Todeswürmer
19.04.2005 um 13:43
Im Jahre 1924 befanden sich zwei Reisende auf ihrem Weg durch die Alpen, als diese im Murtal einen seltsamen Fund machten. Während ihrer Wanderung stießen sie auf die skelettierten Überreste einer sehr großen Eidechse, welche enorme Ausmaße hatten. Das Skelett war etwa 1,20 Meter lang, was die beiden Wanderer an die Legenden über ein gefährliches Wesen erinnerte, welches in den Alpen sein Unwesen treiben soll und im allgemeinen unter dem Namen "Tatzelwurm" bekannt ist. Der Name Tatzelwurm leitet sich aus den beiden deutschen Begriffen "Tatze" für "Bein", "Pfote" oder "Klaue" und der Bezeichnung "Wurm" ab, also ein "Wurm mit Beinen". In manchen Regionen ist dieses Wesen auch unter dem Namen "Springwurm", "Stollenwurm", "Dazzelwurm", "Praatzelwurm" oder auch "Bergstutzen" bekannt, obwohl alle das gleiche Tier bezeichnen. Doch handelte es sich bei diesem seltsamen Fund tatsächlich um die Überreste dieses mysteriösen Untiers? Die beiden Wanderer sammelten das Skelett ein und brachten es zu einem Studenten der Veterinärmedizin, welcher den Fund schließlich untersuchte. Der Student war sich nicht schlüssig um was es sich bei diesem Fund handelte, jedoch äußerte er die Vermutung, das es sich hier um die Überreste eines Hirschgeweihs handeln könne. Nach Ansicht der beiden Wanderer war allerdings diese These absolut unsinnig, da es sich in ihren Augen tatsächlich um ein Skelett handelte. Nach einiger Zeit jedoch wurde schließlich der Fund auf den Müll geworfen, da er offensichtlich keinen Nutzen mehr hatte, und so ging ein wertvolles Beweismittel für weitere wissenschaftliche Untersuchungen verloren. Interessant scheint hier aber auch ein weiterer Umstand zu sein, das ein zwölfjähriger Hirtenjunge nur zwei Jahre später ebenfalls an dieser Stelle im Murtal einer gewaltigen Eidechse begegnete. Diese Rieseneidechse jagte dem Jungen einen dermaßen gewaltigen Schrecken ein, das dieser sich weigerte während des gesamten Sommers weiterhin die Schafe zu hüten.
Der Tatzelwurm gilt laut altem Volksglauben als kleiner Verwandter der Drachen oder Lindwürmer. Seit jeher wird der Tatzelwurm als äußerst aggressive Bestie beschrieben, welche Tiere und Menschen anfällt. In manchen Überlieferungen wird berichtet, das dieser in Höhlen, Gängen und Stollen hausen soll, welche der Tatzelwurm teilweise selbst in den Felsboden gräbt. Oftmals schreibt man dem Tatzelwurm die Fähigkeit zu, giftige Dampfwolken und gar Feuer zu speien, was auf seine Verwandtschaft zu den Drachen hindeutet. Auch existieren Überlieferungen, in denen der Tatzelwurm giftigen Schleim spucken konnte oder die Berührung mit diesem Wesen unangenehme Folgen haben konnte, da er über eine giftige Haut verfüge. Meist wird er mit zwei klauenbewährten Vorderbeinen beschrieben, manchmal auch ganz ohne sichtbare Beine. Viele dieser Legenden über den Tatzelwurm mögen hinzugedichtet sein, könnte jedoch hinter all dem nicht ein wahrer Kern stecken?
An einem warmen Sommertag im Jahr 1921 befanden sich ein Wilderer und ein Hirte zur Jagd auf der Hochfilzenalm in Südösterreich. Als die beiden eine Zeitlang unterwegs waren kamen sie in die Nähe eines Felsens, auf dem Sie etwas ausmachen konnten. Langsam und vorsichtig näherten sich die beiden dem Felsen und erblickten dort einen etwa 60 bis 90 Zentimeter langen Wurm mit grauer Farbe, welcher etwa so dick wie der Arm eines Mannes war. Weder der Wilderer noch der Hirte hatten zuvor ein solches Tier gesehen, also beschloß der Wilderer dieses Wesen zu schießen. Doch der Wurm hielt nicht still, sondern sprang mit einem großen Satz in Richtung der beiden Männer, so daß diese die Flucht ergriffen. Während des Sprunges konnten die beiden Männer zwei kurze Vorderbeine an diesem Wesen ausmachen.
Der Eisenbahnmitarbeiter Kaspar Arnold war im Jahre 1883 nahe dem Ort Hochfilzen in Tirol unterwegs, als er unweit vor sich einen etwa 30 bis 40 Zentimeter langen Wurm ausmachen konnte, welcher Arnold mit einem sehr bösartigen Blick anschaute. Da dieser Wurm keine anstalten machte sich von der Stelle zu bewegen, schritt Arnold in einigem Abstand an dem Tier vorbei und konnte es so eine ganze Zeitlang beobachten. Er beschrieb es als eidechsenähnliches Wesen, etwa so dick wie der Arm eines Mannes und von grünbrauner Färbung. Am Vorderkörper befanden sich zwei kurze Beine, wohingegen am Hinterkörper keine Beine sichtbar waren. Weiterhin beschrieb er den Blick des Tieres als äußerst bösartig, so das ihm dieser Blick regelrecht Furcht einflößte. Die Haut war mit feinen glänzenden Schuppen ohne Haare überzogen. Laut seiner Aussage hatte er niemals zuvor etwas ähnliches gesehen, obwohl im alle heimischen Tiere wie Otter, Eidechsen, Schlangen, Wiesel, Murmeltiere und andere bekannt waren.
Im Jahr 1934 behauptete ein Photograph namens Balkien, er sei in der Nähe des Ortes Meiringen in der Schweiz auf einen Stollenwurm gestoßen, von welchem er eine Aufnahme machte. Jedoch sind sich Experten einig, das diese Aufnahme vermutlich den Kopf eines Fisches aus Steingut zeigt und höchstwahrscheinlich als Fälschung anzusehen ist. Bislang scheint es keine verwertbaren Photos des Tatzelwurms zu geben.
Das Verbreitungsgebiet scheinen aber nicht nur die Alpenregionen zu sein, sondern auch andere Gebirgsketten und Mittelgebirge Süd- und Mitteleuropas sind reich an Legenden und Berichten über Tatzelwürmer. Darunter auch ernstzunehmende Beschreibungen über Angriffe auf Tiere und Menschen. Seit Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts allerdings wurden Sichtungsberichte immer seltener, was darauf schließen läßt das der Tatzelwurm durch den aufkommenden Tourismus und immer weiter voranschreitende Bevölkerung der Bergregionen stark dezimiert wurde und in einigen Regionen mittlerweile ausgestorben ist. Seit Mitte des zwanzigstens Jahrhunderts gab es fast keine Sichtungen mehr. Auch in den Mittelgebirgen machte sich ein Rückgang von Berichten bemerkbar, je mehr Bevölkerung in diesen Gebieten lebte und die Natur für den Verkehr erschlossen wurde. So ist es nicht verwunderlich das gerade in den Mittelgebirgen die Sichtungsberichte schon vor längerer zeit endeten. Einer der letzten spektakulären Fälle begab sich im Jahr 1954, als sizilianische Landwirte von einem wurmähnlichen Wesen mit zwei Vorderbeinen und Katzenkopf berichteten, welches in der Nähe von Palermo auf Sizilien eine Schweineherde angriff.
Alle hier aufgeführten Fälle sind nur ein winziger Bruchteil der Sichtungsberichte über den Tatzelwurm, jedoch geben diese wie auch alle anderen ein fast einheitliches Bild dieses Wesens wieder. Der Tatzelwurm besitzt eine Größe zwischen 50 und 100 Zentimetern mit einem Körperdurchmesser von etwa 25 bis 30 Zentimetern. Der Kopf wird oftmals als katzenähnlich beschrieben und die Körperfarbe scheint regional leicht zu schwanken, von einem hellgrauen Farbton über braungrünliche bis hin zu einer fast schwarzen Färbung. Einzig in der Anzahl der Beine schwanken die berichteten Daten etwas auseinander. Mal wird der Tatzelwurm als Beinlos beschrieben, in vielen Fällen wurden nur zwei Vorderbeine erkannt und in einigen berichten ist von zwei winzigen Hinterbeinen die Rede. Betrachtet man die gesammelten Daten, so kommen in der Tat in der Natur Reptilien- und Amphibienarten vor, welche diese Eigenschaften vorweisen. Es existiert eine weit verbreitete Echsenart, die Skinks, von denen einige vier kurze Beine, andere nur zwei winzige Vorderbeine haben. Ist der Tatzelwurm eine extrem große Art aus der Familie der Skinks? Auch die meisten Salamanderarten besitzen vier Beine, jedoch die nordamerikanischen Armmolche besitzen ebenfalls nur zwei Vorderbeine. Nach einigen Beschreibungen wäre es zudem durchaus denkbar, das es sich beim Tatzelwurm um eine große Molch- oder Salamanderart handelt. Salamander in dieser Größenordnung sind durchaus in der Natur zu finden, etwa der Megalobatrachus aus China und Japan, welcher für seine Größe berühmt ist. Bernard Heuvelmans kam zu dem Schluß, das es sich beim Tatzelwurm um einen Verwandten der giftigen Krustenechse Heloderma suspectum aus der Gilawüste handelt. Auch wäre eine Verwandtschaft mit dem mysteriösen mongolischen Todeswurm denkbar, oder mit der Panzerschleiche Ophisaurus apodus, einer großen beinlosen Eidechse, welche in Südeuropa heimisch ist.
Anhaltspunkte existieren viele aufgrund der zahlreichen Berichte und Legenden über dieses mysteriöse Lebewesen. Biologisch betrachtet sind die beschriebenen Merkmale durchaus plausibel nachvollziehbar, so das man zu dem Schluß kommt, das es den berüchtigten Tatzelwurm tatsächlich einmal gab, dieser jedoch im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts als ausgestorben angesehen werden muß. Oder leben irgendwo versteckt in den Bergen noch einige Exemplare des alpinen Tatzelwurms? Wurde dieses faszinierende Wesen vom Menschen ausgerottet bevor wir es zoologisch erfassen konnten, obwohl es direkt vor unserer Haustüre lebte? Ebenso mysteriös wie der Tatzelwurm selbst ist demnach auch die Frage wo er abgeblieben ist.
U haffi see wi flop,
But wi solid as a Rock,
Could no haffi hold wi back,
But wi headin to the TOP!!!!