PGR156 schrieb am 02.04.2017:Besuche doch einfach mal im Äbtissinnenhaus das Museum und laß dir dort erzählen, was der Pfaffe träumte und warum das Gotteshaus gerade an diese Stelle sollte, welches der Märker dann stiftete. Das Heiligtum soll im Nordteil des Areals gelegen haben. Die Gründungssage ist aufgezeichnet und im Kreis bekannt, wurde im letzten Jahr anlässlich einer Steinzeitsonderausstellung mit Prof. Baales und Dr. Zeiler des LWL Olpe mal wieder zitiert.
Antwort von Radio Jerewan: Im Prinzip hast Du recht. Nur war der Pfaffe kein Pfaffe, sondern ein Mönch. Und nicht er träumte, sondern seine Schwester, die Nonne war. Der Inhalt des Traumes drehte sich auch nicht um ein Motiv für den Klosterbau odgl., sondern um das Stiften eines Marienbildnisses auf heiligem Holz. Was die Leute zu bestimmten Zeiten bei der Eiche auf dem Berg trieben, weswegen der fromme Bertel dort sein Klösterle bauen wollte, verkündet die Sage nicht. Bei "Eiche" denkt das Volk im alten Sachsenlande gern und schnell an Donar, und immerhin wollte der Bertel denn auch von dort aus die Heiden der Ruhr bekehren. Doch wäre er da viel zu spät gekommen; die Missionierung jenes Gebietes fand bereits im 7.Jh. statt; die letzten Bekehrungen vor 1000. Mit anderen Worten, die Mär erzählt Unhistorisches, vermengt Situationen aus früheren Jahrhunderten in die Geschichte der Klostergründung des frühen 13.Jh. So erzählt die Sage denn auch, die unter der Eiche Feiernden hätten sich der "Üppigkeit" hingegeben, was - man lese es im Wörterbuch der Grimms selbst nach - Tugendlosigkeit, Völlerei, Weltlichkeit, Hurerei meint, nicht aber Götzendienst. Auch hier also zeichnet man ein Bild nicht von heidnischem Ritual, sondern von unchristlichen Ausschweifungen. Wenn daran etwas Historisches ist, daß das Kloster deswegen dort gebaut wurde, dann nicht wegen heidnischen Glaubens, sondern wegen des Beibehaltens heidnischen Brauchtums durch längst christlich gewordene Bevölkerung; auch dies war ja ein Anliegen der damaligen Klostergründer, unchristliches Brauchtum zu unterbinden.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Zumal es auch völlig egal ist, wann letztendlich der Bau auf/neben die Kultstätte gesetzt wurde, das "warum" ist entscheidend.
Falls da überhaupt ein vorchristliches Heiligtum war, mach Dich mal kundig, bis wann es dort genutzt wurde.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Und es gab auch erstmal nicht wenige Kirchenhäuser bis ins 12.Jhr.
Im Gegenteil. Knorr und Thiele wurden gerade durch die inflationär auftretenden belegten ältesten Kirchenbauten auf die Spur der alten Kultplätze (welcher Art auch immer) gebracht.
Im dünn besiedelten Sauerland standen die Kirchen teilweise nur 1,5 km auseinander, obwohl es vor Ort nur einige Einzelhöfe gab. Die Kirchen standen durchaus sogar in Sichtweite voneinander.
Kirchen gab es nur in den Städten und Klöstern. Ab den Missionen des 7.Jh. gab es auch Kirchen in den sogenannten Urpfarreien, den Zentren eines Missions- und schließlich Pfarrbereiches. Wormbach z.B., das war die Urpfarre für das nördliche Sauerland, und hatte schon früh eine Kirche. Freilich lange Zeit auch die einzige für jenes Gebiet. Das ist just die Ortschaft, die mit den "einige Einzelhöfe", wovon Du sprachst, drei an der Zahl. Ab 900 gab es dann vereinzelt Kirchenbauten im ländlichen Bereich. Die Zielsetzung, in sämtlichen Ortschaften Kirchen zu errichten, kam im 12.Jh. erst auf, richtig los ging es damit freilich erst im 13.Jh. Die ach so vielen Kirchen vor 1200 kannste echt knicken. Für Kurköln zählen Knorr und Thiele stattliche 258 Kirchen. Dumm nur, daß sie auch die Kirchenbauten des 13.Jh. mitzählen. Lägen alle diese Kirchen im Sauerland, verteilt mit einem Netzgitter, so läge zwischen zwei benachbarten Kirchen eine Distenz von knapp 4,16 Kilometern. Doch nicht nur das Sauerland, sondern auch das Herzogtum Westfalen gehörte zum Kurkölnischen, das Vest Recklinghausen, und natürlich das Erzstift Köln. Da verteilen sich die Kirchen dann doch deutlich dünner übers Land. Es mag sogar mal zwei nur 1,5km auseinanderliegende Kirchen im Sauerland gegeben haben, vielleicht aber erst in viel späterer Zeit. Doch vor 1300 war das allenfalls die seltene Ausnahme. - Woher Du diese "Info" für vor 1200 also haben willst, wo selbst Deine beiden Gewährsleute für vor 1300 deutlich weniger Kirchen auflisten, ist mir ein Rätsel. Ausgedacht?
Na jedenfalls haben Knorr und Thiele mit den Kirchen gar keine alten Kultplätze gefunden, wie Du es darstellst. Sie
vermuten einfach nur, daß so ne alte Kirche gefälligst auf nem vorchristlichen Heiligtum zu stehen habe. Ganz nach dem "Dir-Aas-kenn-ick"-Prinzip: "So macht die Kirche das nun mal. Immer!" Wenn ich mir dann so anschaue, was Du schon so für "Argumente" vorgetragen hast, daß alte Ortschaften mit "Oster" im Namen in der Nähe von alten Gräberfeldern liegen, dann hab ich so ne ungute Ahnung, welcherart deren Aufweise sind, daß Du sie überzeugend findest. Klar berufense sich auf Papst Gregor! Der aber hat überhaupt keine Anordnung erlassen, Kirchen an heidnischen Kultstätten zu bauen, wie sie es darstellen. Gregor riet dazu, die Kultbauten nicht zu zerstören, sondern nach Möglichkeit umzuwidmen. Und das sagte er nicht mal generell, sondern er sagte das seinem England-Missionar. In England gab es nämlich solide gebaute heidnische Kultgebäude, direkt in oder bei den Siedlungen: die Tempel des römischen Reiches. Den Sachsenmissionaren sagte er das nicht, schließlich gabs da nicht wirklich Tempelhäuser aus solidem Stein. Ohnehin waren die Sachsenmissionare Iroschotten, die unabhängig von Rom ihr separates Ding durchzogen. Und die lieber alles ablehnten und unterbanden, was nach heidnisch roch. Das sind so die typischen Patzer, die Leute wie K&T am laufenden Band fabrizieren, und die Leute wie Du ungeprüft schlucken.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Ja natürlich übernahmen die Christen die jüdischen Festtage, welche sich am Mond orientierten. Das Judentum ist ja auch eine ältere Religion und die Christen klaubten sich aus den älteren Religionen zusammen, was nicht niet- und nagelfest war.
Wie üblich Unverstand gepaart mit Floskeln. Die ersten Christen waren Juden, wenn, dann hätten sie nicht übernommen/geklaubt, sondern beibehalten. Witzigerweise taten sie das aber gar nicht. Sondern Jesus wurde am Passah(Vortag) gekreuzigt, und dies feierten die CHristen. Ebenso fand die Ausgießung des Heiligen Geistes / die "Geburt der Kirche" 50 Tage nach Jesu Auferstehung statt, eben zeitgleich mit dem Wochenfest. Gefeiert wird aber weder Pessach noch Schawuot, sondern Ostern und Pfingsten, Auferstehung und Geistausschüttung. Kein einziger Passah- oder Wochenfestbrauch wurde übernommen (Segnung und g<ebet gehörten zu jedem Gemeinschaftsmahl, selbst in anderen damaligen Religionen). Nicht einer. Und Ostern ist nicht mal zeitlich das Passahfest, sondern der Sonntag darauf.
Ich will gar nicht bestreiten, daß es Beibehaltenes und Übernommenes im Christentum gibt. Sowas gibt es in allen Religionen, Philosophien, Weltanschauungen, Kulturen. Auch bei den Germanen, siehe Wanen und Midgardschlange, Sleipnir und Yggdrasil, Runen und Fulltrui, ja selbst die christliche Überzeichnung Baldrs und Lokis in der Edda... Übernahmen kommen vor. Aber alles, was nicht niet- und nagelfest ist? Das ist Polemik, keine Substanz, Floskel statt Fakt.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Ändert aber nichts daran, daß die germanischen Festtage älter sind als das Christentum und sie den hiesigen Festtagen eine christliche Bedeutung überstülpten bei Verbot der ursprünglichen Abläufe.
Richtig ist, daß die germanischen Feste älter sind als das Christentum bei den Germanen. Falsch ist, daß die christlichen Feste auf germanische Feste zurückgehen. Daß der eine oder andere vorchristliche Brauch in einer Region der Welt ins dortige Christentum mit übergegangen ist, hier in Mittel- und Nordeuropa eben auch germanisches, ist zwar richtig, wurde aber eben von mir auch nirgends bestritten. Bestritten hatte ich, daß die christlichen Feste Übernahmen heidnischer Feste, germanischer gar, wären. Daran ändert sich nun mal nix.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Nun, das damalige Saxland umfaßte mindestens das heutige Sachsen, Westfalen und Niedersachsen und von daher scheint mir das, was die betroffene Bevölkerungszahl angeht, eher die eigentliche Regel gewesen zu sein.
Wikipedia: Sachsenkriege Karls des Großen"
Während durch historische Quellen, insbesondere durch die Annales regni Francorum und durch die Vita Karoli Magni Einhards, recht gut über den Verlauf der Sachsenkriege informiert wird, ist von ihnen im archäologischen Befund wenig nachzuweisen; die Spuren sind marginal, es gibt keine Anzeichen für eine Entvölkerung der Gegend, und auch die in den Quellen genannten Deportationen lassen sich archäologisch nicht nachweisen."
Hervorhebung von mir.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Die Wirklichkeit wird noch schlimmer gewesen sein, vorhandene Aufzeichnungen liegen nur von der christlichen Seite vor.
Über das Blutgericht von Verden, bei dem Karl 4.500 Edle unter den Sachsen an einem Tag enthaupten ließ, schreibt der obige Wiki-Artikel:
"
Die in den Quellen genannte Zahl von 4.500 Opfern wird in der Forschung als Übertreibung dargestellt."
Sicher alles christliche Historiker - im Unterschied zu den Verfassern der Reichsannalen vom fränkischen Kaiserhof, denn die berichten ja von den 4.500 Opfern eines Tages...
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Ach, jetzt ist richtig, was in Deinem ersten Text noch andersherum war?
Was war denn in meinem ersten Text noch andersherum?
"
Die Historizität der Brigida von Kildare gilt in der Historikerzunft als sicher, die von Dir vorgetragene Auffassung ist eine randständige Spekulation. Genausogut könnte Brigid nachträglich erfunden worden sein, um sich Brigida heidnisch erklären zu können"
Vergleiche das nochmal mit meiner jüngsten (und von Dir zitierten) Aussage:
"
Daß Brigid selten unter historische Zweifel gesetzt wird, ist zwar richtig, doch gilt dies ebenso für die heilige Brigida und ihre Verehrung ganz ohne Brigid".
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Das eventuell historische Mädel mit diesem Namen soll ihn ja wegen der Göttin erhalten haben
Wo holste denn nun dieses "Wissen" wieder her? In der Überlieferung kommt Brigida aus christlichem Elternhaus; die benennen ihr Kind doch nicht nach ner heidnischen Gottheit. Von der Göttin ist in der gesamten Brigida-Überlieferung nicht die Rede.
Nein, der Name der eventuell historisch verehrten Göttin Brighid ist gar kein Göttername, sondern ein Epitheton: "Strahlende". Als Personenname für einen Menschen dagegen paßt es ganz gut, nach allem, was wir über keltische (oder germanische usw.) Namensbildungen wissen. Kein Germane nannte seinen Sohn Thor oder Odin etc. Aber eine Tochter konnte Hulda genannt werden, da Frau "Holle" nicht der Name, sondern der Beiname einer germanischen Göttin war. Und die Benennung Hulda mußte auch nicht auf die Göttin (wohl Frigg) bezogen sein, sondern schlicht auf die Eigenschaft "huldvoll". So heißt auch eine "strahlende" Brigida ganz ohne Göttinnenbezug.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Osterirgendwas ohne Gegenstücke dagegen kommen deutlich häufiger vor als Suder- oder Norderirgendwas und die Korrelation zu Heiligtümern oder Gräberfeldern mag nicht unbedingt auch eine Kausalität sein, aber der Verdacht drängt sich schon auf.
Und das häufigere "Oster" wundert Dich angesichts der Ostexpansion der Sachsen? Echt???
Fakt ist, "Oster" heißt "östlich". Zeig Du erst mal auf, daß die sonst gut bezeugte Bedeutung "östlich" bei dem einen oder anderen "Oster"-Sonsterwas-Hausen nicht zutreffen kann. Und nein, ein Verdacht drängt sich nicht auf, wenn in der Nähe von bewohnten Ortschaften auch noch Gräberfelder zu finden sind oder ne Kultstätte. Dasist normal für Orte jedweden Namens.
Was hingegen nicht normal ist, das sind theophore Ortsnamen außerhalb Skandinaviens und Englands. Zeig mir mal ein Wotansweddingen oder Donarrode, ein Ziusheim oder Asenberg. Und zwar am besten in der Häufung wie Deine Oster-Ortschaften.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Aldin/Alten/Aldenirgendwas deutet dagegen auf einen altehrwürdigen Ort, ggf eine Gerichtsstätte hin, wie H.Ritter überzeugend darlegte. Im Umland sucht man dementsprechend vergeblich die Neuirgendwas.
Schön, daß Du mir das sagst. Hab ich mich irgendwo über das Alt- in Altenweddingen ausgelassen und dabei was anderes gesagt?
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Ostara/Ostra/Eostra/Irgendwer ist letztlich egal.
Ändert nichts an ihrer Fiktion.
PGR156 schrieb am 02.04.2017:Die Götternamen und Geschichten dienten nur der Tradierung von astronomischen Begebenheiten, wie es Dechend/Santilliana in "Die Mühle des Hamlet" beschreiben.
Na da verkennste aber den germanischen Götterglauben.Die Götter und ihre Taten sollten den Germanen nicht den Sternenhimmel erklären, sondern die Sterne und Sternbilder sollten sie an die Götter und ihre Taten erinnern. So steht es auch in der Edda; aus diesem Grunde wurden Thiazis Augen und Orendels Zehe an den Himmel gesetzt, zur Ehre der Götter.
Welche Sternkombinationen und Einzelsterne hinter den germanischen Bezeichnungen stehen, ist nur selten gesichert (Irings Weg = Milchstraße) und oft nur spekulativ (Friggs Rocken könnte der Oriongürtel sein; nur der). Soweit die Zuordnungen plausibel erscheinen, handelt es sichzumeist um Sterne des Winterhimmels. Naheliegend eigentlich, da der Winterhimmel gute Beobachtungsmöglichkeiten bietet, der Sommerhimmel des nachts oft überstrahlt wird im nördlichen Europa. Daß für die Germanen nun just die selben Sterne eine Rolle gespielt haben, die bei den südlicheren Völkern bei der Bildung der hiesigen Sternbilder von Belang waren, das ist ne steile Behauptung, die sich nicht belegen läßt. Desweiteren sollte mittlerweile vom Tisch sein, daß man mal eben die kurkölnischen Kirchen von vor 1300 zur Bestimmung altsächsischer Heiligtümer heranziehen kann.
Ohnehin ist das Abbilden von Sternbildern auf der Erde über ganze Regionen hinweg eine Leistung, für die die Damaligen gar nicht das nötige Meßwesen besaßen. Das ist letztlich nur ein Leylinien-Klon wie die Geschichte von den Sternbildern als nautische Weltmeeres-Beschreibung von Kai Helge Wirth oder EvDs Sternenweg nach Santiago de Compostella oder der Weg Apolls von Delphi nach Dänemark usw. usf.
Übrigens hat eine Frau mal die von Thiele verhandelten Kirchen und die damit korelierten Sternbilder usw. in Google Maps eingearbeitet. Wer mit Stellarium arbeitet, kann ja mal vergleichen, ob die Sternbilder exakt sind. Exakt eben mit deren "Form" vor 5000 Jahren.
http://dorothee-hahne.de/2010/11/04/der-himmel-auf-erden/#more-1117https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=11icOKyfAuIBS5jEQCpV4xHcg1ls&hl=de&ie=UTF8&msa=0&t=k&ll=51.51216100000002%2C7.84973100000002&spn=1.283699%2C2.469177&z=9