Dr.Manhattan schrieb:erstens: ist nicht vieles von dem was uns quält wesentlich leichter zu ertragen wenn wir uns sagen, ok das ist halt so - es ist normal. und ich mach ne grössere Sache draus als es ist.
Wenn ich ne größere Sache draus mache als es ist, dann hat "es" mich vorher auch nicht sonderlich gequält. Das nennt man Sekundärgewinn einer Krankheit. Dann hat eine Krankheit den sichtbaren Platz eingenommen für ein anderes, Defizit. (Freud lässt grüßen) Aber das nur im Hinterkopf behalten, nicht primär voraussetzen!
Wir hatten das ja schon mal mit den Definitionen, mit Gesundheit. Das ist ein Idealzustand, den eigentlich keiner erreicht.
Das Problem bei "Krankheit" - "Nicht normal" ist und war es immer schon, dass die Definitions-Hoheit, nicht nur alleine bei dem Kranken liegt. In allen Kulturen, waren Priester und Mediziner eng verbunden, oder sogar in einer Person vereint. Schau dir mal das Symbol für Arznei und Medizin an, den Stab mit der Schlange. Das war und ist ein Herrschaftssymbol. Das hat ja Gründe, warum das so war und ist. Und Krankheit war und ist auch in allen Kulturen ein Ausnahmezustand, obwohl es ja eher die Regel ist. Mit Krankheit konnten Privilegien verbunden sein, genauso aber auch Stigmata.
Es reicht heute nicht aus, zu sagen: ich bin krank, wenn du in den Genuss von Lohnfortzahlung und Therapie und Medizin kommen möchtest.
Die ganze Gesundheitsbranche nahtlos übergehend in die Wellness-Fitnessbranche ist der Goldesel überhaupt.
Fahr mal an einem Freitag Abend in die Kindernotfallambulanz einer Stadt mit über 400.000 Einwohner. Du wirst Bauklötze staunen. Dort werden kleine Holzsplitter aus Füßen gezogen, Zecken entfernt, Grundschulkinder mit Fieber von 39,3 "behandelt", Anleitung gegeben, wenn ein Kleinkind Badeöl getrunken hat. Diese Kinder sind alles "Notfälle" und müssen einen Arzt aufsuchen und sie müssen alle von einem Arzt angeschaut werden.
Wie wirst du mit deinen körperlichen Unzulänglichkeiten umgehen, wenn du erwachsen bist?, wenn die, die für dich verantwortlich waren, die deine "Lebensversicherung" waren, so unsicher sind?
Bitte verstehe mich nicht falsch, ich will hier kein bushing von der Gesundheitsindustrie machen. Ich selber könnte heute nicht das Leben führen, was ich führe, wenn ich nicht zu dieser Zeit, in diesem System abgeworfen worden wäre, wenn nicht mutige, risikobereite Männer sehr gute Arbeit geleistet hätten.
Dr.Manhattan schrieb:ist also Krankheit nicht eher ein wert der uns übergestülpt wird ... und dann zum selbstläufer wird.
Also von Wert würde ich nicht gerade sprechen. Übergestülpt bekommen ist ja eher passiv, sich was selbst anziehen dann eher aktiv. Und unbedingt, da läuft dann viel einfach immer weiter, weil man sich "eingerichtet" hat.