Mysticsurfer schrieb am 28.02.2019:Was denkt ihr? Wie weit sollte Mitgefühl gehen? Haben auch die schlimmsten Menschen Mitgefühl verdient?
Ich bin der Meinung man könnte erweitertes Mitgefühl etwa so betrachten: Mein Kind hat jemanden umgebracht und landet im Gefängnis. Die Liebe zu meinem Kind ist aber so gross, dass ich trotzdem zu ihm/ihr halte und versuche zu verstehen, wie es soweit kommen konnte.
Diese bedingungslose Liebe kann man ja nun auf alle Menschen übertragen, denn alle haben Eltern.
Die böse Tat verurteilen, dem Täter aber vergeben.
Ist das zu radikal? Geht das zu weit? Ist es abhängig davon, wie nahe mir ein Mensch steht oder was ein Mensch getan hat in seinem Leben? Wo ziehe ich die Grenze?
Sehr interessantes Thema, ich glaube da gibt es Tausende für und wider.
Zu allererst denke ich kann man das gar nicht pauschal beantworten da man immer differenzieren muss: Wer ist der Täter, wer ist das Opfer, um welche Tat handelt es sich, was sind die Hintergründe - gibt es vielleicht sogar tatsächlich "plausible" Gründe für eine Tat (auch das kam schon vor).
Um das von dir genannte Szenario zu behandeln: Wenn mein Kind jemanden umbringt, würde es immer noch mein Kind bleiben. Ich würde es immer noch lieben - es sei denn das Opfer war mein anderes Kind o.ä., im Gefängnis besuchen, etc. Denn ich denke dass die Liebe zum eigenen Kind die allerstärkste ist, so stark dass es wahrscheinlich gar nicht möglich ist von einer Sekunde auf die andere, quasi auf Knopfdruck, einfach aufzuhören es zu lieben. Das ist nicht so wie bei der Freundin oder Frau. Die kann man auch lieben, vielleicht sogar Jahre lang. Aber wer weiß, dann lässt sie deinen besten Freund drüber rutschen und von der einen auf die andere Sekunde wird aus Liebe Hass und du willst sie nie wieder sehen (höchstens brennend
:trollking: ) - bei einem Kind geht das mMn einfach nicht. Zumindest nicht wenn die Bindung so stark ist wie sie zwischen Eltern und Kindern sein sollte. Da reicht auch eine wirklich schreckliche Tat gar nicht aus, lediglich dann wenn diese auch einen persönlichen Bezug zur Familie hat. Und selbst dann nicht immer.
ABER, ich denke dass man trotzdem niemals den Fehler machen dürfte, die Tat des Kindes in irgendeiner Art mit Worten zu relativieren, oder kleinzureden. Denn das wäre dem Opfer und dessen Hinterbliebenen gegenüber respektlos. So wie bei fast allen schrecklichen Taten die passieren wo ich hinterher in Medien etc lesen muss welch schweres Leben der Täter hatte, oder welche psychischen Probleme etc. Weil ich der Meinung bin dass es schrecklich ist, da haben Angehörige einen geliebten Menschen verloren der völlig unschuldig zum Handkuss kam und irgendwelche Experten nehmen den Täter dann auch noch in Schutz, das muss nochmal genau so schlimm sein wie der Verlust. V.a. wenn es dein Kind ist solltest du bedenken dass das Opfer auch das Kind oder die Mutter/der Vater von irgendjemandem war. Und das was die Angehörigen eines Opfers durchmachen, ist 100x schlimmer als das was du als Angehörige eines Täters durchmachen musst.
Man muss wohl in der Lage sein zu sagen: "Das was mein Kind getan hat ist furchtbar und durch nichts zu rechtfertigen. Dennoch ist es mein Kind und ich liebe es."
Außerdem gibt es tatsächlich bei vielen Taten zusätzliche Faktoren die vielleicht zu berücksichtigen sind. Wenn jetzt zB jemand meine Tochter vergewaltigen würde und sie aus Rache oder Notwehr das Leben des Täters beendet - hätte ich sicher Verständnis dafür. Vor allem weil das "Opfer" einen bestimmten Weg eingeschlagen hat. Den Weg der Gewalt, und wenn es diesen Weg dann auch zu Ende beschreiten muss, quasi vom Täter eben zum Opfer wird, kann ich dafür wirklich kein Mitleid aufbringen.
Ich würde es meinem Kind verzeihen, wenn es wegen einer solchen Tat in den Bau wandert (zumindest solange das Opfer nicht auch zur Familie gehört hat, gab ja auch schon Mord unter Geschwistern, oder zwischen Mutter/Vater/Kind etc.), und es nach wie vor lieben. Ich würde die Tat aber keinesfalls rechtfertigen, sie müsste ihre gerechte Strafe dann verbüßen weil sie es so verdient hat.
Worauf ich hinauswill: Man kann bedingungslos lieben, aber nicht blind vor Liebe sein. Und nicht den Blick für die Realität verlieren.