Luzifer
31.01.2004 um 22:05
Der Teufel, was ist das?
Satan, Luzifer, Exú, Teufel, Baphomet, Choronzon - die Wahl ist unsere. Und unabhängig davon, was wir wählen, wir werden niemals auf sicherem Grund stehen können, sondern immer auf dem Treibsand der Doppeldeutigkeit und Unsicherheit gehen müssen, der uns letztendlich und unausweichlich beweisen wird, dass wir völlig falsch liegen.
Denn genau dieses ist er, der Teufel: Es gibt ihn, aber wenn wir ihn fassen wollen, flüchtet er, lacht uns schallend aus.
Also lasst uns die Fäden finden, diesen seltsamen und faszinierenden Teppich zu knüpfen, grauenvoll und prächtig zugleich.
Das Wort, und damit die Vorstellung Satan kommt von Shaitan, was noch heute die Bezeichnung der arabischen Welt für diese Persönlichkeit ist. Doch gab es den Ausdruck Shaitan schon lange vor Mohamed und er ist zurück zu verfolgen bis ins alte Persien.
Die Tatsache, dass das Christentum dieses Wort übernahm hat zwei Erklärungen. Eine ist die, dass Rom den Symbolismus und die Darstellung Shaitans als identisch mit den eigenen akzeptierte, die es schon hatte; die andere ist die, dass es in diesen Zeiten durchaus Sinn machte, ein arabisches Wort für das Böse zu wählen, da das islamische Weltreich der grösste Feind der christlichen Welt war.
Das Wort Luzifer kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Der, der das Licht bringt. Somit haben wir schon den ersten Widerspruch. Es scheint so, als wären Satan und Luzifer zwei völlig verschiedene Vorstellungen, obwohl sie meistens als gleichbedeutend verwendet werden. Luzifer ist der gefallene Engel, der Schönste und Mächtigste der himmlischen Legionen, der um seine Kraft und Position wusste und daher gegen Gott rebellierte, da er die von ihm erwartete Unterwerfung nicht länger leben konnte und wollte. Nun gut, wir wissen, dass es nicht geklappt hat... Aber die Geschichte einer Vertreibung aus seligen, glücklichen Bereichen aufgrund von Hochmut und Überschreitung von Grenzen klingt uns doch recht vertraut, nicht wahr? Hier wird es interessant, aber leider auch ziemlich kompliziert und widersprüchlich, wenn Luzifer und Adam und Eva eine identische Vergangenheit haben, und leider würde das den Rahmen dieses Artikels völlig sprengen.
Schauen wir uns unterdesseen andere Erscheinungsformen von Satan/Luzifer an.
An erster Stelle haben wir die Schlange, eines der ältesten und gegenwärtigsten Symbole aller Zeiten und Kulturen. Die Schlange des Christentums ist die der Verführung, Bösartigkeit und List; Symbol dessen, der heimlich und versteckt vor Gott, den Sturz der Menschheit aus dem Paradies in die Misere der realen Welt verursachte. Aber die Schlange ist viel älter als der christliche Glaube. Und vor dieser Religion wurde sie nicht nur als böse gesehen, sondern auch als heiliges Tier mit göttlichen Kräften. Im Alten Ägypten gab es Schlangen für alles, gute und schlechte, grosse und kleine. Es gab hunderte von verschiedenen Schlangen mit verschiedenen Fähigkeiten und Aufgaben, die aus hunderten von Gründen verehrt wurden. Doch es gab auch zwei hauptsächliche Schlangen, die Königscobras waren, Apophis und die Sonnenschlange. Die erstere war die grosse Schlange, die die Barke de Sonnengottes Re jede Nacht auf ihrem Weg durch die Dunkelheit angriff, um sie aufzuhalten; die zweite war die pharaonische Schlange, die die Sonne mit ihrem Haupt emporhob. Es sieht also so aus, dass die Schlange ein doppeltes Symbol ist, gleichzeitig das Gute und das Böse darstellend, in sich selbst die Qualitäten dieser beiden Seiten vereinend.
Im Alten Indien, in den vedischen Schriften, spricht man in ähnlicher Form von diesem Tier, und es wird ausserdem auch kein Unterschied zwischen der Schlange und dem Drachen gemacht, so dass beide Gestalten behandelt werden, als wären sie ein und dasselbe.
Das führt uns noch weiter zurück und weiter weg, nämlich ins Alte China, von wo die Drachen kamen. Dort waren und sind sie Symbole der göttlichen und kaiserlichen Schöpfungsmacht. Der Drache spielt mit der Sonne, ist daher grösser und umfassender als unser Sonnensystem und damit jenseits seiner Polaritäten. Auch astronomisch ist das Sternzeichen des Drachen das einzige, das die gesamte Erde umfängt, da es von beiden Hemispären unseres Planeten aus gesehen werden kann. So entstand die Symbolik, dass der Drache die Sonne und den Mond verbindet. Ein anderer interessanter Aspekt ist der, dass der Drache immer schon und bis heute das Symbol wichtiger okkulter Orden oder von Weisen und Magiern war. Doch kehren wir zum Anfang zurück.
Luzifer wurde nicht aus den himmlichen Engelsscharen verstossen, weil er ein Idiot mit schlechtem Charakter war, sondern weil er wusste, dass er mehr haben konnte als ihm erlaubt war. Und so war es auch, wie Gott handelte, indem er ihm nämlich die Herrschaft über das riesige Reich der Hölle gab. Wie Adam und Eva, so wurde auch Luzifer verstossen, weil er zuviel wusste. Und plötzlich sieht es so aus, als wäre Gott selbst der Böse in dieser Geschichte. Haben wir einen Fehler gemacht? Ja, das haben wir, wenn wir davon ausgehen, dass die Welt linear ist und alles einmal geschaffen wurde und wird, um zu leben und dann zu sterben. Dann ja, wäre Gott der, der jene bestraft, die nicht seinem Weg folgen. Und das ist es, was in den Kirchen und Moscheen gelehrt wird. Dass Luzifer das Böse sein muss, damit Gott das Gute sein kann.
Wenn wir jedoch die Welt als eine ständige Entwicklung sehen, wie es der chinesische Taoismus, der Buddhismus, der Hinduismus und die gnostische Mystik tun, dann ist die Kraft, die wir Luzifer oder Satan nennen, lediglich die, die stets verneint und die das Böse will und Gutes schafft, wie Goethe im Faust sagt. Die Zerstörung ist nur dämonisch und schlecht, wenn ein Universum mit dem Zweck erschaffen wird beständig und statisch zu sein. Jedes lebende System hat Aufbau- und Dekadenzphasen, Geburt und Tod.
Und so, über Satan und Luzifer, kommen wir zu Exu, der dem Teufel der praktischen Magie in seinem Charakter gleich ist. Diese Kraft ist exakt das oben Beschriebene, jedoch auf einer niederen, materielleren Ebene; nämlich das Nicht-Definierte, Schaffende und auch Zerstörende, je nachdem durch welchen Initialimpuls sie aktiviert wurde und aus welchem Blickwinkel sie gesehen wird. Es ist eine Kraft jenseits von Moral und Ethik. Und genau hier gehen wir durch die nächste Tür in einen weiteren Raum, der den Teufel beschreibt: Sexualität. Die Seele ist himmlisch, der Körper ist irdisch. Lust und Sinnlichkeit entsprechen der Erde und somit dem Gegenspieler. Wenige Gestalten wurden mit soviel erotischer Ausstrahlung dargestellt wie der Teufel.
Der Baphomet der Templer war der christliche Versuch, aus der Weisheit der Gnosis eine Religion zu machen. Es war der Versuch, das katholische Dogma mit den zwei anderen Seiten der Welt zu konfrontieren, die reale Existenz des Fleisches und die alte Symbolik des lebenschaffenden Ziegenbocks, der zum Demiurgen gemacht wurde, der die Welt erschuf, jedoch selbst von Gott erschaffen worden war.
Von diesem Punkt aus ist alles, was greifbar ist des Teufels, denn alles, was nicht Seele ist, ist Körper und somit teuflisch. Das ist die Verführung: Dass alles, was wir sehen, wissen, fühlen nichts ist, vergänglich und eine Illusion. Und dass wir, wenn wir anderem vertrauen als unserer himmlischen Seele, in Gefahr sind zu fallen. Es ist das Gelächter von Choronzon, das nichts bestehen lässt, jede Antwort umstürzt, jede Meinung oder Theorie widerlegt, jede Sicherheit zerstört. Es ist das Haupt der Schlange, das sich in Daath erhebt und uns ins den Abgrund der verlorenen Seelen stürzen lässt.
Im Sufismus heisst es: Jede Sicherheit ist des Teufels.
Und hier sind wir.
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Zeit ist Geld, also ist Hektik Armut.
Vive la révolution
Da sah Gott, dass die Schlechtigkeit des Menschen ausnehmend groß war auf der Erde und dass jede Neigung der Gedanken seines Herzens allezeit nur schlecht war. Und Gott bedauerte, dass er Menschen auf der Erde gemacht hatte, und es es schmerzte ihn in seinem Herzen. (Buch Mose)
Heiliger Erzengel Michael,
verteidige uns im Kampfe! Gegen die Bosheit und die
Nachstellungen des Teufels sei unser Schutz! Gott gebiete
ihm, so bitten wir flehentlich! Du aber, Fürst der himmlischen
Heerscharen, stürze Satan und die anderen bösen Geister,
die zum Verderben der Seelen die Welt durchziehen,
mit der Kraft Gottes hinab in die Hölle! Amen