Das schlechte Gewissen

@curlysue66
wollt damit auch nur sagen,dass man nicht bei allen"verbotenen"sachen,die man mal so macht,ein schlechtes gewissen haben muss...viele von diesen "verboten" sind einfach nur lächerlich!!

Mit dem Gewissen ist das so eine Sache. Ich erinnere mich gern an die "Gewissensprüfung" der ich mich als KDVler unterziehen musste.

Mein Gewissen scheint mir recht strapazierfähig. Ich habe in meinem Leben gelogen und betrogen, Menschen verletzt und getötet, zugesehen, wie sie vor meinen Augen starben oder sie in den Tod ziehen lassen, ich habe Menschen verprügelt und ausgeraubt, schikaniert und blossgestellt, ich habe illegale Substanzen konsumiert und mit ihnen Handel getrieben, ich habe Frauen für Sex bezahlt und mich von Männern dafür bezahlen lassen, ich habe Freunde und Verwandte schockiert und vernachlässigt, Menschen in Not ignoriert oder verlacht.

Manchmal wundert es mich nicht, dass ich schlecht schlafe. Aber für einen sonderlich emotionalen Menschen halte ich mich nicht. Andere noch weniger.

@Doors

Das einzige, was du bist ist ein Lügner

@A.Darko

Weil ich mich nicht für einen emotionalen Menschen halte?

@Doors

Nein, weil sich deine Aufzählung einfach nicht nach der Realität anhört ;) Liest sich viel zu sehr nach einem Gedicht, als dass ich's dir glauben könnte.

@A.Darko

Das sind einfach nur 54 komprimierte Lebensjahre, die ich Dir gern aufdröseln kann:

Gelogen hat wohl jeder Journalist schon einmal, und sei es, wenn er gesagt hat: Ja, ein Zeilenhonorar von einer Mark ist schon okay.

Betrogen hat wohl schon jeder einmal, der einen Gebrauchtwagen oder eine Immobilie verkauft hat. Erst recht jeder, der eine Steuererklärung abgegeben hat, hmmm?

Sowohl während des libanesischen Bürgerkrieges als auch in Nicaragua war ich gezwungen, auf Menschen zu schiessen, sonst sässe ich nicht hier am PC und könnte Dir schreiben.

In solchen Situationen kommt es durchaus vor, dass man Menschen dabei zusieht, wie sie langsam und qualvoll verrecken, weil man zu feige ist, ihnen zu helfen und sich einredet, dass man keine Chance hat.

Meine erste Ehefrau hätte ich möglicherweise davon abhalten können, in ihren eigenen Tod zu fliegen, vielleicht habe ich es nur nicht intensiv genug versucht, wie mir unsere Tochter manchmal vorwirft.

Was glaubst Du, was proletarische Jugendliche der späten Sechziger so in HH-St.Pauli getrieben haben, wenn es Nacht war? Im Bibelkreis gebetet? Wir haben uns geprügelt, Nutten und besoffene Freier beklaut oder Schwule erpresst.

Unsere Schule war kein Streichelzoo, dort galt das Faustrecht, und etwas Schikane darf schon mal sein.

Dass man in der schreibenden Zunft durchaus die "Beschriebenen" blossstellen kann, setze ich mal als bekannt voraus.

Was den Konsum und Handel mit illegalen Substanzen angeht, so weiss ich mich in meiner Generation in guter Gesellschaft. Ich kenne einige, die das Stammkapital für ihre Eventagenturen oder ähnliche Unternehmen zusammengedealt haben.

Männer, die noch nie eine Frau für Sex bezahlt habe, und sei es mit einer Kinokarte oder einem Abendessen, sind mir noch nicht begegnet, und wenn Du Schwule erpressen willst, musst Du wohl Sex mit ihnen haben (s.o.).

Zum Thema "schockieren" könnte Dir meine Schwiegermutter Details bieten und zum Thema vernachlässigen, ignorieren und verlachen könnte Dir meine kleine Schwester einiges beisteuern.

Familienbande: Netz oder Fesseln?

Manche Gedichte schreibt eben das Leben. warte ab, wie Deins klingt, wenn Du alt genug bist, dass sich eine Rückschau lohnt.

Ich denke manchmal auch über die Möglichkeiten nach, die das Internet einem erlauben.

ZB einen richtigen komplexen Steckbrief zu entwerfen, der alle Angaben über mein virtuelles Leben enthält. Der reicht von meinem Geburtstag, bis zum heutigen Tage, der meinen Wohnort und alle meine Aufenthalte beschreibt, der meine Familienverhältnisse enthält und die Verwandschaftsverhältnisse bis zum wenigstens 2ten Grade regelt.

Ein richtiges "Second Life". Es kann leicht sein, wenn man einiges mitbekommen hat, aber als Beobachter. Es sammeln sich vieleInformationen im Laufe des Lebens, die einemzugetragen werden, Schicksale von Arbeitskollegen, Nachbarn, Familienmitgliedern.
Das sind alles Puzzlestücke aus denen ein brillianter Lügner ein Leben entwerfen kann, das authentisch wirkt, bis es derjenige vielleicht mal den Bogen überspannt.



Und immer wieder wenn man Lust hat schreibt man ein paar neue kleine Alltagsanekdoten dazu. So wie ein Zeichner in sein Skizzenbuch kritzelt.

Ob ich dabei ein schlechtes Gewissen hätte? Wohl kaum, denn das wäre eben meine form der Unterhaltung...

@Doors

Ja gut, das ist eine Erklärung. Danke dafür..

@A.Darko

Du kannst natürlich auch die Erklärung von DeadPoet nehmen. Eine ist vielleicht so gut wie die andere. Die Welt ist bekanntlich voller Wunder - und nichts ist, wie es scheint. Oder doch? Vielleicht sind DP und ich sogar identisch? Und das gar noch ganz ohne schlechtes Gewissen, wir beiden Gewissenlosen :D

@Doors

Das kann irgendwie nicht ganz sein, für dein Wissen um Flugzeughistorie und Technik allein, müsste ich wohl mehr Enzyklopädien und Geschichtsbücher fressen, als ich kotzen wöllte : D

Aber eine interessante "Vorstellung". ( in zweifacher Hinsicht) ;) :D

@DeadPoet

Du bist mir eben mein liebster alter Ego. Oder alter ego.
Wie gesagt, man kann sich alles anlesen. Frag Karl May. Zum Thema Identität halte ich es dann aber lieber mit B. Traven.

@Doors


Oder eine Synthese aus Marcel Prousts "Swan" und Manns "Felix Krull"

Das würde die Kunst der Illusion und ihre Motivation genauso beinhalten, wie die Wichtigkeit des Detailreichtums, und den epischen Charakter unterstreichen..

Und Felix Krull wurde auch nie fertiggeschrieben, wie das richtige Leben, eben..

Wenn ich auf der Arbeit (wo ja Kids rumrennen) mal mein Feuerzeug liegenlassen habe, selbst wenn es im Buero war, wo gar keine Kinder hinkommen, dann hab ich nachts schon schlecht geschlafen, weil ich dann Angst hatte, eines der Kids koennte es finden und damit rumspielen. Oder wenn eines der Kids hingefallen ist und sich weh tat, tat mir das mehr weh, weil ich gedacht habe, das Kind haette nun Schmerzen und dabei war ich nicht mal dabei, als das Kind fiel. Auch nach Streits tut es mir oft sehr leid und ich fuehle mich schuldig, selbst, wenn ich wirlich im Recht war.

Und dann noch eine Sache, die schon viiiiele Jahre her ist: ich hab auf einem Rummel ein Kuscheltierchen gewonnen und ein kleines Kind neben mir hatte nur Nieten und sah wirklich sehr traurig aus, hat geweint, weil es kein Geld fuer Lose mehr hatte, also hab ich dem Kind das Kuscheltier in die Hand gedrueckt und es war wirklich gluecklich. Nur hatte ich vergessen, dass der Zettel mit den Punkten (wie viele man zum Gewinnen brauchte) noch mit einer Sicherheitsnadel an das Kuscheltierchen gepinnt war und ich habe mir dann lange Zeit Gedanken gemacht, weil ich die Sicherheitsnadel nicht entfern hatte und sih das Kind ja damit haette verletzen koennen. Das hat mir echt zu schaffen gemacht, selbst wenn ich dem Kind ja was Gutes tun wollte. :(

@Cathryn


Ja, GENAU soetwas meine ich. Genau solche Geschichten, die einen nahezu verrückt machen und manche Menschen sagen dann: "mach dir nicht soviele Gedanken", aber einem selbst lässt es keine Ruhe..

@A.Darko

Also die Nummer mit dem Feuerzeug: ich bin dann am naechsten Tag die erste gewesen im Buero, damit ich das Feuerzeug finden und einstecken kann, bevor kleine Haende damit rumspielten.
Mit dem Kind auf dem Rummel: ich hab mir dann die schlimmsten Sachen ausgemalt, wie das Kind sich damit ins Auge sticht oder wenn keine Eltern drum rum sind, blutig sticht. Klar haben die Eltern die Nadel wahrscheinlich sofort entfernt, als sie ihr Kind dort abgeholt/getroffen haben, aber da war immer dieser Gedanke im Hinterkopf: was, wenn nicht?!?

Dieses Gefühl hat man doch aber nur für eine Weile, oder?

@Can

Falls du mich meinst: wenn ich an das Kuscheltier denke, habe ich immernoch ein bisschen Flattern im Bauch, weil ich vielleicht (ich kannte ja die Familie nicht) schuld an einer Verletzung des Kindes gewesen sein koennte. Natuerlich waere es das gleiche gewesen, wenn das Kind das Kuscheltier gewonnen haette und ich nicht dabei gewesen waere und es sich dann mit der Nadel verletzt haette, aber dann waere ich nicht beteiligt gewesen, haette also kein schlechtes Gewissen haben muessen, weil dann die Schuld bei dem Losbudenbetreiber liegen wuerde. Oder bei den Eltern, die nicht dabei waren, als das Kind das Kuscheltier bekam. Das sind immer diese "was ist wenn" Dinger, man steckt nicht drin, man kann es ab einem gewissen Punkt nicht mehr kontrollieren und macht sich dann Gedanken, was passiert.

hm ein sorgender Charakter ist mir persönlich ehe lieber als ein sorgloser :)


finde ich gut, dass sich einige Menschen Gedanken über ihr Handeln und Tuen machen :)

@Can

Denke, dass das den meisten so geht, aber irgendwo sind dann auch die Grenzen, wo es nahezu krankhaft ist. So geht's mir leider. Mache mir um alles und jeden Sorgen, denke über fremde Menschen nach und das macht mich traurig. Ich heul' jetzt nicht oder so, aber die Stimmung ist halt doch getrübt, wenn ich ne Zeitlang drüber nachdenke wie schlecht es manchen Menschen doch geht.