Warum reißen so viele Selbstmörder Unschuldige mit in den Tod?
20.09.2010 um 23:51
Ursprünglich war Amok keine private Einzeltat, sondern im Gegenteil eine im indonesischen Kulturkreis kriegerische Aktion, bei der einige wenige Krieger eine Schlacht dadurch zu wenden versuchten, indem sie ohne jegliche Rücksicht auf Gefahr den Feind blindwütig attackierten. Dieses Muster findet sich auch beim Berserker.
Im 17. bis zum 19. Jahrhundert erreichte der Begriff den westlichen Kulturkreis. Dies geschah insbesondere durch europäische Berichterstatter, beispielsweise durch Captain Cook, wurde aber weiterhin mit der malaiisch-indonesischen Kultur in Verbindung gebracht. Im westlichen Sprachgebrauch erfuhr die Bezeichnung bis heute eine erweiterte Bedeutung und ist inzwischen bedeutungsgleich für jegliche Art blindwütiger Aggression mit oder ohne Todesopfer.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubte man, dass Amokläufer nur im Vollrausch ihre Tat begingen. In Meyers Konversations-Lexikon aus dem Jahr 1888 heißt es dazu:
„Amucklaufen (Amoklaufen, vom javan. Wort amoak, töten), eine barbarische Sitte unter mehreren malaiischen Volksstämmen, zum Beispiel auf Java, besteht darin, dass durch Genuss von Opium bis zur Raserei Berauschte, mit einem Kris (Dolch) bewaffnet, sich auf die Straßen stürzen und jeden, dem sie begegnen, verwunden oder töten, bis sie selbst getötet oder doch überwältigt werden.“
– Meyers Konversationslexikon, Vierte Auflage, 1885-1892[4]
Der Begriff Amoklauf erfuhr eine Bedeutungsveränderung, da er für Taten benutzt wird, die keinesfalls spontan erfolgen, sondern geplant und gelegentlich auch durch sogenannte Leakings angekündigt werden können. Unterschieden werden zudem zwei Formen von Gewalttaten, die als Amokläufe bezeichnet werden: die rein fremdgerichtete Aggression und der erweiterte Suizid.
In der US-amerikanischen Kriminologie gibt es weitere sprachliche Unterscheidungen, wie den so genannten spree killer (abgeleitet von killing spree – ins Deutsche übersetzt etwa Töten im Rausch). Während der als spree killer bezeichnete Täter sein Wirkungsgebiet sehr weit ausdehnen kann, beschränkt sich der klassische Amokläufer auf ein relativ kleines Gebiet. Im Gegensatz zu einem Serienmörder sind die Taten von Amokläufern auf einen eher kurzen Zeitraum beschränkt und unterliegen selten sexualpathologischen Motiven.
Die im angloamerikanischen Raum heute gebräuchliche Bezeichnung School Shooting wird im deutschen Sprachraum oft als Schulamoklauf bezeichnet.
Für ein blindwütiges Zerstören oder gar Morden ist die Bezeichnung "Amok" inzwischen ein weltweiter Begriff geworden. Doch das Phänomen an sich ist so alt wie die Menschheit. Auch ist es nicht auf den Fernen Osten beschränkt. Der skandinavische Begriff für Amok-Lauf, nämlich "Berserker-Gang" (siehe unten) spricht für sich - auch für europäische Verhältnisse. In letzter Zeit scheinen sich Amok-Attacken wieder zu häufen. Wie hat es begonnen?
Der Begriff Amok soll zum einen von dem malaiischen Wort amuk = "wütend" oder "rasend" abgeleitet sein und der erweiterte Ausdruck mengamuk spontane, gewaltsame Angriffe gegen Unbeteiligte charakterisieren. In anderen Schriften heißt es, er stamme aus der portugiesischen Version Amuco, einer in den Hindu-Staaten Indiens gebräuchlichen Bezeichnung für Krieger, die den Feind mit Todesverachtung angreifen und vernichten wollen (ähnlich der dem Tod geweihten Gladiatoren im alten Rom, die ihre Vernichtungskämpfe in der Arena mit der Begrüßung von Kaiser und Publikum begannen: Morituri te salutant = die Todgeweihten grüßen dich).
In Hinterindien übernahmen malaysische und javanische Krieger den indischen Begriff und auch das den Gegner einschüchternde Kriegsgeschrei "Amok, Amok!" Die dortigen Könige banden ihre "amoucos" mit materiellen Zuwendungen bis hin zu status-verleihenden Ritualen an sich. Die so motivierten Amok-Krieger sollen militärisch und zahlenmäßig weit überlegene Heere angegriffen und dabei fürchterliche Blutbäder angerichtet haben. Damals wurden diese Heldentaten in volkstümlichen Sagen verherrlicht, wobei auch schon einmal einzelne Amokläufer eine heroische Verklärung erfuhren (siehe unten), besonders wenn sie Schande oder erlittene Schmähungen mit einem Massenmord zu vergelten suchten, um anschließend selbst den Tod zu akzeptieren - und meist zu finden.
Einen ähnlichen Bedeutungswandel wie Amok erlebte das in den altnordischen Sagas belegte Wort Berserkr, ursprünglich für "Krieger, die in Bärenfälle gekleidet waren", später für jene Menschen, die das Wesen eines Bären anzunehmen versuchten. Ursprünglich waren es gewaltbereite Haudegen, die im Dienste skandinavischer Fürsten des Mittelalters - in Ekstase versetzt - "mit übermenschlicher Stärke wütend kämpften". Manche von ihnen trugen auch Wolfsfelle und wurden deshalb Ulfhednar, "Wolfshäupter", später "Werwölfe" genannt. Hier spielt auch die schamanische Vorstellung von wilder "Tierbesessenheit" durch das "Anlegen eines Bären- oder Wolfsfelles" eine Rolle.
Neben diesen gefürchteten Elitetruppen skandinavischer Berserker-Krieger (die sogar von byzantinischen Kaisern im Mittelalter in Sold genommen wurden) berichteten auch hier die altnordischen Sagas von individuellen Berserkrgangr, also ekstatischen Anfällen von Berserkerwut, in denen der Betreffende "wahllos mörderisch raste". Das hat sich bis in das moderne Englisch gehalten, und zwar durch den Ausdruck "to go berserk" für aggressives Toben.
Im malaiisch-indonesischen Kulturkreis wurde mit der Einführung des Islam im 14. Jahrhundert das Amoklaufen gegen die "Ungläubigen" zu einem Akt religiösen Fanatismus. Der für den Amok-Läufer ja meist drohende Tod wurde dann auch als Allah wohlgefällig betrachtet, im Gegensatz zum Selbstmord, der bekanntlich einem Muslim verboten ist.
Diese Tradition erhielt sich bis in die späten Kolonial-Zeiten, zum Beispiel in den so genannten "Aceh-Morden" an Holländern, ausgeübt von islamischen Fanatikern auf Sumatra sowie in den amok-ähnlichen indirekten Suizidritualen auf den südlichen Philippinen. (Interessanterweise hielt sich der so genannte "Gruppen-Amok", z. B. als Kampftaktik von Piraten in dieser Region bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und konnte schließlich nur durch intensive militärische Anstrengungen der Kolonialbehörden gestoppt werden.)
Eine individuelle Motivation amok-artigen Verhaltens in der malaiisch-indonesischen Tradition war der blutige soziale Protest. Weit verbreitet war offenbar ein amok-ähnliches Verhalten, mit dem sich ein zahlungsunfähiger Schuldner seiner unweigerlich drohenden Versklavung dadurch zu entziehen vermochte, dass er lieber einen "ehrenvollen" Tod durch vorangegangene wahllose Mordattacken suchte. Auch hielt sich der Machtmissbrauch von Despoten und reichen Familien dadurch in gewissen Schranken, dass die Drohung mit einem Amok-Lauf bei grober Ungerechtigkeit oder Willkür nicht nur ihre nachvollziehbare Wirkung zeigte, sondern in dieser Gesellschaft sogar kulturell sanktioniert (gut geheißen, akzeptiert) war. Allerdings pflegten sich auch reiche Privatleute durch solche "amoucos" vor entsprechenden Anschlägen zu schützen.
Im 17. bis 19. Jahrhundert erlangte Amok erstmals auch in der westlichen Welt größeres Aufsehen, vor allem durch europäische Berichterstatter (z. B. durch den berühmten Captain Cook), wurde aber vor allem mit der malaiisch-indonesischen Kultur in Verbindung gebracht, selbst wenn es außerhalb dieser Region geschah (weil z. B. bei spektakulären Fällen nicht selten Amok-Läufer aus dieser fernöstlichen Gegend beteiligt waren, z. B. in Kapstadt 1786).
Im westlichen Sprachgebrauch erfährt die Bezeichnung Amok inzwischen nicht nur eine erweiterte Bedeutung, sondern - wie so manches in unserer Zeit und Gesellschaft - eine geradezu "inflationäre Ausweitung". So gebraucht man sie u.a. bei Kampfsportlern, z. B. Boxern, die sich einen erbitterten Fight liefern, bei wild gewordenen Tieren (z. B. Stieren oder Hunden) oder sogar bei Naturgewalten wie einem Sturm oder Orkan.
Auf jeden Fall ist der Begriff Amok inzwischen bedeutungsgleich für jede blindwütige Aggression, und zwar mit oder ohne Todesopfer.
Definition
In der Psychiatrie, wo dieses Phänomen eigentlich medizinisch-psychologisch bearbeitet gehört, beschränkt man sich bisher vor allem auf das äußere Erscheinungsbild, während man bei Ätiologie (Krankheitsursachen), Pathogenese (Krankheitsentstehung und -entwicklung), insbesondere aber bei den psychologischen Aspekten weitgehend auf Hypothesen angewiesen ist. Einzelheiten siehe später.
In wissenschaftlicher Hinsicht wird Amok nach seinem klassischen Vorbild (Fachbegriff: operationalisiert) wie folgt definiert:
"Nicht materiell-kriminell motivierte, tateinheitliche, mindestens in selbstmörderischer Absicht durchgeführte, auf den unfreiwilligen Tod mehrerer Menschen zielende plötzliche Angriffe".
Oder kürzer als Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO):
Eine willkürliche, anscheinend nicht provozierte Episode mörderischen oder erheblich (fremd-)zerstörerischen Verhaltens. Dabei muss diese Gewalttat mehrere Menschen gefährden, d.h. verletzen oder gar töten, wenn von Amok die Rede sein soll.
Weiteres dazu siehe Kasten.
Amok - Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) versteht man unter Amok eine willkürliche, anscheinend nicht provozierte Episode mörderischen oder erheblich (fremd-)zerstörerischen Verhaltens. Danach Amnesie (Erinnerungslosigkeit) und/oder Erschöpfung. Häufig auch der Umschlag in selbst-zerstörerisches Verhalten, d.h. Verwundung oder Verstümmelung bis zum Suizid (Selbsttötung).
Die meisten Amok-Ereignisse treten ohne Vorwarnung auf. In einigen Fällen finden sich ausgeprägte Angstzustände oder feindselige Reaktionen.
Über die psychologischen Hintergründe besteht keine Einigkeit. Es fällt aber auf, dass Amok-Zustände offensichtlich dort öfter auftreten, wo extreme Aggressionen oder selbstzerstörerische Angriffe (z. B. im Rahmen von Kriegshandlungen) eine traditionell hohe Wertschätzung erfahren.
Amok-artige Zustände, die wahrscheinlich ähnliche Ursachen haben, nennt man in Neu Guinea Ahade idzi be, in einigen südafrikanischen Gegenden Benzi mazurazura, in Skandinavien einen Berserker-Gang, in Polynesien Cafard, in den Anden, z. B. Bolivien, Kolumbien, Ecuador und in Peru Colerina, in Korea Hwa-byung und bei den Ureinwohnern des Südwestens der USA Ii'aa.
Nach WHO: Taschenführer zur Klassifikation psychischer Störungen, 2001
Ein vor allem in den Medien häufig verwendetes Kriterium für Tötungstaten im Sinne von Amok ist die schnelle zeitliche Abfolge und eine auf den ersten Blick nicht erkennbare Begründung der Tat.
In den USA spricht man auch von "Rampage-Killern" und meint damit Täter, die so viele Opfer wie möglich zu töten versuchen (The American Heritage Dictionary of the English Language, 2000).
Als Massenmorde werden dagegen Tötungsdelikte an mehreren Personen bezeichnet, die sich nicht zwingend innerhalb eines kurzen Zeitraumes abspielen.
Als Mord-Suizid (Massenmord-Selbstmorde) werden jene Handlungen definiert, bei denen ein Mord/Massenmord vom Suizid des Täters gefolgt ist (Fink, 2001).
Amok - wie wurde diese Bluttat früher interpretiert?
Wie so manche Phänomene im seelischen und psychosozialen Bereich scheint auch Amok einem ständigen Wandel unterworfen, was Erscheinungsbild, Motive, Ursachen und spezielle Aspekte anbelangt. Definitionen, Klassifikationen, ja wissenschaftliche Erkenntnisse (wer, was, wo, wie und warum?), die gestern noch die Erfahrung im Alltag, aber auch Forschung und Lehre prägten, können heute bereits überholt und morgen erneut korrektur-, zumindest aber ergänzungs-bedürftig sein.
Nachfolgend deshalb einige Aspekte aus wahrscheinlich schon historischer Sicht (so sah man das früher) und eine Tabelle, die von neueren Erkenntnissen ausgeht. Im Einzelnen:
Aus phänomenologischer Sicht (Erscheinungsbild) verstand man in der Psychiatrie unter Amok früher einen Dämmerzustand (siehe Kasten), also eine "plötzliche, unmotivierte und ungerichtete Gewalttat mit gefährlichen Folgen für die ahnungslosen Betroffenen", wobei wohl nur noch Letzteres unbestritten ist. Der Dämmerzustand hingegen dürfte nicht (mehr) die Regel sein.
Für den krankhaften Hintergrund nahm man so genannte dissoziative Ausnahmezustände an. Das ist eine Veränderung der Bewusstseinslage mit unkontrolliertem Verhalten (so dass in juristischer Hinsicht die Schuldfähigkeit aufgehoben ist, ansonsten droht ja bei tödlich getroffenen Opfern die Höchststrafe, falls vorhanden sogar die Todesstrafe).
Allerdings werden auch andere krankhafte Ursachen diskutiert (siehe später), wobei es dann aber auch strittig ist, ob man hier dann noch von einem Amok-Lauf im eigentlichen Sinne sprechen kann.
Auf jeden Fall wird die Aggression bei einem "typischen" Amok-Lauf häufig (aber wohl nicht grundsätzlich) auf eine eigenartige, fast vorgeprägt wirkende Weise ausgelebt, vergleichbar dem Muster eines Wutanfalls von einem Kleinkind. Ein Amok-Lauf im eigentlichen Sinne - so die frühere Annahme - kommt deshalb nur durch Überwältigung, Selbsttötung oder totale Erschöpfung zu seinem Ende, was aber ebenfalls aus der Erfahrung heraus nicht mehr regelhaft zu gelten scheint. Auch die in alten Fachschriften geforderte "völlige Erinnerungslosigkeit" ist - soweit man das an überlebenden Opfern zu beurteilen versucht -, zwar nicht auszuschließen, aber wohl ebenfalls nicht grundsätzlich anzutreffen.
Dämmerzustand
Zustand veränderten Bewusstseins. Die Bezeichnung stammt aus der Umgangssprache. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein: Bewusstseinsfeld eingeengt mit ausschließlicher Ausrichtung auf ein bestimmtes inneres "Erleben". Aufmerksamkeit bzw. Beachtung der Umwelt beeinträchtigt/vermindert bis aufgehoben. Verringerte Ansprechbarkeit auf Außenreize. Denken in unterschiedlichen Graden unklar (bis zur Verwirrtheit). Häufig Situations-Verkennungen. Trugwahrnehmungen auf verschiedenen Sinnesgebieten möglich (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen). Ängstlich, mitunter auch beseeligt-ekstatisch.
Auf die Umgebung wirken diese Menschen mit einem Dämmerzustand wie traumverloren oder berauscht, der Umwelt kaum zugänglich. Die Bewegung kann unauffällig sein oder ist vermindert bzw. gesteigert. Erregungszustände sind nicht auszuschließen (Extremfall: Amok-Lauf).
Dämmerzustände beginnen und enden meist innerhalb kurzer Zeit und gehen vielfach in einen Erschöpfungsschlaf über. Für die Dauer des Dämmerzustandes besteht Amnesie (Erinnerungslosigkeit).
Beispiele: So genannte organische Dämmerzustände nach Epilepsie, Hirnverletzung, Hirngefäßverkalkung, Sauerstoffmangel, Vergiftung u.a. - Psychogene (seelisch ausgelöste) Dämmerzustände durch Schreck, Schock, Panik, aber auch hysterische Reaktionen u.a.
Wie häufig ist Amok?
Über die Häufigkeit und damit Verbreitung von Amok-Zuständen in den fernöstlichen Regionen gibt es unterschiedliche Berichte. Eines scheint jedoch sicher: Sie sind keinesfalls an der Tagesordnung. Und dort, wo sie häufiger vorkommen sollen, muss man sehr genau hinschauen, ob es sich um einen Amok-Lauf im herkömmlichen Sinne handelt.
Manchmal wird dieser Begriff auch volkstümlich etwas "verwässert", oft auch als Warnung bei entsprechenden "Raufereien" in die Runde geworfen. Und wenn es dann einen oder mehrere Tote gab, dann war es plötzlich ein Amok-Anfall, obgleich letztlich unter ganz anderen Bedingungen ausgelöst.
Kurz: Nicht jede Form bewaffneter Aggression mit ernsten Folgen ist ein Amok-Lauf.
Statistische Untersuchungen mit fundierter psychiatrischer Absicherung gibt es offenbar für die fernöstlichen Regionen nicht.
Für Deutschland konnte in einer entsprechenden Untersuchung zwischen 1980 und 1990 eine so genannte Ein-Jahres-Prävalenz (Anzahl der in einem Jahr betroffenen Personen) von 0,03 bei Männern und 0,002 (man beachte die zusätzliche Null) bei Frauen, bezogen auf 100.000 Bundesbürger, errechnet werden.
Neuere Untersuchungen zeigen dabei einen Anstieg teils bei älteren, teils bei jüngeren Amok-Läufern (wobei jeweils unterschiedliche Definitionen berücksichtigt werden müssen).
Inzwischen wurde Ende 2002 eine interessante Analyse von Berichten in nationalen und internationalen Zeitungen veröffentlicht, die über 143 "Amok-Ereignisse" mit 144 Tätern und einer Täterin im Zeitraum 1993 bis 2001 berichtet (A. Schmidtke, S. Schaller, I. Müller, D. Lester und S. Stack, Deutschland/USA, 2002). Einzelheiten siehe Literaturverzeichnis und nachfolgender Kasten. Dabei gibt es vor allem informative Details über die Zahl der Opfer, die mittlere Tötungsrate im nationalen und internationalen Vergleich (höher als bisher vermutet) und weitere Einzelheiten, die vor allem für das Verständnis von Motiv, Ursachen und vorbeugende Maßnahmen von großer Bedeutung sind.
Auf jeden Fall ist und bleibt Amok ein bisher seltenes Ereignis, das aber wegen des spektakulären Ablaufs und seiner tragischen Folgen natürlich weltweites Aufsehen erregt - und damit sicher auch eine statistische Verzerrung erfährt. Neuerdings scheint aber eine reale Zunahme zu drohen, teils politisch, nach Meinung einiger Experten möglicherweise auch "medien-induziert" (siehe später).
Für den Zeitraum vom 01.01.1993 bis 31.08.2001 wurden insgesamt 143 Amok-Ereignisse, d. h. mehrfache Tötungsakte oder -versuche registriert. Begangen wurden sie von 144 Männern und einer Frau. Besonderheiten: eine Tat war von zwei Schülern, eine von zwei Soldaten begangen worden. Weitere Einzelheiten siehe unten
Amoklauf von Urfahr
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Bezirksgericht Urfahr-Umgebung
Denkmal für die Opfer des Amoklaufs am Bezirksgericht Urfahr-UmgebungBeim Amoklauf von Urfahr tötete 1995 der Pensionist Rudolf K. (* 1932) nach einem gescheiterten Prozess am Bezirksgericht Urfahr-Umgebung seinen freigesprochenen Kontrahenten, zwei Richter, einen Verteidiger und eine Zeugin. Zwei weitere Menschen wurden schwer verletzt.
K. fiel bereits 1987 auf, als er seine damalige Ehefrau krankenhausreif schlug. Die Polizei fand auf seinem Dachboden vier Gewehre und eine Pistole sowie mehrere hundert Schuss Munition. Er gab an, Mitglied eines Schützenclubs werden zu wollen. Die Kripo beschlagnahmte das Arsenal.
Nach einem Streit, bei dem es lediglich um den Bau einer Garage ging, verklagte K. seinen Nachbarn wegen Ehrenbeleidigung. Am 10. März 1995 wurde der Fall im Verhandlungssaal 209 am Bezirksgericht in Urfahr verhandelt, wobei der Angeklagte um 15:13 Uhr freigesprochen wurde. Wutentbrannt zog K. daraufhin eine Pistole und erschoss den beklagten Nachbarn Ludwig Sch., den Richter Eugen K. und den Verteidiger Alfred E. Danach stürmte er auf den Gang und schoss wild um sich, wobei die Zeugin Heidemarie Sch. und der Jugendrichter Erwin S. getötet wurden. Anschließend flüchtete der Täter aus dem Gebäude. Nach einer eingeleiteten Alarmfahndung wurde K. gegen 18.30 Uhr im Haus eines Bekannten in Neulichtenberg tot aufgefunden. Der 63-jährige hatte sich selbst erschossen.
Ernst August Wagner (* 22. September 1874 in Eglosheim; † 1938 in Winnenden) wurde bekannt durch seinen Amoklauf im Jahr 1913, welcher insgesamt 17 Todesopfer forderte.
Tatablauf und Folgen [Bearbeiten]
Am Abend des 4. September 1913 tötete der Hauptlehrer Ernst August Wagner in Degerloch seine Frau und seine vier Kinder. Danach fuhr er mit dem Fahrrad nach Stuttgart und von dort mit der Bahn weiter nach Mühlhausen bei Vaihingen an der Enz. Nachts zündete er die Ortschaft an verschiedenen Stellen an und wartete, bis die Menschen vor den Flammen flüchteten. Er erschoss dann wahllos zwölf Menschen, acht weitere wurden schwer verletzt [1]. Wagner wurde schließlich überwältigt und in Heilbronn inhaftiert. Bei den folgenden Ermittlungen stellte sich heraus, dass Wagner noch plante, seine Schwester und deren Familie umzubringen und schließlich das Schloss in Ludwigsburg niederzubrennen und sich dabei melodramatisch im Bett des Herzogs Carl Eugen zu erschießen.[2][3]
Im Prozess in Heilbronn stellten die Gutachter Robert Wollenberg und Robert Gaupp den Verfolgungswahn von Wagner fest. Statt zum Tode verurteilt zu werden, wurde Wagner am 4. Februar 1914 in die Heilanstalt Winnenthal bei Winnenden eingewiesen. Erstmals in der württembergischen Rechtsgeschichte wurde damit ein Prozess wegen Unzurechnungsfähigkeit eingestellt.[4][5]
In der Anstalt schrieb Ernst Wagner mehrere Dramen, die er dem Direktor des Nationaltheaters in Mannheim und anderen Bühnen erfolglos zur Aufführung anbot.[6]
1938 starb er an Tuberkulose.
Der ehemalige Marineinfanterist Charles Joseph Whitman (* 24. Juni 1941 in Lake Worth, Florida; † 1. August 1966 in Austin, Texas) war Architekturstudent an der University of Texas at Austin. Er wurde bekannt durch seinen Amoklauf am 1. August 1966, als er von einem Gebäude der Universität aus mehrere Menschen erschoss und verwundete. Insgesamt tötete er 17 Menschen und verletzte 66 weitere, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Sein letztes Opfer starb 2001 an den Spätfolgen seiner Verletzung.
Woo Bum-Kon (* 24. Februar 1955 in Seoul; † 27. April 1982 in Uiryong) war ein südkoreanischer Polizist und für den opferreichsten bisher bekannten Amoklauf[1] verantwortlich, bei dem 58 Menschen getötet und 35 weitere verletzt wurden. [2]
Woo Kon war bei Beförderungen nicht zum Zuge gekommen, und seine Hochzeit scheiterte an Geldmangel, worauf er mit seiner Freundin in einen heftigen Streit geriet. Am nächsten Morgen, dem 27. April 1982, verließ er sein Haus und ging zur Waffenkammer des örtlichen Polizeipostens, zu dem er als Beamter Zutritt hatte. Dort begann er, sich mit Whiskey zu betrinken, nahm sich zwei M1-Karabiner, 180 Schuss Munition und sieben Handgranaten und zog anschließend von Haus zu Haus, um ahnungslose Bürger in ihren Häusern zu überfallen und zu töten. Wahllos ermordete er jeden, den er in seinem knapp achtstündigen Amoklauf durch fünf Ortschaften der Provinz Gyeongsangnam-do antraf, darunter ganze Familien. Zuletzt zündete er zwei Handgranaten, die er am Körper trug, und starb zusammen mit drei Geiseln in Uiryong. Insgesamt wurden während des Amoklaufs 58 Menschen getötet und 35 weitere verletzt.
Aufgrund dieses Vorfalls trat der damalige Innenminister Südkoreas, Suh Chung-hwa, zurück und übergab sein Amt Roh Tae-woo.
Amoklauf gab es schon immer, und ist kein neues Thema ! Nur die Medien puschen es künstlich auf ! Und mit der globalisierung kommt es einen vor als würde es öffters sein, wie sonst !