Oberflächlichkeit
03.08.2010 um 11:29
Oberflächlichkeit ist mal wieder so ein Begriff... Da packt jeder rein, was er so dabei denkt, empfindet mit entsprechenden Beispielen dazu um es plastischer zu machen :D
Naja. Es ist erst einmal meiner Ansicht nach alles oberflächlich. Weil wir egal wohin wir sehen, erst einmal nur die Oberfläche sehen und nichts anderes. Also die Fläche, welche einen Körper als letzte Schicht, also der obersten Schicht, die Begrenzung gibt.
Wenn wir einen Apfel sehen, dann sehen wir nur seine Oberfläche. Wenn wir ihn durchschneiden um zu gucken, wie er innen drin aussieht, erzeugen wir durch den Schnitt wieder eine neue Oberfläche...
Insofern bleibt ohnehin immer alles ander Oberfläche, sonst könnten wir es gar nicht sehen, erfahren, be-greifen. Wenn ein Baby einen Bauklotz in die Hand nimmt, begreift es dessen Form nur durch die Oberfläche.
Aber der Mensch ist von Natur aus Neugierig und irgendwann wird er einen Würfel auseinandernehmen oder kaputt machen, um zu gucken, wie der denn da drinnen aussieht :D
Ich unterscheide also erst einmal zwischen dem Äusseren und dem Inneren. Das Äussere ist immer die Oberfläche. Das Innere ist der Inhalt.
Natürlich wird uns auch der Inhalt nicht verborgen bleiben, sobald unser Interesse auflebt, diesen kennen zu lernen. Wenn wir eine CD oder DVD kaufen, dann haben wir zunächst das Cover. Wir müssen es schon öffnen, wenn wir den Inhalt sehen wollen. Der Inhalt ist eine Silberscheibe. Auch das ist wieder etwas Äusseres. Um den Inhalt der Silberscheibe zu sehen, müssen wir sie in ein entsprechendes Lesegerät einlegen...
So ist es wohl mit allem. Ich würde es mal als Schichten,- oder Schalenmodell bezeichnen. Die Hülle ist die letzte materielle Umgrenzung eines Gegenstandes oder Lebewesens, das ist die oberste Fläche. So wie die Schale des Apfels oder das Cover einer CD, die Haut eines Menschen usw...
Und das ist als erstes das, was uns anspricht, weil wir ja zunächst auch gar nichts anderes sehen können. Das Wesen eines Menschen, seinen Charakter, können wir nicht sehen, sondern nur erfahren, wenn wir den Menschen näher kennen lernen. Dazu müssen wir uns aber etwas näher mit ihm beschäftigen.
Den Inhalt eines Buches können wir auch nicht sehen. Dazu müssen wir den Umschlag öffnen und anfangen zu lesen. Sehr praktisch dabei ist auch das Inhaltsverzeichnis. Auch wieder etwas Äusseres, aber eigentlich auch schon etwas Inneres, weil es uns etwas über den Inhalt verrät, aber eben noch nicht den Inhalt selbst darstellt...
Ich denke also, dass wir alle sowohl Oberflächlich als auch Tiefgründiger veranlagt sind. Wobei das ausschließlich mit unseren eigenen Vorlieben und Interessen zusammenhängt. Denn warum sollten wir uns mit allem was existiert "näher" beschäftigen, wenn es uns gar nicht interessiert?
Wir entscheiden also selbst, wie "tiefgründig" wir uns mit etwas oder jemand beschäftigen, aufgrund unserer Interessen. Das eigene Interesse entscheidet, ob und wie weit wir etwas "näher" oder "tiefer" erfassen, erkennen und kennen lernen wollen.
Und ich schätze mal, dass die Reise nach "Innen" nie ein Ende haben wird. Das immer wieder Faszinierende an einer Sache ist, dass man einmal in eine bestimmte Sache eingedrungen, immer neues entdeckt. Es gibt immer wieder neue, tiefere Ebenen, in die man eindringen kann.
Es ist in etwa so wie beim PC die Geschichte mit den Aktenkoffern, die als Symbole unseren Desktop schmücken. Hinter jedem Koffer verbergen sich möglicherweise ganze Universen von neuen Koffern mit wieder darin verborgenen neuen Koffern und in jedem Koffer sind wieder Dateien über Dateien...
Das alles sieht man nicht, sondern erfährt es nur, wenn man sich auf die Entdeckungsreise begibt, hinter alles das zu schauen, was existiert. Aber ich glaube schon auch, dass es durchaus Menschen gibt, die wenig Lust bzw. Interesse daran haben, hinter die Fassaden zu sehen, die viel mehr Lust und Interesse daran haben, sich nur an der Fassade selbst zu erfreuen. Das ist so wie bei einer Theateraufführung, wenn man gar nicht wissen will, was hinter den Kulissen gespielt wird, sondern seine Aufmerksamkeit nur auf das was auf der Tribühne abgeht, richtet.
Das kann allerdings auch ganz reizvoll sein. Nur, und diese Menschen gibt es auch, wird es dann schon sehr Oberflächlich, wenn es nur noch und ausschließlich um die Fassade als Dekoration geht. Im Grunde hat alles seinen Sinn und Zweck. Auch eine Oberfläche hat ihren Sinn und Zweck und wenn sie zudem auch noch einen besonderen ästhetischen Sinn erfüllt, sprechen wir von Schönheit. Wenn es aber nur noch um Schönheit geht, nur noch auf die reine Ästehetik ankommt, wo dahinter im Grunde gar nichts mehr ist, dann fange ich an stutzig zu werden.
Das wäre so, wie wenn jemand eine Straßenfassade errichtet, weil er diese einfach nur schön findet. Welche aber ansonsten keinen Sinn und Zweck erfüllt. Dahinter sind keine Häuser. Es ist nur eine mit Fassaden bemalte Wand :D
Das kann soweit gehen, dass man sogar von "Täuschung" spricht. Man glaubt sich in einer Straße zu befinden und die Häuserfassaden sind so täuschend echt gemalt, dass man gar nicht vermuten würde, wenn man eine Türe öffnet, dahinter gar nichts mehr zu sehen, ausser der Landschaft. - Die Natur ist in vielen Dingen gar ein Meister solcher Täuschungen, vor allem im Bereich der Tarnfarben bei Tieren, als Schutz vor Fressfeinden. Da hat diese nahezu perfekte Äusserlichkeit aber auch einen natürlichen Sinn, nämlich eine Schutzfunktion.
Die besten Erfindungen bzw. Konstruktionen sind meiner Ansicht nach immer die, welche die Funktion und die Ästehtik so harmonisch zu einem Ganzen miteinander verbinden, dass wir es als Sinnvoll und gleichzeitig Schön erachten. Und dazu gehört eben auch eine geschmackvolle Oberflächlichkeit, aber eben nicht nur...