@Reiseln Ein Grundverständnis von Kant wäre hier gefordert um das ganze Ausmaß zu begreifen, aber ich gebe mal Beispiele.
- Woher wissen wir, dass die Tattvas "Tejas, Vaju, Apas, Prithivi" (Vier Elemente) existieren? Sie werden als Prinzipien deklariert. Nach der Erkenntnistheorie entstammen sie aber eben nur aus unserer Begriffswelt, mit denen wir "scheinbare" Dinge der Außenwelt fixieren. Tatsächlich aber ist Materie (oder allgemein: Dinge), wie du und ich sie wahrnehmen nicht das, was sie wirklich sind. Wie Materie wirklich beschaffen ist, oder, um genauer zu sein, wie alles wirklich beschaffen ist, dass liegt außerhalb unseres Horizonts, also in der Welt der Noumena. Der Begriff: "Ding an sich" sagt dir was, oder? Ding an sich ist das, was wirklich ist, aber von uns nicht apperzipiert werden kann. Auch wenn wir unsere Sinne, nach Bardons funktionierenden Praxisübungen, trainieren und schärfen, so können wir niemals mit Gewissheit sagen, dass das derzeit Wahrgenommene auch nun die wahrliche Beschaffenheit desgleichen ist. (Bspw. wenn man durch "Hellsehen" oder durch Reise in die Astralwelt dasselbe Objekt eben aus anderer Ebene betrachtet, so kann es sich eben nur um eine andere Form der Anschauung durch unseren Geist handeln, muss aber nicht die wahre Beschaffenheit des Wahrgenommenen sein!)
Wohl aber lässt sich in der Hinsicht zustimmen, dass es aber einen Urstoff zu geben scheint, einen Äther (der mit Bardons Akasha-Begriff identisch ist nur ohne den mystischen Teil) der für die Formung, den Bau aller Materie/Dinge verantwortlich ist. Er ist eine der ganzen erkennbaren Welt der Dinge dynamisch übergeordnete Ursache, ist also so erhaben, dass Bau, Struktur der Materie und der Dinge durch den Äther verursacht wird und dass eben der Bau, die Bewegungen der Materie auf Schwingungen dieses Äthers bzw. Urstoffs beruhen. Nach Kant sind also alle uns wahrnehmbaren Körper, wie ihre Bewegungen und Veränderungen eben nur "Modifikationen" (Modi). Und diese Art des Äthers kann mit keiner Erfahrungstatsache im Widerspruch stehen als z.B. im Gegensatz zu dem physikalischen Äther, der schon lange widerlegt wurde, und eigentlich nur einen damaligen Lückenbüßer für die Nichterklärbarkeit für die Ausbreitung des Lichtes diente.
Kurzum: Die Erweiterungen des Ätherbegriffs um vier weitere Begriffe (vier Elemente) ist völlig überflüssig, auch nicht wirklich korrekt, und daher gleich a priori als falsch und inkorrekt einzusehen. Wohl aber kann die Vier-Elemente-Theorie für den Intellekt des Subjekts hilfreich sein, um ein Verständnis für den Äther zu erlangen. Die Verwerfung der Vier-Elemente-Theorie aber macht auch ohnehin Sinn, da ich aus vielen Bardon-Ecken immer wieder hörte, dass je fortgeschrittener der Magier wird, desto mehr er die Theorie Bardons nicht mehr braucht, da er direkt auf den Äther einzuwirken vermag ohne dabei die Begriffsfixierung auf die Elementebegriffe durchzuführen. Erst vor kurzem habe ich das gänzlich begriffen und, um ehrlich zu sein, fühle ich mich wesentlich freier als mich zwanghaft nach dem Elementeschema zu richten.
- Damit wird auch vieles aus Bardons' "Schlüssel zur wahren Quabbalah" überflüssig, als Beispiel sei die "Buchstabenmystik" genannt. Für den Bardonisten, der sich strikt an Bardons System hält, ein funktionales System. Es entspricht aber nicht der Realität. So wie ein Modell richtige Rechnungen zu Sachverhalten liefern kann, so muss das Modell selbst aber nicht zwangsläufig die Realität richtig beschreiben. Man halte sich das vor Augen. Als Beispiel behauptet Bardon, dass die Farbenschwingung des Buchstabens A hellblau sei. Tatsächlich ist das aber seine eigene Begriffsfixierung auf eine tatsächlich vorhandene Noumenalkraft (= also des Noumenons (= dem "ICH" des Vernunftwesens = in dem Fall das, was im Menschen denkt und fühlt)) und man könnte genauso gut den Buchstaben B mit hellblau deklarieren und damit das Gemüt auf gleiche Weise affizieren wie als würde ich es für den Buchstaben A tun. Ein Bardonist wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit strikt ablehnen, aber ich habe in mir genügend Selbstversuche probiert, die mich darin bestätigt haben, solange ich eben den gleichen Gemütszustand erreichen konnte.
- Die Elementeinteilungen nach Bardon sind auch nur ein psychologisches Spiel, haben aber mit der Realität nichts gemein. So kann man jähes Aufbrausen dem Feuer-Element zuweisen, dass sicher in seiner Auswirkung negativ polar gerichtet ist (oder eben umgekehrt, wer es zu schöpferischer Aktivität umzuwandeln vermag), und damit das Wasser-Element ziemlich erniedrigen. Es existieren keine seelischen Zustände, die auf die Elemente beruhen, sondern sie sind eben nur gänzlich und einfach ein Gemütszustand, der durch bestimmte Vorstellungen hervorgerufen wird. Um diesem entgegenzuwirken, habe ich in meinem Werk zwei Techniken angeboten. Eine von mir, und eine Technik, die Kant benutzt hat, die aber wesentlich schwieriger ist als die meinige. In Kombination natürlich sind sie hervorragend. Man versucht zwischen dem Horizont der Erkenntnis und den des Gemüts eine Art Wand zu errichten. Damit würde der Reiz, welchen die Erkennntis (also der Vorstellung, bspw. der Vorstellung, welche Auslöser für die Wut sein kann) auf das Gemüt ausübt, aufgehoben werden. Allerdings ist hier zu beachten, dass bei meiniger Technik (falls sie alleine, ohne die zweite verwendet wird) nur als eine Form der "Unterdrückung", nicht aber der, im Sinne Bardons sprechend, "transmutierende" oder "beseitigende" Technik zu verstehen ist. Dazu wäre die zweite Technik sinnvoll in Kombination mit der ersten. Will man also den aufgestauten Zorn in eine schöpferische Tätigkeit umwandeln, dann wende man meine Technik an, unterdrücke den Zorn, dann nutze man Kants zweite Technik und versucht mittels des Willens den Zorn in was auch immer umzuwandeln. Je öfter man diesen Zustand wiederholt, d.h. je öfter man also in Situationen gerät in denen man kurz davor ist die Kontrolle über das Gemüt zu verlieren, desto mehr wird sich das ganze von alleine richten und man wird bspw. nicht mehr so schnell die Selbstbeherrschung verlieren und wütend werden, da die neue Vorstellung bereits in das organische Denken übernommen wurde und damit auf den Leib, wie auch auf das Gemüt, reorganisierend wirkt. Bei mir wirkte diese Technik wesentlich effektiver als die Transmutationstechniken der Bardonisten oder Hermetiker allgemein, obwohl sie die gleichen Ziele verfolgen. Wie ich aber sagte, die Vier-Elemente-Theorie kann für die anderen natürlich nützlich sein was die Praxis angeht, die Theorie aber ist leider nicht mit der Realität vereinbar.
Mich würde interessieren, wie lange arbeitest du denn schon praktisch nach Bardon? Du scheinst ja anscheinend keine Widersprüche zu erkennen, was mich durchaus überrascht, denn jedem Bardonisten werden früher oder später einige Fehler oder teils scheinbare Widersprüche in die Augen gefallen sein. Und der Grund liegt teils an Bardons System selbst und auf der anderen Seite auch an Bardons Absicht.
;) D.h. natürlich auch, dass man nicht auf Anhieb differenzieren kann, wo der echte Fehler und der bewusst gemachte Fehler liegt. Dazu aber rät Bardon ja ganz geheimnisvoll indirekt selbst als er sagt man solle über das von ihm Gesagte meditieren. Und da liegt des Pudels Kern! Der Rest der Sophismen ergibt sich dann aus der Praxis und notwendigerweise wird man Bardons Theorie (je weiter man kommt) auch irgendwann als überflüssig wahrnehmen, da der Praktiker dieser nicht mehr bedarf und durch seinen Willen allein die gleichen Wirkungen hervorzurufen vermag wie der noch an der Theorie orientierte praktische Magier.
Übrigens bin ich nicht überrascht über deinen Link, da ich, mit zurechter Vermutung, erahnte, dass mir doch jemand mit einem Wikipedia-Link entgegengerannt kommt, weil der Begriff "Szientismus" bei den meisten wohl nicht so geläufig ist, doch leider ist die Definition des Szientismus in Wikipedia, besonders im Sinne Kants, mehr als falsch, weil Kant nämlich eine Metaphysik (genauer: Eine Metaphysik als Wissenschaft) nicht ausschließt, solange sie eben synthetisch apriorische Urteile fällen kann, wie es eben unsere Naturwissenschaften tun. Alleine die Ergänzung "Magie" nach dem Wort "szientistische" müsste bei jedem Kant-Leser sofort die Ohren aufhorschen lassen, denn es ist ganz klar eine Bezeichnung einer Magie, die wissenschaftlich ist, obwohl die Magie an sich immer als irrational und übernatürlich gilt, was aber, wie ich in meinem Werk gezeigt habe, falsch ist, solange sie eben nicht zum Postulat von Dingen wird, die gänzlich außerhalb des Bereiches vom Menschen liegen.
Es gibt natürlich noch einiges mehr, was mich bei Bardon stört, bspw. die Arbeit mit den fluidischen Kondensatoren, dann später die Elementreiche (Salamanderreich, Sylphenreich, Nixenreich, Gnomenreich), die Gottesbegriffe, usw. Sie alle beschreiben reale Zustände des Noumenon, aber Bardon macht daraus eine zu teils fantasymäßige wie auch sehr unrealistische Darstellung von ihnen. Ob das von Bardon beabsichtigt war oder nicht, das lässt sich gewiss nicht sagen. Vielleicht wusste er aber auch nicht wie er diese Zustände am Besten beschreiben sollte und entschied sich schließlich für diese, denn wir wissen, dass Bardon sicherlich kein Philosoph wie Kant war, welcher im Gegensatz zu Bardon viele Zustände des Noumenon genau zu beschreiben wusste. Es wäre sicherlich doch übertrieben zu sagen, dass ALLES, was Bardon aufgeschrieben hat, falsch sei, denn einiges, was er erklärte, ist durchaus richtig und stimmig, es fehlt aber eben die richtige Grundlage dafür. Darunter fällt auch der Polarismus, der definitiv ein Aspekt unseres Noumenon ist, denn alles das existiert, ist differenziert und polar und mittels unseres Geistes können wir den Nullpunkt der Differenz, welcher Ursprung alles polaren Differenzierens ist und selbst indifferent ist, erreichen, indem wir alle Dinge polar betrachten (also von beiden Seiten). Das ist letztlich auch das, was bspw. im Kybalion im Prinzip der Polarität erklärt wird, nur fehlen hier die Worte: Vereinen. Und darauf zielt das ganze ab. Und das erkennt entweder der Hermetiker, der tief genug darüber sinniert hat oder eben der Praktiker, wenn er erstmals in der Richtung Erfahrungen macht.
Falls du offener sein willst, deinen Horizont erweitern willst, empfehle ich dir gerne mein Werk. (Kannst du unter meinem Blog, bei der neuesten Eintragung finden) Ansonsten kannst du natürlich an Bardon (falls du nach ihm arbeitest) festhalten, denn jeder soll für sich letztlich entscheiden was der richtige Weg ist. Nur solle man nicht versuchen Bardon auf die Stufe der Wissenschaftlichkeit zu stellen, denn diese erfüllt er, wie viele andere, leider nicht, auch wenn er ein sehr nützliches und funktionales Praxissystem geboten hat, dessen Techniken ich ja auch heute noch verwende und mit Gewissheit sagen kann, dass sie funktionieren!
Ansonsten wünsche ich dir noch gutes Gelingen auf deinem Weg und deiner Suche.
MfG,
TG.