Scientology-Gefahr für jeden!
04.05.2012 um 08:40
"Im "Glücklichen Tal" in Kalifornien zeigt Scientology ihr wahres Gesicht!
(...)
Seit den Cowboy-und-Indianer-Spielen ihrer Kindheitstage
hatten Ina Brockmann und Peter Reichelt nicht mehr mit
Sheriffs zu tun. Doch dieser Tage flatterte den Mannheimern
Post von Larry D. Smith, Sheriff von Riverside County
im US-Staat Kalifornien, ins Haus.
Grund: Die beiden freiberuflichen Journalisten waren im
März während der Dreharbeiten für ihre Dokumentation
über die Straflager der umstrittenen Organisation
Scientology von deren Mitarbeitern in den
kalifornischen San-Jacinto-Bergen zweieinhalb Stunden
auf offener Straße gewaltsam festgehalten worden.
(...)
"Jetzt ist es aus", schießt es den beiden Mannheimern durch den Kopf,
als ihnen klar wird, daß sie in der Falle sitzen.
Doch der Reihe nach: Seit Jahren schon versucht Reichelt,
das wahre Gesicht von Scientology zu zeigen.
1997 veröffentlicht er ein brisantes Buch, das von der ersten bis zur 489. Seite
eine einzige Anklage gegen Scientology darstellt.
Im Frühjahr fliegen er und seine Co-Produzentin Ina Brockmann
für eine Woche in die USA, um der Welt erstmals Aufnahmen von
Zwangsarbeitslagern der Scientologen zu liefern.
Aus Deutschland haben sie mehrere Namen von Scientologen im Gepäck,
deren Verwandte seit Jahren kein Lebenszeichen mehr erhalten haben.
Darunter Wiebke Hansen, über zehn Jahre Chefin des
deutschen Ablegers von Scientology,
die seit Herbst 1995 wie vom Erdboden verschluckt ist.
In Kalifornien heuern die Mannheimer einen Kameramann,
einen ehemaligen Polizei-Sergeant sowie einen Piloten samt Hubschrauber an
und starten in Richtung "Happy Valley".
Das Leben im Tal ist - dem Namen zum Trotz - alles andere als glücklich.
In seinem Buch zitiert Reichelt aus einer eidesstattlichen Erklärung,
die ein ehemaliges Präsidiumsmitglied von US-Scientology
1994 vor Gericht abgeben hat.
André Tabayoyon ist über 21 Jahre lang nicht nur Anhänger
der leeren Lehre L. Ron Hubbards, sondern sogar sein Butler gewesen,
ehe er Ende 1992 - nun Sicherheitsdirektor - aussteigt.
Die Lager bezeichnet er als "vom Typus her mit einem 'Gulag'
oder 'Konzentrationslager' zu vergleichen".
Im wüstenähnlichen "Glücklichen Tal" sollen sich mehrere geheime
kleine Straf- und Arbeitslager befinden.
Laut Tabayoyon werden dort hochrangige Scientologen interniert,
die an der Lehre zu zweifeln beginnen, sowie Mitglieder der Elite-Einheit
"Sea Organization" (See-Organisation).
Rund um die Uhr stünden sie unter Bewachung bewaffneter Aufseher,
die sie zur Arbeit zwängen.
Zusätzlich würden sie täglich stundenlanger Gehirnwäsche unterzogen.
In "Happy Valley" soll auch Hubbards Sohn Arthur nach dem Tod
seines Vaters für ein Jahr versteckt worden sein,
als er aus der "Sea Org" aussteigen wollte.
Laut Tabayoyon leben in den Lagern heute 60 Kinder und Jugendliche
sowie 30 Erwachsene.
Am späten Morgen des des 9. März fliegen die beiden neugierigen Deutschen
von Palm Desert aus in 40 Minuten zu dem streng geheimen Lager.
Aus luftiger Höhe erkennen sie über 20 Kinder und Jugendliche.
"Als die Betreuer unseren Helikopter bemerken,
treiben sie die Lagerinsassen schnell in die Baracken", erzählt Reichelt.
"Sofort setzen sich mehrere Jeeps in Bewegung,
um uns vom Boden aus zu verfolgen.
" Reichelt und seine Crew umkreisen das Gelände und lassen die Kameras laufen.
Dann kehren sie zum Flugplatz zurück. Dort werden sie schon erwartet ...
Mit dem Wagen geht es - verfolgt und bedrängt von vier Pkw und Jeeps, fotografiert und gefilmt von Scientologen - noch einmal Richtung "Happy Valley".
(...)
Plötzlich muß Ina Brockmann auf die Bremse steigen - ein gelber Bulldozer
blockiert die Straße, rechts und links umrahmt von mächtigen Bäumen,
so daß kein Entrinnen mehr möglich ist.
Dahinter stehen zwei Autos. Brockmann versucht zu wenden,
doch die Verfolger sowie ein weißer Lieferwagen schneiden den Rückweg ab.
Männer springen aus den Autos und umzingeln den Wagen der Eindringlinge
in die geheime Welt von Scientology - die sich, wie gesagt,
auf einer öffentlichen Straße bewegen.
"Ihr seid Deutsche, Ihr seid alle festgenommen",
schreit der Anführer, der sich als Scientologen-Vize Ken Hoden zu erkennen gibt.
Mit fünf bewaffneten Männern versucht er,
Brockmann und Reichelt einzuschüchtern.
Sein Ziel: die Herausgabe der Filmkassetten.
Hoden überreicht seine Visitenkarte und fragt, was die Journalisten suchen.
"Spurlos verschwundene Scientologen, darunter Wiebke Hansen",
antwortet Brockmann, "und wir vermuten, daß sie in Happy Valley steckt."
Hoden bestätigt die Vermutung: "Ja, sie ist hier zur Rehabilitierung."
Nur will er niemanden zu ihr lassen.
Ein Wort gibt das andere, bis Hoden alle Deutschen warnt,
in die Nähe eines Scientology-Geländes zu kommen:
"Jedem Deutschen wird das gleiche wie Euch passieren.
Deutschland ist unser Hauptfeind Nr. 1, besonders hier in Kalifornien."
Zweieinhalb Stunden dauert der Psychoterror mit dem
unübersehbaren Hinweis auf Schlagstöcke und Pistolen.
Dann trifft endlich der Sheriff ein.
(...)
Nach der Befreiung durch den Sheriff ist noch nicht aller Abenteuer Abend.
Rund um die Uhr werden Brockmann und Reichelt in Los Angeles aus
vier Autos heraus beschattet, die ihnen im Abstand von einem Meter und
mit aufgeblendeten Scheinwerfern auf den Pelz rücken.
Mit Hilfe der Polizei gelingt es, die Verfolger abzuschütteln.
"Erstmals in meinem Leben hatte ich Angst", gesteht Peter Reichelt,
"obwohl ich mit Dietmar Schönherr in Nicaragua im Kriegsgebiet war."
Quelle:
Mannheimer Morgen vom 28.07.1998