@ZeoDas ist ein gutes Beispiel, um zu verdeutlichen, welche Auswirkungen vermeintlich moralisches Handeln haben kann. An viele Folgen denkt man zunächst gar nicht. Z.B. aktive Sterbehilfe vs passive Sterbehilfe. Aktiv bedeutet, dass Leid des Menschen wird aktiv beendet, z.B. unter Gabe eines tödlichen Medikamentencocktails, der ein schmerzloses sterben ermöglicht. Passive Sterbehilfe ist das Einstellen, Lebensverlängernder Maßnahmen, wenn z.B. klar ersichtlich wird, dass (zum jetzigen Zeitpunkt!!!) keinerlei Heilung mehr möglich ist. (Hirntod)
Ich z.B. bin ein starker Gegner der aktiven Sterbehilfe. Denn was sind die Implikationen? Wenn wir aktive Sterbehilfe erst einmal zulassen, wer garantiert, dass die Standards in Zukunft nicht verwässert, bzw. neuen sozialen Paradigmen ausgesetzt werden? Das könnte in die Richtung gehen, dass ein gesellschaftlicher Konsens entsteht, der aktive Sterbehilfe in vermeintlich auswegslosen Situationen regelrecht erfordert, z.B. um das System der allgemeinen Krankenversicherung aufrecht zu erhalten, in einer Welt in der immer mehr alte Menschen leben. Wer garantiert, dass Familien und Betroffene sich in Zukunft nicht einem sozialen Druck ausgesetzt fühlen, der dazu führt, dass vermeintlich Sterbenskranke zu schnell und einfach der aktiven Sterbehilfe zugeführt werden, obwohl eine begleitende Pallativmedizin, dass Leben im Einzelfall, in einigermaßen würdevoller Weise verlängern könnte? Außerdem: Woher kann ich garantieren, dass Menschen im Einzelfall wirklich alle relevanten Fakten kennen und gegeneinander abgewogen haben? Die aktive Beendigung eines menschlichen Lebens ist zu ultimativ und absolut, um derartige Unklarheiten unberücksichtigt zu lassen. Man stelle sich vor, ein Mensch will nicht mehr leben aufgrund der Schmerzen. Die Mediziner kommen dem Wunsch nach. Und 1 Jahr später gibt es ein Medikament, welches eine vollständige Heilung ermöglicht hätte. War die Tötung rückwirkend moralisch korrekt?
Im Einzelfall ist der Kontext "vermeintlich" klar und es scheint nur eine moralische Handlungsoption zu geben. Das Problem ist aber, dass moralisches Verhalten IMMER vom Gesamtkontext abhängig ist. Und du siehst, welche verzweigten Auswirkungen vermeintlich offensichtliches Verhalten haben kann.