@Rosinante Es ist völlig unangebracht, aufgrund von ein paar Beiträgen hier anderen Userinnen hier zu unterstellen, sie wären wie Deine Mutter.
Das ist in Anbetracht Deiner Schilderung eine üble Unterstellung.
Aber ich kann nachvollziehen, dass Du so reagierst, da ich jemanden in ähnlicher Situation kenne.
@leserin Nicht weniger übel ist es allerdings, dem Kind zu unterstellen, es würde lügen. Glaube mir, dass das das größte Problem von Kindern dysfunktionaler Mütter ist, dass niemand ihnen glauben möchte, in welcher Situation sie sind. Ich konnte die Erzählungen der 11-Jährigen damals auch nicht fassen, bis ich die Mutter mal im Vollsuff erlebte, wie sie nicht mehr in der Lage war, die Tochter nach einem Kindergeburtstag ins Haus zu lassen (da gab es keine Drückeranlage, wie in vielen anderen alten Berliner Mietskasernen.).
Da stand das Mädchen nachts bei mir vor der Tür und blieb übers Wochenende. Ich hatte die Mutter am Telefon, daher kann ich ihren Zustand bezeugen. Die Wohnung lag keine drei Gehminuten vom Junkie-Treffpunkt entfernt.
Es brauchte dann auch mehrere Anläufe und Alarm bei der Kindernothilfe, bis ihr jemand glaubte, dass sie geprügelt und eingeschlossen wurde ... tagelang manchmal.
Wenn die Lehrer fragten, war die Mutter die coole Mutti, das Kind das kleine verlogene Luder.
Bis sie mit den frischen Striemen bei der Kindernothilfe war, die Mutter gerade einen Totalzusammenbruch hatte und sie endlich ausziehen konnte.
Die Verwahrlosung? Faulheit! Fehltage, die sie eingeschlossen zu Hause verbrachte? Geschwänzt!
Welches Kind zieht freiwillig in eine Notaufnahme ... und bleibt, bis sich ein dauerhafter Platz findet?
Aber weil es doch nur ein kleines Mädchen war, hatte sie bis zuletzt gehofft und auf ihre Weise darum gekämpft, dass die Mutter sie liebt, und gibt das nun erst mit Mitte 20 langsam auf.
Sei froh, dass Du solche Eltern nicht erleben musstest und nicht jahrelang die Befürchtung, das Kind könnte in dieselben Fußstapfen treten oder einen noch schlimmeren Weg gehen.
Sei froh, dass Du die Geschichten nicht gehört hast.
Mir hat sie sie damals auch nie in ganzer Tragweite erzählt ... bei mir sollte doch die heile Welt sein, der Fluchtort, wo sie von alldem ganz weit weg ist.
leserin schrieb:Vielleicht solltest Du Dir mal Gedanken machen über diesen Satz : Ein Hund allein beißt sich nicht .
Das heißt, Kinder die geschlagen, verwahrlost und psychisch fertiggemacht werden, sollen selbst mit Verantwortung dafür tragen, weil sie sich falsch verhalten haben?
Das ist genau das Schlimmste, was man den Kindern sagen kann. Inwiefern ist ein Kleinkind, ein Teenager, ein Heranwachsender denn in der Lage, sich gegenüber einer saufenden, fixenden, kaputten Mutter "richtig" zu verhalten? Wer hat denn da bitte die Verantwortung?
Die Vorwürfe von
@Rosinante sind falsch, aber Du hast mit Deinem Misstrauen und Deiner Überheblichkeit genau das ausgelöst, und darum lösche ich sie diesmal nicht.
@Pika Natürlich kann man auch mit Eltern, die keine sind, ein guter Mensch werden. Manche haben den Instinkt, sich andere Menschen zu suchen, an die sie sich in der Not wenden können. So wurde ich als Tante "adoptiert" und heute sagt sie, dass ich für sie in vielem das Vorbild war (und bin). Bei mir hat sie gesehen, dass es ein halbwegs normales Leben geben kann.
Glaubst Du, solche Geschichten gäbe es nicht, dass Du prompt einen Troll vermutest?
Es gibt genug Geschichten von verwahrlosten Kindern, verprügelten, ... meinst Du, dass alle, die eine schreckliche Jugend überlebt haben und nicht verhungert sind oder erschlagen wurden und nun kein Wrack sind, lügen?
ramisha schrieb:Vielleicht sollte man mal hinterfragen, seit wann und warum sie sich nicht mehr
so benehmen, wie man das von normalen Müttern erwartet. Es kann ja nicht
immer so gewesen sein, denn sonst hätten sie ihre Babys
- abgetrieben
- gleich nach der Geburt irgendwo sich selbst überlassen
- in eine Babyklappe gelegt
- im Krankenhaus gelassen
- in ein Heim oder
- zur Adoption frei gegeben.
Es war hier die Rede von Drogen, von psychischen Problemen, von eigener schwieriger Kindheit .. soll die Tochter nun Mitleid haben und sich für die Mutter verantwortlich fühlen? Das macht es nur umso schwerer, sich irgendwie abzulösen.
Auch dysfunktionale Eltern wünschen sich in manchen Momenten eine Familie und denken, dass es genügt, den äußeren Schein zu wahren. Oder sie überschütten das Kind wechselweise mit (egozentrischer) Liebe und Hass, weil es ihnen vermeintliche Chancen verbaut hat.
So ein Kind ist auch eine willkommene Ausrede, nicht arbeiten zu können, Fluchten zu brauchen .
Dem Kind diese Fragen zu stellen, ist aber ziemlich müßig. Sie helfen vielleicht beim Verständnis der Gesamtsituation, nicht aber beim Verarbeiten der eigenen Probleme.
Denn dafür ist es ziemlich wurst, woher die Mutter ihre Probleme hatte.
ramisha schrieb:Immerhin haben sie es ja offenbar geschafft, ihre Kinder zu mehr oder weniger
selbständigen Menschen zu erziehen, die durchaus in der Lage sind, Kritik zu
üben und ihre Meinung zu vertreten.
Ich halte es nicht für einen Verdienst, dem Kind beigebracht zu haben, dass es niemandem vertrauen kann, sich selbst Hilfe und Rückhalt organisieren muss, dass niemand ihm glaubt.
ramisha schrieb:Ich will das hier geschilderte Fehlverhalten der Mütter nicht beschönigen und es
fällt mir schwer, es nachzuvollziehen, aber ich kann mir aufgrund der Schilderungen
vorstellen, wie die Kinder darauf reagieren und das wird es kaum einen Deut besser machen.
Natürlich reagieren Kinder auf eine solche Situation nicht souverän, wie sollten sie denn auch? Woher sollten sie die Stärke haben, die die Mutter nicht hat?
Die richtige Reaktion auf eine solche Situation erlebte ich in der Familie von Freunden: Den Sohn in ein Internat bringen und nie mehr mit der Mutter alleine lassen.
Psychologische Betreuung, Ferienlager, ... zum Glück gab es da wohlhabende Großeltern.