JohnDifool
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Putins Propaganda
16.06.2014 um 22:44Hier soll darüber diskutiert werden, wie es derzeit mit der Pressefreiheit in Russland bestellt ist und ob und inwiefern die Kommentarspalten westlicher Medien möglicherweise durch russische Jubelperser und Auftragsschreiber unterwandert sind.
Laut "Reportern ohne Grenzen" scheint nämlich in Russland bezüglich der Pressefreiheit sehr viel mehr im Argen zu liegen, als es viele der Kommentare z.B. im "Ukraine-Thread" auf Allmy vermuten lassen:
Original anzeigen (0,3 MB) Wikipedia: Reporter ohne Grenzen
Deutschland wird in der Grafik nämlich eine durchaus gute Lage bezüglich der Pressefreiheit bescheinigt, während die Lage in Russland dagegen als "schwierig" beurteilt wird. Wie kamen die Reporter ohne Grenzen wohl zu dieser Einschätzung?
Und warum hört man dann in den Foren und Kommentarspalten deutscher Medien immer wieder den Vorwurf, sämtliche deutschen Leitmedien wären gleichgeschaltet und würden bezüglich des Ukrainekonflikts einen antirussischen Kurs verfolgen?
Ist an diesem Vorwurf tatsächlich etwas Wahres dran oder sind möglicherweise viele der Schreiberlinge zu einem nicht unerheblichen Teil Putins Propaganda aufgesessen?
"US-Democracy = Death": Hunderte bezahlte Manipulatoren versuchen, weltweit die Meinung in sozialen Netzwerken und in Kommentar-Bereichen wie auch bei Süddeutsche.de im Sinne des Kreml zu beeinflussen. Das bestätigen erstmals Strategiepapiere, die Hacker abgefangen haben.
[...]Das Bild deckt sich mit Berichten, die die oppositionelle Nowaja Gaseta bereits 2012 veröffentlichte. Eine Reporterin hatte sich damals als Mitarbeiterin in das Nest der Trolle im Petersburger Vorort Olgino eingeschlichen. Dort erlebte sie, wie PR-Spezialisten den Kampf mit Kritikern des Kreml im russischsprachigen Internet aufnahmen, indem sie diskreditierende Blogeinträge über Oppositionelle verfassten, Schmäh-Collagen bastelten und versuchten, diese durch massenhafte Posts in die Trends der meistdiskutierten Themen bei Twitter zu bringen.
Nun gibt es erstmals Belege dafür, dass die Manipulatoren auch gezielt das Publikum von Nachrichtenportalen und sozialen Netzwerken jenseits des russischen Sprachraums ins Visier genommen haben. Den Verdacht gibt es spätestens, seit sich Redaktionen im Zuge der Ukraine-Krise mit einer Flut von Kommentaren konfrontiert sahen, die - ganz auf der Linie des Kreml - die Maidan-Proteste als Werk amerikanischer Geheimdienste und die Regierung in Kiew als Nazi-Junta zu diskreditieren suchten.
[...]Laut Emnid haben 70 Prozent kein Verständnis für den russischen Präsidenten. Infratest dimap ermittelte, dass zwei Drittel der Bundesbürger Wirtschaftshilfen für Kiew befürworten und fast ebenso viele den politischen Druck der USA und der EU auf Moskau für sinnvoll halten. Die Kommentarflut, egal ob auf Spiegel oder Zeit Online, Süddeutsche.de oder bei der ARD, aber erweckt den Eindruck, man stehe mit seiner Meinung alleine da, wenn man die Annexion der Krim als solche verurteilt - ein auffälliges Missverhältnis.
Wie PR-Profis diesen Eindruck fördern, geht aus den internen Strategiepapieren der Petersburger Agentur hervor. Darunter sind eingehende Analysen der sozialen Netzwerke Facebook, Twitter, LinkedIn und Youtube.
[...] In einer Tabelle listen die Strategen auf, welche politische Einstellung amerikanische Nachrichtenseiten vertreten und wie sie über die russische Außenpolitik berichten. In einem anderen Papier legen sie dar, welches Echo provokative Kommentare auf unterschiedlichen Portalen auslösten und welcher Grad an Schärfe im Ton den größten Erfolg bringt. Aus ihren Analysen ziehen die Autoren Schlüsse, wie am wirkungsvollsten vorzugehen sei.
[...] Wer gibt solche Kampagnen in Auftrag? Die Spuren in den internen Dokumenten der Internet-Manipulatoren führen zu dem Petersburger Unternehmer Jewgenij Prigoschin, der in der oppositionellen Presse den Spitznamen "Putins Koch" trägt. Die beiden kennen sich aus den Neunzigerjahren, als Prigoschin in Sankt Petersburg das Kasino "Conti" betrieb und Putin in der Stadtverwaltung für die Überwachung des Glücksspiels zuständig war. Mittlerweile hat der massige Glatzkopf ein Gastronomie-Imperium aufgebaut, nicht zuletzt dank einiger Großaufträge vom Staat. Neben diversen Restaurants in Petersburg und Moskau bestreitet seine Concord-Gruppe unter anderem das Catering bei offiziellen Anlässen wie dem Sankt Petersburger Wirtschaftsforum und beliefert Schulen und die Streitkräfte mit Fertiggerichten.Und jetzt wird es richtig interessant:
Prigoschin fällt nicht zum ersten Mal damit auf, dass er sich auch jenseits des Kulinarischen um das Wohl des Kreml kümmert. 2012 soll er die Produktion des Films "Anatomie des Protests" gefördert haben, der die führenden Köpfe der Massendemonstrationen gegen die gefälschten Wahlen als von Georgien und den USA bezahlte Verschwörer darstellte - Vorlage für eine Reihe von Prozessen gegen Kreml-Kritiker, die zum Teil bis heute fortgesetzt werden. Als im vergangenen Jahr mehrere Personen aufflogen, die sich in Redaktionen kritischer Medien eingeschlichen hatten, um sie auszuspionieren, wurde bekannt, dass Prigoschin hinter der Aktion stand. Eine der Spioninnen ist laut dem internen Schriftverkehr nun in führender Position bei den Trollen in Olgino tätig.
Aus dem abgefangenen E-Mail-Verkehr geht hervor, dass die "Agentur zur Analyse des Internets" ihre Monatsabrechnungen an Prigoschins Firma Concord schickte. Zusätzlich gingen Tätigkeitsberichte an einen Mann, der in den Dokumenten nur mit dem Nachnamen Wolodin auftaucht. Laut den anonymen Informanten soll es sich um Wjatscheslaw Wolodin handeln, den stellvertretenden Leiter von Putins Präsidialadministration. Das erscheint insofern als schlüssig, da Wolodin als der Mann im Kreml gilt, der sich um die Kontrolle des Internets kümmert. Er wurde im Dezember 2011 auf dem Höhepunkt der Proteste gegen gefälschte Wahlen in den Kreml geholt, um das unterschätzte Phänomen in den Griff zu bekommen.
Die Firma Concord lehnt jeden Kommentar zu den Vorwürfen mit der Begründung ab, die Daten seien auf illegale Weise an die Öffentlichkeit gekommen. An der Echtheit des Materials gibt es indes wenig Zweifel. Die Gruppe, die sich, wie es unter Hackern Sitte ist, "Anonymous International" nennt, hat bereits seit vergangenem Dezember immer wieder brisante Dokumente an die Öffentlichkeit gebracht, die sich jedes Mal als authentisch herausstellten. Das begann mit der Neujahrsansprache von Präsident Wladimir Putin, deren Text im Blog der Hacker erschien, bevor das Fernsehen sie ausstrahlte.
Vertrauliche Details über die Vorbereitung des Referendums auf der Krim durch Moskauer PR-Experten und Polittechnologen wurden ebenso veröffentlicht wie der E-Mail-Verkehr von Igor Girkin, Ex-Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes und heute unter dem Pseudonym Igor Strelkow militärischer Anführer der selbst ernannten Volksrepublik Donezk in der Ukraine.
Ein Geschäftsführer der "Agentur zur Analyse des Internets" hat sich unterdessen für die Flucht nach vorn entschieden. Am Telefon bestätigte Michail Burtschik der Süddeutschen Zeitung die Authentizität des Materials, wollte sich aber nicht weiter zur Tätigkeit der Agentur äußern. In seinem Blog nennt Burtschik sich nun den "geschäftsführenden Troll" und erklärt, es sei doch gar nichts dabei an der Tätigkeit, Journalisten würden schließlich auch fürs Schreiben bezahlt. Einige seien als Patrioten sogar stolz darauf, "Trolle von Olgino" genannt zu werden: "Lieber Troll sein und seine Heimat lieben, als anonym auf die Regierung schimpfen", schreibt Burtschik; dabei vergisst er allerdings, dass die bezahlten Kommentatoren selbst stets anonym auftreten und ihre Identität erst von den Hackern aufgedeckt wurde.http://www.sueddeutsche.de/politik/propaganda-aus-russland-putins-trolle-1.1997470
Michail Burtschik gibt also völlig offen zu, dass es diese Art der Unterwanderung und Propaganda von seiten des Kremls tatsächlich gibt!
Hier ist die Seite, die das Ganze aufgedeckt haben will und auf die sich auch die SZ beruft:
http://b0ltai.wordpress.com/
Nur leider verstehe ich im Gegensatz zu den vielen Kommentatoren im Ukrainethread, die am laufenden Band neue Videos mit kyrillischen Titeln posten, weder die russische noch die ukrainische Sprache. :/
Vielleicht kann von denen mal jemand die Seite b0ltai.wordpress übersetzen und kurz zusammenfassen, ob die Vorwürfe berechtigt sind?