HenneM
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Amazon und das Einzelhandelsterben
01.02.2020 um 17:31Hallo Leute, sorry wird etwas länger. Schafft ihr schon ;-)
ich möchte mal ein Thema zur Diskussion stellen, dass mich in Abständen immer mal wieder beschäftigt. Das Thema ist einigermaßen komplex, denn es soll nicht nur um Online- vs. stationärer Handel gehen, sondern auch um die Probleme, die mit dem Verschwinden des stationären Einzelhandels einhergehen. Und die sind meiner Meinung nach zahlreich.
Doch vorab zu mir. Ich gehöre zur mittleren Generation, kenne also noch die Zeit, als es kein Internet gab, und als Amazon noch ein reiner Online-Buchhandel war. Ich war damals schon technikaffin. Also Computer und Computerspiele - das übliche. Außerdem war ich nie der Typ, der auf ein Haus oder so gepaart hat, will heißen ich habe mein Geld immer direkt ausgegeben, und beides hat sich heute nicht wesentlich geändert.
Damals ist man für den Kauf von Computerzubehör in einen von vielen Spezial-Läden gegangen. Die fachliche Beratung sowie allgemein der Service war mal mehr mal weniger gut, je nachdem, in was für einen Laden man ging. Die Auswahl an Produkten war aus heutiger Sicht lächerlich gering. Das hat aber damals überhaupt nicht gestört. Das Problem war eher, dass Gaming am PC, oder sagen wir der PC allgemein, ein teures Hobby war. In der Hinsicht hat sich bis heute viel verbessert, aber das soll nicht das Thema sein.
In gewisser Weise war es eine gute Zeit. Man ging in den Laden seiner Wahl, zahlte Bar, und wenn das gewünschte Mainboard oder die Grafikkarte nicht vorrätig war, dann ging man eben in den Laden gegenüber oder ließ es durch den Händler ordern.
Zeitsprung 20 Jahre später. Die kleinen Läden gibt es nicht mehr. Der Markt wird beherrscht von einem Quasi-Monopolisten aus einem Land, in dem Büsche Präsidenten werden, und der unsympathischer nicht sein könnte. Trotzdem kaufen wir alle da.
Doch was ist mit Mediamarkt-Saturn als Alternative zu Amazon und Co.? Hier ergibt sich ein meiner Meinung nach gespaltenes Bild. Der Saturn in Hamburg an der Mönckebergstraße ist wirklich gut. Die Auswahl ist im Vergleich zum Online-Handel natürlich schlecht, gerade im Bereich Computer-Komponenten, aber insgesamt ausreichend. Besucht man dagegen einen Markt der Media-Saturn-Gruppe in einem anderen Stadtteil von Hamburg, sieht die Sache völlig anders aus. Will man beispielsweise einen Kopfhörer im höheren Preissegment kaufen, hat man mit Glück die Auswahl zwischen ein oder zwei Modellen. Die Preise in diesen Läden verderben einem dann vollends den Spaß.
Fazit: Die Premium-Märkte von Media-Saturn in den Stadtzentren haben durchaus ihre Daseinsberechtigung, auch wenn die Preise das Kauferlebnis trüben. Jedoch der Sinn der kleineren Märkte erschließt sich mir in keinster Weise. Auch scheint die Produktauswahl sämtlicher Media-Saturn Läden nicht auf meine Zielgruppe abgestimmt: Ich habe dort die Auswahl unter 1.000 Fernsehern, finde jedoch nicht einen einzigen 4K-Monitor über 40 Zoll. Ich darf zwischen 10.000 Smartphones wählen, jedoch bekommt man dort weder einen Raspberry Pi noch eine aktuelle Grafikkarte. Hin und wieder gibt es bei Saturn oder Media-Markt gute Konsolenangebote, nur, um auch mal was Positives zu nennen.
Jetzt wo geklärt ist, dass der Einzelhandel praktisch nicht mehr existiert, bleibt die große Frage, was eigentlich der Segen von Amazon und Co. sein soll? Mal abgesehen von der Auswahl, die wie schon erwähnt, damals auch kein Problem darstellte.
Ich sehe eigentlich nur Nachteile. Das fängt an mit dem Bezahlsystem. Als Kreditkartenverweigerer schätze ich, dass Amazon Sepa-Lastschrift als Zahlungsmethode akzeptiert. Jedenfalls meistens. Hin und wieder kommt es jedoch vor, dass Amazon meine Bestellung zunächst annimmt, dann aber ablehnt mit der Begründung, ich müsse eine andere Zahlungsmethode wählen. Ein Problem, dass Amazon trotz zahlreicher Telefonate mit der Hotline nicht lösen kann oder will. Es heißt dann immer, ich soll, wenn ich keine Kreditkarte habe, mit Geschenkgutscheinen zahlen. Sehr sinnig, ein Online-Shop, wo man zum Bezahlen Geschenkgutscheine bei Edeka kaufen muss. Ob denn wenigstens Vorkasse geht? Leider nein.
Andere Läden, wie z.B. Alternate, akzeptieren hingegen Vorkasse, jedoch kein SEPA Also nach dem Bestellen ab zur Bank und Überweisung tätigen. Nicht gerade, was man unter „bequemes Einkaufen von Zuhause“ versteht. (Ja, ich bin inzwischen auch auf Online-Banking gewechselt, nachdem ich mich jahrelang erfolgreich dagegen wehren konnte).
Dann ist da noch das leidige Thema Lieferung. Als Berufstätiger lasse ich mir Pakete immer in die Firma schicken, was ganz gut funktioniert, da mein Arbeitgeber tolerant ist. Ist natürlich dann blöd, wenn man was größeres bestellt und mit dem Fahrrad zur Firma gefahren ist. Also auch hier: Einkaufen bequem von Zuhause geht eigentlich anders.
Ich bestelle oft Sachen für die Firma bei Amazon. Wieso DHL nicht versteht, dass die Paketabgabe bei einer offensichtlichen Firmenadresse in einem Gewerbegebiet am Samstag zwecklos ist, bleibt wohl für ewig das Geheimnis von DHL. Uns kann es egal sein, der Umwelt sicher nicht.
Apropos Umwelt: Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es bei Amazon einen Bonus für Mitarbeiter gibt, die eine Bestellung in möglichst viele Einzel-Zustellungen und -Pakete aufteilen. Nun erwarte ich von einem US-Konzern kein Umweltdenken. Aber schön ist das dennoch nicht.
Bei Alternate, wo ich eigentlich ganz gerne bestelle, weil mir der Laden allemal sympathischer ist als Amazon, gibt es neben fehlenden SEPA-Lastschrift das Problem, dass Ersatzlieferungen grundsätzlich an die Rechnungsadresse gegen, also nach Hause. Dann wundert sich der Paketbote, dass mal wieder wochentags um 15 Uhr keiner die Tür öffnet.
Kommen wir zum Thema Reklamation. Ich erinnere mich da an einen extremen Fall, wo ich einen 43 Zoll LG-Monitor bei Notebooksbilliger kaufte, bei dem nach ein paar Monaten das Netzteil kaputt ging. Ein so großes Gerät zu verpacken und zu verschicken ist keine Freude, weswegen ich froh war, dass das Gerät in der Firma abgeholt werden sollte. Also rein ins Auto und ab damit in die Firma. So stand die Kiste Monate bei mir im Büro und wurde nicht abgeholt. Notebooksbilliger hatte den Transportauftrag an DHL, und die wiederum an eine Hamburger Spedition weitergereicht. Diese erwies sich aber nicht nur als inkompetent, sondern auch als überlastet. Das Ende vom Lied war, dass ich den defekten Monitor persönlich bei besagter Spedition im Hamburger Gewerbegebiet Billbrook abgeben durfte. Diese Aktion werde ich niemals vergessen. Wer denkt, dass Gewerbegebiete grundsätzlich staufrei sind, weil er sie nur am Wochenende gesehen hat, irrt gewaltig. Auch ist das Finden einer kleinen Spedition in einem großen Gewerbegebiet nichts für Ungeduldige. Die Abnahme der Ware erwies sich dann als die nächste Herausforderung, weil in der Hallen zwischen den ganzen Regalen keine Sau war. Ich hätte leicht die komplette Halle ausräumen können, das wäre überhaupt nicht aufgefallen. Die ganze Aktion mit Stau, Spedition finden und Ware abgeben kostete mich insgesamt 5 Stunden.
Was bleibt als Fazit? Das Sterben des Einzelhandels ist sicherlich für viele kein so großes Problem wie für mich. Aber diejenigen, die damit aufgewachsen sind und vielleicht sogar Amazon gut finden, sollen wissen, dass der Einzelhandel im Gegensatz zu Amazon Körperschaftsteuer zahlt und damit einen Beitrag zum Bestehen dieser Gesellschaft leistet. Auch werden dort die Angestellten als Menschen und nicht als Sklaven behandelt, die zudem in Deutschland Einkommenssteuer entrichten. Denkt mal darüber nach, wenn ihr das nächste Mal wegen einer seit Wochen überfälligen Lieferung mit einem Amazon Callcenter-Sklaven telefoniert, dessen türkischer Akzent in Verbindung mit der schlechten Leitung nach Istanbul kaum zu verstehen ist.
ich möchte mal ein Thema zur Diskussion stellen, dass mich in Abständen immer mal wieder beschäftigt. Das Thema ist einigermaßen komplex, denn es soll nicht nur um Online- vs. stationärer Handel gehen, sondern auch um die Probleme, die mit dem Verschwinden des stationären Einzelhandels einhergehen. Und die sind meiner Meinung nach zahlreich.
Doch vorab zu mir. Ich gehöre zur mittleren Generation, kenne also noch die Zeit, als es kein Internet gab, und als Amazon noch ein reiner Online-Buchhandel war. Ich war damals schon technikaffin. Also Computer und Computerspiele - das übliche. Außerdem war ich nie der Typ, der auf ein Haus oder so gepaart hat, will heißen ich habe mein Geld immer direkt ausgegeben, und beides hat sich heute nicht wesentlich geändert.
Damals ist man für den Kauf von Computerzubehör in einen von vielen Spezial-Läden gegangen. Die fachliche Beratung sowie allgemein der Service war mal mehr mal weniger gut, je nachdem, in was für einen Laden man ging. Die Auswahl an Produkten war aus heutiger Sicht lächerlich gering. Das hat aber damals überhaupt nicht gestört. Das Problem war eher, dass Gaming am PC, oder sagen wir der PC allgemein, ein teures Hobby war. In der Hinsicht hat sich bis heute viel verbessert, aber das soll nicht das Thema sein.
In gewisser Weise war es eine gute Zeit. Man ging in den Laden seiner Wahl, zahlte Bar, und wenn das gewünschte Mainboard oder die Grafikkarte nicht vorrätig war, dann ging man eben in den Laden gegenüber oder ließ es durch den Händler ordern.
Zeitsprung 20 Jahre später. Die kleinen Läden gibt es nicht mehr. Der Markt wird beherrscht von einem Quasi-Monopolisten aus einem Land, in dem Büsche Präsidenten werden, und der unsympathischer nicht sein könnte. Trotzdem kaufen wir alle da.
Doch was ist mit Mediamarkt-Saturn als Alternative zu Amazon und Co.? Hier ergibt sich ein meiner Meinung nach gespaltenes Bild. Der Saturn in Hamburg an der Mönckebergstraße ist wirklich gut. Die Auswahl ist im Vergleich zum Online-Handel natürlich schlecht, gerade im Bereich Computer-Komponenten, aber insgesamt ausreichend. Besucht man dagegen einen Markt der Media-Saturn-Gruppe in einem anderen Stadtteil von Hamburg, sieht die Sache völlig anders aus. Will man beispielsweise einen Kopfhörer im höheren Preissegment kaufen, hat man mit Glück die Auswahl zwischen ein oder zwei Modellen. Die Preise in diesen Läden verderben einem dann vollends den Spaß.
Fazit: Die Premium-Märkte von Media-Saturn in den Stadtzentren haben durchaus ihre Daseinsberechtigung, auch wenn die Preise das Kauferlebnis trüben. Jedoch der Sinn der kleineren Märkte erschließt sich mir in keinster Weise. Auch scheint die Produktauswahl sämtlicher Media-Saturn Läden nicht auf meine Zielgruppe abgestimmt: Ich habe dort die Auswahl unter 1.000 Fernsehern, finde jedoch nicht einen einzigen 4K-Monitor über 40 Zoll. Ich darf zwischen 10.000 Smartphones wählen, jedoch bekommt man dort weder einen Raspberry Pi noch eine aktuelle Grafikkarte. Hin und wieder gibt es bei Saturn oder Media-Markt gute Konsolenangebote, nur, um auch mal was Positives zu nennen.
Jetzt wo geklärt ist, dass der Einzelhandel praktisch nicht mehr existiert, bleibt die große Frage, was eigentlich der Segen von Amazon und Co. sein soll? Mal abgesehen von der Auswahl, die wie schon erwähnt, damals auch kein Problem darstellte.
Ich sehe eigentlich nur Nachteile. Das fängt an mit dem Bezahlsystem. Als Kreditkartenverweigerer schätze ich, dass Amazon Sepa-Lastschrift als Zahlungsmethode akzeptiert. Jedenfalls meistens. Hin und wieder kommt es jedoch vor, dass Amazon meine Bestellung zunächst annimmt, dann aber ablehnt mit der Begründung, ich müsse eine andere Zahlungsmethode wählen. Ein Problem, dass Amazon trotz zahlreicher Telefonate mit der Hotline nicht lösen kann oder will. Es heißt dann immer, ich soll, wenn ich keine Kreditkarte habe, mit Geschenkgutscheinen zahlen. Sehr sinnig, ein Online-Shop, wo man zum Bezahlen Geschenkgutscheine bei Edeka kaufen muss. Ob denn wenigstens Vorkasse geht? Leider nein.
Andere Läden, wie z.B. Alternate, akzeptieren hingegen Vorkasse, jedoch kein SEPA Also nach dem Bestellen ab zur Bank und Überweisung tätigen. Nicht gerade, was man unter „bequemes Einkaufen von Zuhause“ versteht. (Ja, ich bin inzwischen auch auf Online-Banking gewechselt, nachdem ich mich jahrelang erfolgreich dagegen wehren konnte).
Dann ist da noch das leidige Thema Lieferung. Als Berufstätiger lasse ich mir Pakete immer in die Firma schicken, was ganz gut funktioniert, da mein Arbeitgeber tolerant ist. Ist natürlich dann blöd, wenn man was größeres bestellt und mit dem Fahrrad zur Firma gefahren ist. Also auch hier: Einkaufen bequem von Zuhause geht eigentlich anders.
Ich bestelle oft Sachen für die Firma bei Amazon. Wieso DHL nicht versteht, dass die Paketabgabe bei einer offensichtlichen Firmenadresse in einem Gewerbegebiet am Samstag zwecklos ist, bleibt wohl für ewig das Geheimnis von DHL. Uns kann es egal sein, der Umwelt sicher nicht.
Apropos Umwelt: Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es bei Amazon einen Bonus für Mitarbeiter gibt, die eine Bestellung in möglichst viele Einzel-Zustellungen und -Pakete aufteilen. Nun erwarte ich von einem US-Konzern kein Umweltdenken. Aber schön ist das dennoch nicht.
Bei Alternate, wo ich eigentlich ganz gerne bestelle, weil mir der Laden allemal sympathischer ist als Amazon, gibt es neben fehlenden SEPA-Lastschrift das Problem, dass Ersatzlieferungen grundsätzlich an die Rechnungsadresse gegen, also nach Hause. Dann wundert sich der Paketbote, dass mal wieder wochentags um 15 Uhr keiner die Tür öffnet.
Kommen wir zum Thema Reklamation. Ich erinnere mich da an einen extremen Fall, wo ich einen 43 Zoll LG-Monitor bei Notebooksbilliger kaufte, bei dem nach ein paar Monaten das Netzteil kaputt ging. Ein so großes Gerät zu verpacken und zu verschicken ist keine Freude, weswegen ich froh war, dass das Gerät in der Firma abgeholt werden sollte. Also rein ins Auto und ab damit in die Firma. So stand die Kiste Monate bei mir im Büro und wurde nicht abgeholt. Notebooksbilliger hatte den Transportauftrag an DHL, und die wiederum an eine Hamburger Spedition weitergereicht. Diese erwies sich aber nicht nur als inkompetent, sondern auch als überlastet. Das Ende vom Lied war, dass ich den defekten Monitor persönlich bei besagter Spedition im Hamburger Gewerbegebiet Billbrook abgeben durfte. Diese Aktion werde ich niemals vergessen. Wer denkt, dass Gewerbegebiete grundsätzlich staufrei sind, weil er sie nur am Wochenende gesehen hat, irrt gewaltig. Auch ist das Finden einer kleinen Spedition in einem großen Gewerbegebiet nichts für Ungeduldige. Die Abnahme der Ware erwies sich dann als die nächste Herausforderung, weil in der Hallen zwischen den ganzen Regalen keine Sau war. Ich hätte leicht die komplette Halle ausräumen können, das wäre überhaupt nicht aufgefallen. Die ganze Aktion mit Stau, Spedition finden und Ware abgeben kostete mich insgesamt 5 Stunden.
Was bleibt als Fazit? Das Sterben des Einzelhandels ist sicherlich für viele kein so großes Problem wie für mich. Aber diejenigen, die damit aufgewachsen sind und vielleicht sogar Amazon gut finden, sollen wissen, dass der Einzelhandel im Gegensatz zu Amazon Körperschaftsteuer zahlt und damit einen Beitrag zum Bestehen dieser Gesellschaft leistet. Auch werden dort die Angestellten als Menschen und nicht als Sklaven behandelt, die zudem in Deutschland Einkommenssteuer entrichten. Denkt mal darüber nach, wenn ihr das nächste Mal wegen einer seit Wochen überfälligen Lieferung mit einem Amazon Callcenter-Sklaven telefoniert, dessen türkischer Akzent in Verbindung mit der schlechten Leitung nach Istanbul kaum zu verstehen ist.