Der Fall Maddie McCann - Tragen die Eltern eine (Mit)Schuld?
13.11.2015 um 18:47
@ all
Nachfolgend diverse Auszüge aus einem Gutachten, in dem es um die Fähigkeiten von Spezialhunden geht.
Daraus geht eindeutig hervor, dass Spezialhunde – also nicht nur Rauschgift-, Sprengstoff- und Brandmittelhunde, sondern auch Blut- und Leichenspürhunde - durchaus in der Lage sind, auch mit Leichen oder Leichenteilen kontaminierte Ablageorte zu lokalisieren und anzuzeigen und dass dies auch für Örtlichkeiten und Spurenträger (z.B. Bekleidung oder Tatwerkzeuge) gilt, die bereits gereinigt wurden.
Ebenso geht daraus hervor, dass die Kontamination eines Gegenstandes mit Leichengeruch, sofern der Mensch nicht länger als zwei Stunden tot ist, lediglich zwei Minuten andauern muss, damit ein Blut- und Leichenspürhund ihn wahrnehmen kann.
Das eingefügte [….] soll lediglich symbolisieren, dass der jeweils nachfolgende Text an anderer Stelle dieses Gutachtens steht.
Irrelevant sind auch die in diesem Gutachten aufgezeigten rechtlichen und verfahrenstechnischen Unterschiede zwischen Deutschland und Norwegen – es geht ausschließlich um die Darlegung der von mir bereits aufgezeigten Fähigkeiten von Spezialhunden, speziell Leichenspürhunden, die hiermit bestätigt werden = Kontamination von Leichengeruch.
Sorry, ist seeehr lang :), aber es lohnt sich in jedem Fall !
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Ab hier nachfolgend die relevanten Auszüge:
Was aber ist zu tun, wenn Spezialhunde lediglich Anzeigeverhalten zeigen? Zeigt ein Rauschgiftsuchhund eine Stelle an, an der kein Rauschgift gefunden wird, könnte diese ein mit Rauschgift kontaminierter Bereich sein.
[…]
Analog ist das bloße Anzeigen eines Sprengstoffsuchhundes zu sehen. Der vom Brandmittelspürhund angezeigte Bereich oder Spurenträger muss wie oben beschrieben ohnehin näher untersucht werden.
Schwieriger ist es bei Leichenspürhunden und Personenspürhunden. Bleibt es beim bloßen Verweisen5 einer Stelle, eines Gebäudes, eines Fahrzeuges, einer
Wohnung oder ähnlichem, stellt sich für die Ermittler die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Kann auf Grund des Verhaltens des Diensthundes und der Einordnung dessen durch den Diensthundführer z.B. eine Beschlagnahme, eine
Durchsuchung, das Öffnen einer Tür oder die Festnahme einer Person angeordnet werden? Kann die betreffende Person später auf Grund des Verhaltens des Diensthundes verurteilt werden? Hier können Polizei und Justiz vor einem rechtlichen Problem stehen, welches den Schwerpunkt dieser Untersuchung bilden wird.
[…]
II. Das Geruchsvermögen von Hunden
Hunde dagegen gehören zu den „Nasentieren“, für sie spielt der Geruchssinn die Hauptrolle, während Augen und Ohren für sie nur Hilfsfunktionen haben.(16) Sie werden daher zu den Makrosmatikern(17) gezählt. Ihre Welt besteht weit mehr aus olfaktorischen, als aus optischen oder akustischen Eindrücken. Laut Trumler offenbart seine Nase dem Hund so viel von seiner Umwelt wie dem Menschen das Auge zuzüglich Fernglas und Lupe.(18)
[….]
Was Hunde jedoch genau riechen, ist dabei nicht abschließend erklärbar, wie ein weiteres Beispiel zeigt:
Als im Jahr 2003 ein Hamburger seine Ehefrau nach einem Segeltörn als vermisst meldete, ließ die Mordkommission einen Blut- und Leichenspürhund das Segelboot absuchen. Dieser verwies an einer Stelle, an der nachweislich kein genetisches Material feststellbar war.(32)
[….]
4. Konditionierung und Suchleistung
Die beeindruckende Riech- und Suchleistung des Hundes schilderte Otto Koehler, ein großer Förderer der Verhaltensforschung bereits 1956 im Rahmen des kynologischen Weltkongresses in Dortmund anhand der Dressur auf den „Riech“. Die von dem hundeforschenden Ehepaar Menzel durchgeführte Dressur sei folgendermaßen abgelaufen:
Jeder der etwa zehn Zuschauer, so berichtete Koehler, habe vom Boden einen der massenhaft herumliegenden Kiefernzapfen aufheben und eine Minute lang in der geschlossenen Hand halten müssen, dann habe er ihn unauffällig markiert und wieder hingeworfen. Der nun hereingeführte Hund habe einen der Zuschauer unter den Achseln beschnüffelt, den die Zuschauer selbst bestimmt haben. Dann habe der Hundeführer den Hund losgelassen und dieser habe auf den Befehl „Such den Riech“ so lange an immer neuen Kiefernzapfen herum gestöbert, bis er plötzlich einen auf genommen und ihn dem Hundeführer gebracht habe. Es sei jedes Mal der gewesen, den der vom Hund berochene Zuschauer hingeworfen habe. Der so dressierte Hund habe also die Gemeinsamkeit zwischen Achsel- und Handgeruch eines Menschen erkannt.(40) Die Riech- und Gedächtnisleistung von Hunden erweist sich somit als so ausgezeichnet, dass diese nach entsprechender Konditionierung mit menschlicher Witterung behaftete Gegenstände der jeweiligen Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zuordnen können. Dazu muss die Person nicht, wie im obigen Versuch beschrieben, anwesend sein.(41)
[…]
4. Blut- und Leichenspürhunde
a) Fähigkeiten
Blut- und Leichenspürhunde sind in der Lage, Leichen oder Leichenteile, ob verscharrt, vergraben, versteckt, bedeckt oder hängend, sowie mit Leichen oder Leichenteilen kontaminierte Ablageorte zu lokalisieren und anzuzeigen. Da sie auch auf Blut konditioniert werden, zeigen sie ebenfalls Blut und Blutspuren bzw.
Restanhaftungen von Blut an. Dies gilt auch für Örtlichkeiten und Spurenträger (z.B. Bekleidung oder Tatwerkzeuge), die bereits gereinigt wurden.
Das bedeutet, Blut- und Leichenspürhunde zeigen auch latente, nicht sichtbare Spuren an und können daher eine wichtige Rolle bei der Ermittlung von Kapitalverbrechen spielen. Sie werden beispielsweise zum Abspüren von Wohnungen, Fahrzeugen, Wäldern etc., oft in Zusammenarbeit mit der Mordkommission eingesetzt. Wie bei anderen Spürhunden ist ihr Erfolg davon abhängig, ob die entsprechenden Duftstoffe hinausdringen, was durchaus auch aus Wasser oder Beton möglich ist.(73) Wie der in Teil A, II. 3. beschriebene Fall mit dem Segler zeigt, ist es möglich, dass Blut- und Leichenspürhunde Stellen anzeigen, an denen technisch nichts, auch keine DNA, nachweisbar ist.[74]
b) Leichengeruch
„Leichengeruch ist der Geruch, der im menschlichen Körper als Folge von biochemischen Prozessen in Verbindung mit dem Tod entsteht.“(75) Die Forschung hat gezeigt, dass sich Leichengeruch bereits 20 Minuten nach dem Eintreten des Todes entwickelt.(76) Eine wissenschaftlich begleitete Versuchsreihe der Hamburger Polizei ergab, dass die Kontamination eines Gegenstandes mit Leichengeruch, sofern der Mensch nicht länger als zwei Stunden tot ist, lediglich zwei Minuten andauern muss, damit ein Blut- und Leichenspürhund ihn wahrnehmen kann.(77) Leichengeruch ist nicht individuell. Zwar verändert sich das Geruchsbild für den Diensthund mit dem Alter der Leiche, jedoch haben trotzdem alle Leichen die gleiche Geruchskomponente auf die der Hund reagiert. Verweist der Hund an einem Ort, an dem eine Leiche gelegen hat, kann es sich daher sowohl um den Ablageort der aktuell gesuchten Leiche, als auch um einen Ort handeln, an dem in der Vergangenheit eine Leiche abgelegt wurde, die mit dem aktuellen Fall nichts zu tun hat.(78) Vor Absuche eines Tatortes muss daher wenn möglich geklärt werden, ob an diesem Ort früher eine Leiche gelegen haben kann, die zur Verfälschung führen könnte.
Bei der Versuchsreihe der Hamburger Polizei wurden Trägerstoffe mit trockener Leiche(79)[Anmerkung: Trockene Leichen sind Leichen, bei denen keinerlei Körperflüssigkeiten ausgetreten sind.] kontaminiert. Dabei entsteht ein Geruch, der bis heute wissenschaftlich nicht nachweisbar ist, von den Hunden jedoch durch die Vielzahl der positiven Suchergebnisse bestätigt wurde. Wie sich dieser Geruch zusammensetzt bzw. was der Hund genau riecht, kann derzeit nicht beantwortet werden.(80) Wie lange der Geruch sich in welchem Material hält, hängt von einer Reihe äußerer Faktoren ab, doch geht man davon aus, dass sich Leichengeruch sehr lange halten kann, in Gebäuden beispielsweise mindestens ein Jahr.(81)
c) Besonderheiten
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass ein Spürhund der verweist, den Geruch, auf den er konditioniert wurde, identifiziert und lokalisiert hat. Wird nichts Relevantes gefunden, ist zu überprüfen, ob das Anzeigeverhalten auf vorhandene Geruchsanhaftungen zurückzuführen sein kann.(82) Dieser Umstand ist aufgrund der Schwere der möglicherweise vorangegangenen Tat bei Blut- und Leichenspürhunden von besonderer Bedeutung. Verweist der Blut- und Leichenspürhund nicht, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass sich an dem abgesuchten Ort keine Leiche befunden hat.(83) Die Leiche kann sich unter Umständen nicht lange genug an dem Ort befunden haben, um ihren Geruch dort zu hinterlassen, dabei können auch Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Materialdichte der Unterlage, Verpackung oder beispielsweise die Verwendung eines starken Teppichreinigers etc. eine Rolle spielen.(84)
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Daraufhin wurden im Rahmen eines neuen Projekts erneut zwei Patrouillenhunde zu Leichenspürhunden ausgebildet. Diese erhielten im Gegensatz zu ihren Vorgängern eine erweiterte Ausbildung, in der sie neben dem Aufspüren von Leichen und Leichenteilen auch das Lokalisieren und Anzeigen von Orten und Gegenständen, die mit Leichen oder Leichenteilen kontaminiert worden waren, lernten.
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Der Leichenspürhund könne letztendlich nicht mitteilen, welche Leiche er gerochen habe oder wie diese zu Tode gekommen sei.
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In einem weiteren Fall aus dem Jahr 2003 verschwand ein junges Mädchen, das ein Jahr später tot aufgefunden wurde. Ihr Lebensgefährte geriet in Verdacht. Bei einer Durchsuchung zeigten zwei Leichenspürhunde Interesse an der Matratze und im Fahrzeug des Paares, es kam aber zu keinem deutlichen Anzeigeverhalten. Der Lebensgefährte des Mädchens wurde angeklagt und in erster Instanz freigesprochen. In zweiter Instanz wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Das Verhalten der Leichenspürhunde wurde in der Urteilsbegründung vom Gericht als Indiz bewertet, obwohl diese nicht angezeigt hatten.(248)
Quelle: http://195.202.38.218/onlinedokumente/masterarbeiten/2012/Homburg_Julia.pdf
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