@Scox Scox schrieb:Kannst du dafür Beispiele nennen?
Wir haben noch aktive Reste des Rheinischen Kapitalismus, die aber zugunsten des Neoliberalismus peu à peu aufgegeben werden. Die Austeritätspolitik der letzten Jahre nicht nur in DL, sondern auch anderen europäischen Ländern, ist gegenteilig der rheinischen Philosophie, da sie sich an den Marktmechanismen des angelsächsischen Modell orientiert.
Hab ich doch gerade.
Wer verbietet denn irgendwem in unserem system, dass man wieder etwas linkere wirtschaftspolitik macht?
Hat denn irgendwer aktiv verhindern wollen, dass wir nen mindestlohn einführen?
Dass sich länder entscheiden, eher dinge zu privatisieren, ist kein von oben aufgedrückter zwang eines systems. Das sind einzelentscheidungen von nationen.
Manchmal stellt sich das als vernünftig heraus, wie bei der Agenda 2010, manchmal nicht, wie bei der zu starken privatisierung in england. Da merkt man immer mal wieder, das etwas zu ändern ist.
In amerika war das z.b. zuletzt obamacare, und die chancen stehen gut, dass clinton in der richtung weiter aktiv ist.
Zu sagen, unser system lasse es nicht zu, wieder grundsätzlich linkere wirtschaftspolitik zu machen, ist doch unsinn.
Das wäre so, als würdest du sagen, unser politisches system, die demokratie, lasse keine religiösen parteien zu, nur weil die eben kein mensch wählt.
Scox schrieb:Weil Lohndumping, brachiale Rentenprivatisierung, Wegwerfkonsum und steigende Arbeitsbelastung im fatalen Zusammenhang mit steigendem Statusdenken ein erhebliches soziales Konfliktpotential bergen und zusätzlich zu mehr Verlierern führen, die aus der Tretmühle fallen werden. Grenzenloses Konsumwachstum ist mathematisch genauso wenig haltbar wie realistisch.
Wieso das denn? Was soll das eine mit dem anderen zu tun haben?
Natürlich ist grenzenloses konsumwachstum haltbar in der online zeit.
Man kann jedem immer mehr apps verscherbeln, selbst wenn man ressourcen sparen will.
Darum gehen wir ja auch eher zu einer dienstleistungsgesellschaft hin.
Scox schrieb:Ich schrieb ja, der Wohlstand werde sich, insgesamt betrachtet, noch eine Zeit lang erhöhen. Eine radikale Ideologie wie der Neoliberalismus produziert aber durch seine Verlierer, die sich im immer schneller drehenden Hamsterrad nicht halten können, irgendwann seinen eigenen Geschwindigkeitsrückgang.
Na wen denn? Nen hartz 4 empfänger heute lebt vom finanziellen her besser als manch arbeitende zu früheren zeiten.
Es gibt halt keinen grund, warum der wohlstand zu steigen aufhören sollte.
Scox schrieb:Nein. Das Gegenteil wird eintreten. Es wird eine schwerreiche Spitze mit absoluter Macht geben und eine maßgebliche Verarmung in den unteren Schichten. Auch in Deutschland sind Slums möglich; jedenfalls würde ich das nicht in der Zukunft ausschließen.
Allein mit der richtig krassen Altersarmutswelle, die auf uns zurollt, werden wir noch viel Spaß haben. Alte Menschen, die in Mülleimern nach Pfandflaschen fischen müssen; alte Menschen, die sich keine Gesundheitsversorgung mehr leisten können; alte Menschen, die vereinsamen werden; alte Menschen, die ihr Obdach verlieren, weil sie die Miete nicht mehr zahlen können... Die Schlangen an den Tafeln werden nicht kürzer.
Der Witz ist, wir könnten noch zurück. Zurück in die soziale Marktwirtschaft. Aber es wird nicht gemacht. Je länger man dem Neoliberalismus aber die Chance lässt, sich zu verbreiten und zu zementieren, desto schwieriger wird es, sich ihm zu entreißen.
Warum sollte das passieren? Nenn mir da mal nen vernünftigen grund, warum die absolute armut steigen sollte, nur weil die reichen reicher werden. Das ist vorher auch nicht passiert.
Selbst die superarmen auf der welt werden insgesamt reicher.
Das Rentenproblem haben wir nicht wegen dem kapitalismus. Das ist unserer Demographie geschuldet.
Natürlich ist da etwas zu tun, aber so zu tun als sei das das system schuld ist unsinn.
Scox schrieb:Du machst Scherze, oder? Muss ich wirklich bei der Ursuppe anfangen? :|
Wie meinst du denn, würde sich endloser Wachstumswahn auf die Umwelt auswirken? Wie meinst du denn, würde sich mehr und mehr Fokussierung auf die Karriere und das Ich in der Gesellschaft auswirken? Wie meinst du denn, würde sich die gelebte Doktrin des eigenen Vorteils auf die soziale Kompatibilität mit einer Gemeinschaft auswirken?
Nein, tue ich nicht. Wir haben nicht mehr fokussierung auf karriere. Im gegenteil: Durch die im kapitalismus immer weiter steigende individualisierung haben wir viel mehr leute die heute sagen, sie haben gar keinen bock auf arbeiten und dann auf youtube rumtanzen oder sich über patreon finanzieren lassen. Und wir haben auch immer mehr leute, die im ehrenamt aufgehen.
Vergleichen wir doch mal, wie man 91 auf flüchtlinge reagiert hat und wie heute.
Und du sagst mir, unsere gesellschaft sei egoistische rgeworden, seit sie smartphones hat und sich mehr kaufen kann? Unsinn.
Offensichtlich gehen wir beide mit völlig anderen Blickwinkeln durch die Welt... Gerade in Deutschland ist Statusdenken erheblich ausgeprägt! Allein der viele gehässige Neid, der in Deutschland grassiert und der sich in so vielen Subkulturen einnistet (keiner gönnt einem mehr iwas), sei es auf's Gehalt des anderen, das Auto des anderen, die Frauen/Männer des/der anderen, der Job des anderen, überhaupt die Chancen des anderen. Erzähl' mir nicht, dass es das alles nicht gibt. Ich sehe es täglich in der Uni, im Bekanntenkreis, es klingt in fast jeder Unterhaltung durch, wenn man mal genau hinhört. Erfolg wird geneidet, und nur, weil das evtl. bei dir nicht zutrifft, bedeutet das nicht, dass es auf die Allgemeinheit übertragbar wäre. Ansonsten wäre dein Stanpunkt ziemlich ich-bezogen. ;)
Also da kannst du mal im ausland schauen, wie man da auf kleidung, statussymbole und verhaltensregeln achtet, dagegen ist deutschland gar nix.
Dass der Deutsche missgünstig ist, ist eine seiner eigenheiten die schon sehr lange besteht.
Wenn ich an der uni bin hilft jeder jedem und karriere ist den meisten ziemlich egal.
Kommt auf das fach an, aber wenn man nicht gerade ingenieur, mediziner oder anwalt wird, dann ist das so.
Bei gesiteswissenschaften eh, bei lehrern fast immer und auch bei naturwissenschaftlern in der mehrheit.
Scox schrieb:Spanien? War es nicht Rajoy, der Spanien ohne Rücksicht auf Verluste auf den strammen, neoliberalen Kurs bringen sollte, so richtig nach Brüsseler Vorgaben? Gerad nachgeschaut - ja, er war es.
Es ging um deine These. Und das traditionell eher sozialistische spanien ist mehr auf statussymbole erpicht als die deutschen.
Scox schrieb:Wir reden nicht vom "Kapitalismus". Natürlich kann es im "Kapitalismus" Recycling-Wirtschaftszweige geben. Im Neoliberalismus verliert dieser Wirtschaftszweig jedoch spätestens dann, wenn die Gewinnerwartungen nicht erfüllt werden können. Ach, da isset wieder, das Problem des schnellen Profits...
Nun gehört es aber nicht zu unserem system, dass es keinerlei auflagen für die wirtschaft gibt.