@Snowman_one Snowman_one schrieb:Ich denke dass sogar die Begriffe kombinieren kann. Denn ein Agnostiker macht ja eine Aussage darüber was er weiss, ein Atheist darüber was er glaubt.
Das ist korrekt.
Theismus und Atheismus machen eine Aussage über den Glauben.
Gnostizismus und Agnostizismus machen eine Aussage über das Wissen.
Ein Atheist der nicht an Götter glaubt, deren Existenz aber nicht ausschließen kann (was meiner Meinung nach die vernünftigste Position ist) ist ein agnostischer Atheist.
Jemand der an Götter glaubt und von deren Existenz überzeugt ist, ein gnostischer Theist, usw.
@medibibi medibibi schrieb:Handeln denn nun Atheisten moralischer als Theisten oder Agnostiker?
Generell dürfte man das weder für die eine, noch die andere Seite sagen können. Wahrscheinlich ist sogar "Moral" der falsche Begriff und sollte durch eine humanistische Ethik abgelöst werden.
Was moralisch ist und was nicht, hängt stark von der jeweiligen Gruppe ab, die wir betrachten.
In islamisch geprägten Gesellschaften kann es durchaus moralisch sein, seine Tochter zu töten wenn sie dem jeweils angenommenem Religions- oder Ehrbegriff nicht entspricht. Auch ist es moralisch, Tiere ohne Betäubung zu schlachten. Es ist sogar notwendig, um überhaupt als moralisch handelnd wahrgenommen zu werden. Den Glauben abzulegen (Apostasie), eine Handlung die niemanden in der Gesellschaft negativ beeinträchtigt, muss nach Glaubensgesetz mit dem Tode bestraft werden.
In christlich geprägten Gesellschaften kann es entsprechend moralisch sein, homosexuelle Menschen von der Gesellschaft auszuschließen oder gar zu töten (homosexuelle sind in den meisten religiösen Gesellschaften schlecht dran), Schwangerschaftsabbrüche generell zu verbieten oder Verhütungsmittel illegal zu machen.
Was Atheisten den Theisten meiner Meinung nach voraus haben, ist das
Potential zur Entwicklung einer Ethik, die auf humanistischen Grundsätzen basiert, welche von der menschlichen Gesellschaft mit Mitteln der Empathie und Vernunft ausgehandelt werden, und die die Bedürfnisse einer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts reflektiert, ohne auf dogmatischen Grundsätzen in Bezug auf "Ein Gott möchte dieses oder jenes von uns, sonst werden wir nach dem Tode bestraft" zu fußen.
Atheisten sind frei darin, sich ohne uraltes, dogmatisches Grundgerüst eines angeblich heiligen Buches zu überlegen, was das Richtige für die Gesellschaft in ihrer jeweiligen Entwicklungsphase ist. Sie denken über das Hier und Jetzt nach und betrachten Menschen zunächst einmal als Menschen und nicht als zu errettende Seelen, die durch Einhaltung von alten Dogmen zu irgendeinem Gott geführt werden müssen.
Atheisten, sofern sie Humanisten sind, unterscheiden in der Bewertung eines Menschen nicht zwischen "sein Handeln gefällt Gott" und "sein Handeln gefällt Gott nicht". Sie unterscheiden allenfalls zwischen "sein Handeln beeinträchtigt andere Menschen negativ und schadet der Gesellschaft", "sein Handeln beeinflusst die Gesellschaft positiv" und "sein Handeln beeinträchtigt niemanden".
Daher können sich z.B. homosexuelle Menschen in einer humanistischen Gesellschaft am besten entfalten und sich am sichersten fühlen. Ihre Sexualität ist Privatsache, vor allem aber beeinträchtigt sie niemanden. Daher können homosexuelle Menschen in einer solchen Gesellschaft zu 100% integriert sein, inklusive Heirats- und Adoptionsrecht, und müssen sich nicht darum sorgen, dass ein selbsternannter Sittenwächter mit bronzezeitlichen Schriften unter dem Arm mit dem Finger auf sie zeigt und ihr Leben als minderwertig ächtet.
Das ist nur ein Beispiel von vielen.