Ver-rückt = Schande ?
21.04.2006 um 15:15
Ich war vor einigen Jahren höchstgradig depressiv. Zumindest nehme ich das an, den ichwar damals nicht beim Arzt. Ich fühlte mich irgendwie von Tag zu Tag schlechter. EinesMorgens, als mal wieder der Wecker klingelte, wußte ich, das ich nicht aufstehen und zurArbeit gehen werde. So ungefähr ab diesem Augenblick war ich zu nichts mehr in der Lage.Es gab auch Tage, wo ich einfach nur auf dem Boden gelegen habe, ohne irgendwas zuunternehmen.
Nur liegen, schwarzes Loch und Leere.
Viele meiner damaligenFreunde haben sich sehr schnell von mir abgewannt.
Nur war es schon vor dieser Zeitso, das ich ne Menge zu verarbeiten hatte.
Immer, wenn ich diese Themen mir mal vonder Seele reden wollte, sah ich nur runterklappende Gesichter, hilflose Leute, stammelndeLeute, themawechseldene Leute.
Aber ich hatte immerhin noch zwei richtige Freunde.Denen ich auch alles erzählen konnte. Und zwar so lange ich wollte, was ich wollte, wieoft ich es auch wollte. Speziell der Eine, an den ich da denke, hatte eine nochschwierigere Kindheit als ich.(Schulicher Aussenseiter, Mutter Tod wie er 12 war, Vaterhat sich umgebracht wie er 16 war) Nirgendwo habe ich mich jemals mehr verstandengefühlt, als bei Ihm. Da hat schon ein leichtes Lächeln gereicht.
Vor einiger Zeitgab es hier das Thema Selbstmord in der Familie. Da habe ich die These vertreten, dassowas vererbt werden könnte. Da spreche ich aus Erfahrung. Meine Oma, bei der ichaufgewachsen war, war hochgradig Tablettenabhängig und Sie hatte schlimmste Probleme. Daserste Mal habe ich es so mit etwa 8 Jahren gesehen, das Sie sich umbringen wollte. Dazuhatte Sie in einem Zug ca nen Liter Pflanzenschutzmittel getrunken. Ich hab da nocheinige Versuche mehr mitbekommen. Später, als ich dann wieder bei meiner Mutter wohnte,hat Sie es auch irgendwann geschafft. Auf mich hatte das massiv abgefärbt. Ich hattejahrelang ebenfalls nur Selbstmordabsichten, allerdings nur halbherzig.(Meine Mutter, dieDrogenabhängig war aber schon ewig lange clean ist hatte die selben Probs.) Eines Tageswar es soweit. Ich war in meiner echten Depriphase. Ich ging aus dem Haus, der Weggabelte sich. Durch mangelnde Arbeit, hatte ich monatelang keine Miete mehr bezahlt, kaumwas zu Essen gehabt usw. Ich wollte entweder a. zur Brücke gehen, (an dem Tag wäre es mirmehr als leicht gefallen) oder b. zu besagtem Freund, der Geld hatte und es mir großzügigangeboten hatte. Ich ging wie in Trance zu meinem Freund, er hat sofort das Portmoniegezügt und mir die Scheine in die Hand geknallt. Damit konnte ich zumindest insgesellschaftliche wieder einsteigen.
Ab diesem Tag habe ich mir selber alleSelbstmordfantasien verboten und mich langsam wieder ins Leben zurück gekämpft. Das hatEinige Jahre gedauert.
Jetzt lebe ich schon lange recht zufrieden und bin froh unddankbar über mein Leben. Nächste Woche werde ich heiraten! Alles kommt mir schon langenur noch wie ein böser Traum vor.
Das einzige, was ich nie vergessen werde, sind dieGesichtsausdrücke der Leute, denen ich mich irgendwann mal anvertrauen wollte.^^
Geholfen haben mir ausschlieslich Kranke Leute, Verückte, als asozial beschimpfteMenschen.
Denen bin ich mehr als dankbar, das könnt ihr mir glauben.
Meinem Freund geht es übrigens ebenfalls seit Jahren schon prächtig. Wir haben Unswohl gegenseitig therapiert. Und ja, damals hatte ich unter massivem Druck einenPsychater aufgesucht. Der kam sich allerdings leicht verarscht vor und ich habe direktzugemacht. Er hat mich schnell wieder nachhause geschickt.
Mein Fazit: Ohne dieganzen sogenannten Opfer, Spinner, Junkies und Aussenseiter wäre ich vielleicht schonlange Tod. Ihnen gilt mein Dank und der Wunsch, das sie glücklich sind.