@shionoro shionoro schrieb:Man kann jedenfalls nicht begründen, dass es moralisch ist, tiere zu essen, nur weil man die behauptung aufstellt: sie sind nunmal zum essen da.
Es ist naiv moral überhaupt aufzuführen in dieser Diskussion. Es ist völlig irrelevant ob es moral korrekt oder inkorrekt ist Tiere zu verspeisen. Es geht doch viel mehr um Logik und darum zu sehen was und wer wir wirklich sind und unseren Platz zu akzeptieren - oder eben auch nicht.
In der Nahrungskette und vom biologischen Aufbau her sind wir nunmal Allesesser. Das ist wiederrum auch nicht wirklich ein Argument, denn wir sind schliesslich ja auch Primaten, und alle unsere Artgenossen außer uns leben in Wäldern, etc, währen wir uns künstliche Lebensräume schaffen. Es sei angemerkt das es Ausnahmen auf beiden Seiten gibt, aber ihr versteht was ich meine.
Wenn wir uns also künstliche Lebensräume schaffen können, und in Zukunft auch künstliches Leben, kann man nicht mehr damit kommen das es "natürlich", also von der Natur gewollt ist, das wir andere Tiere verspeisen. Dieses Argument halte ich für zu schwach um als solches zu gelten.
Ich kann mir durchaus vorstellen das es in einigen hundert Jahren dazu kommt das sich die menschliche Moralvorstellung dahin entwicklet, dass man Tiere auf keinen Fall mehr verspeisen kann - zumindest in einigen Ländern, den trotz Globalisierung sind wir immer noch kulturell sehr vielfältig in der Welt, und ich hoffe wir bleiben das auch in Zukunft.
Die wahre Frage ist also viel mehr - wollen wir das? Wollen wir das auch unsere Essenseinnahme künstlich wird und mehr von Moralvorstellung geprägt wird als von Verständnis unserer natürlichen Rolle und im Grunde Logik? Ich wiederhole es nochmal, wir sind Allesesser, zumindest momentan.
Eben das steht derzeit zu Debatte. Es gibt derzeit auch eine große Anzahl an Menschen die verlangen das wir wieder mehr natürlicher Leben, also was unsere Umgebung angeht. Dazu zählt auch der Verzicht auf gewisse Industrien, die die Umwelt verschmutzen. Brauchen wir wirklich alle Autos, brauchen wir wirklich alle diese neuen Technologien, ist es für die Psyche des Menschen wirklich gut in Großstädten zu leben die hoch technologisiert sind - oder gar in einer surreallen und irreallen Welt des Internets?
Ich jedenfalls stehe auf der moderaten Seite, ich meine das vieles von dem was wir heute haben, nicht wirklich gesund für den Menschen ist. Eine weitere Frage ist dann natürlich - kann was heute nicht gesund ist, in Zukunft gesund werden, kann der Mensch sich an diese neue Welt anpassen? Und ich bin mir in Sachen Umgebung da relativ sicher das er ja, das kann, sofern er die Gefahren erkennt und auf gewissen Gebieten zurückfährt und moderater wird. Also z.B. in Richtung Umweltverschmutzung, Luftverschmutzung, etc, und darunter füge ich auch an ziemlich hocher Stelle die Maßentierhaltung hinzu, die ich definitiv für ein großes Verbrechen an Tieren halte.
Eine weitere Tatsache jedoch ist, das wir nicht wissen welche Auswirkungen eine komplett Vegane Ernährung auf den Menschen haben wird. Es gibt einfach (noch) keine empirischen Daten - oder überhaupt keine langfristigen Daten.
Deswegen respektiere ich Veganer und Vegetarier auch von Grundgedanken her - außer solche die versuchen Fleischesser zu überzeugen und praktisch Missionäre spielen. Sie legen derzeit den Grundstein für diese Daten die womöglich in Zukunft darüber entscheiden werden wie sich die moralischen Vorstellungen des Mainstreams im Bezug auf das Verspeisen von Tieren verändern wird.
Gäbe es keine gesundheitlichen, biologischen, evolutionären und sonstigen Bedenken, bliebe den Fleischessern nämlich nur das Argument des Genusses. Dieses ist jedoch relativ schwach, wir leben in einer Gesellschaft die viele Genüsse verbietet, oder auch vermeintliche Genüsse. Ein Psychopath mag es auf irgendeiner Ebene genießen Menschen zu quälen und zu töten, wir als Gesellschaft erlauben das aber nicht, und bestrafen jene die diese Regeln brechen. Genauso wie wir Drogen verbieten.
Und da komme ich wieder auf meinen vorherigen Punkt zurück. Möchtet ihr in einer Gesellschaft leben die so weit in die Rechte des Einzelnen einschneidet? Wir leben derzeit in einer in der es unter Strafe steht seine Kinder nicht in eine Schule zu schicken und sie stattdessen selbst zu erziehen. In der auch der Konsum von Kannabis verboten ist obwohl dieser wohl weniger gefährlich ist als das Rauchen. Habe übrigens noch nie Drogen konsumiert, geht mir also nicht um den Punkt.
Es geht mir darum das sich moralische Vorstellung ständig im Wandel befinden, daher kann ich es mir auch gut Vorstellen das Gesellschaften entstehen werden, in nicht alzu ferner Zukunft, die den Konsum von Tieren nicht tolerieren. Das würde sie in meinen Augen um einen weiteren Schritt unnatürlich machen - was ich jetzt gar nicht werten will, es mag gut und es mag schlecht sein, ich weiß es nicht.
Was ich jedoch weiß ist, das wir derzeit in einer Gesellschaft leben in der ich wenigstens auf's Essen bezogen, die komplett freie Wahl habe. Als mündiger und informierter Bürger weiß ich auch woher das Fleisch kommt, versuche wenn ich kann auf Fleisch aus Maßentierhaltung zu verzichten, Freiland-Eier zu kaufen, etc. Ich schätze mich als glücklich und auch privilegiert das ich darüber entscheiden kann, und ich bin es definitiv.
Die Realität ist doch die das sich die Mehrheit der Menschen nicht aussuchen kann was sie ist, oft nichtmal wann und ob überhaupt.
Im Endeffekt kommt es heutzutage also noch darauf an, was sich in Zukunft verändern kann und sich wohl auch verändern will, ob man es mit seiner Moral vereinbaren kann, Fleisch von anderen Tieren zu essen. Ich kann es, und ich bin auch keiner von den Heuchlern die sagen sie würden nie ein Tier töten können und trotzdem gerne Fleisch essen.
Ich ziehe meine moralische Linie nunmal bei Menschen, ich könnte Menschen nicht töten außer mein Leben oder das Leben derer denen ich verpflichtet bin stünde auf dem Spiel. Ich habe Tiere selbst getötet und auch gegessen und dabei höchstens Dankbarkeit und Respekt empfunden. Es ist gestorben damit ich leben konnte, es gab mir Energie um mich weiter bewegen zu können.
Solange es also einem jedem Selbst überlassen ist darüber zu entscheiden was sie mit sich selbst vereinbaren können und was nicht, sehe ich wirklich das Problem nicht. Es ist derzeit eben einfach nur eine philosophische Frage und nicht eine Situation wo eine Minderheit von einer Mehrheit unterdrückt wird oder ähnliches. Es steht einem jedem selbst zu zu entscheiden was man macht und was man ißt oder nicht ißt, und das ist auch gut so.
PS: Wow, sorry für den langen Post. Ist mir beim schreiben gar nicht aufgefallen.