Cornelia Funke - TintenherzDies ist eine Textwand als Kinderbuchklassiker mit Längen, Logikbrüchen und Simplifikationen, die anscheinend einzig dem Ziel dienen, einen Cliffhanger für den Nachfolgeband zu haben.
Es beginnt ja interessant. Mortimer "Mo" Forchart und seine zwölfjährige Tochter Meggie leben abgeschieden und teilen eine Leidenschaft für Bücher. Als ein Unbekannter namens Staubfinger auftaucht, erfährt Meggie langsam ein Geheimnis: Ihr Vater kann beim Vorlesen Figuren aus Büchern real werden lassen, wobei im Tausch Wesen aus der realen Welt in die Welt der Erzählung verschwinden. So geschehen mit ihrer Mutter und zwei Katzen neun Jahre zuvor: Sie sind in die Welt des Romans
Tintenherz eines italienischen Schriftstellers verschwunden. Die Tauschfiguren aus einer mittelalterlichen Welt sind ein gewisser Capricorn (einem brutalen Mafiaboss nachgestaltet), ein Basta (sein abergläubischer Brutalo-Diener) und Staubfinger (ein Artist, Jongleur und Feuerkünstler).
Capricorn siedelt sich in einem ligurischen Bergdorf an, das im 19. Jahrhundert durch ein Erdbeben zerstört worden ist. Mit Hilfe von einem weiteren Vorleser namens Darius lässt er sich weitere Figuren aus dem Buch lesen, die aber alle Behinderungen aufweisen, da Darius stottert. So auch die Mutter Meggies, Teresa (Resa), die Capricorn als Magd dient und beim Rauslesen stumm wurde. Die meisten Figuren bilden einen Mafia-Clan, der noch durch Menschen aus der Umgebung ergänzt wird. Die lokalen Polizisten werden eingeschüchtert. Italienisches Klischee pur.
Es gibt nur ein Problem (und damit die ersten Unstimmigkeiten): Capricorn hat alle Exemplare des Buchs vernichten lassen, will aber wieder eines haben. Auch braucht er Mo als perfekten Vorleser. Capricorns Ziel ist, den körperlosen Schatten aus dem
Tintenherz zu holen, der als idealer Henker fungieren kann, aber er will auch Schätze aus den Büchern. So schickt er Staubfinger los nach Deutschland zu Mo, der ja auch seine Frau aus dem Buch zurücklesen will, aber nicht weiß, wie (Funke hat dafür keine Lösung). Die Familie fährt an einen norditalienischen See (Klischee, schau runter!) zu einer buchsammelnden reichen Tante.
Ab da geht die Langeweile los: Fahrt ins Dorf von Capricorn, Gefangennahme, Flucht, Rückkehr, Gefangennahme, Flucht usw. Dazwischen wird auch der Autor des Werks, Fenoglio, aufgegegabelt, den sie gleich mit in Gefangenschaft ziehen. Am Ende ist Meggie mit dem Autor gefangen, ein Buch gibt es auch wieder, Mo und Staubfinger sind wieder mal geflohen. Aber Mo wird nicht mehr gebraucht: Meggie kann auch Schätze und Figuren aus Büchern rauslesen. Darunter eine Schatztruhe aus
Die Schatzinsel, die Fee Tinker Bell aus
Peter Pan und den zwölfjährigen Farid aus
Tausend und einer Nacht (Kinderliebe fehlt ja noch). Mittlerweile ist das Rauslesen nicht mehr nur Zufall, sondern kann gezielt erfolgen, selbst ganze Plots werden nur durch Lesen Realität, womit Funke das Gebrabbel auch zu einem Ende bringt.
Fenoglio schreibt die Story um, Meggie liest den Schatten aus dem Buch, der wieder aufgetauchte Mo liest die umgeschriebene Geschichte zu Ende wie ein Drehbuch: Der Schatten tötet Capricorn und zerfällt selbst zu Staub. Viele Figuren verschwinden, aber nicht alle. So überleben Basta und Farid, außerdem tauchen unglaublich viele Feen auf. Für einen weiteren Band ist gesorgt.
Meggie zieht zu ihrer Tante an den italienischen See, diese befüllt ihre durch Capricorn zerstörte Bibliothek mit neuen Büchern, Mo und Teresa ziehen auch irgendwohin. Vermutlich nach Deutschland. Eigentlich egal.
Den Hype über das Buch in den Nullerjahren kann ich nicht nachvollziehen. Keine schlechte Idee, ausgeführt jedoch wie ein billiger Heftroman mit zu vielen Wörtern: Viel Gewalt und permanent Kontinuitätsfehler. Die reflektierenden Ansätze (so der Vergleich der realen und fiktiven Welten durch die Figuren) sind nur Beiwerk.