The_Terminator schrieb:Mal ne Frage, Leute. Wie konnten die Wikinger von Ragnarök erzählen und überzeugt sein, dass er eintreten würde - aber gleichzeitig an ihre Götter glauben? Ich meine, wenn ich wüsste, dass mein Gott sterben würde, wie beispielsweise Thor durch die Midgardschlange, dann würde ich mich fragen, warum Thor nichts dagegen unternimmt. Versteht ihr, was ich meine?
Wenn es schon eine Geschichte darüber gibt, was passieren wird, lange bevor es passiert - warum sollte Thor sich dessen nicht bewusst sein und es verhindern?
Hinzu kommt noch etwas anderes, wenn man die astronomische Betrachtungsweise außen vor läßt.
Ragnarök wurde von der Seherin zwar vorausgesagt, soll aber laut Edda in der Zukunft erst passieren.
Das heißt, der Germane mußte sich mutmaßlich noch generationenlang seiner Götter Wohlwollen versichern.
Zudem war zwar vorausgesagt, was passieren wird, aber Menschen und Götter können durchaus durch ihr Handeln beeinflussen, wie etwas passiert.
Die Nornen Urd, Skuld und Werdandir weben zwar die Lebenslinien in der Grundstruktur, aber Menschen und Götter gestalten aus.
Zumal die Asen laut Edda nicht schon ewig da waren, sondern auch erstmal erschaffen wurden.
Nichtsdestotrotz schufen sie aber die Welt der Menschen, Midgard, und beschützen sie gegen die Widersacher, die Riesen, die Midgardschlange etc.
Von daher gebührt natürlich unter anderem Donar/Thor der Dank der Menschen, gerade weil sein späteres Schicksal bekannt ist und er trotzdem für sie weiterkämpft und nicht aufgibt und in die Kissen heult wie so mancher Wicht heute schon, weil sein Smartphone runtergefallen ist.
Man nimmt sein Schicksal an und geht seinen Lebensweg aufrecht und ehrvoll bis zum Ende.
Das ist für die Germanen zur Zeitenwende ebenso überliefert wie in der Thidreksaga für die Völkerwanderungszeit und später für die Sachsen und die Nordleute.
Der Tod ist für den Germanen auch nicht das Nichts, sondern er trifft dort Vater und Brüder wieder, vor denen er was Tatendrang und Ruhm betrifft, nicht zurückstehen will.
Daher ehrt er zu Lebzeiten Ahnen und Götter, da er in der nächsten Welt, dem nächsten Abschnitt, wieder mit ihnen vereint ist.
Er wirft sich aber nicht vor seinen Göttern in den Staub, wie das die Anhänger der Wüstengötter machen. Er bleibt furchtlos, beugt nur ein Knie zur Ehre von Göttern und Ahnen, das Antlitz freudig gen Himmel gerichtet, er ist kein Almosenempfänger, sondern ein stolzer Mann.
Wenn der Tod den Germanen auf dem Schlachtfeld anlächelte, dann lächelte dieser zurück!
Diese Denkweise ist heute leider kaum noch vorhanden. Alles versinkt in Masse, Moderne, Beliebigkeit und Kurzlebigkeit...wer kennt heute schon noch seine Vorfahren über die Großeltern hinaus zurück?
Verstehst Du den Unterschied in der Denkweise?