@elten@Usul@Luna100@Hummli@Allesforscher@illik@little.human@mrs.dragon@trustno1@jimmy82@AlanoNEIN, und ich werde auch nicht austreten (katholische Kirche)...Das sind die Gründe:Die Frage, ob Religionen heute noch zeitgemäß seien, gestaltet sich gerade in einer Zeit zunehmender Kritik an bestehenden sittlichen und moralischen Vorstellungen innerhalb der westlichen Industrieländer als äußerst schwierig; dennoch wird mit diesen Ausführungen der Versuch unternommen werden, zu unterstreichen, dass Religionen mehr sind als nur eine Ansammlung von Sitten- und Moralverordnungen und dass sie auch in Zeiten eines zunehmenden Atheismus` eine ernstzunehmende Daseinsberechtigung haben. Wer daher die Frage nach der Zeitgemäßheit stellt, muss alle Fassetten einer Religionsgemeinschaft beleuchten, um diese Frage gewissenhaft beantworten zu können.
Der Fokus der Betrachtungen wird im Folgenden exemplarisch auf dem Christentum liegen, welches mit einer weltweiten Anhängerzahl von mehr als 2,1 Milliarden Menschen die größte Weltreligion bildet.
Ein wichtiger Aspekt, der Religionen auch heute noch als zeitgemäß legitimiert, besteht in der Religionsgemeinschaft als wirtschaftlicher Faktor einer Gesellschaft.
Alleine in Deutschland beschäftigen die evangelische und katholische Kirche insgesamt ca. 1.325.000 Menschen hauptberuflich, während die evangelische Kirche ferner angibt, dass auf jeden hauptberuflichen Mitarbeiter ca. 5 zusätzliche ehrenamtliche Mitarbeiter entfallen (1+2).
Damit sind die Kirchen neben dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Im Vergleich hierzu beschäftigt Siemens gerade einmal 128.000 und Volkswagen 181.000 Menschen (3).
Dieser hohe Grad an Beschäftigung trägt maßgeblich dazu bei, den sozialen Frieden in Deutschland zu schützen und zu wahren, denn in Zeiten, wo ca. 7 Millionen Menschen Hartz IV. beziehen (inklusive Aufstocker) und teilweise als Tagelöhner und Verelendungswerktätige ihr Dasein fristen müssen, erscheint es wohl eher unangebracht zu sein, die Kirchen, die sich überwiegend an die Manteltarifverträge der jeweiligen Branche halten oder zumindest ihre Haustarifverträge daran orientieren, als unzeitgemäß deklarieren zu wollen, denn ihre Beschäftigungsverhältnisse schaffen keine Tafel-Kinder.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die seelsorgerische und caritative Tätigkeit von Kirchen.
Alleine im Bereich der Telefonseelsorge wenden sich ca. 2 Millionen Menschen jährlich hilfesuchend an die Beratungsstellen; in dieser Zahl sind die besonderen Formen der Spezialseelsorge (Notfallseelsorge, Online-Seelsorge) noch nicht einmal eingerechnet. (4)
Für diese Menschen, die sich mehrheitlich in verzweifelten Notlagen - wie Krankheit oder Einsamkeit - befinden, sind diese Anlaufstellen oftmals die letzte Möglichkeit, Gehör und Trost und Hilfe zu erhalten.
Es grenzte von daher schon an Unanständigkeit, behaupten zu wollen, dass diese Formen der Unterstützung, der Mitmenschlichkeit, der Barmherzigkeit nicht mehr zeitgemäß und überholt seien.
Doch geht die Hilfe der Kirche noch weit über die Seelsorge hinaus, so ist beispielsweise das katholische Hilfswerk weltweit an Tausenden und Abertausenden von Projekten beteiligt, welche es zum Ziel haben, die Ärmsten der Armen zu retten, und zwar nicht aus Profitgier, nein, sondern aus Barmherzigkeit heraus.
Alleine in Südamerika betreibt Adveniat 2817 Projekte mit einem Finanzvolumen von 37.326.947 Euro, Misereor 422 Projekte mit einem Finanzvolumen von 45.095.000 Euro, die Caritas 167 Projekte mit einem Finanzvolumen von 10.577.031 Euro und das Kindermissionswerk 920 Projekte mit einem Finanzvolumen von 28.343.490 Euro. Die hier aufgeführten Beispiele sind bloß ein winziger Auszug der weltweiten Hilfsprojekte, die krichlich getragen werden, doch zeigen sie deutlich und unumstößlich, dass Religionen zeitgemäßer nicht sein könnten. (5)
Der nächste wichtige Punkt ist der Bereich der Sitten- und Morallehre.
Gerne neigen wir heute dazu, bestehende Moralvorstellungen als veraltet oder nicht mehr zeitgemäß zu betrachten und gerne würden wir diese Regularien seitens der Kirche geändert sehen und sie einer individuellen Bedarfs- oder Situationsethik anpassen.
Welche Konsequenzen würden sich jedoch aus einer solchen Bedarfsethik heraus entwickeln und was legen wir einen solchen Ethik als Maßstab zugrunde?
Nehmen wir beispielsweise den gewollten Schwangerschaftsabbruch, der seitens der Kirche als Mord und Sünde deklariert wird. Mit der Parole "mein Bauich gehört mir" begann in der Ära Kohl ein nahezu endloser Streit um den Paragraphen 218 StGB, der Schwangerschaftsabbrüche als Straftatbestand deklarierte.
Mittlerweile wurde diesem Paragraphen zahlreiche Ausnahemregelungen hinzugefügt, welche heute Abtreibungen in den meisten Fällen straffrei gestalten; während die katholische Kirche ihre ethische Position nur marginal geändert hat, was in der Vergangenheit zu heftiger Kritik führte.
Im Moment dürfen in Deutschland Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, wobei auch das Abtreiben über die 24. Woche hinaus erlaubt ist, sollten beim Kind Behinderungen festgestellt werden, welche die Eltern nicht wünschen - z.B. Trisomie 13, 18 und 21.
Hierbei wird die Geburt des lebensfähigen Kindes eingeleitet, das Kind wird lebend zur Welt gebracht und dann legt man es zur Seite und lässt es sterben (insgesamt werden pro Jahr ca. 108.000 Kinder in Deutschland abgetrieben).
Wo endet in einem solchen Falle das ethische Selbstbestimmungsrecht und wo beginnt der Mord?
Ist es Mord oder eine Form der Freiheit, einem Kind in der 24. Schwangerschaftswoche beim Sterben zuzuschauen?
Und wie weit würde eine Situationsethik zukünftig getrieben werden? Ein lebensfähiges jedoch behindertes Kind kommt regulär zur Welt, da die Behinderung im Mutterleib nicht festgestellt wurde.
Sollte man es auch dann noch sterben lassen dürfen? Und falls ja, wie lange hätte man dafür Zeit? Einen Tag nach Feststellung, eine Woche, einen Monat, vielleicht ein Jahr?
Gestaltet man seine Bedarfsethik nach Nietzsche, so dürfte man "lebensunwertes Leben" jederzeit vernichten, da es "lebenswertes Leben" schwächt (Nietzsche: Zur Genealogie der Moral). Und was würde eine solche Ethik dann noch vom T-4-Programm der Nazis unterscheiden, dem Tausende Behinderte zum Opfer gefallen sind? Nichts!
Es ist daher fraglich, wie sehr man seine Situationsethik dem aktuellen Zeitgeist anpassen sollte. Bei allen vermeintlichen Schwächen, welche die Moralethik des Christentums doch aufweist, so ist sie doch von einem wesentlichen Merkmal geprägt; nämlich dem Merkmal der Nächstenliebe und das legitimiert sie auch weiterhin in der heutigen Zeit.
Zum Schluss möchte ich noch den vielleicht wichtigsten Aspekt im Hinblick auf die Zeitgemäßheit von Religionen erwähnen; den Aspekt der Transzendenzlehre.
Immer mehr Menschen neigen heute dazu, Gott und ein mögliches Leben nach dem Tode zu negieren und glauben dabei, sie könnten die komplette menschliche Existenz zerrechnen und zerformeln.
Doch was bleibt ihnen am Ende ihres Lebens, wenn auch für sie die schwerste, die bitterste, die letzte Stunde angebrochen ist? Bleibt ihnen etwa die Hoffnung auf Ewigkeit? Wohl nicht, denn sie waren im Leben stets bemüht, die vermeintliche Ratio siegen zu lassen.
Die meisten großen Religionen vermitteln in ihrer Lehre jedoch diese Hoffnung und das kann einem sterbenden Menschen den nötigen Trost spenden, den schwersten aller Wege zu beschreiten und diese letzte Hoffnung, diese einzige Hoffnung darf man keinem Menschen nehmen.
Die hier aufgeführten Punkte der Wirtschaftlichkeit, caritativen und seelsorgerischen Tätigkeit, der Morallehre und der Transzendenzlehre dürften ausreichen, um zu belegen, dass Religionen auch heute noch zeitgemäß und unverzichtbar sind.
Literaturverzeichnis:
1. (
http://www.ekd.de/download/broschuere_2012.pdf S.20 )
2.
http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/Zahlen%20und%20Fakten/Kirchliche%20Statistik/Allgemein_-_Zahlen_und_Fakten/Zahlen-Fakten10-11-de.pdf S.11)
3. (
http://www.extremas.de/allgemein/die-20-grten-arbeitgeber-deutschlands/ )
4. (
http://www.telefonseelsorge.de/sites/default/files/Jahresbericht_TS2011_web.pdf (Archiv-Version vom 22.01.2016) S. 6)
5.
http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/Zahlen%20und%20Fakten/Kirchliche%20Statistik/Allgemein_-_Zahlen_und_Fakten/Zahlen-Fakten10-11-de.pdf S.26+27 )