Der Fall Ruja Ignatova | "OneCoin"
04.07.2022 um 15:28Am 30. Juni 2022 hat das FBI die Deutsch-Bulgarin Ruja Ignatova, alias "Crypto-Queen", in seine berühmt-berüchtigte Liste der "Ten Most Wanted Fugitives" aufgenommen. Ignatova wird beschuldigt, beim Schneeball- /Ponzisystem "OneCoin" als Führungsperson die Strippen gezogen haben. Weltweit entstand ein Schaden von rund 4 Milliarden US$ bei den geprellten Anlegern, wodurch "OneCoin" als "one of the biggest scams in history" (The Times) gilt.
Die Person Ruja Ignatova
Ignatova wurde im Mai 1980 in Bulgarien geboten; ihre Eltern wanderten 10 Jahre später nach Schrambach (BaWü) aus. Sie besuchte die örtliche Grundschule und das Gymnasium, wo sie als sehr gute Schülerin galt. Ignatova war an ihrer Schule allerdings wenig populär; Mitschüler beschrieben ihren Charakter als "unsympathisches Wesen" und attestierten ihr "egomanische Züge". Schon zur Schulzeit kleidete und stylte sich Ignatova auffällig bis extravagant.
Nach dem Abitur im Jahre 1999 studierte sie - das ist gesichert - als Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung Jura in Konstanz und promovierte ebendort im Jahre 2005. Nach eigenen Angaben studierte nebenbei noch Wirtschaftswissenschaften an der Fern-Uni Hagen und schloss ein Masterstudiengang an der Uni Oxford ab. Danach arbeitet sie (ebenfalls nach eigenen Angaben) als Beraterin bei McKinsey.
2010 kaufte sie mit ihrem Vater eine in finanziellen Schwierigkeiten steckende Gießerei im Allgäu, welches sie 2012 wieder verkaufte. Allerdings hatten sie und ihre Vater zuvor Produktionsanlagen abbauen und abtransportieren lassen. 2016 wurde Ignatova wegen Insolvenzverschleppung und Betruges zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
OneCoin
2013/14 gründete Ignatova "OneCoin" gemeinsam mit einem Geschäftspartner. Das Unternehmen verkaufte Schulungspakete für Kryptotrading und animierte die Käufer dazu, ebenfalls Käufer anzuwerben, wie es von Schneeballsystemen und diversen MLM-Strukturen bekannt ist. Als "Belohnung" für den Kauf der Schulungspakete, die übrigens teils mehrere zehntausend Euro/US$ kosteten, gab es für die Käufer einige Token, mit welchen dann die eigentlichen "OneCoins" erworben werden konnten. Eine Umwandlung von "OneCoins" in Euro, US$ oder andere Währungen war nur über die Webseite des Unternehmens und in sehr begrenztem Rahmen möglich.
Ignatova stellte "OneCoin" auf Verkaufsveranstaltungen, von denen sogar welche im Wembley Stadium in London vor zehntausenden Gästen stattfanden, als "Bitcoin-Killer" dar und nutzte die steigende Popularität der Kryptowährungen als Argumentationshilfe. Psychologisch setzte sie auf "FOMO" (fear of missing out"), in dem den Teilnehmern erklärt wurde, nicht erneut eine Chance auf Reichtum zu verpassen, woraufhin viele Menschen die von "OneCoin" angebotenen Pakete kauften.
Ab Ende 2015 wurde von den Finanzaufsichtsbehörden diverser Länder vor "OneCoin" gewarnt und/oder der Handel bzw. das Angebot von "OneCoin" in dem jeweiligen Land untersagt.
Zwischenzeitlich gab es Zweifel, ob hinter der Fassade der Schulungspakete überhaupt eine echte Blockchain existierte. Mittlerweile wurde die Existenz einer Blockchain wohl bestätigt, aber die soll technisch schlecht und manipulationsanfällig gewesen sein.
Es entstand ein Schaden in Höhe von 4 Mrd. US$, davon auch offenbar eine dreistellige Millionen in Deutschland, wobei der exakte Schaden wohl noch konkreter ermittelt werden muss. Ein Ehepaar, welches hierzulande mutmaßlich als Vertriebler fungierte und Provisionen in Millionenhöhe kassierte, wurde bereits festgenommen; der Prozess ist bereits angesetzt.
Ignatova verschwindet
Ignatova wurde im Oktober 2017 bei einer Investorenveranstaltung als Rednerin erwartet, wo sie jedoch nicht erschien. Ihre Spur verliert sich am 25. Oktober 2017, nachdem sie von Bulgarien nach Athen flog. Seitdem gab es etliche Hinweise, wo sie sich versteckt halten könnte, aber bislang konnte sie nicht gefasst werden. Unter anderem wurde spekuliert, sie könnte aufgrund ihrer Kontakte in diese Region in Osteuropa leben; andere Quellen sprechen davon, dass sie möglicherweise in internationalen Gewässern auf einer Jacht im Mittelmeer wohne. Die Ermittler nehmen zudem an, sie habe durch OPs ihr Aussehen komplett verändert. Durch einen merkwürdigen Deal mit einem Schiech in Dubai könnte sie in Besitz von über 200.000 Bitcoin sein; vermutlich zusätzlich zu dem von ihr ergaunerten Geldern aus "OneCoin".
Ihr Bruder und ihr Geschäftspartner wurden übrigens bereits vor wenigen Jahren verhaftet; ihr Anwalt wurde in den USA bereits verurteilt. Nur von Ignatova selbst fehlt jede Spur. Deswegen steht sie jetzt auf der Top Ten-Liste des FBI.
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Soweit ein kurzer und knapper Überblick. Im Netz finden sich noch etliche weitere Informationen, insbesondere der (englischsprachige) Podcast von Jamie Bartlett, den ich aber noch nicht komplett gehört habe, ist sehr detailliert. Hier werden ja in aller Regel eher Mord- und Vermisstenfälle diskutiert, aber da eine deutsche Staatsangehörige offenbar an einem der wohl größten Betrugsmaschen der Geschichte beteiligt war, meine ich, dass der Fall hier seinen Platz im Forum verdient hat.
Die Person Ruja Ignatova
Ignatova wurde im Mai 1980 in Bulgarien geboten; ihre Eltern wanderten 10 Jahre später nach Schrambach (BaWü) aus. Sie besuchte die örtliche Grundschule und das Gymnasium, wo sie als sehr gute Schülerin galt. Ignatova war an ihrer Schule allerdings wenig populär; Mitschüler beschrieben ihren Charakter als "unsympathisches Wesen" und attestierten ihr "egomanische Züge". Schon zur Schulzeit kleidete und stylte sich Ignatova auffällig bis extravagant.
Nach dem Abitur im Jahre 1999 studierte sie - das ist gesichert - als Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung Jura in Konstanz und promovierte ebendort im Jahre 2005. Nach eigenen Angaben studierte nebenbei noch Wirtschaftswissenschaften an der Fern-Uni Hagen und schloss ein Masterstudiengang an der Uni Oxford ab. Danach arbeitet sie (ebenfalls nach eigenen Angaben) als Beraterin bei McKinsey.
2010 kaufte sie mit ihrem Vater eine in finanziellen Schwierigkeiten steckende Gießerei im Allgäu, welches sie 2012 wieder verkaufte. Allerdings hatten sie und ihre Vater zuvor Produktionsanlagen abbauen und abtransportieren lassen. 2016 wurde Ignatova wegen Insolvenzverschleppung und Betruges zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
OneCoin
2013/14 gründete Ignatova "OneCoin" gemeinsam mit einem Geschäftspartner. Das Unternehmen verkaufte Schulungspakete für Kryptotrading und animierte die Käufer dazu, ebenfalls Käufer anzuwerben, wie es von Schneeballsystemen und diversen MLM-Strukturen bekannt ist. Als "Belohnung" für den Kauf der Schulungspakete, die übrigens teils mehrere zehntausend Euro/US$ kosteten, gab es für die Käufer einige Token, mit welchen dann die eigentlichen "OneCoins" erworben werden konnten. Eine Umwandlung von "OneCoins" in Euro, US$ oder andere Währungen war nur über die Webseite des Unternehmens und in sehr begrenztem Rahmen möglich.
Ignatova stellte "OneCoin" auf Verkaufsveranstaltungen, von denen sogar welche im Wembley Stadium in London vor zehntausenden Gästen stattfanden, als "Bitcoin-Killer" dar und nutzte die steigende Popularität der Kryptowährungen als Argumentationshilfe. Psychologisch setzte sie auf "FOMO" (fear of missing out"), in dem den Teilnehmern erklärt wurde, nicht erneut eine Chance auf Reichtum zu verpassen, woraufhin viele Menschen die von "OneCoin" angebotenen Pakete kauften.
Ab Ende 2015 wurde von den Finanzaufsichtsbehörden diverser Länder vor "OneCoin" gewarnt und/oder der Handel bzw. das Angebot von "OneCoin" in dem jeweiligen Land untersagt.
Zwischenzeitlich gab es Zweifel, ob hinter der Fassade der Schulungspakete überhaupt eine echte Blockchain existierte. Mittlerweile wurde die Existenz einer Blockchain wohl bestätigt, aber die soll technisch schlecht und manipulationsanfällig gewesen sein.
Es entstand ein Schaden in Höhe von 4 Mrd. US$, davon auch offenbar eine dreistellige Millionen in Deutschland, wobei der exakte Schaden wohl noch konkreter ermittelt werden muss. Ein Ehepaar, welches hierzulande mutmaßlich als Vertriebler fungierte und Provisionen in Millionenhöhe kassierte, wurde bereits festgenommen; der Prozess ist bereits angesetzt.
Ignatova verschwindet
Ignatova wurde im Oktober 2017 bei einer Investorenveranstaltung als Rednerin erwartet, wo sie jedoch nicht erschien. Ihre Spur verliert sich am 25. Oktober 2017, nachdem sie von Bulgarien nach Athen flog. Seitdem gab es etliche Hinweise, wo sie sich versteckt halten könnte, aber bislang konnte sie nicht gefasst werden. Unter anderem wurde spekuliert, sie könnte aufgrund ihrer Kontakte in diese Region in Osteuropa leben; andere Quellen sprechen davon, dass sie möglicherweise in internationalen Gewässern auf einer Jacht im Mittelmeer wohne. Die Ermittler nehmen zudem an, sie habe durch OPs ihr Aussehen komplett verändert. Durch einen merkwürdigen Deal mit einem Schiech in Dubai könnte sie in Besitz von über 200.000 Bitcoin sein; vermutlich zusätzlich zu dem von ihr ergaunerten Geldern aus "OneCoin".
Ihr Bruder und ihr Geschäftspartner wurden übrigens bereits vor wenigen Jahren verhaftet; ihr Anwalt wurde in den USA bereits verurteilt. Nur von Ignatova selbst fehlt jede Spur. Deswegen steht sie jetzt auf der Top Ten-Liste des FBI.
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Soweit ein kurzer und knapper Überblick. Im Netz finden sich noch etliche weitere Informationen, insbesondere der (englischsprachige) Podcast von Jamie Bartlett, den ich aber noch nicht komplett gehört habe, ist sehr detailliert. Hier werden ja in aller Regel eher Mord- und Vermisstenfälle diskutiert, aber da eine deutsche Staatsangehörige offenbar an einem der wohl größten Betrugsmaschen der Geschichte beteiligt war, meine ich, dass der Fall hier seinen Platz im Forum verdient hat.