wenn Männer nicht wollen ?!
06.11.2005 um 12:20
Hab da mal was gefunden zu dem Thema..
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Zu früher Samenerguss ist eine der häufigsten Sexualstörungen des Mannes. Die Therapie ist kniffelig, aber aussichtsreich: Das richtige Tempo kann man lernen.
Männer untereinander geben gerne an. Zum Beispiel damit, wie ausdauernd sie beim Sex sind. Wer's glaubt, kann schnell verunsichert sein. "Ich komme zu früh", sagt ein Klient, der beim Psychologen Christoph Ahlers in der Ambulanz des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Berliner Charité sitzt. Ahlers erklärt seinem Besucher, dass es normal ist, wenn ein Mann beim Sex nur fünf Minuten durchhält, bis er zum Orgasmus kommt. Dass es aber auch eine krankhafte Störung des Sexuallebens gibt, die man mit der Formulierung "Ich komme zu früh" umschreibt: der vorzeitige Orgasmus (lateinisch: Ejaculatio praecox).
Der Unterschied lässt sich nicht ermitteln, indem man beim Sex eine Stoppuhr laufen lässt - schließlich gibt es durchaus Spielarten der körperlichen Liebe, die wunschgemäß nur ein paar Wimpernschläge lang dauern. Aber wenn der Orgasmus einsetzt, bevor, während oder kurz nachdem ein Mann in Partnerin oder Partner eindringt; wenn er seinen Höhepunkt selbst nicht steuern kann, weil der so unausweichlich über ihn kommt wie ein Niesanfall; wenn er diese Symptome mindestens sechs Monate lang beobachtet, obwohl er regelmäßig Sex hat - dann leidet ein Mann unter einer Ejaculatio praecox.
Ärzte unterscheiden zwischen primärem und sekundärem vorzeitigen Orgasmus. Die primäre Form tritt schon während der ersten sexuellen Erfahrungen eines Mannes auf, also oft in der Pubertät. Manche haben bei der Selbstbefriedigung das Gefühl, die Länge ihres Orgasmus nicht steuern zu können; andere können problemlos masturbieren, kommen aber zu früh, wenn sie mit Partnerin oder Partner Sex haben.
Der sekundäre vorzeitige Orgasmus ist vor allem ein Problem älterer Männer. Ab etwa 40 Jahren kann die Erektion des Penis schwächer werden. Einige Männer entwickeln dann eine Orgasmusstörung: Sie müssen den Penis stärker stimulieren, um zum Höhepunkt zu kommen, verlieren dabei die Kontrolle - und erleben den deshalb zu früh.
Mediziner vermuten, dass bis zu 30 Prozent der deutschen Männer im Laufe ihres Lebens an Ejaculatio praecox leiden, die meisten an der primären Form. "Er ist die häufigste Sexualstörung des Mannes", sagt Professor Hartmut Bosinski von der Sexualmedizinischen Forschungs- und Beratungsstelle der Universität Kiel. Und eine, über die kaum gesprochen wird.
Offenbar probieren viele lieber, sich selbst zu kurieren. Zählen Schäfchen, während sie Sex haben, lösen im Kopf Rechenaufgaben oder tragen Salben auf ihren Penis auf, die die Haut betäuben sollen. "Alles Versuche, das Erregungsniveau zu senken", erklärt Sexualmediziner Bosinski. Meist verschlimmern diese Bemühungen das Problem. Die Partnerin oder der Partner fühlt sich missachtet. "Du bist beim Sex nicht bei der Sache", diesen Vorwurf hören Männer mit Ejaculatio praecox häufig. Kein Wunder, wenn sie beim Schäferstündchen an Schäfchen denken. Der Mann setzt sich selbst unter Druck: Ich halte nicht lang genug durch, also muss ich dafür sorgen, dass meine Erregung niedrig bleibt. Folge: Sein Penis wird höchstens halb steif, trotzdem kommt er weiter zu früh - verliert jetzt aber auch noch den Spaß am Sex, weil er wegen der unzulänglichen Erektion den Orgasmus schwächer empfindet als früher. "Solche Patienten sind oft schwer in ihrer Lebensfreude beeinträchtigt", berichtet Hartmut Bosinski. "Sie leiden unter depressiven Verstimmungen, häufig ist außerdem ihre Paarbeziehung nachhaltig gestört."
Die Ursache der sekundären Form ist relativ klar: Auslöser ist meist eine Erektionsstörung, die man mit Medikamenten wie Viagra behandeln kann. Schwieriger liegt der Fall beim primären Orgasmus. Mit ihm haben sich bisher nur wenige Wissenschaftler auseinander gesetzt. Aktueller Stand der Forschung, so Harmut Bosinski. Er sagt: "Wir gehen mittlerweile davon aus, dass es sich um ein biopsychosoziales Phänomen handelt." Das bedeutet: Bestimmte körperliche Abläufe tragen dazu bei, dass eine Störung entsteht, dazu kommen psychische Probleme und möglicherweise Schwierigkeiten in der Partnerschaft.
Was die biologischen Auslöser der Störung angeht, so nehmen die Ärzte an, dass bei den Betroffenen eine Art Fehlschaltung im vegetativen Nervensystem vorliegt. Dieses Nervensystem besteht aus einem parasympathischen und einem sympathischen Teil. Der Parasympathikus ist unter anderem dafür zuständig, die Erregung anwachsen zu lassen. Hat sie ihren Höhepunkt erreicht, wird der Sympathikus aktiv: Er veranlasst, dass sich der Blasenmuskel schließt, während sich der Schließmuskel für die Harnröhre öffnet - der Orgasmus tritt ein. Das Zusammenspiel zwischen diesen beiden Systemen ist bei Patienten mit vorzeitigem Orgasmus aus der Balance geraten. Der Sympathikus löst den Parasympathikus zu früh ab.
Viele Betroffene sind ganz allgemein "stärker aufgeregt als andere Menschen", so Bosinski. Dazu kommt, dass viele Betroffene nicht in der Lage sind, ihren Körper ohne Angst und Vorurteile zu beobachten. Beginnen sie aber nun, über die Abläufe nachzudenken, wird alles noch schlimmer. Sie sehen, dass sie nicht so lange durchhalten, wie sie möchten, versuchen, mit Tricks die Kontrolle zu übernehmen, um dann zu merken: Ich habe schon wieder versagt. Viele entwickeln darüber hinaus noch Schuldgefühle, der Partnerin oder dem Partner gegenüber. Um so angespannter gehen sie beim nächsten Sex zu Werke - ein Teufelskreis ist entstanden.
"Die Hirnforschung hat belegt, dass sich mit wiederholten, intensiven Erfahrungen Nervenverbindungen verändern. Die Nervenbahnen lernen regelrecht eine Fehlreaktion", sagt Psychologe Christoph Ahlers. "Man kann dann von einem chronischen Leiden sprechen." Das ist allerdings mit Hilfe von Ärzten und Psychologen durchaus in den Griff zu kriegen. Denn das Gehirn kann vieles neu lernen - auch den Orgasmus zur richtigen Zeit. "Der Mensch ist in der Lage, neue Nervenverbindungen zu knüpfen, die alten, ungünstigen zu überschreiben", sagt Christoph Ahlers.
Quelle: www.stern.de