@WangZeDong Früher, in der "Vorglotzezeit" waren die Menschen wesentlich aufmerksamer als heute. In Ermangelung technischer Errungenschaften, z. B. fließendes Wasser in der Wohnung, Zentralheizung, Autos etc., war man den Naturgewalten viel stärker ausgeliefert. Man war gut beraten, genau auf sein Umfeld zu achten. So registrierten die Menschen im Laufe ihres Lebens manches unerklärliche Vorkommnis.
Es war eine Zeit, wo noch zu Hause geboren und gestorben wurde. Z. B. die Geschichte meines Vaters und meiner Tanten, als ein Geschwisterlein an Lungenentzündung starb. Im Augenblick des Todes sahen alle ein weißes Engelchen vom Bettchen aufsteigen.
Ich liebte sie sehr, die langen Winterabende, wo man sich am Kachelofen versammelte und die Eltern bat, von "früher" zu erzählen. Je später der Abend, desto toller wurden die Geschichten. Manches mochte so stimmen, anderes war wohl masslos übertrieben.
Zu dieser Zeit gab's in jedem Dorf mindestens einen Propheten. Nicht, dass man ihnen unbedingt Glauben schenkte, aber in schwierigen Zeiten holte man doch gerne ihren Rat ein. Ich erinnere mich noch genau an die Kubakrise. Auch wenn die Menschen in der Schweiz vom Krieg nicht direkt betroffen waren, so hatten sie doch, auf Grund der noch frischen Erinnerung, Angst vor einem neuen Weltkrieg. Die Dorfprophetin, das Änneli, meinte jedenfalls, es würde nicht zu einem Weltenbrand kommen, und sie hatte Recht!
Auch wenn man die Zigeuner nicht unbedingt achtete und liebte, so brachten sie, mit ihren Hexen- und Zauberkünsten, immer willkommene Abwechslung ins Dorf.
War es Aberglaube, dass von manchen Menschen gesagt wurde, sie könnten "mehr als Brot essen"? Quacksalberei war in unserer Gegend streng verboten. Nichts desto trotz begaben sich viele Menschen heimlich zum "Doktor Horn", der natürlich kein Doktor war, aber vielen Menschen helfen konnte. Ob's um Heilung von schweren Krankheiten, oder ums Auffinden verlorener Gegenstände ging. Manche sagten, sie hätten unterm Schreibtisch des "Doktors" ein grünes Teufelchen gesehen. Von diesem "Doktor Horn" müsste es in Bern noch etliche Gerichtsakten geben, weil er mehrmals verurteilt wurde.
Ich selber hätte auch ein Problem, wenn ich alles, was ich schon erlebt habe, beweisen müsste. Es gehört zum Erfolg eines Menschen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Warum und wieso, könnte man unter instinktsicherem Verhalten abbuchen. Für mich ist es aber erhöhte Aufmerksamkeit.
Wenn ich zu Deiner Frau etwas sagen darf, obwohl es nicht unbedingt zum Thema gehört: Menschen fürchten seit eh und je das Unbekannte. Verständlich, dass viele die unerklärlichen Aspekte des Lebens verdrängen, statt sie eingehender zu betrachten. So denke ich, dass die Gruselfilme eine Art Kanal bilden, um dieses unterdrückte Potential abzuleiten, bevor es explodiert.