@elfi:
"Es heisst darin nicht, dass es nichts Böses ist, sondern die Menschen, die Rache üben, sehen dies manchmal aus ihrer Sicht als erzieherische Massnahme. Also ist es für sie eine Rechtfertigung, die sie sich selbst zurechtlegen, um ihre Racheaktion zu rechtfertigen !"
Als "erzieherische Massnahme" sehen Killer-Eltern die Verbrechen an den eigenen Kindern oftmals auch an. Und natürlich hat jeder Kriminelle eine Rechtfertigung parat.
@Icebeer:
Rache ist etwas für Menschen, die ihren Blick ständig nach hinten richten, und nicht nach vorne.
Das Dumme ist dann, nur, dass man nicht sieht wohin man geht und auf die Fresse fällt.
Was meinst Du wohl, was mir die Familie meiner Frau und ihre Genossen nach deren Ermordung für obskure Vorschläge machten, wie ich "Rache zu nehmen" hätte. Ich bin froh, dass ich darauf nicht eingegangen bin. Orientalisches Stammesfehden-Denken und politischer Amoklauf sind mir fern.
Hätte "Ein Mann sieht Rot in Beirut" sie wieder lebendig gemacht? Unserer damals vierjährigen Tochter die Mutter zurück gegeben? Mich persönlich glücklich gemacht? Wohl eher nicht. Dafür bin ich vielleicht ein zu verstandesgesteuerter Mensch, um den Neander aus dem Tal zu geben.
Ich habe gekämpft, unsere Tochter hier behalten zu können und ihr eine gute Ausbildung verschaffen zu können. Ich bin mir sicher, die wäre dort unter die Räder gekommen und im Interesse der Familienehre zu einem absurden Racheengel erzogen worden. Ebenso sicher übrigens, wie ich mir bin, dass sie in dem einen Jahr, das sie an einer Klinik in Gaza gearbeitet hat, politisch wie humanitär sinnvolleres getan hat, nämlich Menschenleben zu retten, als ein Sprengstoffgürtel es je bewirkt hätte.
Makaber: Die Tochter, die von der Familie nahezu verstossen wurde, weil sie einen Ungläubigen geheiratet hatte, hat heute einen Ehrenplatz in einer Märtyrer-Galerie in ihrer Sippe. Ich bin mir sicher, dass ihr das nicht gefallen hätte. Aber das ist eine ganz andere, sehr persönliche Geschichte.
Natürlich trinken die Mörder heute als Rentner an der Corniche ihren süssen Tee und schauen auf's Meer hinaus. In šā' Allah.
Sie zu töten hätte nichts geändert.
Aber meist sind die hier in über siebzig Seiten vorgetragenen "Rachemotive" ja relativ harmloser Natur: Auf der Autobahn bedrängt, Freundin weggelaufen, beleidigend angeguckt worden - halt dieser ganze alltägliche Kleinkram, der keiner Aufregung wert ist, wenn man über ein halbwegs stabiles Selbstwertgefühl und eine funktionierende Impulskontrolle verfügt..