@niggie niggie schrieb: "wahre Erleuchtung" kann man nur erlangen, wenn man auf die Liebe verzichtet.
So wird es zumindest in vielen Religionen betitelt.
ist da was wahres dran? wie seht ihr das?
Behindert die Liebe (zum anderen Geschlecht) den eigenen Weg der Weisheit und des Glückes?
Und wenn es so ist, warum ist es so?
Verliert man seinen Fokus auf sich selbst zu Achten, weil der Gegenüber einem wichtig(er) erscheint? und somit Platz zur eigenen persönlichen Entwicklung nimmt?
Oder sind es einfach die zwischenmenschlichen Probleme, die aus einer Beziehung hervorgehen, die einem den Platz und die Freiheit der eigenen Weiterentwicklung nehmen?
Als einfachstes Beispiel bediene ich mich an den buddhistischen Mönchen. Sie leben in Abstinenz für die eigene persönliche Weiterentwicklung und Erleuchtung.
Also steht die eigene persönliche (weiter-)Entwicklung bzw. Erleuchtung im Wiederspruch zur Liebe?
Oder kann man durch Kompromissbereitschaft auch beides Erlangen?
Was habt ihr für Erfahrungen gemacht?
Könnt ihr das Nachvollziehen anhand eigener Erfahrungen oder ist das eher haltloses Geschwätz?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man zwar einiges aus Beziehungen mitnehmen kann, aber einen doch die Liebe, sowie das Scheitern einer weiteren Beziehung, daran hindern,.
Einerseits, weil der Fokus bzw. das Interesse zur eigenen Weiterentwicklung in den Hintergrund getreten ist oder ist es einfach ein Resultat falscher Ansichten zu einer Liebesbeziehung und es ist doch möglich beides zu erlangen?
Toll, dass jemand mal dieses Thema aufbringt.
:) Zunächst möchte ich mal anreißen, dass der Begriff „Liebe“ nicht missverstanden werden sollte. Wenn die Hormone eines Menschen kreischen: „Der/ Die da ist für Dich als Fortpflanzungspartner geeignet!!!“, was wir als „Verlieben“ erleben, dann ist das keine Liebe. Verknalltheit, Triebhaftigkeit, Lust an der körperlichen Befriedigung sind nicht das, was das Wort „Liebe“ meint.
Um jetzt dem den Begriff „Liebe“ gegenüber zu stellen, muss ich etwas weiter ausholen.
Jeder Mensch enthält sozusagen das ganze Universum aller Eigenschaft, die man haben kann, jeder besitzt Hässlichkeit und Schönheit, Mut und Feigheit, Schläue und Dummheit usw., und gleichermaßen ist in jedem Menschen auch sowohl eine männliche wie auch eine weibliche Seite angelegt, wobei es nicht unbedingt so sein muss, dass bei einem Mann die männliche und bei einer Frau die weibliche Seite überwiegt. Auf die konkreten Inhalte dieser Begriffe muss man hier gar nicht weiter eingehen, grundlegend wichtig ist nur, dass ein Mensch meist von jedem Polaritätenpaar nur eine Seite entfaltet hat und die andere Seite nicht, sie vielleicht sogar ablehnt oder unterdrückt oder sich ihrer einfach nicht bewusst ist.
Alle Eigenschaften, die wir im Grunde haben und an uns nicht erkennen, sehen wir dafür an anderen Menschen umso deutlicher und schätzen sie an ihnen umso mehr – oder lehnen sie an ihnen umso mehr ab.
Dieses stark verdeutlichte Sehen der eigenen verleugneten Eigenschaften an anderen nennt man Projektion.
In dem Bild, das man von sich selbst hat, in der Selbstwahrnehmung, fehlen einem also Eigenschaften, und man versucht, sie sich anzueignen, indem man sich mit einem Menschen verbindet, der sie aufweist. Meistens ist das unbewusst, aber nicht unbedingt. Ein Pärchen, das sich in diesem Sinne gut ergänzt, ist zusammen also etwas Ganzes, während jeder der beiden für sich als unvollständig erscheint, und tatsächlich bleibt man in der Selbstwahrnehmung und –erkenntnis unvollständig.
Man kann sehen, dass in vielen solcher Beziehungen jeder der beiden immer nur einen Pol repräsentiert und diese gegenseitige Ergänzung beide daran hindert, ganz zu werden, also in der eigenen Person beide Pole zu verwirklichen.
Genau dies ist aber der Inhalt von Erleuchtung.
Sich selbst ganz zu erkennen, beide Seiten einer jeden Polarität in sich anzunehmen, ein Gleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Energien herzustellen, das führt zu Erleuchtung, und es ist gleichzeitig liebevolle Selbstannahme.
Wer in sich selbst alles, was angelegt ist, angenommen hat, lehnt keine Eigenschaft seiner Mitmenschen mehr ab, und neidet ihnen auch keine, noch sucht er Ergänzung in einem anderen Menschen für etwas, das ihm zu fehlen scheint.
Diese vollständige Selbstannahme und Selbsterkenntnis führt also zu einer uneingeschränkten Liebesfähigkeit gegenüber den Mitmenschen, da man in ihnen nichts mehr fürchtet oder ablehnt – und genau das ist eigentlich wahre Liebe: Annahme.
Also, eine „Liebe“, die auf Projektion beruht und bei der der Partner aufgrund bestimmter Eigenschaften „geliebt“ wird, ist der Erleuchtung tatsächlich potentiell hinderlich, weil hier eine unzulässige Abkürzung zur scheinbaren Ganzwerdung eingeschlagen wurde. Es findet keine Selbsterkenntnis mehr statt, keine Herausarbeitung bisher unentdeckter eigener Seiten, sondern was einem zu fehlen scheint, substituiert man mit dem Partner, der die angestrebte Eigenschaft mitbringt.