..habe hier eine kleine Zusammenfassung, der wichtigsten Grundsätzen:
Zur Ich-Losigkeit im Buddhismus verhält es sich ja so, dass die Behauptnung der Ich-Losigkeit/ Wesenslosigkeit wichtig ist, um klarzumachen, dass es keinen festen Punkt in uns gibt, von dem aus sich die Wirklichkeit er-greifen und rational be-greifen liesse. Nicht nur die Wirklichkeit, in der wir uns von Augenblick zu Augenblick befinden ist in ständigem Wandel begriffen, sondern auch wir selbst sind heute nicht mehr dieselben, die wir gestern waren. Die Ich-Losigkeit ist aber auch Voraussetzung, sich dem andern, den Lebewesen, der Welt in Offenheit zuwenden zu können.
In spiritueller Hinsicht ist diese Offenheit dann auch die Leere, in die das ganz Andere (Göttliche) einbrechen kann. Im historischen Umfeld Buddhas war die Ich-Losigkeit schliesslich noch deshalb ein wichtiges, damals ketzerisches, Postulat, weil damit festgestellt wurde, dass es nichts Festes gebe (so etwas wie eine personale, ich-definierte Seele), das einen Gegensatz zum Leib darstellen könnte, oder das sich als unveränderlicher Bestandteil von Wiedergeburt zu Wiedergeburt fortpflanzen würde. Eine solche Annahme hätte dem Prinzip der Identität, des sich Wiedererkennens von allem in allem, der All-Einheit der Wirklichkeit widersprochen.
Das ethische VerhaltenEthisches Verhalten (sila) ist Voraussetzung für jede Versenkungserfahrung, die zu Erkenntnis und Befreiung führt. (Für die Laien gilt in diesem Leben vor allem: gläubiges Vertrauen und Sittlichkeit.) "Meiden des Bösen, Tun des Guten und
wachsames Behüten des Geistes ist die (ganze) Ermahnung
des Erwachten." (Altbuddhist. Spruch)
Die fünf wichtigsten Gebote werden im "Grossen Gelübde" erwähnt:, es sind: (vgl. z.B. Thich Nhat Hanh: Die fünf Pfeiler der Weisheit, Bern 1995.)
- 1.Nichtverletzen von Lebewesen, d.h. grundsätzliche Achtung vor dem Leben. (Meint auch die vier Haltungen: Liebe und Freundlichkeit [maitri], Mitleid [karuna], Mitfreude [mudita], Gleichmut [upeksa]).
- 2.
Nichts nehmen, was nicht freiwillig gegeben wird, d.h. kein Besitzstreben (Meint nicht nur "nichts stehlen", sondern positiv auch Grosszügigkeit und Freigebigkeit.) - 3.
Sittliches Verhalten, d.h. sexuelle Verantwortung in den Beziehungen. (Meint: Grundhaltung im Bewusstsein der Heiligkeit allen Lebens. Vgl. auch Christentum, 1 Kor.) - 4.
Nicht lügen, d.h. unbedingte Wahrhaftigkeit. (Meint auch: Aufmerksames Zuhören und einfühlsames Reden; aber auch Schweigen als Tugend.) - 5.Meidung berauschender und betäubender Genussmittel, d.h. Besonnenheit und Konzentration im Lebensalltag. (Meint auch achtsamen Umgang mit Konsumgütern.)
Dabei ist die Einleitungsformel zu beachten: "Ich fasse den Entschluss ..." Es ist also nicht Gott, der der zum Gehorsam verpflichtet ("Ich bin Jahwe, dein Gott ..., du sollst ..."), sondern der Einzelne verpflichtet sich selbst im Wissen, dass das Nichtbefolgen dieser Gebote immer einem Begehren entspricht, das ihn unweigerlich an die karmischen Konsequenzen wenn nicht in diesem, so im nächsten Leben binden wird.
Zumindest die vier ersten Gebote entsprechen einem allgemeinen menschlichen Ethos; es sind Gebote, die einer Haltung der
Liebe und des Mitgefühls entsprechen. Das heisst, es wird so das Loslassen, das Absehen von sich selbst (Nicht-ich), das Gewahrsein der Verbundenheit mit allem (Identitätsprinzip) und der kausalen Abhängigkeit (Kausalitätsprinzip) geübt. All das gehört zur Überwindung des Leidens, das in den vier edlen Wahrheiten analysiert worden ist, und zwar nicht nur des eigenen Leidens, sondern des Leidens aller Lebewesen.
Zu den bisherigen (Zen-) buddhistischen
Zielen, die wir erkennen können:
- der klaren Forderung nach ethisch einwandfreiem Verhalten und
- und dem Bemühen, mit dem letzten Daseinsgrund ("dem Ungeborenen") eins zu werden (was im Zen dann satori genannt wird)
kommt nun ein drittes (Einfluss von Tao chin.), nämlich
- die Nicht-Dualität der Wirklichkeit zu erkennen. (Wenn wir nachts schlafen und nach dem Kopfkissen fassen, gibt es keinen Gedanken der Unterscheidung.)
Damit wird unserem diskursiven Denken, das sich um ständiges Urteilen bemüht, gewissermassen der Boden entzogen. Es ist einfach zur Kenntnis zu nehmen, wie "Es" ist. (Die Unterscheidungen in gut und böse, ewig und vergänglich, materiell und spirituell werden irrelevant.) In der achtsamen Wahrnehmung verschwindet sogar die Unterscheidung von mir selbst und dem "Ding" da draussen (von Subjekt und Objekt). Dies heisst nicht, dass wir unberührt und unbeteiligt alles der Beliebigkeit überantworten sollen. Es geht um eine neue Praxis im Gewohnten, die uns zu einem neuen In-der-Welt-sein führen soll!
Ein Meister sagte: "Der Verstand, der nicht versteht, das ist Buddha. Es gibt keinen andern."Sobald du erkennend feststellst: "Dies ist es", bist du schon an Händen und Füssen gebunden und kannst dich nicht mehr bewegen. ....(Foyan)Zen ist nicht interessiert an Abstraktionen, begrifflichem Denken, ausgeklügelten Philosophien, Doktrinen, Glaubensbekenntnissen, Dogmen. Es versucht direkt auf die Wahrheit zu zeigen, wie sie vor uns liegt, wie sie jederzeit in unserem Selbst verwirklicht ist. Dieses Selbst – das klar von unserem ‚kleinen‘ egoistischen Ego unterschieden wird – ist identisch mit dem Buddha-Geist, dem Buddha-Wesen, der Buddha-Natur, und diese wiederum entspricht der "Leere" (ku, shunyata). Dieses Selbst ist in seiner Vollkommenheit in uns angelegt und muss nur befreit werden. (Vgl. die Arbeit des Bildhauers!) Dazu aber muss ‚Stille‘ entstehen…
Ich weiss, dass ich nichts weiss (sokrates)