Der Gralswächter
01.08.2004 um 00:57Beim Lesen in meiner geliebten SZ (Säsischen Zeitung bin icch gestern 31.07.04) auf folgenden Artikel gestoßen :
Von Thomas Schade
Detlef Köhler sitzt im Geschäftszimmer seiner Hausverwaltung in Zwickau und zeigt Bilder seines Vaters Wolfgang - als kleiner Junge auf dem elterlichen Gut im baltischen Lapiau, als junger Untersturmführer der SS, später zu DDR-Zeiten als Restaurator an der Fürstengruft im sächsischen Schloss Lichtenstein, als älterer Herr in Reithose und Stiefeln und schließlich als Greis im Lehnstuhl, umgeben von wertvollen alten Möbeln.
Am Tag seines Todes 1999 lag Wolfgang Köhler von Krankheit erschöpft darnieder. Sein Sohn war bei ihm. Entkräftet habe der Vater auf seine tätowierte SS-Nummer gezeigt und geflüstert: Da liegt der Schlüssel. „Das waren seine letzten Worte", sagte Detlef Köhler. Was sie bedeuten, weiß der 51-Jährige bis heute nicht. Dass sein alter Herr ein Geheimnis mit ins Grab genommen hat, davon ist er überzeugt. Denn recht rätselhaft war das ganze Leben des Wolfgang Köhler.
Erst SS-Junker, später Wismut-Sprengmeister
Am 7. November 1926 ist er mit hoher Wahrscheinlichkeit im ostpreußischen Lapiau unweit von Königsberg (Kaliningrad) zur Welt gekommen, das haben die Behörden der DDR und der Bundesrepublik so anerkannt. Wolfgang Köhlers Vater war der Reichswehrgeneral Ernst Karl Köhler, der seinen Sohn in Königsberg auf eine der „Napo-la"-Schulen schickt, eine Eliteschule der NSDAP. Nach dem Schulab-schluss 1943 meldet sich Wolfgang freiwillig zur Wehrmacht, wird Standartenoberjunker bei der SS-Division „Hitlerjugend".
Im Frühjahr 1945 führt ihn ein seltsamer Auftrag von der Westfront weg nach Thüringen. Er hält sich in
Naumburg, Eisenberg und Bad Klosterlausnitz auf. Auf dem Weg übernimmt er angeblich einen Güterzug, der ins Erzgebirge rollen soll.
Sohn Detlef blättert im zerschlissenen Notizbuch seines Vaters. Auf den letzten Seiten sind die Orte seiner Reise verzeichnet. In den Wirren des Kriegsendes schlägt sich Wolfgang Köhler in ein englisches Inter-nierungslager durch, bleibt aber nicht lange. Denn es gibt Bilder, die ihn gleich nach Kriegsende in Ägypten zeigen. Auch Personalunterlagen geben Auskunft, dass er in Kairo bei „Shell Oil" angestellt war.
Als „Schiffbauer" kommt Wolfgang Köhler 1947 zurück nach Eisenberg. Ein Jahr später heuert er bei der Wismut an. Sohn Detlef hält den Dienstausweis des Vaters mit der Nummer 892 in der Hand. Das Passbild zeigt ein hageres Gesicht mit strengem Blick. Er verrät nicht, wie dem SS-Mann und einstigen Russenhasser der Sprung in die Wismut gelingen konnte. Denn dort schuftet er nicht als Bergmann, sondern ist als so genannter Schießer und Oberschießer verantwortlich für jede Menge Sprengstoff.
1956 verlässt Vater Köhler die Wismut, wird später Sicherheitsinspekteur eines Textilbetriebes. Viel intensiver aber geht er fortan anderen Dingen nach. Er betätigt sich als Kunstmaler und Restaurator. So berichten die Sächsischen Neuesten Nachrichten, das Blatt der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, am 16. April 1957 vom „Parteifreund" Köhler, der als Aktivist des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) die Gemälde der Museen in Naumburg und Sangerhausen restaurierte. Der Reporter, der Wolfgang Köhler zu Hause besuchte fühlte sich „in eine Kunstsammlung versetzt". „Selbst malte der Vater mit Vorliebe Landschaften und Küsten", erinnert sich sein Sohn.
1958 stellt Wolfgang Köhler erstmals im sächsischen Lichtenstein aus. 1959 gelingt es ihm - wohl nicht ohne Zustimmung des Adelshauses Schönburg -, die Fürstengruft des Schlosses zu öffnen und zwanzig verzierte Metallsärge zu restaurieren. Kostenlos ist der ehemalige SS-Mann und Nationaldemokrat auch hier tätig, offiziell für das NAW. Doch sein Sohn fragt sich: „Was verband den Vater mit der Gruft und den Schönburgs?" Von Freunden des Vaters weiß Detlef Köhler, dass seine Familie der litauischen Linie des Hauses „von Hassenstein" entstammen soll, einem alten sächsisch-böhmischen Adelshaus, in dessen Geschichte Verbindungen zum Fürstenhaus Schönburg zu finden sind. Die Köhlers wären nicht die einzigen aus dem baltischen Adel, die in den Wirren nach 1918 ihren Titel ablegten, um Verfolgungen zu entgehen.
Der geheimnisvolle Waldhüter
Etwa 300 Werke habe sein Vater geschaffen, sagt Detlef Köhler. „Alle Bilder sind kürz vor seinem Tod verschwunden, wir wissen nur, dass sie nicht gestohlen sind", sagt der Sohn. Einige Bilder beherberge das Picassomuseum in Paris. Dort sei auch ein Teil des erstaunlichen Briefwechsels, den der Zwickauer Hobbymaler Wolfgang Köhler über viele Jahre mit Pablo Picasso und dessen Freund Daniel-Henry Kahnweiler in Paris pflegte. Detlef Köhler hütet eine kleine Sammlung von Picasso- und Kahnweiler-Briefen. Was die beiden Ikonen der modernen Malerei so sehr mit seinem Vater verband, ist für ihn ein Rätsel. Der weltbekannte -Kunsthändler Kahnweiler beschwert sich in den 70er Jahren persönlich bei DDR-Staats- und Parteichef Honecker, weil die Staatssicherheit bei der Postschnüffelei Kataloge einer Picassoausstcl-lung beschlagnahmt hatte. Später bekommt Wolfgang Köhler die Kataloge ausgehändigt. Sein Sohn bewahrt sie bis heute auf.
Noch rätselhafter sind für Detlef Köhler die geheimnisvollen Wochenendausflüge seines Vaters. „Er packte freitags nach der Arbeit seine Sachen und fuhr mit dem Bus in Richtung Geyer oder Hartenstein. Erst am Montag nach der Arbeit war er wieder daheim." Jahrelang habe sich der Vater in Reithosen, Schaftstiefeln und Lodenmantel auf den Weg gemacht. Natürlich hat Detlef nach dem Grund gefragt. Jeder Mensch hat sein Geheimnis", habe der Vater dann stets geantwortet. Was Detlef Köhler schließlich erfährt: Sein Vater besuchte abwechselnd zwei Jagdhütten, von denen eine unweit der Prinzenhöhle im Muldental zwischen Hartenstein und Schlema stand. Die andere soll bei Grünhain gewesen sein. Jäger war sein Vater aber nie. Dennoch hatte
ihm die Forstverwaltung Lauter 1983 sogar etwas wie einen Ausweis ausgestellt obwohl er nie im Forst angestellt war. Was also tat Wolfgang Köhler all die Jahre im Wald?
Nach 1996 ist es nur eine Frage der Zeit, bis der seltsame Waldhüter Dietmar Reimann begegnet, der im Poppenwald oberhalb des Muldentales die Suche der Stasi nach verschollenem Kunstgut besonders nach deim Bernsteinzimmer fortgesetzt. Der Detektiv und Autor erinnert sich an die Begegnung im Sommer 1998, als sein Suchtrupp im Wald bohrte. Höflich, fast hochherrschaftlich habe der alte Herr gegrüßt. Damals ahnten die Schatzsucher nicht, wer ihnen da über den Weg gelaufen ist.
Erst als Reimann 2003 auch Detlef Köhler trifft, erkennt er dessen Vater auf Bildern. Nun glaubt der Schatzsucher, dass mit Wolfgang Köhler der „Gralshüter der versteckten Kunstgüter" gefunden sei. Sohn Detlef sagt: Mein Vater hat Reimanns Bücher mit der Version gelesen, dass königstreue Anhänger des Hauses Ilohenzollern Teile des Familicnschatzes der Preußen und des Bernsteinzimmers im Erzgebirge versteckt haben. „Der hat gar nicht so Unrecht", habe der Vater danach gesagt. Und mehrfach habe er geäußert: Er wisse, wo „das Zeug" liegt.
Detlef Köhler besitzt einen Ring seines Vaters, der jene Rune trägt, die auch auf diversen Grenzsteinen im Poppenwald zu finden sind. Dort versuchen die Schatzsucher ab Montag erneut ihr Glück, erstmals unter der Aufsicht des Landesamtes für Archäologie und erstmals mit einem „Lageplan" - aus dem Nachlass des geheimnisvollen Herrn Köhler.
Was haltet ihr davon ?
Von Thomas Schade
Detlef Köhler sitzt im Geschäftszimmer seiner Hausverwaltung in Zwickau und zeigt Bilder seines Vaters Wolfgang - als kleiner Junge auf dem elterlichen Gut im baltischen Lapiau, als junger Untersturmführer der SS, später zu DDR-Zeiten als Restaurator an der Fürstengruft im sächsischen Schloss Lichtenstein, als älterer Herr in Reithose und Stiefeln und schließlich als Greis im Lehnstuhl, umgeben von wertvollen alten Möbeln.
Am Tag seines Todes 1999 lag Wolfgang Köhler von Krankheit erschöpft darnieder. Sein Sohn war bei ihm. Entkräftet habe der Vater auf seine tätowierte SS-Nummer gezeigt und geflüstert: Da liegt der Schlüssel. „Das waren seine letzten Worte", sagte Detlef Köhler. Was sie bedeuten, weiß der 51-Jährige bis heute nicht. Dass sein alter Herr ein Geheimnis mit ins Grab genommen hat, davon ist er überzeugt. Denn recht rätselhaft war das ganze Leben des Wolfgang Köhler.
Erst SS-Junker, später Wismut-Sprengmeister
Am 7. November 1926 ist er mit hoher Wahrscheinlichkeit im ostpreußischen Lapiau unweit von Königsberg (Kaliningrad) zur Welt gekommen, das haben die Behörden der DDR und der Bundesrepublik so anerkannt. Wolfgang Köhlers Vater war der Reichswehrgeneral Ernst Karl Köhler, der seinen Sohn in Königsberg auf eine der „Napo-la"-Schulen schickt, eine Eliteschule der NSDAP. Nach dem Schulab-schluss 1943 meldet sich Wolfgang freiwillig zur Wehrmacht, wird Standartenoberjunker bei der SS-Division „Hitlerjugend".
Im Frühjahr 1945 führt ihn ein seltsamer Auftrag von der Westfront weg nach Thüringen. Er hält sich in
Naumburg, Eisenberg und Bad Klosterlausnitz auf. Auf dem Weg übernimmt er angeblich einen Güterzug, der ins Erzgebirge rollen soll.
Sohn Detlef blättert im zerschlissenen Notizbuch seines Vaters. Auf den letzten Seiten sind die Orte seiner Reise verzeichnet. In den Wirren des Kriegsendes schlägt sich Wolfgang Köhler in ein englisches Inter-nierungslager durch, bleibt aber nicht lange. Denn es gibt Bilder, die ihn gleich nach Kriegsende in Ägypten zeigen. Auch Personalunterlagen geben Auskunft, dass er in Kairo bei „Shell Oil" angestellt war.
Als „Schiffbauer" kommt Wolfgang Köhler 1947 zurück nach Eisenberg. Ein Jahr später heuert er bei der Wismut an. Sohn Detlef hält den Dienstausweis des Vaters mit der Nummer 892 in der Hand. Das Passbild zeigt ein hageres Gesicht mit strengem Blick. Er verrät nicht, wie dem SS-Mann und einstigen Russenhasser der Sprung in die Wismut gelingen konnte. Denn dort schuftet er nicht als Bergmann, sondern ist als so genannter Schießer und Oberschießer verantwortlich für jede Menge Sprengstoff.
1956 verlässt Vater Köhler die Wismut, wird später Sicherheitsinspekteur eines Textilbetriebes. Viel intensiver aber geht er fortan anderen Dingen nach. Er betätigt sich als Kunstmaler und Restaurator. So berichten die Sächsischen Neuesten Nachrichten, das Blatt der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, am 16. April 1957 vom „Parteifreund" Köhler, der als Aktivist des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) die Gemälde der Museen in Naumburg und Sangerhausen restaurierte. Der Reporter, der Wolfgang Köhler zu Hause besuchte fühlte sich „in eine Kunstsammlung versetzt". „Selbst malte der Vater mit Vorliebe Landschaften und Küsten", erinnert sich sein Sohn.
1958 stellt Wolfgang Köhler erstmals im sächsischen Lichtenstein aus. 1959 gelingt es ihm - wohl nicht ohne Zustimmung des Adelshauses Schönburg -, die Fürstengruft des Schlosses zu öffnen und zwanzig verzierte Metallsärge zu restaurieren. Kostenlos ist der ehemalige SS-Mann und Nationaldemokrat auch hier tätig, offiziell für das NAW. Doch sein Sohn fragt sich: „Was verband den Vater mit der Gruft und den Schönburgs?" Von Freunden des Vaters weiß Detlef Köhler, dass seine Familie der litauischen Linie des Hauses „von Hassenstein" entstammen soll, einem alten sächsisch-böhmischen Adelshaus, in dessen Geschichte Verbindungen zum Fürstenhaus Schönburg zu finden sind. Die Köhlers wären nicht die einzigen aus dem baltischen Adel, die in den Wirren nach 1918 ihren Titel ablegten, um Verfolgungen zu entgehen.
Der geheimnisvolle Waldhüter
Etwa 300 Werke habe sein Vater geschaffen, sagt Detlef Köhler. „Alle Bilder sind kürz vor seinem Tod verschwunden, wir wissen nur, dass sie nicht gestohlen sind", sagt der Sohn. Einige Bilder beherberge das Picassomuseum in Paris. Dort sei auch ein Teil des erstaunlichen Briefwechsels, den der Zwickauer Hobbymaler Wolfgang Köhler über viele Jahre mit Pablo Picasso und dessen Freund Daniel-Henry Kahnweiler in Paris pflegte. Detlef Köhler hütet eine kleine Sammlung von Picasso- und Kahnweiler-Briefen. Was die beiden Ikonen der modernen Malerei so sehr mit seinem Vater verband, ist für ihn ein Rätsel. Der weltbekannte -Kunsthändler Kahnweiler beschwert sich in den 70er Jahren persönlich bei DDR-Staats- und Parteichef Honecker, weil die Staatssicherheit bei der Postschnüffelei Kataloge einer Picassoausstcl-lung beschlagnahmt hatte. Später bekommt Wolfgang Köhler die Kataloge ausgehändigt. Sein Sohn bewahrt sie bis heute auf.
Noch rätselhafter sind für Detlef Köhler die geheimnisvollen Wochenendausflüge seines Vaters. „Er packte freitags nach der Arbeit seine Sachen und fuhr mit dem Bus in Richtung Geyer oder Hartenstein. Erst am Montag nach der Arbeit war er wieder daheim." Jahrelang habe sich der Vater in Reithosen, Schaftstiefeln und Lodenmantel auf den Weg gemacht. Natürlich hat Detlef nach dem Grund gefragt. Jeder Mensch hat sein Geheimnis", habe der Vater dann stets geantwortet. Was Detlef Köhler schließlich erfährt: Sein Vater besuchte abwechselnd zwei Jagdhütten, von denen eine unweit der Prinzenhöhle im Muldental zwischen Hartenstein und Schlema stand. Die andere soll bei Grünhain gewesen sein. Jäger war sein Vater aber nie. Dennoch hatte
ihm die Forstverwaltung Lauter 1983 sogar etwas wie einen Ausweis ausgestellt obwohl er nie im Forst angestellt war. Was also tat Wolfgang Köhler all die Jahre im Wald?
Nach 1996 ist es nur eine Frage der Zeit, bis der seltsame Waldhüter Dietmar Reimann begegnet, der im Poppenwald oberhalb des Muldentales die Suche der Stasi nach verschollenem Kunstgut besonders nach deim Bernsteinzimmer fortgesetzt. Der Detektiv und Autor erinnert sich an die Begegnung im Sommer 1998, als sein Suchtrupp im Wald bohrte. Höflich, fast hochherrschaftlich habe der alte Herr gegrüßt. Damals ahnten die Schatzsucher nicht, wer ihnen da über den Weg gelaufen ist.
Erst als Reimann 2003 auch Detlef Köhler trifft, erkennt er dessen Vater auf Bildern. Nun glaubt der Schatzsucher, dass mit Wolfgang Köhler der „Gralshüter der versteckten Kunstgüter" gefunden sei. Sohn Detlef sagt: Mein Vater hat Reimanns Bücher mit der Version gelesen, dass königstreue Anhänger des Hauses Ilohenzollern Teile des Familicnschatzes der Preußen und des Bernsteinzimmers im Erzgebirge versteckt haben. „Der hat gar nicht so Unrecht", habe der Vater danach gesagt. Und mehrfach habe er geäußert: Er wisse, wo „das Zeug" liegt.
Detlef Köhler besitzt einen Ring seines Vaters, der jene Rune trägt, die auch auf diversen Grenzsteinen im Poppenwald zu finden sind. Dort versuchen die Schatzsucher ab Montag erneut ihr Glück, erstmals unter der Aufsicht des Landesamtes für Archäologie und erstmals mit einem „Lageplan" - aus dem Nachlass des geheimnisvollen Herrn Köhler.
Was haltet ihr davon ?