Amanda Todd-Selbstmord nach Cybermobbing
29.10.2012 um 15:56Sorry, das Uni-WLAN benimmt sich gerade wieder wie ein Arsch.
Flodolski schrieb:Ich denke, dass ist wirklich eine Methode, effektiv gegen Mobbing vorzugehen. Fragt einfach die beliebten und starken Kinder/Jugendlichen, ob sie das Mobbingopfer unter ihre Fittiche nehmen. So können Mobbingopfer nicht nur neues Selbstwertgefühl und Anerkennung erfahren, sondern die Mobber werden es sich zweimal überlegen, ob sie weitermachen.Wenn man wegen einer Krankheit gemobbt wird kann das wohl klappen. Kann aber auch voll in die Hose gehen und alles nur noch schlimmer machen, grade wenn man keine Krankheit hat.
Als Werther-Effekt wird in der Medienwirkungsforschung, Sozialpsychologie und Soziologie die Annahme bezeichnet, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Suiziden, über die in den Medien ausführlich berichtet wurde, und einer Erhöhung der Suizidrate in der Bevölkerung besteht.--> Wikipedia: Werther-Effekt
Begriffsherkunft [Bearbeiten]
Der Begriff geht zurück auf das Auftreten einer „Suizidwelle“ nach der Veröffentlichung von Goethes Roman Die Leiden des jungen Werthers im Jahr 1774 und seiner zahlreichen Nachahmungen (Wertheriaden). Dieses Phänomen wurde in der Wissenschaft kontrovers diskutiert: Während einige Forscher von einer Epidemie sprachen, verweisen andere auf die rückwirkend unzureichende epidemiologische Erfassung. Durch Quellen belegt ist heute lediglich eine zweistellige Anzahl von Suiziden, die nachweislich in Zusammenhang dieser Buchpublikation standen.[1]
Einige der Suizidenten kleideten sich wie die Figur des Werther in der so genannten Werther-Tracht (bestehend aus blauem Tuchfrack, gelber Weste, Kniehosen aus gelbem Leder, Stulpenstiefeln und rundem, grauem Filzhut), andere trugen bei ihrem Suizid Goethes Briefroman bei sich. Damals wurde vom „Wertherfieber“ gesprochen. Goethe selbst hatte mit einer solchen Wirkung seines Werkes nicht gerechnet. Er schrieb später: „So verwirrten sich meine Freunde daran, indem sie glaubten, man müsse die Poesie in Wirklichkeit verwandeln […] und sich allenfalls selbst erschießen: und was hier im Anfang unter Wenigen vorging, ereignete sich nachher im großen Publikum“.
Der Stadtrat in Leipzig verbot die Verbreitung des Werther im Januar 1775 nach den ersten bekannt gewordenen Suizidfällen mit der Begründung „es wird hier ein Buch verkauft, welches den Titel führt Leiden des jungen Werthers. Diese Schrift ist eine Empfehlung des Selbst Mordes“. Auch das Tragen der Werther-Tracht wurde verboten. Das Verbot galt in Leipzig bis 1825. Auch in anderen Städten wurde die Verbreitung des Briefromans untersagt, um Nachahmungstaten zu verhindern.
Der Leipziger Rechtswissenschaftler Christian Gottlieb Hommel soll dagegen 1778 geäußert haben: „Alle Welt hat dieses Buch gelesen, aber sich noch niemand erschossen.“ Und an anderer Stelle: „Ich weiß aber, daß einer sich erhängt hat, der einen theologischen Schrieb gegen Goethe bis zum Ende durchgelesen hat.“[2]
Wissenschaftliche Forschung [Bearbeiten]
Für den Wirkungszusammenhang zwischen dem Vorbild-Suizid und den Nachfolgetaten benutzen Wissenschaftler die Begriffe Imitationshypothese, Suggestionstheorie, Enthemmungseffekt oder Ansteckungshypothese. Der „Werther-Effekt“ wird nicht nur von Medienforschern und Psychologen untersucht, sondern auch von Wissenschaftlern der Suizidologie.
Der Begriff Werther-Effekt wurde 1974 von dem amerikanischen Soziologen David Philipps eingeführt, der als erster Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen der Berichterstattung über Suizide prominenter Personen und der Suizidrate der Bevölkerung nachweisen konnte. Er recherchierte, über welche Selbsttötungen Prominenter die New York Times zwischen 1947 und 1967 auf der Titelseite berichtet hatte – es waren 33 Fälle – und untersuchte die amtlichen Statistiken über Todesfälle auf mögliche Auswirkungen auf die Suizidrate. Philipps stellte in allen Fällen einen Anstieg der Rate fest. Die Zahl der Nachahmungstäter war umso höher, je prominenter der Suizident war. Die größte Suizidwelle dieser Untersuchung wurde durch die Berichterstattung über den Tod Marilyn Monroes ausgelöst, obwohl es zu ihrem Tod verschiedene Theorien gab und gibt. Weitere Studien Philipps, in denen er behauptete, Nachahmungen seien auch kausal nach fiktiven Selbstmorden in Seifenopern nachweisbar, gelten jedoch als unzureichend und nicht aussagekräftig.[3]
In Deutschland beobachteten die Psychologen Armin Schmidtke und Heinz Häfner im Zusammenhang mit dem mehrteiligen ZDF-Film Tod eines Schülers im Jahr 1981 eine statistische Häufung der Suizide. Die sechs Folgen erzählen die Vorgeschichte einer Selbsttötung aus verschiedenen Perspektiven, der Moment des Suizids wurde zu Beginn jeder Folge gezeigt. Während der Ausstrahlung der Serie nahm die Suizidrate unter 15- bis 19-jährigen männlichen Schülern im Vergleich zu den Jahren davor und danach um 175 Prozent zu. Die Serie wurde anderthalb Jahre später erneut gezeigt und produzierte wiederum einen Effekt, diesmal betrug die Zunahme der Selbsttötungen bei Jugendlichen 115 Prozent.[4]
Jüngere Studien kommen zu der Feststellung, dass es Nachahmungseffekte bei Suiziden gibt, wobei diese bei der Berichterstattung realer Fälle höher ausfallen als bei fiktionalen Suiziden. Jane Pirkis und R. Warwick Blood werteten 2001 in einer Metastudie 42 Studien aus und gelangen zu ähnlichen Ergebnissen. Nach Schmidke und Schaller sowie anderen sind folgende Einflussgrößen relevant: Publizitätsgrad, Art der Medien, Anzahl und Art der Rezipienten, Eigenschaft der Rezipienten, Art des dargestellten Verhalten, Valenz des Modells („Vorbild“), Darstellung der Konsequenzen sowie kurz- und langfristige Effekte der Medienmodelle auf den Rezipienten. Nicht bestätigt sowie teilweise kritisiert wird die Gefahr eines reinen Kausalzusammenhangs: Robert D. Goldney stellte die Beziehung zwischen Medienberichten und Suiziden zwar nicht in Frage, warnte aber davor Medien zum „Sündenbock“ zu machen. Vielmehr seien andere Risikofaktoren wie psychische Störungen mitursächlich.[5]
Neben prominenten Vorbildern spielen bei Suiziden auch der Ort und die Methode des Selbstmords eine Rolle. So gilt die Golden Gate Bridge als Reiseziel von Suizidenten. Ebenso wuchs nach der Berichterstattung über Robert Enke die Zahl der Schienensuizide an, nach Angaben des Leipziger Psychiatrieprofessors Ulrich Hegerl mit viermal so vielen Toten unmittelbar nach der Tat. Bereits in den 1950er Jahren wurde nach der Berichterstattung über das Pflanzenschutzmittel E 605 eine Zunahme der suizidalen Vergiftungen mit diesem Mittel registriert. Karl-Heinz Ladwig, Professor für Psychosomatische Medizin sagte: „Man muss sich noch nicht einmal mit dem Menschen identifizieren können, um seine Tat nachzuahmen.“ Es genüge bereits, dass sich durch Medienberichte die Methode oder der Ort des Suizids im kollektiven Bewusstsein festsetze.[6]
Reaktion der Medien [Bearbeiten]
In den Medien ist das Phänomen des Werther-Effekts seit einiger Zeit bekannt. Seit 1997 gibt es daher eine Richtlinie des Deutschen Presserats zur Berichterstattung über Suizidenten: „Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Begleitumstände. Eine Ausnahme ist beispielsweise dann zu rechtfertigen, wenn es sich um einen Vorfall der Zeitgeschichte von öffentlichem Interesse handelt.“ Allerdings hat der Pressekodex keine bindende Wirkung. Die Chefredaktion der Bild-Zeitung etwa macht keinen Hehl daraus, dass die Redakteure des Blattes „mitunter das Berichterstattungsinteresse deutlich höher einschätzen als der Presserat.“ Dies werde „in Grenzfällen immer so sein“.[7]
Auch der Schweizer Presserat hat eine entsprechende Leitlinie: „Wegen der Gefahr der Nachahmung sind detaillierte Berichte über Suizide und Suizidversuche zu vermeiden. Dies gilt nicht nur für reale Fälle, sondern auch für fiktive in Kriminalfilmen, Beziehungsgeschichten, Milieufilmen usw. Die Frage der Medienwirkung ist bei Entscheid über die Publikation oder die Ausstrahlung eines Berichtes über einen Suizidfall mit zu berücksichtigen.“
Viele Medien haben interne Richtlinien zur Berichterstattung über Suizide und verpflichten sich zum freiwilligen Verzicht auf Publikation, sofern die Umstände der Selbsttötung nicht bereits für öffentliches Aufsehen gesorgt haben.
Dass das Thema in Redaktionen nicht noch ernster genommen wird, erklärt der Medienjournalist Stefan Niggemeier damit, dass die bisherigen Erkenntnisse der Forschung dem Selbstverständnis von Journalisten entgegenstehen: „Schon der Gedanke, dass nur das Berichten einer Tatsache – sogar unabhängig davon, ob man Namen oder andere Details nennt – erhebliche negative Folgen haben kann, ist schwierig für Journalisten.“ Er kommt zu dem Schluss: „Natürlich muss es dann auch möglich sein, zu sagen: Das hier ist zwar eine ganz spannende Geschichte, und ich weiß auch 37 Details, die ich gerne erzählen würde, aber ich schreibe trotzdem ganz nüchtern und lasse von den 37 Details 36 weg. Ja, das läuft den normalen Regeln des Journalismus zuwider, aber an der Stelle müssen die Regeln dann halt mal ausgesetzt werden!“