@aberdeen aberdeen schrieb am 07.12.2013:Ich will gar nicht bestreiten, dass es da auch Gemeinsamkeiten gibt, aber eben auch Unterschiede. Im Mittelpunkt der "Manson-Ideologie", wenn es so etwas gibt oder gab, steht eben Manson. Im Mittelpunkt der RAF-Ideologie stehen aber nicht Gudrun oder Baader. Das waren bis zu ihrem Tod in der Gruppe wohl schon die maßgeblichen Führer (und Autoritäten), aber eben mit deutlichem Bezug zur linke Szene oder auch dem linken Diskurs. Das kann man schon dadurch belegen, dass die RAF stets auch bemüht war, ihre Vorgehensweise theoretisch mit Bezug zur linken Literatur zu untermauern und ggf. auch gegenüber der linken Szene zu rechtfertigen. Am Beispiel des Anschlags auf den Axel-Springer-Verlag ist auch erkennbar, dass die RAF wohl bemüht war, auf solche Fragen Rücksicht zu nehmen und sich ggf. auch zu rechtfertigen.
Dem würde ich weitestgehend zustimmen, nur halte ich Baader für ein ebenso narzisstisches Arschloch wie Manson!
Meiner Meinung nach war der Idealismus, durch den sich die meisten anderen Mitglieder der RAF - allen voran Ulrike Meinhof - ja durchaus auszeichneten, bei Baader zu einem großen Anteil nur aufgesetzt. In meinen Augen hat er die RAF-Ideologie in erster Linie nur zum Ausleben seines ganz persönlichen Egotrips missbraucht.
Übrigens glaube ich derlei narzisstische Züge in geringerem Umfang auch bei Gudrun Ensslin ausgemacht zu haben. Wobei allerdings schwer zu sagen ist, ob sich dieser Eindruck nicht fälschlicherweise nur aufgrund ihrer offensichtlichen Hörigkeit gegenüber Baader aufdrängt.
In diesem Zusammenhang wäre es natürlich sehr interessant zu erfahren, was dazu in den offiziellen, psychologischen Gutachten steht!
@ernstvolker @Momjul @bb37 @aberdeen Vielleicht hat jemand von euch diesbezüglich nähere Informationen? Wird darauf in der Literatur irgendwo ausführlicher eingegangen bzw. gibt es dazu vielleicht irgendeinen interessanten Link?
aberdeen schrieb am 07.12.2013:Soviel weiß ich über die Manson-Familie nicht, nur das Manson eine eigene Religion hatte, bei der der Beatles-Song "Helter Skelter" eine Rolle spielt und das viele "Gestrandete" und "Aussteiger" von denen rekrutiert worden sind.
Falls dich das Thema interessiert, empfehle ich
Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson: Eine Chronik des Grauens von Vincent Bugliosi, dem damaligen Chefankläger.
http://www.amazon.de/Helter-Skelter-Mordrausch-Charles-Chronik/dp/386883057XLass dich vom reißerischen, deutschen Titel nicht täuschen. Das Buch gilt als Standardwerk und ist wohl das beste "True-Crime-Buch", das ich bisher gelesen habe.
@Thorsten90 Die immer noch verschwundenen Mitgliedern der 1. und 2. Generation sind wahrscheinlich entweder schon längst tot (z.B. Ingeborg Barz und Angela Luther) oder bereits seit Jahrzehnten untergetaucht und schon lange nicht mehr terroristisch aktiv (z.B. Friederike Krabbe).
Die bekannten Gesichter der 3. Generation bestanden demnach aus den paar wenigen, steckbrieflich gesuchten und noch immer flüchtigen Terroristen Klette, Staub und Garweg.
(Wenn überhaupt! Siehe Christoph Seidler, der sich freiwillig stellte, weil er für den Zeitpunkt des Herrhausen-Attentats ein Alibi vorweisen konnte.
http://www.deutschlandfunk.de/das-schweigen-der-dritten-generation.724.de.html?dram:article_id=99665 )
Der Großteil der dritten Generation dürfte sich also zwangsläufig aus sogenannten "Feierabendterroristen" zusammengesetzt haben, die nie in den Untergrund abgetaucht waren und bis heute noch völlig unerkannt unter uns leben, vergleichbar z.B. mit den "Sleepern" islamistischer Terrorzellen. Anscheinend waren sich diese Leute aus bestimmten Gründen ziemlich sicher, dass der Verfassungsschutz keinerlei Verbindung zur RAF herstellen konnte. Angesichts dessen, wäre ein Abtauchen in den Untergrund auch absolut unsinnig und kontraproduktiv gewesen!
Dagegen hatten die Mitglieder der ersten Generation nach der spektakulären Befreiung Baaders keine andere Wahl als abzutauchen! Ähnliches trifft auch auf die meisten Mitglieder der zweiten Generation zu, die zum Zeitpunkt der erneuten Verhaftung der Kerntruppe, ohnehin bereits auf den Fahndungslisten bzw. anderweitig stark im Fokus des Verfassungsschutzes standen.
Vielleicht gelang es aber sogar schon in den Siebzigern zahlreiche, völlig unverdächtige Leute zunächst als Unterstützter und später als aktive RAF-Mitglieder zu rekrutieren, die dazu ihre bürgerliche Existenz überhaupt nicht aufgeben mussten.
Man sollte auch nicht vergessen, dass die RAF mit anderen linken Terrorgruppen wie PFLP, Action Directe oder Brigate Rosse zum Teil eng zusammenarbeitete und vor allem auch Unterstützung durch die STASI genoss. Gut vorstellbar, dass die DDR nicht nur ausstiegswilligen Terroristen Unterschlupf bot, sondern auch anderweitig Schützenhilfe leistete und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
;)Derlei Unterstützung durch die STASI kann übrigens auch um einige Ecken zustande gekommen sein und die RAF-Leute waren sich vielleicht gar nicht bewusst, von wem die Hilfe letztendlich kam. Leider ist das aber alles nur pure Spekulation und Kaffeesatzleserei. Aber vielleicht kennt ja jemand von euch ein paar vernünftige Quellen, die zumindest in die gleiche Richtung weisen.
(Aber bitte nichts von diesem albernen Märchenerzähler Gerhard Wisniewski! )