Antisemitische Aufmärsche und aufkeimender Antisemitismus in Europa

@vincent

vincent schrieb:Eine Symbolik reicht hoffentlich nicht aus, um Juden zur Massenauswanderung zu bringen. Was also soll das aussagen?

Ich dachte diese Metapher ist gleichermaßen fest in die Erinnerung aller Menschen eingebrannt, dass es keine Erklärung braucht.

Aber gut, dass du die Frage stellst, adas kalibriert die eigene Sicht.

Mit der sog. Kristallnacht, als in Deutschland die Synagogen brannten, war der symbolische Startschuß der Ausgrenzung und Vernichtung aller Menschen, die nicht ins Bild der Nationalsozialisten passte.

Wer damals in Europa geblieben ist, der wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit ermordet. So ist es ein politisches Frühwarnsystem, wenn Gotteshäuser brennen.

@kusamak
Eine brennende Synagoge wäre heute kein Symbol für eine bevorstehende Kristallnacht, noch ein viertes Reich oder sonst was.
Aber danke für deinen super Geschichtsunterricht.. :Y:

Das ist wirklich unschön. In Frankreich 'flüchten' die Juden schon nach Israel und hier denken manche auch schon darüber nach, bald das Land zu verlassen. :(

Aber ist es bei uns denn nicht immer noch sicherer als in Israel?

Ich kann den aufkeimenden Antisemitismus überhaupt nicht nachvollziehen. Woher kommt der eigentlich?

@nananaBatman

Ganz subjektiv würde ich behaupten, dass die allseits beliebte Theorie der jüdischen Weltverschwörung und der Palästina-Konflikt im Moment die größten Quellen darstellen.

@nananaBatman

nananaBatman schrieb:ich kann den aufkeimenden Antisemitismus überhaupt nicht nachvollziehen. Woher kommt der eigentlich?

Es gibt den alten latenten Antisemitismus, den ungefähr 20-30% der Bevölkerung hat. Der neue Antisemitismus ist der von einem Teil der Moslems ausgeht und offen artikuliert wird.

nananaBatman schrieb:Aber ist es bei uns denn nicht immer noch sicherer als in Israel?

Es hat ganz wenig mit Sicherheit zu tun.

In Frankreich oder Deutschland ist ein Jude teil der Minderheit und ist darauf angewiesen das die Mehrheit ihn schützt.

In Israel ist er selbst die Mehrheit und der Schutz ist vollkommen automatisch.

kusamak schrieb:Es gibt den alten latenten Antisemitismus, den ungefähr 20-30% der Bevölkerung hat.

Woher hast du die Zahlen? Ich bekomme es irgendwie nicht mit, dass Menschen öfters über Juden schimpfen würden oder sonstiges. Vielleicht wohn ich auch einfach im falschen Eck dafür.

@nananaBatman
Der latente Antisemitismus existiert schon von je her. Selbst im Mittelalter waren Juden mancher orts verpönt. Warum weiß ich nicht. Der neue Antisemitismus geht aber in Europa eindeutig von Moslems aus, und ich denke mal das liegt an Israel und Palästina. Das was zur zeit passiert ist schon eine unschöne sache.

@Aperitif

Aperitif schrieb:Selbst im Mittelalter waren Juden mancher orts verpönt.

Haha, was für eine liebliche Verniedlichung.

Aperitif schrieb:Warum weiß ich nicht.

[...], so z.B. im Jahr 1096, als in ganz Europa Tausende von Juden den Tod fanden und in vielen Städten ganze jüdische Gemeinden ausgerottet wurden. Diese Pogrome entstanden z.T. aus der religiösen Überzeugung, die Juden seien die Feinde der Christen. Juden wurden so zu Sündenböcken gestempelt und für Naturkatastrophen, Hungersnöte und Seuchen verantwortlich gemacht. Zudem wurden sie als Mörder kleiner Kinder, als Hostienschänder und Brunnenvergifter verleumdet und verfolgt. Als 1348 eine Pest Europa verheerte, wurde dies als Strafe Gottes dafür dargestellt, daß die Christenheit die Juden noch nicht aus ihrer Mitte entfernt habe. Seitdem mussten Juden in gesonderten Stadtteilen, den Ghettos, leben und waren gezwungen, sich durch besondere Kleidung als Juden zu erkennen zu geben.

Oft hatte der Antisemitismus auch wirtschaftliche Ursachen. Zum Beispiel warf man den Juden vor, sich auf Kosten der Nichtjuden zu bereichern. Da die Christen im Mittelalter aus religiösen Gründen keine Zinsen nehmen durften, blieben die Geldgeschäfte meist den Juden vorbehalten. So kam es, daß viele Christen bei Juden verschuldet waren. Den Juden waren außerdem die meisten Berufe verboten. Aus der Landwirtschaft wurden sie verdrängt, und ein Handwerk konnten sie nicht ausüben, weil sie als Nichtchristen kein Mitglied einer Zunft werden durften. So blieb ihnen nur das Geldgeschäft und der Kleinhandel.

Hier sei mal nch eingefügt, dass man dann auch mal gerne den Juden umbrachte, bei dem man verschuldet war, um die Schulden loszuwerden.
Heute stellt man sich dann die Frage, warum so viele Banken Juden gehören. Witzig, oder?

n den ersten Jahren der Reformation begegnete man in den protestantischen Gebieten den Juden zunächst mit Toleranz. Auch Martin Luther äußerte sich positiv über sie und zeigte ein besonderes Interesse an der hebräischen Sprache. Er hegte die Hoffnung, die Juden für den christlichen Glauben gewinnen zu können, sah sich aber in seinen Hoffnungen getäuscht. Die Juden erschienen ihm nun als ein Volk, das willentlich Gottes Liebe verschmähte. 1543, wenige Jahre vor seinem Tod, verfasste Luther eine Schrift mit dem Titel "Von den Juden und ihren Lügen". Darin verstieg er sich zu der Forderung, die Synagogen abzubrennen, die Wohnungen der Juden zu zerstören, den Rabbinern das Lehren zu verbieten und den Juden auf jede erdenkliche Weise das Leben schwer zu machen. Seitdem haben sich protestantische Judenfeinde immer wieder auf Luther berufen.

http://www.lsg.musin.de/geschichte/geschichte/lkg/Verfassungen/die_geschichte_des_antisemitismu.htm

@Fierna
Ich hab nichts gegen juden. Ganz im Gegenteil. Gerade wir Deutsche haben da eine ganz besondere Verantwortung. Dein Zitat ist sehr lang klärt aber meines Erachtens nicht warum das so ist. Ich persönlich finde es jedenfalls schlimm wenn Schriftsteller mit Wohnsitz in Berlin im Radio erklären das man sich in manche Stadtteile mit kippa nicht bewegen kann und teilweise auf Demonstrationen öffentlich von muslimen juden ins gas skandiert werden kann ohne das das folgen hat.

@Aperitif

Aperitif schrieb:Ich hab nichts gegen juden. Ganz im Gegenteil.

Um Gottes Willen, ist das so rübergekommen? Das wollte ich nicht unterstellen.

Aperitif schrieb:Dein Zitat ist sehr lang klärt aber meines Erachtens nicht warum das so ist.

Es geht einfach darum, eine Minderheit zum Sündenbock für allerlei zu machen, was so schief läuft. Minderheiten können sich gegen sowas nicht wehren. Es geht Leuten einfach besser, wenn sie für Dinge andere verantwortlich machen können und ein Ventil für Wut haben und das lässt man nunmal am besten an Schwächeren aus.
Na ja, und Schulden verschwinden zu lassen, wird auch den meisten in den Kram passen.

edit: Ich spreche jetzt natürlich vom Mittelalter, darauf bezog sich ja schließlich mein Kommentar. Obwohl das oben gesagt auch für heute gilt, aber Antisemitismus hat heute meiner Meinug nach (auch) andere Quellen.

@Aperitif

Die Christen warfen den Juden eben vor, Jesus ermordet zu haben - alles weitere leitete sich davon ab.

@Rho-ny-theta

Haha, wie ich diesen Fakt einfach verpeilt hab :D.

@Fierna

Die ganzen Hostienschändungs-Legenden unterstellen ja sogar noch explizit, die Juden würden sich an den Hostien (Leib Christi) versündigen, um die Leiden Jesu zu erneuern.

Psychologisch kommt das wahrscheinlich daher, dass sich die Frühchristen als Abspaltung des Judentums irgendwie von den orthodoxen Juden abgrenzen mussten, daher dann die Feindschaft - die christianisierten Völker weiter im Norden hatten dann zwischen dem Zusammenbruch des römischen Reichs und dem Hochmittelalter kaum Kontakt zu Juden, was natürlich dazu geführt hat, dass sich halbwegs "zahme" Geschichten immer weiter verselbstständigt haben und die Juden in der Volksmeinung immer weiter dämonisiert wurden.

@Rho-ny-theta

Die ganzen Hostienschändungs-Legenden unterstellen ja sogar noch explizit, die Juden würden sich an den Hostie (Leib Christi) versündigen, um die Leiden Jesu zu erneuern.

Das stimmt natürlich, ich bin wohl ein wenig wirr und unaufmerksam :D.

Deine Erklärung ist aber sehr vernünftig.

@nananaBatman

nananaBatman schrieb:Woher hast du die Zahlen?

Eine umfangreiche Arbeit, die öffentlich im Netz abrufbar ist, sei allen empfohlen, die Interesse an dem Thema haben.

Es ist der Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus
Antisemitismus in Deutschland – Erscheinungsformen, Bedingungen,
Präventionsansätze

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/077/1707700.pdf

Aus Seite 39
Rechter Antisemitismus
"Wie diese Ausführungen gezeigt haben, kommt
es alltäglich zu antisemitisch motivierten Straftaten
unterschiedlichster Art: Hierzu gehören die
Beleidigung von Personen, die Sachbeschädigung
von Einrichtungen, die Schändung von Friedhöfen
ebenso wie Gewalttaten verschiedenen Ausmaßes.
Meist handelt es sich um Fälle, in denen im Kontext
einer Gewalttat eine antisemitische Diffamierung
geäußert wurde. "

Seite 178
"Der Bericht konnte zeigen, dass in der deutschen
Mehrheitsgesellschaft in erheblichem Umfang
antisemitische Einstellungen in unterschiedlichen
inhaltlichen Ausprägungen vorhanden
sind, die wiederum auf weitverbreiteten Vorurteilen
und tief verwurzelten Klischees beziehungsweise
auf schlichtem Unwissen über Juden
und Judentum basieren."

Obwohl die aktuelle Antisemitismus-Welle ganz klar von Moslems ausgeht, kommt sie in Europa gerade recht. Der dritte Weltkrieg hat nun das Abendland erreicht, und wer in instabilen bzw. unsicheren Zeiten die traditionelle Rolle von "unserem Unglück" spielt, ist ja bekannt. Deshalb ist es auch kein Rätsel, warum Zorn des Volkes sich nicht gegen die eigentlichen Feinden richtet: die Juden sind der universelle und ewige Standard-Feind für alle Fälle.

Der Palästina-Konflikt ist dabei kein Grund, sondern lediglich ein Vorwand. Wie angeblich vergiftete Brunnen im Mittelalter.

ich schreibe hier nicht viel, aber zu einem Punkt, muß ich doch meine Meinung kundtun, ich bitte euch alle Moslems nicht in einen Topf zuzuschmeißen. Es gibt auch Moslems, die sein gegenüber als Mensch und Individuum ansehen.
Ich habe sehr gute und familiäre Kontakte zu Christen und Juden. Ich denke hier muss zwischen radikalen/fundamentalistischen und den anderen Moslems unterschieden werden...

ilke schrieb:Es gibt auch Moslems, die sein gegenüber als Mensch und Individuum ansehen.

Selbstverständlich. Es lässt sich aber kaum abstreiten, dass gerade bei (jungen) Muslimen häufig schwere Vorurteile gegenüber Juden herrschen.