Was heißt objektiv ?

Ich habe seit je her ein Problem mit dem Begriff objektiv.
Vielleicht liegt es daran, dass ich das Ganze, mangels höherer Schulbildung, zu unverbildet betrachte.
Beim Querlesen etlicher Threads in diesem Forum ist unschwer zu erkennen, dass es neben manch einfach strukturiertem Geist auch etliche Schreiber gibt, die wesentlich klüger und gebildeter sind, als ich es bin.

Vielleicht sammeln sich hier ein paar für uns alle nützliche Antworten, was unter objektiv wirklich zu verstehen ist.

Nach meinem derzeitigen Verständnis ist es generell nicht möglich ist, etwas objektiv zu beschreiben, weil eben alles im Auge des Betrachters und dessen subjektiv verfärbter Perspektive liegt.
Sicher kann auch ich gewisse Dinge durchaus als objektiv betrachten.
Für mich ist objektiv etwas, was man als allgemeingültig bezeichnen kann, weil es anerkannte Tatsachen sind.
Z.B. Eine Banane ist eine Frucht, die im reifen Zustand gelb ist.
Regen ist nass, Schnee ist kalt. Das sind objektive Fakten.
Der Himmel ist, objektiv gesehen blau. Doch ist er das wirklich oder erscheint er uns nur so? Doch selbst wenn, verlöre dann die Objektivität dadurch ihre Gültigkeit?
Schließlich sind wir uns alle darüber einig, dass er blau „ist“.

Objektiv bedeutet also, eine Definition, die für alle gilt, weil wir uns im Laufe unserer Jahrtausende währenden Sprachentwicklung darauf geeinigt haben.

Die Betrachtung materieller/physischer Dinge ist da noch relativ einfach.
Schwierig wird es hingegen, wenn es um menschliche Handlungsweisen geht.
Da endet meine Fähigkeit, Objektivität zu verstehen, denn es scheint mir unmöglich, Motivation/Antrieb für menschliches Handeln objektiv zu sehen, oder Ergebnisse/Konsequenzen objektiv zu deuten oder zu interpretieren.

Allein die Begriffe Objektivität und Interpretation scheinen mir inkompatibel...

...oder wie ???

;-)

@Emze

Emze schrieb:Eine Banane ist eine Frucht, die im reifen Zustand gelb ist.

Emze schrieb:Das sind objektive Fakten.

Nein. Auch das sind keine objektiven Fakten.

Das Gelb, welches du bei einer reifen Banane wahrnimmst, kann sich von der Farbe unterscheiden, die ich wahrnehme, oder die dein Nachbar sehen würde usw. Übrigens hat das nichts mit Farbenblindheit zu tun, sondern nennt sich Wikipedia: Qualia .

Emze schrieb:Schwierig wird es hingegen, wenn es um menschliche Handlungsweisen geht.

Bei menschlichen Handlungsweisen ist das Stichwort Wikipedia: Empathie . Das bedeutet, du bist in der Lage, dich in die Situation deines Gegenübers einzufühlen. Du hörst also nicht nur, was er sagt, oder siehst was er macht, sondern du 'weißt', warum er so handelt, auch wenn er es dir nicht erklärt.

Obwohl sich viele Menschen für sehr empathisch halten, sind nur die allerwenigsten Menschen wirklich empathisch. Das liegt meistens an einer nur unzureichend entwickelten Wikipedia: Theory of Mind

HTH

Objektiv beudeutet, möglichst nicht zu werten.

@KillingTime

KillingTime schrieb:Das Gelb, welches du bei einer reifen Banane wahrnimmst, kann sich von der Farbe unterscheiden, die ich wahrnehme, oder die dein Nachbar sehen würde usw

Grundsätzlich habe ich dagegen keine Einwände. Die eigene Wahrnehmung, sowie die subjektive Empfindung dessen, was das Individuum wahrnimmt, ist ja gerade das, was mir im Hinblick auf Objektivität Probleme bereitet.
Dennoch können wir doch wohl den Oberbegriff Gelb als objektiven Fakt bezeichnen, denn niemand würde behaupten, eine Banane sei von Natur aus rot.

Und was die Empathie betrifft, so fällt eben auch das in den Bereich der subjektiven Empfindungen.
Und auch hier ist gerade das das Problem, welches uns bei dem Versuch etwas objektiv zu sehen stets dazwischenpfuscht.

@Crusi

Objektiv bedeutet, möglichst nicht zu werten.

Schwierig, seehr schwierig, etwas zu betrachten, ohne dass jener kleine Mann im Ohr, oder die Stimme aus dem Bauch heraus dazwischen quatscht und uns mit einem gut oder böse belästigt.

;-)

@Emze

Emze schrieb:denn niemand würde behaupten, eine Banane sei von Natur aus rot

Ich weiß zwar, wie "mein" Gelb aussieht, aber ob dein Gelb auch so aussieht, oder ob dein Gelb bei mir wie Rot aussieht, weiß niemand von uns. Von daher gibt es auch kein "objektives" Gelb.

"Objektivität" wird es wohl nie geben, weil jeder seinen individuellen Standpunkt und seine individuelle Betrachtungsweise hat. Von der Fiktion "objektiver Berichterstattung" oder "absoluter Wahrheiten" sollte man sich verabschieden.

@Emze

Also ich bin jetzt mal subjektiv ganz objektiv und schätze (<entbehrt natürlich jeglicher Objektivität), dass du so was wie ein Tiefstapler bist?

@Emze
jede Sichtweise ist subjektiv, immer, aber wenn man sich dessen bewusst ist, dann schafft man es vielleicht, so unvoreingenommen wie möglich zu sein

@Emze
zweiter Versuch
Ich bin also ganz subjektiv mal ganz objektiv und schätze (< was natürlich jeglicher Objektivität entbehrt), dass du ein Tiefstapler bist.

@KillingTime
Richtig, aber selbst wenn mein Gelb in Deinen Augen rot aussieht, und einem anderen vielleicht Lila erscheint, so nennen wir es in Bezug auf eine Banane zum allgemeinen Verständnis dennoch gelb.

Würde ich z.B. eine Banane beschreiben als eine längliche krumm, gebogene Frucht, die in Stauden an hohen Palmen wächst, würde jeder an eine Banane denken. Wenn ich dann aber sage, die Frucht die ich meine ist blau, dann gäbs Verwirrung und das große Grübeln.

Deshalb sage ich, objektiv bedeutet etwas, auf das wir uns zum allgemeinen Verständnis geeinigt haben. Und gäbe es diese Objektivität nicht, würden wir noch mehr aneinander vorbeireden, als wir es ohnehin, wegen der unterschiedlichen subjektiven Wahrnehmungen oft schon tun.

;-)

@Doors

Doors schrieb:"Objektivität" wird es wohl nie geben, weil jeder seinen individuellen Standpunkt und seine individuelle Betrachtungsweise hat. Von der Fiktion "objektiver Berichterstattung" oder "absoluter Wahrheiten" sollte man sich verabschieden.

@Tussinelda

Tussinelda schrieb:jede Sichtweise ist subjektiv, immer, aber wenn man sich dessen bewusst ist, dann schafft man es vielleicht, so unvoreingenommen wie möglich zu sein

Genau meine Rede, deshalb frage ich mich immer wieder, was der Begriff objektiv überhaupt in unserem Sprachgebrauch zu suchen hat.

;-)

@Emze

Emze schrieb:Würde ich z.B. eine Banane beschreiben als eine längliche krumm, gebogene Frucht, die in Stauden an hohen Palmen wächst, würde jeder an eine Banane denken

Wikipedia: Bananen

Die Banane ist grün, wenn sie geerntet wird und die Pflanze, an der sie wächst, muss keine "hohe Palme" sein, sondern kommt auch als halbmeterhohes Gebüsch vor.

@Emze


Das Wort "Gott" kommt auch in unserem Sprachgebrauch vor, obwohl es keinen gibt.

@Doors
Da hast Du natürlich Recht, ich weiß, dass Bananen "halbgar" und grün geerntet werden. Es geht mir hier ja auch nur um ein Prinzip. Und dafür hab ich eben die reife Banane gewählt.

Wenn ich z.B. einen Menschen beschreibe, denke ich dabei nicht an einen Fötos ;-)

:-)

@Doors

Doors schrieb:Das Wort "Gott" kommt auch in unserem Sprachgebrauch vor, obwohl es keinen gibt.

Ja, der Begriff Gott..., kommt mir irgendwie bekannt vor. Guter Punkt für Dich ;-), obwohl die Meinungen hierzu ziemlich auseinander gehen, wie man hier an anderer Stelle gut verfolgen kann.

.-)

objektivität war ja schon in der philosophie ein strittiger begriff... wenn es dann um wissenschaft geht, wird es noch komplizierter...

zwei artikel fallen mir dazu ein, sehr interessante sichtweisen mit durchaus vertretbaren implikationen, wie ich finde (aber das ist ja subjektiv, hehe):

http://parametanoia.wordpress.com/2014/01/27/ueber-unwahrheit/

http://parametanoia.wordpress.com/2014/01/26/ueber-den-verstand-kein-plaedoyer/

objektivität hört ja sogar in der physik auf, sobals ein subjekt anwesend ist -> doppelspalt-experiment usw.

@Foxey
interessant, danke.

Trotzdem wird immer wieder auf dem Begriff Objektivität herumgeritten, oft auch mit dem leisen oder auch lauten Unterton eines persönlichen Vorwurfes der Unfähigkeit etwas nicht objektiv betrachtet zu haben.
In der Juristerei z.B. basieren Urteile auf vermeintlich objektiver Betrachtung.

Wir "spielen" also ständig mit etwas herum, was es genau genommen gar nicht gibt.

Wären wir zu echter Objektivität fähig, würden viele Missverständnisse vermutlich gar nicht erst entstehen. Doch dazu müssten wir unser subjektives Empfinden ausschalten....äh....oder wie....?

;-)

ich glaube, problematisch ist an erster stelle, dass man objektivität auf zig ebenen diskussieren könnte und das man da schon mal schnell aneinander vorbei redet!

@Emze
mir persönlich würds jedenfalls gut gefallen, wenn wir im gesamten aufhören würden, eine künstliche objektivität erzeugen zu wollen/müssen und (wie in den artikeln vorgeschlagen) erst ein mal zu einer vernünftigen subjektivität hinkommen!

und wenn wir da angekommen sind - bei einer kritischen masse von autonomen individuellen subjekten - können wir erst mit einer sinnvollen verständigung anfangen!

und ich wette, wenn wir da mal sind, kömmert eh keinen mehr die objektivität... dann gehts gewiss schon um universalität :)

(so viel zu meiner philosophischen meinung dazu)

so wie der Name es schon sagt, ojektiv - Objekt, egal was es ist einfach ohne Emotionen betrachten, zb nen Richter der nicht Objektiv ist, ist befangen da er in einen Fall seine Emotionen mit einfließen lässt und dadurch zb ein härteres Urteil fällt..

Etwas ohne Emotionen betrachten? Also jemanden, der leidet, ohne Mitleid zu betrachten? Scheint mir kein besonders menschlicher Zug zu sein. Da bleibe ich lieber subjektiv.