@mothwomanAuch wenn ich es in einem anderen Thread schon mal schrieb - es passt auch hier:
Menschen können einem Menschen niemals ganz gehören. Ausser im Falle von Sklaverei oder Leibeigenschaft. Wer dergleichen zum Prinzip seiner Beziehung erklärt, degradiert den Menschen zum Ding, zum Gegenstand, letztlich auch zur Ware, und stellt sich damit ausserhalb jeder ernsthaften Diskussion.
Menschen sind frei - und sollten es auch bleiben. Erst recht innerhalb einer Beziehung. Eine Beziehung, egal, ob von Liebe oder aus anderen Interessen "diktiert", kann nur dann eine gleichberechtigte Beziehung sein, wenn beide Seiten die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten haben. Gleichberechtigte Beziehungen funktionieren nur auf Augenhöhe, ohne Machtgefälle, weder in ökonomischer noch in emotionaler Hinsicht.
Die Basis einer Beziehung ist gegenseitiges Vertrauen. Vertraue ich, erübrigt sich Kontrolle. Kontrolle ist immer verbunden mit Misstrauen, mit Zwang, mit Einschränkung.
Misstrauen, Zwänge und Einschränkungen jedoch bestätigen Misstrauen, zerstören Vertrauen und zerstören damit letztlich auch die Beziehung.
Liebe funktioniert nicht unter Zwang. Das wäre Missbrauch, wäre Vergewaltigung.
Eifersucht ist, ich schrieb es, die Angst vor dem Vergleich. Sie/er könnte jemanden finden, der/die besser ist als ich. Besser aussieht, mehr Geld hat, besser im Bett ist oder netter zu den Kindern. Statt darin, in dieser Konkurrenzsituation, einen Ansporn zu sehen, selbst "besser" zu werden, und sich der Konkurrenz zu stellen, verweigert man sich dieser praktischen Kritik des Partners, in dem man eifersüchtig ist, was im Extremfall dazu führen kann, den Partner von der Aussenwelt abzuschotten, in dem man ihn einsperrt, ihn aber wenigstens permanent in seinem sozialen Umgang kontrolliert. Dann wird Eifersucht zu einem Wahn, der Beziehungen und Menschenleben zerstört.
Habe ich die nötige Stärke, mich der Konkurrenz zu stellen, mich, um im Wirtschaftsbild zu bleiben, dem Markt zu stellen, weil ich besondere Qualitäten habe, Alleinstellungsmerkmale, die meine Kunden an mir schätzen, ich leistungsstark, wartungsarm und günstig im Preis-Leistungs-Verhältnis bin, darüber hinaus innovativ und kreativ, dann macht mir die Konkurrenz keine Angst. Dann stelle ich mich mit Freuden dem Wettbewerb, weil ich daraus nur lernen und letztlich profitieren kann. Natürlich hat auch mein Partner etwas davon. Freiheit. Die Freiheit der Wahl - und den Anspruch auf meine Weiterentwicklung.
Was daran "unmännlich", "weicheierig", "moralisch degeneriert" oder sonstwas, was von einigen so oder ähnlich formuliert wurde, sein soll, ist mir nicht einleuchtend.
Ich schätze meinen Partner, in dem ich ihm vertraue, im die Freiheit zur Entscheidung überlasse.
Was ist moralisch verwerflich an Vertrauen? Was ist unmännlich an Freiheit?
Das Schöne an einer freien und gleichberechtigten Beziehung ist nach meinen Erfahrungen aus rund 20 Jahren: Die Verbindung ist um so enger, je offener sie ist. Das klingt paradox, ist aber so. Je länger die Leine, desto treuer der Hund. Weil der Hund weiss, was er an seinem Herrchen/Frauchen hat. Katzen brauchen überhaupt keine Leine. Sie kommen und gehen, wann sie wollen. Sie kommen zurück, weil sie Dich lieben. In zwanzig Jahren hat es keine Aussenbeziehung geschafft, die Binnenbeziehung zu irritieren - und in zwanzig Jahren haben wir als Aussenbeziehung die Binnenbeziehungen anderer stets respektiert, nie in Frage gestellt. Das geht, wenn man weiss, dass Menschen frei sind.
Aber, um es noch einmal zu betonen: Ich will niemandem dieses "anstrengende" und "kopfgesteuerte" Modell aufzwingen. Das möge jeder für sich entscheiden - aber dann möge er/sie sich bitte zurückhalten, diese Beziehungsform als moralisch verwerflich zu betrachten.
Der Grundsatz einer Beziehung bedeutet: Klarheit und Gemeinsamkeit in den wesentlich Fragen. Dazu bedarf es einer Menge Diskussionen und Kompromisse. Wenn sich beide Partner entschliessen, eifersüchtig zu sein, dann ist das ebenso in Ordnung, wie es in Ordnung ist, wenn sie beide auf Eifersucht verzichten. Sonst ist es keine gleichberechtigte Beziehung, sondern sie hat einfach einen Interessenskonflikt und ein Machtgefälle. Das ist dann schlecht für alle Beteiligten.