Gedichte: Tragik
16.05.2020 um 14:38„Nur in der Kombination mit dem Schönen erlaubt die Kunst dem Häßlichen das Dasein; in dieser Verbindung aber kann es große Wirkungen hervorbringen.“Karl Rosenkranz aus "Ästhetik des Häßlichen"
„Nur in der Kombination mit dem Schönen erlaubt die Kunst dem Häßlichen das Dasein; in dieser Verbindung aber kann es große Wirkungen hervorbringen.“Karl Rosenkranz aus "Ästhetik des Häßlichen"
„Das unabsichtliche Vermischen der Stilarten, das bewußtlose Überspringen von einer in die andere wird häßlich; komisch wird es nur, wenn es mit Ironie parodistisch hervorgebracht wird.“Karl Rosenkranz aus "Ästhetik des Häßlichen"
Zeichensetzung
Wie verrannt und auch gequält,
verbal "du" dich zum Idioten stählst.
Des Nachtritts keinen Abbruch,
zeigst welch' geistige Umnachtung.
Ignorant nur ums Iche kreisend,
Lob von außen sich einverleibend.
Soll fallen auf dich nieder 'rück,
.... hohles Stück!
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hermann Hesse
ein Gedicht von Adelbert von Chamisso
Seit ich ihn gesehen,
glaub ich, blind zu sein;
wo ich hin nur blicke,
seh ich ihn allein.
Wie im wachen Traume
schwebt sein Bild mir vor,
taucht aus tiefstem Dunkel
heller nur empor.
Sonst ist licht- und farblos
alles um mich her,
nach der Schwestern Spiele
nicht begehr ich mehr.
Möchte lieber weinen
still im Kämmerlein;
seit ich ihn gesehen,
glaub ich blind zu sein.
.... ist alles Nichts
Nichts gesagt und nichts gehört,
und dennoch stark daran gestört.
Nichts gedacht und doch empfunden,
wie, ungewollt, fest angebunden.
Nichts gesehen und doch entdeckt,
wie ein unsichtbarer Fleck.
Nichts getan und doch bekommen,
in keinster Weise besonnen.
Nichts ist wirklich höllisch,
und irgendwie rebellisch.
Ich wünschte mir da wäre was,
aber nichts, nichtmal Hass.
Nichts ist alles.....
Diese Zeiten
Sind gewaltig,
Bringen Herz und
Hirn in Not
Ruhe, ruhe,
Meine Seele . . .
Karl Henckell
„Immer enger wird mein Denken
immer blinder wird mein Blick,
mehr und mehr erfüllt sich täglich
mein entsetzliches Geschick.
Kraftlos schlepp ich mich durchs Leben
jeder Lebenslust beraubt,
habe keinen, der die Größe
meines Elends kennt und glaubt.
Doch mein Tod wird Euch beweisen,
daß ich jahre-, jahrelang
an des Grabes Rand gewandelt,
bis es jählings mich verschlang.“
- Aus: Erwin Ringel - Die österreichische Seele
Bilderrahm ziert Bildes nah,
oh Gott, bewegt sich ja.
Meine Güte ist das hässlich,
so richtig richtig grässlich.
Muss den Rahmen wechseln schnell,
vllt einer in Hell?
Himmel Herr dieses Bild,
wäre es doch nur nicht wild!
Diese Olle da, mit ihrer Fratze,
was für eine grottenschlechte Bratze.
Der Rahmen, nun in braun,
ich könnt die Olle da echt hau'n.
Bewegt sich immer genau wie ich,
das Bild nervt, so richtig mich!
Dann kommts halt weg,
hier.. unters Bett.
Ja nun gehts, doch die Wand ist leer,
wo krieg ich n Neues her?
So schadet meist der böse Rath
Demselb'n, der ihn gegeben hat.
Denn wer ein'n andern Fallstrick legt,
Sich selbst darin zu fangen pflegt.
Georg Rollenhagen
Natürlich ist im Sterblichen,
So wie das Gute, auch der Sinn des Bösen.
Ich mag des Menschen Bosheit, Tücke
Und Selbstsucht sehen, oder seh'n des Geiers
Blutdürstige Mordlust und des Wolfes Gier,
Des Affen Hinterlist – mich kränkt der eine
Nicht mehr, nicht minder, als der andre.
Molière
Seit ich ihn gesehen
Seit ich ihn gesehen,
glaub ich, blind zu sein;
wo ich hin nur blicke,
seh ich ihn allein.
Wie im wachen Traume
schwebt sein Bild mir vor,
taucht aus tiefstem Dunkel
heller nur empor.
Sonst ist licht- und farblos
alles um mich her,
nach der Schwestern Spiele
nicht begehr ich mehr.
Möchte lieber weinen
still im Kämmerlein;
seit ich ihn gesehen,
glaub ich blind zu sein.
Adelbert von Chamisso