Warum wird Alkohol so verherrlicht?

Zum Thema Alkohol und wirtschaftliche/politische Macht mal ein Filmtipp:

https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE3NjkyMDM

Bundeskanzleri schrieb:Meiner Erfahrung nach sind es hauptsächlich die Konsumenten, die es manchmal kaum ertragen, wenn jemand bei den geselligen Runden nicht alkoholisch mitzieht.

Das sehe ich auch so, dann heißt es "was ist mit Dir los?, bist Du krank?". Oder ähnlichen Sprüche kommen dann.

Dabei ist es jedem selber überlassen ob er was alkoholisches oder was alkoholfreies trinkt wie Wasser, Cola oder Saft.

Gibt ja auch Leute denen schmeckt Alkohol nicht, oder sie wollen eben auf dem Heimweg sicher zuhause ankommen mit Auto oder Fahrrad.

skattone schrieb:Gibt ja auch Leute denen schmeckt Alkohol nicht, oder sie wollen eben auf dem Heimweg sicher zuhause ankommen mit Auto oder Fahrrad.

Eigentlich sollte es keine Rechtfertigung brauchen.
Ich erkläre ja auch nicht, warum ich lieber Tee als Kaffee trinke.


Mein Sohn hat mir vor kurzem wieder eine Situation geschildert, wo er fast genötigt wurde, Alkohol zu trinken.
In der Runde war auch eine Schwangere, wo das selbstverständlich akzeptiert wurde.
Ich meinte, er soll einfach auch sagen, dass er schwanger ist, vielleicht hilft's :D

Ich habe mir das Saufen 1984 abgewöhnt, seit 1991 halte ich mir dafür eine irische Gastarbeiterin.

Bundeskanzleri schrieb:Ich meinte, er soll einfach auch sagen, dass er schwanger ist, vielleicht hilft's :D

:D
Aber Spaß bei Seite, ich finde es echt nicht okay, Leute zum Alkoholkonsum zu überreden, ja fast schon zu nötigen, hab ich ja schon mehrfach erwähnt. Vor allem erschließt sich mir der Sinn dahinter bis jetzt noch nicht ganz. Haben die Trinkenden eine Art schlechtes Gewissen, weil einer in der Runde nicht trinkt? Oder ist es das Wissen, dass der Nüchterne dann den Betrunkenen überlegen sein wird (in fast allen Bereichen des Lebens)? Ich verstehe es nicht.

Wenn man, wie ich, keinen Alkohol mehr trinkt, fühlt man sich mit fortschreitendem Promillepegel der anderen mehr und mehr in ein Paralleluniversum entrückt. Alle anderen sind in ihrem Suff scheinbar vollkommen normal, nur man selbst benimmt sich merkwürdig.

Alkohol abzulehnen ist für mich als Nichtmehrtrinker allerdings kein Problem.

Ich bin des öfteren in irischen Pubs, in die mich meine Frau bei Heimatbesuchen verschleppt, der einzig nüchterne Mensch.
Wenn Du da keinen Alkohol trinkst, wirst Du angeguckt, als würdest Du beim Freitagsgebet mit Gummistiefeln voller Schweinemist in die Moschee trampeln.

Na gut, mein Pensum erledigt meine Liebste für mich mit.

Ich erinnere mich mit Grausen an eine Szene zu fortgeschrittener Stunde, als mich eine Horde Iren fragte, ob ich ihnen ein Lied aus meiner Heimat singen könne. Ich entschied mich für ein Medley aus "Hamboorger Veermaster", "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" und einer Torfrock-Auswahl, soweit mein Textgedächtnis reichte. Vorgetragen mit Matzerath-Stimme (Blechtrommel), bei der der Wirt Gläser und Flaschen in Sicherheit bringen musste.

Als ich dachte, die schmeissen mich jetzt zu Recht raus, stand ich auf ein Mal mit einem Arm voller Guinness da: "A pint for the singer!" Ich muss wie die irische Variante einer Oktoberfest-Serviererin gewirkt haben (ohne das offenherzige Dirndl). Als ich dann eröffnete: Sorry, I don't drink beer anymore, da wurde ich angeguckt als hätte ich irgendein böses four-letter-word gebraucht oder wäre eben gerade vom Mars eingeflogen.

Na gut, um es kurz zu machen: Ich habe das Zeug in meine Frau gefüllt und sie hat danach den Leihwagen vollgekotzt.

EnyaVanBran schrieb:Aber Spaß bei Seite, ich finde es echt nicht okay, Leute zum Alkoholkonsum zu überreden, ja fast schon zu nötigen, hab ich ja schon mehrfach erwähnt. Vor allem erschließt sich mir der Sinn dahinter bis jetzt noch nicht ganz. Haben die Trinkenden eine Art schlechtes Gewissen, weil einer in der Runde nicht trinkt? Oder ist es das Wissen, dass der Nüchterne dann den Betrunkenen überlegen sein wird (in fast allen Bereichen des Lebens)? Ich verstehe es nicht

Meine Vermutung: Die machen das, damit sie ihren eigenen Alkoholkonsum rechtfertigen können. Wenn jeder trinkt, ist es normal und man muss sich nicht mehr damit auseinandersetzen, dass man nicht ohne kann und vielleicht schon eine gewisse Abhängigkeit besteht.

SeiraButterfly schrieb:Meine Vermutung: Die machen das, damit sie ihren eigenen Alkoholkonsum rechtfertigen können. Wenn jeder trinkt, ist es normal und man muss sich nicht mehr damit auseinandersetzen, dass man nicht ohne kann und vielleicht schon eine gewisse Abhängigkeit besteht.

Ja, im Grunde wäre das auch meine Vermutung. Eigentlich recht armselig wenn man ehrlich ist.

Bei uns auf dem Dorf geht es so, zumindest bei mir und einem guten (im doppelten Sinne: alten Bekannten) so:

Wenn ich ihn besuche, dann stellt er, wie immer, zwei Gläser auf den Tisch und holt die Kömbuddel raus. Wie immer lehne ich ab: "Horst, Du weisst doch genau, dass ich keinen Alkohol trinke" "Na gut, dann trink' ich eben ein' für Dich mit!" spricht er und haut sich die Schnäpse in den Hals. Das ist unser Standard-Ritual.

Bundeskanzleri schrieb:Eigentlich sollte es keine Rechtfertigung brauchen.

Eigentlich nicht, da hast Du recht. Aber bei manchen Leuten mache ich es dann schon, kommt auf die person an mit der ich ausgehe.

skattone schrieb:Aber bei manchen Leuten mache ich es dann schon, kommt auf die person an mit der ich ausgehe.

Ja klar, das kann ja auch in einem normalen Gespräch mitgeteilt werden.

Die Leute in meinem Umfeld wissen halt größtenteils, dass ich eher nichts trinke oder fragen dann nicht weiter nach.

https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/guter-sex-und-dumme-sprueche-ohne-alkohol-geht-es-mir-viel-besser-trotzdem-muss-ich-mich-rechtfertigen_id_12884196.html

Entsprechend sollte man vorbereitet sein – auf nervige Kommentare und plumpe Versuche, das alkoholfreie Experiment zu torpedieren. Meine Top-3 der dümmsten Sprüche, die ich mir anhören musste:

„Dann nimmst Du eben ein Alster. Das geht immer.“
Ich sagte gerade, ich trinke keinen Alkohol. Als wäre in dem Biermix kein Alkohol.

„Ich mache mir langsam Sorgen, andere Leute könnten Dich für eine Spaßbremse halten.“
Über meinen zuvor mitunter übermäßigen Alkoholkonsum hatte sich dieser sehr gute Freund nie Sorgen gemacht.

„Wie lange soll das denn noch gehen? Ich würde Dich auch gern mal wieder treffen.“
Als könnten wir uns nüchtern nicht treffen. Und wenn es nur besoffen mit mir auszuhalten ist, dann ist es vielleicht besser, wir sehen uns wirklich nicht mehr.

Hier ein kleiner Erfahrungsbericht von jemand, die aufgehört hat Alkohol zu trinken.

So krass ist mir das nie begegnet, ich habe allerdings auch nie wirklich Alkohol getrunken im.Sinne von betrinken.

Ich bin nicht abstinent, mal ein Glas Wein oder so.
Da ich schon bei einem Mon Cherie den Alkohol deutlich merke, komme ich über das Glas Wein auch nicht hinaus.

Bundeskanzleri schrieb:So krass ist mir das nie begegnet

Mir schon, relativ häufig und von relativ vielen Leuten.
Waren genau solche Sprüche mit Spaßbremse, Spießer, Langweiler.. sogar teilweise die Aussage "du lebst zu gesund". Aber eben auch sowas wie "Dies und das geht doch noch".

Finde das sehr erschreckend, wie scheinbar keiner mehr weiß/wissen will was ihr geliebtes Lebenswasser alles anrichtet. Und ja viele nennen es wirklich so, was ich noch erschreckender finde als solche Sprüche. Und das wird noch als lustig empfunden.

Oh und auch häufig die Frage "Wieso trinkst du nicht? Bist du krank?" Oder wahlweise auch mal "bist du schwanger?" als ob man halt sich dafür rechtfertigen muss, wenn man NICHT trinkt. Also wenn, dann muss man sich doch eher rechtfertigen, wenn man trinkt. Rein theoretisch braucht sich aber niemand vor anderen rechtfertigen sondern nur vor sich selbst.

Ich freue mich schon ewig auf das nächste Mal, wenn wieder jemand aus meiner Familie solche dummen Sprüche bringt. Denn dann schlag ich mal verbal zu. Leider kam es jetzt aber schon länger nicht vor. Und bisher hatte ich halt immer brav meine Gusche gehalten. Aber nächstes Mal nicht mehr.

SeiraButterfly schrieb:Und ja viele nennen es wirklich so,

Die Witwe meines Vaters nennt es immer Medizinchen.
Haha, auch sehr lustig.

SeiraButterfly schrieb:Aber nächstes Mal nicht mehr.

Ja, da kann man sich bei wiederkehrenden Kommentaren gut vorbereiten.

Bundeskanzleri schrieb:Hier ein kleiner Erfahrungsbericht von jemand, die aufgehört hat Alkohol zu trinken.

So krass ist mir das nie begegnet, ich habe allerdings auch nie wirklich Alkohol getrunken im.Sinne von betrinken.

Das ist wirklich krass

Ich wurde kürzlich mit "Jetzt trink doch mit", "Trink nicht nur Wasser", "Nimm dir doch endlich ein Glas Wein, Wodka [...]" konfrontiert - also kenne ich doch eine Person die zum Mittrinken animieren will, hab das aber wohl erfolgreich verdrängt :D

Trotzdem halte ich die die "Gelagequengler" für eine Minderheit

KFB schrieb:Ich wurde kürzlich mit "Jetzt trink doch mit", "Trink nicht nur Wasser", "Nimm dir doch endlich ein Glas Wein, Wodka [...]" konfrontiert

Ich gehe dann meistens. Früher habe ich mich noch erklärt, jetzt ist es mir scheiss egal.
Es findet noch vereinzelt statt, jedoch hat sich der Großteil meines Freundeskreis und Verwandte damit arrangiert dass ich nix trinke.

SeiraButterfly schrieb:Oh und auch häufig die Frage "Wieso trinkst du nicht? Bist du krank?" Oder wahlweise auch mal "bist du schwanger?" als ob man halt sich dafür rechtfertigen muss, wenn man NICHT trinkt.

Wir sollten das auch anfangen. "Warum trinkst du? Musst du was verarbeiten / verdrängen? Bist du süchtig? Muss das jetzt sein? Spaßbremse ..." Und so weiter ...

SeiraButterfly schrieb:Mir schon, relativ häufig und von relativ vielen Leuten.
Waren genau solche Sprüche mit Spaßbremse, Spießer, Langweiler.. sogar teilweise die Aussage "du lebst zu gesund".

Mir wurde früher, als ich noch geraucht habe und jedes Wochenende feiern war, auf meinen Vorsatz, Alkohol und Zigaretten komplett aufzugeben, mal gesagt: "Lass das bloß, dann wärst du nicht mehr du!"

Fand ich schon schockierend, dass manche Leute den Konsum von Suchtmitteln offenbar als unverzichtbaren Teil der Persönlichkeit betrachten...

Mit dem Rauchen und Feiern gehen habe ich tatsächlich aufgehört, aber heute gibt es ab und an mal ein, zwei Gläschen guten Rotwein, Cremant oder Champagner.

capspauldin schrieb:Ich gehe dann meistens

Die Möglichkeit ist aktuell nicht gegeben aber auch nicht weiter schlimm, ich kann das ja ignorieren und wenn ich Lust habe doch ein Glas nehmen
Die Kante geb ich mir halt nicht, meine Leber soll sich nicht überarbeiten 🤷‍♂️

Ich trinke keinen Alkohol und wenn mir welcher angeboten wurde, habe ich das gesagt. Ich habe deswegen noch nie Diskussionen gehabt, dass mir jemand unbedingt Alkohol aufdrängen wollte. Da würde höchstens mal nachgefragt warum nicht. Dann habe ich von den ganzen Leuten erzählt die mir bekannt waren und sich zu Tode gesoffen haben und mich das irgendwie abgeschreckt hat, dann war Ruhe.
Die Leute, die mich kennen, wissen das sowieso, da wird erst gar nicht mehr angeboten.