Was ist Deutsch sein?

@Doors
Ach ja, die Dänen sind auch so eine zufriedene Volksgruppe -
nur hatte ich bisher noch nicht die Gelegenheit, einen von dänen
persönlich zu sprechen!

@ramisha

ich halte es da mit meinem Lieblingspräsi Heinemann, der einstmals sagte:

„Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!“.

Wenn denn angeblich alle, ausser Deutschen, ihr "Vaterland" (Gruselbegriff!) so sehr lieben, warum wandern dann Menschen aus, flüchten gar?

Warum gibt es dann Opposition, Rebellion, Revolution, wenn man sein "Vaterland2 so sehr liebt. Jemanden lieben heisst ja auch, mit ihm so zufrieden zu sein, wie er/sie ist.

@ramisha
"Lieben" sie wirklich? Oder meinen sie nur zu "lieben", da es ihnen von klein auf vorgegaukelt wird: sie müssen unbedingt ein Teil der Nation sein und sich mit den Menschen identifizieren, um Teil der Gruppe zu sein?

@ramisha

Drei Steinwürfe von meinem Haus entfernt ist Dänemark. Da meine Tochter mit einer Dänin verheiratet ist, selbst inzwischen Dänin ist, dort lebt und arbeitet, kenne ich jede Menge von denen Dänen. Viele von denen sind mindestens ebenso unzufrieden mit dem Land, in dem sie leben, wie südlich der Grenze lebende. Und wir alle wissen seit Michael Bornholm: Dänen lügen nicht!

@Doors
Mögen Dänen auch nicht in allen Punkten mit ihrem Land zufrieden sein,
eines steht fest: Sie meckern nicht so sehr darüber wie die Deutschen!

Und dass Heinemann seine Frau mehr liebte, als Deutschland, ehrt ihn -
ich kenne aber auch Männer, bei denen scheint das anders rum zu sein.

@ramisha
Vielleicht liegt es auch an der verfolgten Politik, die nicht ganz so abgebrüht ist, wie die Politik in Deutschland mit den Hartz4-Gesetzen und der Reallohnentwicklung.

@ramisha

Es gibt hier auf dem platten Land, hüben und drüben der Grenze, keine Massendemonstrationen - aber im Dorfkrug oder Kro nehmen sich beide Seiten nichts an Meckerbüddeligkeit.

@yelram
Dann sollte sich unsere Unzufriedenheit gegen die richten, die uns den Schlamassel
eingebrockt haben und wir sollten mal darüber nachdenken, warum deren Anzahl
immer größer wird.

@ramisha
Und wer hat uns das Schlamassel deiner Meinung nach eingebrockt?

@Doors
Wenn man sich sonst nicht traut, sollte man wenigstens am Stammtisch seinem
Frust freien Lauf lassen.

@yelram
Du hast es doch schon anklingen lassen: Die Politiker!

@ramisha
Politiker, Konzerne, Banken und die richtig Reichen, wenn dann. Man muss dort starke Reformen anklingen lassen, die jedoch leider von diesen vier Seiten verhindert werden. Griechenland sehe ich als kleinen Hoffnungsschimmer, doch die Zukunft wird erst zeigen, was daraus wird.

Leider schlagen die Pegidas und Co. immer nach unten und nicht nach oben, da es leichter ist, den Frust abzubauen, wodurch der Fremdenhass und ein Nationalbewustsein entsteht, da ja DIE Ausländer daran schuld seien sollen, was sie jedoch nicht sind.

@Draiiipunkt0

Draiiipunkt0 schrieb:Tu ich nicht.
Was jetzt?

Dann findet dein 'Deutschsein' vielleicht nur auf dem Papier statt?

Wobei ich sagen muss, dass ich mich selbst mit der deutschen Mentalität hier und da sehr schwer tue. Das System kritisiere ich ebenfalls oft genug, aber dieses Recht räumt es mir andererseits auch ein. Und das gefällt mir. Somit identifiziere ich mich mit diesem, und allen anderen Systemen, die genauso oder so ähnlich funktionieren.

@TunFaire

TunFaire schrieb:Ach, unterordnen ist das falsche Wort. Sich damit identifizieren halte ich für besser.

Ja, wenn ich es mir recht überlege, ist dieses Wort tatsächlich ziemlich unpassend. Vor allem in einer Demokratie. Streichen wir es also. :ok: :)

@yelram
Deutschland besteht nicht nur aus Politikern, Konzernen und Banken,
sondern es ist mit seinen Landschaften, seinen Sehenswürdigkeiten,
seinen Dichtern und Denkern und dem Gros seiner Bevölkerung erhaltens-,
lebens- und sogar liebenswert.

Dass der Fisch vom Kopf her anfängt zu stinken, ist allgemein bekannt,
aber vielleicht macht man auch da mal einen scharfen Schnitt.

@ramisha
Ja, aber muss ich das als deutsch ansehen? Kann ich das nicht einfach nur für sich selbst betrachten, ohne nationale Abhängigkeit? Sehenswürdigkeiten wurden immerhin von Menschen errichtet, die alle in ihrer Natur gleich sind und das losgelöst von Nationalität. Und die Landschaften sind auch nicht deutsch, sondern sind von Mutternatur gegeben. Ich kann die Gebäude, die Landschaften, die Städte, die Schriften, die Lieder und weiß Gott noch was schön finden, ohne dass es mit der Nationalität zu tun hat. Ich muss mich nicht mit dem Land identifizieren, indem ich lebe, warum auch? Welchen Nutzen hat es? Welchen Lebensnutzen hat es, wenn ich mich als Deutscher, Amerikaner, Russe oder Afrikaner ansehe? Für mich hat es keine Auswirkung auf mein Leben, da ich einfach nur Mensch bin und keine Unterscheidung auf Grund von Religion oder Nationalität mache.

Und ein Dichter und Denker muss nicht "deutsch" sein, um dichten und zu denken, sondern einfach nur ein Mensch. Die Nationalität spielt dabei keine Rolle, denn es waren schlicht Menschen, die in diesem geografischen Raum gelebt haben, die gedichtet und gedacht haben. Und ja, ich wünsche mir wieder mehr Dichter und Denker, die leider verloren scheinen. Die Nationalität beschreibt lediglich den geografischen Raum in dem man lebt und die Sprache die man spricht.

Es spielt für mich - für mein Leben - schlicht keine Rolle.

OT:
@Doors

Doors schrieb:Drei Steinwürfe von meinem Haus entfernt ist Dänemark.

Aha :note:

Dann hast du bestimmt gute Tips wo man da mit einem Hund Urlaub machen kann , gerne abseits des Mainstreamtourismus in völliger einsamkeit.
Hunde sind in Dänemark ja nicht mehr so gerne desehen , deswegen bin ich da etwas skeptisch.

@yelram
Vielleicht bin ich typisch undeutsch, wenn ich jedem - so auch dir - seine Meinung lasse,
aber worauf ich persönlich stolz bin, was ich an meiner Heimat schätze und liebe, sollte
auch mir überlassen werden.

yelram schrieb:Und die Landschaften sind auch nicht deutsch, sondern sind von Mutternatur gegeben.

Und du wirst mir auch gestatten, dass ich lebenden Landschaften eher den Vorzug gebe,
als der Sahara oder ähnlichen fast vegetationslosen Zonen.

Und ob ich mich mit meinem Heimatland identifiziere, ist auch eine Eigenschaft, die nicht
allen eigen ist. Es ist jedem überlassen, wie er empfindet und ob er sich engagiert.

Und ich verstehe "Amerikaner, Russen oder Afrikaner" durchaus, wenn die IHR Land lieben
und garnicht woanders leben wollen.

Ich muss nicht aus allem ein Politikum machen, indem ich stets und ständig Regierung
oder Religionen in den Fokus rücke. Ich bedauere die Menschen mit diesem Tunnelblick.

@ramisha
Die Identität, die du zu suchen scheinst, verwechselt du mit der persönlichen Identität. Das was du beschreibst findet sich in der Identitätspolitik wieder.

@yelram
So wird es sein, da ich die Frage "Was ist Deutsch sein?" für mich persönlich
überflüssig und provokativ finde. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren,
dass man da auf ganz bestimmte Antworten hoffte in Richtung "deutsche Tugenden".

ramisha schrieb:Vielleicht bin ich typisch undeutsch, wenn ich jedem - so auch dir - seine Meinung lasse,
aber worauf ich persönlich stolz bin, was ich an meiner Heimat schätze und liebe, sollte
auch mir überlassen werden.

Ich lasse dir ja auch deine Meinung, etwas anderes kam mir auch nicht in den Sinn. Ich kann es einfach nur nicht verstehen, da es einen Unterschied zwischen persönlicher Identität und Identitätspolitik gibt. Und doch wird die Identitätspolitik - bei vielen Menschen - immer als Teil der persönlichen Identität angesehen, was nicht der Fall ist.

Hiermal schnell ein Zitat von Wikipedia über die Identitätspolitik:

Als Identitätspolitik von dominanten Gruppen bezeichnet man Vorstellungen zur Gestaltung der gesellschaftlichen und staatlichen Verhältnisse, die die Subjekte dadurch bindet, dass sie diese auf die Verwirklichung einer vermeintlich in ihrem Wesen liegenden Norm verpflichtet. Als Normen in diesem Zusammenhang können z. B. gelten: Frau-sein, Deutsch-sein, Weiß-sein sein etc. Diese Festschreibung auf etwas konstruiert Wesentliches, die „Ontologisierung“ von bestimmten Eigenschaften sozialen Ursprungs, führt für Kritiker in letzter Konsequenz zu ausgrenzenden Weltanschauungen und Handlungsweisen.

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ramisha schrieb:Und du wirst mir auch gestatten, dass ich lebenden Landschaften eher den Vorzug gebe,
als der Sahara oder ähnlichen fast vegetationslosen Zonen.

Warum sollte ich nicht? Ich möchte auch nicht in der Sahara leben. Aber was hat das mit "deutsch" sein zu tun?

ramisha schrieb:Und ob ich mich mit meinem Heimatland identifiziere, ist auch eine Eigenschaft, die nicht
allen eigen ist.

Dazu hab ich mich schon geäußert und es gehört nicht zur Ich-Identität eines Menschen!

ramisha schrieb:Und ich verstehe "Amerikaner, Russen oder Afrikaner" durchaus, wenn die IHR Land lieben
und garnicht woanders leben wollen.

Ja, das kann ich verstehen. Ich möchte auch nicht aus meinem Haus raus, da hier mein LEBEN stattfindet. So wird es wohl den meisten Menschen gehen und doch verwechseln sie dann ihr Haus und die unmittelbare Umgebung sowie ihre Lebensrealität mit dem kompletten Land.

ramisha schrieb:Ich muss nicht aus allem ein Politikum machen, indem ich stets und ständig Regierung
oder Religionen in den Fokus rücke. Ich bedauere die Menschen mit diesem Tunnelblick.

Naja, du machst schon in sofern ein Politikum daraus, als dass du deine deutsche Identität mit deiner persönlichen verwechselst.