Was ist Menschlich?

Hallo an Alle,

wie vielleicht einige von euch noch wissen, bin ich durch die Rubrik Spiritualität in dieses Forum gekommen.

Mein Leben hat eine Entwicklung genommen, in welcher der Glauben zunehmend zerbröselt, weil er sich im Leben als nicht nachprüfbar und für mich nicht als lebenstauglich erweist.

Damit meine ich, dass sich Lebenssituationen eingestellt haben, die nicht kongruent laufen mit dem, was ich mal alles glaubte.

Immer mehr stellt sich daher für mich die Frage, wie es kam, dass ich annahm, es gäbe die Verwirklichung des Göttlichen im Menschsein.

Ist denn Menschsein sooooo etwas Furchtbares, dass es der Vorstellung des Göttlichen bedarf um sich als Mensch zu entfalten?

Dabei fiel mir auf, dass es ja auch die Vorstellung vom Übermenschen und vom Untermenschen sowie vom Unmenschlichen gibt.

Ich würde gern mit euch zusammentragen was ihr dazu meint.

Was ist in euren Vorstellungen das Menschliche?



p.s. es gibt im Buch von Primo Levi - Ist das ein Mensch - folgende Betrachtung:

Mensch ist, wer tötet, wer Unrecht zufügt oder erleidet. Kein Mensch hingegen ist, wer darauf wartet, daß sein Nachbar endlich stirbt, damit er ihm ein Viertel Brot abnehmen kann, kein Mensch ist jener, der noch im Todeskampf beständig sein Jawohl murmelt.

http://www.dtv.de/buecher/ist_das_ein_mensch_12395.html

@Paulette
ich verstehe den Zusammenhang zwischen Levis Autobiographie und dem Menschlichen, den Du offensichtlich siehst, nicht

und auch den Zusammenhang Glauben/menschlich sein verstehe ich nicht

Paulette schrieb: Immer mehr stellt sich daher für mich die Frage, wie es kam, dass ich annahm, es gäbe die Verwirklichung des Göttlichen im Menschsein.

Gibt es? Ich denke wir denken das alle einfach nur weil wir uns dummerweise für die Krone der Schöpfung halten. Klar, wir sind um einiges intelligenter als andere Lebewesen, aber wenn es wirklich so etwas wie einen Gott geben sollte dann ist so gesehen alles göttlich. Soviel dazu.

Menschlichkeit.... was ist menschlich? Ich denke nicht dass man das so verallgemeinern kann.

Ist es menschlich anderen zu helfen?
Selbstlos zu sein?
Muss man dazu empathischer sein als andere?

Du kannst Menschlichkeit nicht verallgemeinern, und mit Gott hat das recht wenig zu tun.

"Menschlich" umfasst eigentlich alles, was Menschen so auf die Beine stellen, was seit Anbeginn der Zeit dazugehört, also auch das "Unmenschliche", Krieg, Mord, Vergewaltigung, Diebstahl und alle weiteren Verbrechen.
Oder geht es dir um eine Ethik?
Wer sich mal das alte Testament durchliest, der sieht, dass es um Gottes Ethik übel bestellt ist, da hat wahrscheinlich ein Schlachterhund eine hochstehendere.
Es braucht auch keinen Gott um moralisch handelnder Mensch zu sein.
Vielleicht konkretisierst du dein Anmsinnen noch etwas, ich weiss noch nicht so genau, auf was du hinaus willst.

Der Mensch ist an Dummheit nicht zu übertreffen!
Ob reich oder arm; um es mit Napoleon' s Worten zu sagen, bes. im Bezug auf Deutsche.

Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche. Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden, die Deutschen Glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgen sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung, als ihre wirklichen Feinde.
(Napoleon) ;-)

Menschlich sein, das ist für mich etwas sehr zwiespältiges. Für mich wäre Hilfsbereitschaft z.B. eine menschliche Eigenschaft. Aber ja wie bereits erwähnt wurde, gibt es auch die unmenschlichen Züge die mit zu unserer Spezies gehören. Die wir zwar verteufeln aber die trotzdem einen Menschen ausmachen.

"Errare humanum est" - Irren ist menschlich

Paulette schrieb:Ist denn Menschsein sooooo etwas Furchtbares, dass es der Vorstellung des Göttlichen bedarf um sich als Mensch zu entfalten?

Ich picke mir da jetzt nur mal einen Punkt raus, weil das sonst einfach zuviel Arbeit gibt. Das "Menschsein" heute und vor einigen hundert Jahren unterscheidet sich sehr stark. Sofern man heute nicht irgendwo in einem Kriegsgebiet lebt, sich auf der Flucht befindet oder das Pech hat, in einem "gescheiterten" Staat zu leben, wird man nicht täglich ums Überleben kämpfen müssen.

Das war früher anders und der Glaube half den Leuten, all die schrecklichen Dinge zu ertragen, mit denen sie immer wieder konfrontiert wurden. Das erfahrene Leid verstand man häufig als eine Art Prüfung und wer dabei seinen Glauben nicht verlor, der war sich sicher (oder hoffte zumindest), dass er nach seinem Tod ins Paradies kommen würde.

Emodul

erstmal Danke für eure bisherigen Beiträge.

sie treffen alle das, was mich interessiert.

zu den Unklarheiten:

Was ist für euch menschlich?
Was ist für euch unmenschlich?
Was ist für euch übermenschlich?

lieben Gruß, bin erstmal off.

Paulette schrieb:Was ist für euch menschlich?
Was ist für euch unmenschlich?

Der Beitrag von @Heide_witzka beantwortet beide Fragen ganz gut wie ich finde.

Paulette schrieb:Was ist für euch übermenschlich?

Mit dem Wort kann ich nicht viel anfangen, sorry:)

Menschlich - sind für mich all die Dinge, die aus der Tatsache resultieren, dass wir uns unserer selbst bewusst sind. Die Fähigkeit zu lieben, aber auch zu hassen, Angst vor dem Tod zu haben, am Leben festhalten, sich sozial zu verhalten oder auch nicht - im Prinzip die Fähigkeit zur Entscheidung, nenn es den "freien Willen" oder wie auch immer. Menschlich ist das, was uns zum Menschen macht und vom Tier unterscheidet.

Unmenschlich - sind in meinen Augen die Lebensbedingungen, die wir uns in jüngster Vergangenheit geschaffen haben. Ich denke nicht, dass wir dazu gemacht sind, unser Leben mit dem Streben nach Materiellem zu verbringen, unser Dasein in Faulheit, Resignation und Apathie zu fristen und uns von der Tatsache frustrieren zu lassen, dass unsere Zivilisation scheinbar ihren Höhepunkt erreicht hat und kein wirklicher Fortschritt mehr in Sicht ist.

Übermenschlich - gibt es für mich nicht. Man mag es für "übermenschlich" halten, wenn Menschen im Adrenalinrausch schier unmögliche körperliche Anstrengungen begehen oder ein heller Kopf nach langem Grübeln als erster eine zündende Idee für eine bahnbrechende Erfindung hat - beides ist meiner Meinung nach jedoch auch lediglich ein Resultat aus dem, was uns zum Menschen macht. Nichts "Über" - menschliches, bestenfalls ein größtmögliches Ausnutzen der sowieso schon vorhandenen Ressourcen (mental oder physisch).
Übermenschlich wäre für mich ein Wesen, dass schon im vornherein signifikant größere mentale und physische Fähigkeiten hätte als ein Mensch - dergleichen ist mir allerdings noch nicht begegnet.
Somit muss ich meinen ersten Satz korrigieren: nachweisbar "Übermenschliches" hat seinen Weg in unsere wahrnehmbare Welt (noch) nicht gefunden.

Die Begriffe "menschlich" und "unmenschlich" wurden ja schon gut erklärt, finde ich. Da würde ich mich einfach meinen Vorrednern anschließen :)

Paulette schrieb:Was ist für euch übermenschlich?

Ein "Übermensch" ist entweder ein stark idealisierter Mensch, der real nicht existiert oder es ist eine Art gottgleiches Wesen. Also wäre übermenschlich dann eher "unmenschlich" bzw. "nicht-menschlich".

Paulette schrieb:Was ist in euren Vorstellungen das Menschliche?

Menschlich ist alles, was einen Menschen auszeichnet.

Von Liebe bis Brutalität.

Deswegen finde ich den Begriff unmenschlich, der gerne in Zusammenhang mit Grausamkeiten genannt wird unpassend, weil es eben gerade menschlich ist.

Kleiner Kalauer für den Anfang...

Menschlich ist, wenn einer einen fahren lässt.
Unmenschlich ist, wenn er es in einer vollen Aufzugskabine tut.
Übermenschlich ist, wenn ihn die anderen nicht dafür killen...

Spaß beiseite... :D

Menschlich per Definition ist das gesamte Verhaltensspektrum. Von aufopfernder Liebe bis zum Mord.

Ich persönlich betrachte aber die Begriffe wohl anders. Oder, besser gesagt, ich werte die Begriffe anders.

Es dürfte auch eine Rolle spielen, dass wir uns doch meistens lieber mit Menschen umgeben, die sich fürsorglich zeigen, von denen man gegebenenfalls Hilfe erwarten kann, und nicht, dass sie einem je nach Lust und Laune die Eingweide rausreißen.

Menschlich sind für mich daher eher die positiv bewerteten Verhaltensmuster. Liebe. Zuneigung. Fürsorge. Hilfsbereitschaft. Verständnis und Toleranz. Und so weiter...

Unmenschlich sind für mich jene Verhaltensmuster, die - so sehe ich das jedenfalls - aus Rücksichtslosigkeit und/oder Gedankenlosigkeit enstehen. Sadismus. Unterdrückung. Mord und Verstümmelung. Folter. Etc...

Übermenschlich wären für mich Veerhaltensweisen, in denen Menschen "über sich selbst hinauswachsen". Beispielsweise Ärzte, die in Krisengebiete fahren, um dort den Ärmsten der Armen zu helfen. Diese Leute leisten "übermenschliches".

Die Begriffe "Übermensch" und "Untermensch" lasse ich hierbei lieber aus. Es wurden diese Begriffe ja schonmal ausgiebig missbraucht, auch wenn der Begriff des "Übermenschen" ja durchaus von ernstzunehmenden Quellen stammt (immerhin Nietsche, was auch immer man von ihm halten mag).

Aber ich vermute, dass jeder diese Begriffe für sich selbst bewerten wird müssen. Die Grenzen verschwimmen, was ich für unmenschlich halte, kann bei einem Anderen durchaus noch als "einigermaßen akzeptabel" gelten. Was ich als übermenschlich betrachten würde, sieht ein Anderer vielleicht als absolut normal an. Und so weiter...

Just my 5 Cent...

Liebe Grüße aus Wien!

Ein Adjektiv. Also wird es kleingeschrieben *lulz*

Sorry, der wollte einfach raus -.-

MarryMuffin schrieb:Ein Adjektiv. Also wird es kleingeschrieben *lulz*

Sorry, der wollte einfach raus -.-

Stimmt.

Meine Überschrift lautete eigentlich "was ist das Menschliche".......dann dachte ich, dass das noch unverständlicher wäre und habe es abgeändert. Dabei war ich dermaßen auf den Inhalt konzentriert, dass ich an die korrekte Rechtschreibung nicht mehr dachte.

Kennst du sowas auch? @MarryMuffin

Danke für alle bisherigen Beiträge.

Zur Bezeichnung "übermenschlich" dachte ich auch an Situationen, wo man das übliche Menschsein überschreitet.
Also z.B. Feuerwehrmänner, wenn sie ins Feuer gehen um andere Wesen zu retten. Eigentlich eine Handlung, die unseren normalen Impulsen uns selbst in Sicherheit zu bringen, wenn Feuer ausbricht, entgegensteht.

Zum Unmenschlichen zähle ich Kannibalismus der aus Hungersnot entsteht. Es entspricht nicht unseren natürlichen Instinkten Artgenossen zu "fressen".

Croco schrieb:Es dürfte auch eine Rolle spielen, dass wir uns doch meistens lieber mit Menschen umgeben, die sich fürsorglich zeigen, von denen man gegebenenfalls Hilfe erwarten kann, und nicht, dass sie einem je nach Lust und Laune die Eingweide rausreißen.

Wer sowas aus Lust und Laune macht ist für mich schon unmenschlich. Ich glaube nämlich, dass im Menschen das Schutzbedürfnis angelegt ist und sowas wie Sadismus oder Lust auf Gewalt bereits eine krankhafte, abnorme Entgleisung ist, die man keinesfalls zum Menschsein rechnen sollte, sondern eher zu dem, was man heilungsbedürftig nennen muss.

Viellleicht hätten dann wir weniger Toleranz gegenüber solchen Handlungen, wenn wir anerkennen würden, dass das nicht nur irgendsoeine Laune ist, sondern eine Krankheit des Geistes.

Ich meine das mit der Toleranz im positiven Sinn. Zuviel Toleranz kann auch Krankhaftes verbergen und somit Heilung verhindern.

lieben Gruß an alle und ganz besonders nach Wien ;-)

Heide_witzka schrieb:"Menschlich" umfasst eigentlich alles, was Menschen so auf die Beine stellen, was seit Anbeginn der Zeit dazugehört, also auch das "Unmenschliche", Krieg, Mord, Vergewaltigung, Diebstahl und alle weiteren Verbrechen.

Dem würde ich mich anschließen.

Mensch(lich) ist für mich auch nicht unbedingt nur positiv besetzt. Deswegen finde ich es immer merkwürdig, wenn jemand sagt, dies oder jenes sei "unmenschlich" oder irgendjemand (der etwas extrem Negatives tut) sei "kein Mensch".

@deja-vu.

Hat vielleicht auch mit der Definition von Mensch zu tun.
Diese ist laut Wiki:

Der Mensch (auch Homo sapiens, lat.,

verstehender, verständiger bzw. weiser, gescheiter, kluger, vernünftiger
Mensch

Hat also was mit Anspruch zu tun, womöglich sogar an sich selbst?

@Paulette

Ich sehe das alles etwas nüchterner. Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen, ausschließlich klug, weise etc. ist niemand.

ja, da hast du recht @deja-vu.

Streng genommen würde die Definition von wiki:

verstehender, verständiger bzw. weiser, gescheiter, kluger, vernünftiger

als Aussage was "Mensch" bedeutet ansonsten der Euthanasie Tür und Tor öffnen.

Mir ist noch der Gedanke gekommen, dass wir die Bezeichnung "menschlich" und "unmenschlich" gern auch als Verteidigungs- oder Verachtungsargument benutzen.

Wenn ich meine unüberlegten, verantwortungslosen Handlungen als menschliches Versagen bezeichne, die unüberlegten, verantwortungslosen Handlungen eines anderen dann aber als unmenschlich betitele.

Unmenschlich sagt im übrigen meine Oma, wenn sie findet, dass das Wetter zu heiß ist.
Sie meint der Mensch sollte keine Temperaturen ertragen müssen, die über seiner Körpertemperatur liegen, ansonsten findet sie das unmenschlich heiß ;-)