Wer ist der Tote aus der Wüste?
10.09.2016 um 06:21
Da habt Ihr ja mal wieder einen interessanten Fall ausgegraben.
Zuerst einmal zu dem Papier: Wie hier schon richtig angemerkt wurde, ist garantiert nicht auf dem Originaldokument herumgeschrieben worden. Hier handelt es sich recht deutlich um eine Kopie, auf der dann jemand unbeholfen versucht hat den Begriff "Fachgeschäft" zu übersetzen - vermutlich ein Polizeibeamter.
Soweit, so gut. Leider sind die Informationen, die wir haben extrem spärlich. Allerdings sind da noch ein paar Dinge, die tatsächlich nahelegen, dass es sich um einen Deutschen handeln könnte, allerdings auch ein paar Dinge die dagegen sprechen:
1. Dieser Zettel, oder Bon oder was auch immer es ist. Es wäre schön, wenn man von einem der Mitarbeiter oder Besitzer dieses Ladens herausfinden könnte, um was genau es sich handelt. Und vor allem, aus welcher Zeit. In der Regel verändern Geschäfte ja das Layout ihrer Dokumente alle paar Jahre.
2. Es wird von ausländischen Reisemagazinen gesprochen. Es gab damals solche Publikationen in Deutschland, z.B. Geo, GeoSpecial etc. Wäre natürlich hilfreich wenn man hier mehr Infos hätte.
3. Die Person trug Adidas Schuhe. Diese sind in den USA zwar auch erhältlich, waren aber in 2000 hier lange nicht so allgegenwärtig wie in Deutschland. Zusammen mit 1 und 2 ist dies in meinen Augen ebenfalls ein Indiz dafür, dass der Tote aus Deutschland stammen kann.
Nun wissen wir leider gar nichts über eine Todesursache. Ich selbst lebe in einer Wüstengegend im amerikanischen Südwesten/Westen und weiss, dass es immer wieder vorkommt, dass Touristen sich in den Gefahren verschätzen und durch Dehydration oder andere Dinge zu Tode kommen. Allerdings werden die in der Regel dann mit Papieren, Geld etc. gefunden.
Hier wurde weder noch gefunden. Das könnte auf ein Verbrechen hinweisen.
Was spricht nun gegen einen Deutschen?
4. Normalerweise sind deutsche Touristen in dieser extrem weitläufigen und unerschlossenen Gegend Amerikas mit einem Mietwagen unterwegs. Wird dieser nicht zum verabredeten Zeitpunkt zurückgegeben wird er von der Mietwagengesellschaft als gestohlen/unterschlagen gemeldet und von der Polizei zur Fahndung ausgeschrieben. Logischerweise hat man dann auch einen Namen, mit dem man das Fahrzeug in Verbindung bringen kann.
Nun müsste man wissen, ob es in der fraglichen Zeit überfällige Mietwagen gab, die von Deutschen gemietet wurden, die zu diesem Toten passen. Dabei kommt etwas erschwerend hinzu, dass Albuquerque kein klassisches Touristenziel ist, das bedeutet, der Wagen wäre vermutlich an einem anderen Ort gemietet worden und sollte an einem anderen Ort zurückgegeben werden. Das müsste man berücksichtigen und so z.B. Vermietungen in Denver, Phoenix, Las Vegas and vermutlich auch Dallas und Los Angeles berücksichtigen.
Da solch ein Zusammenhang hier offensichtlich nicht bestätigt worden ist, könnte das gegen einen Deutschen sprechen. In dieser Gegend der USA ist es extrem unüblich per Anhalter zu reisen, so dass das eigentlich ausgeschlossen werden kann.
5. Ein deutscher Tourist in dieser Gegend hat meistens neben seinem Mietwagen auch ein Hotel/Motel. Hier in diesem Fall gibt es sogar einen Anhaltspunkt, zu einer EconoLodge. EconoLodge ist eine Motel Kette der eher einfachen und billigen Art, aber nicht etwa schmuddelig oder so, sondern genau das typische Motel, das ein deutscher Tourist im Alter des Toten vermutlich aufsuchen würde.
Ich gehe davon aus, dass die Polizei in ABQ die Econo Lodges oder auch andere Motels, wie z.B. Motel6 nach dem Toten befragt hat. Da es in den USA unüblich ist und auch nicht gerne gesehen wird, wenn man ein Motel in cash bezahlt, und da auch Deutsche im Jahr 2000 meist eine Kreditkarte besassen, wenn sie in die USA reisen, sollte ein papertrail zu finden sein, wenn in den Tagen um den Fund der Leiche ein deutscher Tourist in einer EconLodge der Gegend abgestiegen wäre.
Allerdings sollte man auch hier wieder einen relativ weiten Kreis ziehen. Santa Fe, zum Beispiel, ist touristisch weitaus interessanter als Albuquerque und in wenigen Stunden mit dem Auto erreichbar. Ein Tourist könnte also z.B. in Santa Fe übernachtet haben und dann nach ABQ gefahren sein, bevor er dort wieder in einem Motel eingeloggt hat.
Wenn hier entsprechende Recherchen unternommen wurde, was wir nicht wissen, und es keinen Treffer gab könnte das wieder gegen einen Deutschen sprechen.
6. Deutsche in den USA sind fast alle legal eingereist. Es ist relativ einfach, man braucht als Tourist kein Visum, es reicht der Reisepass. Daher kann man erst einmal unterstellen, dass ein deutscher Tourist vermutlich legal ins Land gekommen ist, und das vermutlich mit einem Flugzeug. In der Regel bedeutet das auch, dass er einen Rückflug gebucht hat.
Man könnte nun versuchen sowohl bei den airlines als auch bei der Grenzschutzbehörde herauszufinden, welche Deutschen zwar Ende 2000 eingereist, aber nie offiziell ausgereist sind. Allerdings ist das leider nicht ganz so einfach wie es sich anhört, da zigtausend Deutsche pro Jahr in die USA reisen und die Behörden die Ausreisen damals nur sehr umständlich und keineswegs lückenlos registrierten (die airline musste die Einreisekarte bei Abflug aus den USA an die Grenzschutzbehörde senden, die dann die Nummer in einen Computer eingeben musste. Das wurde oft nicht getan.)
Aber dennoch sollte man hier eine Möglichkeit haben, herauszufinden, ob ein Deutscher vermisst wird.
7. Der gewichtigste Einwand gegen die Vermutung, dass es sich um einen Deutschen handelt ist jedoch: die meisten Deutschen, die als Tourist in die USA kommen, haben in Deutschland Freunde oder Verwandte oder Kollegen, die von der Reise wissen und bemerken würden, wenn derjenige nicht zurückkommt. Und dann könnten die deutschen Behörden entsprechende Recherchen beginnen...
Schade ist auch, dass es keine genaue Beschreibung der Kleidung gibt. Ich kann sehr oft deutsche Touristen bereits an der Kleidung erkennen, da sich deutsche meist doch etwas anders kleiden, als Amerikaner gleichen Alters. Und natürlich könnte man oft allein an der Marke der Kleidung erkennen, ob sie in den USA gekauft wurde oder nicht.
Mein Fazit: Die bekannten Tatsachen implizieren für mich, dass der Tote durchaus Deutscher sein könnte und ich frage mich, warum man das bisher nicht bestätigen konnte: wurde nicht genug recherchiert oder verliefen die Recherchen wirklich im Sande?