@Ciel Ich versteh schon, was Du meinst. Ich hatte halt nur gehofft, Du verstehst auch, was ich meine.
Zum Einen ist es leichter, ein Ereignis zu erzählen und davon, was man meint, was es war. Und dann versuchen, heraus zu finden, ob es das war.
Zum Anderen eben gehört zur Erfahrung ja nicht nur das Erleben einer bestimmten Situation, sondern auch das Bewerten derselbigen. Und man zieht Schlüsse und versucht, Kausalitäten herzustellen. Dabei sollte man sich aber bewusst sein, dass man oft nur Korrelationen findet, keine echten Kausalitäten.
Wie kann man das unterscheiden? Leider nicht aufgrund eines Einzelerlebnisses (Anekdote), sondern nur durch Empirie - das gleiche Erlebnis bei vielen anderen Menschen. Herausfinden, was die meinen. Und die Erklärungen abgleichen. Überlegen, welche ist realistischer und plausibler? Notfalls Überprüfungen anstellen in Form von Nachsehen, Nachmessen, Nachstellen - kurzum: Experimentieren.
Es ist wichtig, nicht nur das Phänomen erklären zu wollen, sondern auch Erklärungen zu wählen die ihrerseits überprüfbar, belegt und im Einklang mit den Naturgesetzen sind.
Ein berühmtes Beispiel für die Verwechslung von Kausalität/Korrelation ist das mit den Störchen und dem Geburtenrückgang bei menschlichen Babies. Der Mensch macht die persönliche Erfahrung, dass jedes Jahr weniger Störche sein Dorf anfliegen. Wobei bereits hier der erste Fehler passieren kann, nämlich, dass diese Erfahrung rein gefühlsmäßig ist. Objektiv wäre sie, wenn der Betreffende wirklich jedes Jahr die Zahl der Störche empirisch fest gehalten hätte (Messung und Datensammeln). Denn so aus der Erinnerung heraus macht man Fehler, da Erinnerungen emotional gefärbt sind.
Gleichzeitig liest er in einer Statistik, dass in seinem Dorf die Geburten weniger waren.
Somit lesen sich die Zahlen für die Geburtenrückgänge gleich wie die Zahlen für die weniger eintreffenden Störche.
Die persönliche Erfahrung ist jetzt die, dass unsere fiktive Person die Erfahrung macht, dass die Geburten im selben Ausmaß wie die Störche zurück gehen. Diese Erfahrung ist umso ungenauer, je weniger die Person tatsächlich nachzählt / nach misst / nachrechnet.
Aber das mal beiseite, sollte klar sein, was die reine Erfahrung in diesem Beispiel ist. So weit, so gut.
Zu welcher Schlussfolgerung gelangt jetzt aber diese Person aufgrund ihrer Erfahrung? Sieht sie einen Zusammenhang? Oder bemerkt sie nur die Korrelation?
Je nach Weltbild, das eine oder das andere oder es ist egal.
Objektiv sollte man
a) Nachzählen
b) Überprüfen, warum die Geburtenzahl
c) sowie die Störche zurück gehen.
Überprüfen, indem man nicht nur für sich ein paar Ideen annimmt, sondern sich auch mit anderen über dasselbe Problem austauscht.
Überprüfen, in dem man dann jede Idee ("These") noch mal checkt. Sich klar sein, dass wenn A und B zusammen fallen, sie dennoch nicht zusammen hängen müssen, sondern von einander separate Fakten darstellen können.
Nun, jemand, der sich all diese Mühen aber nicht macht, oder nicht dran denkt, und gleichzeitig aber obendrein an das Märchen vom Klapperstorch glaubt, für den kommt nur eine Antwort, eine "Wahrheit" in Frage, nämlich die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges (Kausalität), "erklärt" durch ein Vorurteil / einem Irrtum / einer Fehlannahme: "Die Geburten gehen zurück, weil die Störche, die Kinder bringen, weniger wurden."
So jemand zweifelt weder an seiner Erklärung ("Störche bringen Kinder") noch überprüft er den Zusammenhang, den er in seiner These postuliert.
Oberndrein, und hier wird es sprachlich und sachlich wirr, wird er das Ganze dann als "seine Erfahrung" bezeichnen, und somit mit dem Wort „Erfahrung“ gleichzeitig aber Unterschiedliches meinen:
- das eigentliche, erlebte Phänomen (Störche und Geburten gehen zurück),
- seine Fehlannahme („Störche bringen Kinder“)
- und seinen darauf falsch gezogenen Schluss.
Und genau das meinen fast alle, die sagen, "Ich habe meine Erfahrung und die ist richtig". Sie meinen damit:
- sie haben etwas erlebt,
- das sie nicht rational erklären können,
- weil ihnen noch andere Fakten
- oder das dazu benötigte Wissen fehlen,
- weil sie meinen, Gefühle haben wäre bereits Wissen,
- weil sie oft nicht wissen, woher ihr Gefühl kommt (so wird aus einem Cold Spot oder aus dem Heulen des Windes oder einem stur guckendem oder Geräusch gebendem Haustier dann rucki-zucki ein Geist)
- weil sie nicht erkennen, dass sie es aber gar nicht wissen (können),
- weil sei eine vorgefasste Meinung haben ("muss einfach ein Geist sein" / "ist mein toter Opa, der da übers Ouija-Brett huscht")
- die oft obendrein schon falsch ist,
- weil sie nicht zwischen Phänomen, Behauptung, Meinung, Beleg und Fakten unterscheiden können
- oder wollen. Ein Beleg ist eben ein Fakt, etwas, das andere, ohne ihren Glauben zu bemühen, auch wahr nehmen können.
Wenn man erst glauben muss, um zu sehen, dann sieht man nicht, dann glaubt man nur, man sähe. Sehen erfolgt nämlich nur mit einem bestimmten Sinnesorgan, nicht mit Glauben.
Am besten ist es, man lernt zu unterscheiden, ob und was man gesehen hat. Und vor allem sollte einem klar sein,
dass die bloße Annahme einer Vermutung eben kein Beweis für diese Vermutung selbst ist.Und man sollte auch seine Vermutungen überprüfen lernen.
Ein guter Hinweis darauf, dass man sich irrt, ist, wenn andere es nicht auch wahr genommen haben. Darauf sollte man reagieren, aber nicht durch Beleidigen.
Es schadet auch nicht, sich mal mit Logikfehlern zu befassen und durchaus davon auszugehen, dass man einigen von ihnen stets erliegt. Man darf ruhig seine eigenen Motivationen und vermeintliche Supersinne / Fähigkeiten hinterfragen.
Und wer meint, er muss eine außerordentliche Erklärung bemühen, der sollte auch einen außerordentlichen Beleg dafür haben, dass diese außerordentliche Erklärung richtig wäre.
Woran erkenne ich die Richtigkeit einer Erklärung? Nur daran, dass sie
in der Praxis auch funktioniert.
Das erkennst Du daran, dass Du mit der Erklärung eine
Vorhersage machen kannst, die dann
unter denselben Bedingungen auch tatsächlich eintritt.
Beispiel: dunkle Wolken am Himmel.
These: sind Regenwolken, die gleich loslegen.
Beweis: innerhalb der nächsten halben Stunde fängt es zu regnen an.
Fazit: These war vermutlich richtig.
Warum nur vermutlich? Nun, es geschah zunächst ja nur einmal. Um sich sicher zu sein und die Zuverlässigkeit der Vorhersage zu prüfen, muss man dieses Experiment jetzt mehrmals mit dunklen Wolken wiederholen.
Übrigens auch mit weißen, um zu zeigen, dass diese unmittelbar keinen Regen bringen (das wäre dann das Prinzip der Falsifizierung).
Was aber machen Geisterjäger (oder andere Gläubige)?
Es gibt keine Wolken. Sie behaupten trotzdem, dass da wäre welche (eigentlich sollte hier schon Schluss ein, nicht wahr?)
Dann fügen sie diesen nicht vorhanden Wolken Eigenschaften hinzu. Wie sie: poltern, kommen nur nachts, sehen sich gegenseitig, gehen durch Wände, lassen sich trotzdem nicht fotografieren, …
Nichts davon lässt sich aber überprüfen, weil ja bereits die Wolken, sprich: Geister, nicht gesehen werden können.
So kann man einfach alles behaupten, aber in Wirklichkeit nichts belegen.