verbreitung des Kommunismus, die dazu führte, dass die USA massiv auf starke Militärjuntas setzte (unter anderem Hugo Banzer in Bolivien, gegen den Che Guevara eine Revolution zu starten versuchte und scheiterte), andererseits der Hass auf die Bourgeosie, die Eliten und die USA und sobald die Revolution gesiegt hatte, die Angst vor der "Konterrevolution". Letzteres mal veranschaulicht in einer schönen Karte, die ich neulich gefunden habe, die zeigt, wie die USA mit linksgerichteten Regierungen in Lateinamerika umging. Eine linke Regierung kommt an die Macht, die USA versuchen durch Sabotageakte und Putschversuche diese Regierungen zu Fall zu bringen und unterstützen Militärjuntas.
Original anzeigen (2,6 MB)Kc schrieb:Am schlimmsten finde ich allerdings nicht, dass Leute Ernesto Guevara gut finden.
Sondern die Tatsache, dass die meisten, kleinen Guevara-Verehrer nur maximal die halbe Wahrheit über diesen Typ kennen oder akzeptieren und die schmutzigen Punkte als ,,dreckige, kapitalistische Lügen" abtun.
Die Kommunisten selbst sollte es empören, dass Che Guevara wie eine Marke kommerzialisiert wird, und Che T-Shirts von Leuten getragen wird, die selbst keine Ahnung haben, wer dieser Mann war.